Jusletter IT

Internet-Versteigerungen auf Justiz-Auktion.at

  • Authors: Martin Schneider / Hanspeter Draxler
  • Category: Essay
  • Region: Austria
  • Field of law: E-Justice
  • Citation: Martin Schneider / Hanspeter Draxler, Internet-Versteigerungen auf Justiz-Auktion.at, in: Jusletter IT 22 September 2016
Following the Act on the Enforcement of Judgments, Austrian bailiffs can auction off movable objects on the judiciary online auctioning platform justiz-auktion.at since March 2015. Ever since the beginning of «Justiz-Auktion» in Austria until the middle of the year 2016, more than 500 auctions have been carried out online. In the progress, total proceeds of more than 250’000 Euros have been achieved. Austria’s judiciary herein works together with the German judiciary online auctioning platform justiz-auktion.de that has been operated successfully for years. (ah)
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Seit März 2015 besteht für österreichische Gerichtsvollzieherinnen und Gerichtsvollzieher die Möglichkeit der Versteigerung von beweglichen Sachen nach der Exekutionsordnung auf der Justiz-Internetversteigerungsplattform justiz-auktion.at. Dabei können beispielsweise im Rahmen von Exekutionsverfahren gepfändete, aber auch verfallene und beschlagnahmte Gegenstände versteigert werden. Die Wahl des Versteigerungsortes obliegt der/dem zuständigen Gerichtsvollzieherin/Gerichtsvollzieher. Die größten Vorteile der Internet-Versteigerung gegenüber der Versteigerung vor Ort sind ein ungleich größerer Bieterkreis, keine Preisabsprachen vor Ort, voraussichtlich höhere Erlöse, eine hohe Versteigerungsquote und eine individuelle Dauer der einzelnen Versteigerung.
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Die gesetzliche Grundlage bilden die §§ 274, 277a ff. der österreichischen Exekutionsordnung (EO), die – wie alle anderen rechtlichen Bestimmungen – im Internet unter ris.bka.gv.at einsehbar sind.

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Für die Justiz-Auktion wurde Wert darauf gelegt, den Aufwand für die Vollstreckungsorgane insgesamt möglichst gering zu halten und praktikable Lösungen zu finden. Das Vollstreckungsorgan übermittelt daher lediglich elektronisch die Daten, Bilder, Gutachten usw. der zu versteigernden Gegenstände («Postzahlen») an ein neu für die Justiz-Auktion eingerichtetes Kompetenzzentrum beim Oberlandesgericht Innsbruck. Dieses Kompetenzzentrum nimmt dann die technische Abwicklung der Internet-Versteigerungen vor. Insgesamt drei Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter kümmern sich (neben anderen Tätigkeiten) in Innsbruck um das Einstellen der Artikel und den reibungslosen Ablauf der Justiz-Auktion.
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Um einen möglichst einfachen Arbeitsprozess zu erreichen wurden darüber hinaus für die Übermittlung der Daten vom Vollstreckungsorgan an das Kompetenzzentrum in der Software für die Vollstreckungsorgane «GV-Mobil» neue Funktionen eingefügt. Mit diesen kann die Datenerfassung und -übermittlung auf sehr einfache Weise vorgenommen werden.
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In einem den Gerichtsvollzieherinnen und Gerichtsvollziehern zur Verfügung gestellten Leitfaden «Internet-Versteigerungen» werden die Vorteile der Internet-Versteigerung, die Gegenstände, die sich dafür besonders eignen sowie der Ablauf der Internet-Versteigerung – von der Pfändung bis zur Übergabe/Versendung der «Postzahl» – ausführlich beschrieben. Damit sollen die Einfachheit und Praktikabilität des Systems vorgestellt und einer höheren Nutzung der neuen Versteigerungsmöglichkeit der Weg geebnet werden.
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Um auch die «traditionellen» Interessenten von gerichtlichen Versteigerungen zu den Internet-Versteigerungen zu führen, wurde die Ediktsdatei die österreichischen Justiz (www.ediktsdatei.justiz.gv.at) angepasst. Nunmehr führt bei Internet-Versteigerungen direkt vom Versteigerungsedikt ein Link zu der einzelnen Versteigerung auf justiz-auktion.at.
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Die Ediktsdatei war zunächst auf Veröffentlichungen aus dem Insolvenzbereich beschränkt, Jahr für Jahr wurden aber weitere Geschäftsbereiche einbezogen. Heute werden dort z.B. Insolvenzen (Konkurse, Ausgleiche, Schuldenregulierungen) ausschließlich und rechtsverbindlich bekanntgemacht, wodurch die Veröffentlichungskosten um 95% gesenkt werden konnten und nunmehr jeder Internet-Benutzer gratis auf den aktuellsten Stand zugreifen kann. Außerdem werden in der Ediktsdatei z.B. Edikte über die Versteigerung von Liegenschaften, Bekanntmachungen der Firmenbuchgerichte und eben auch die Versteigerungsedikte der Fahrnisexekution bekannt gemacht.
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Seit Beginn der Justiz-Auktion in Österreich im März 2015 wurden bis Mitte des Jahres 2016 von den österreichischen Vollstreckungsorganen bereits 500 Versteigerungen online durchgeführt. Dabei konnte ein Gesamterlös von über 250'000 Euro erzielt werden. Besonders Kraftfahrzeuge, (Unterhaltungs-)Elektronik (z.B. Handys, Videospiele) und Schmuck (z.B. Uhren, Ketten, Anhänger) werden regelmäßig auf der Plattform versteigert.

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Rund 80% der Auktionen wurden erfolgreich beendet, wobei der Versteigerungserlös durchschnittlich in etwa die Höhe des Schätzwertes betrug. Die – nur bei österreichischen Auktionen bestehende – Möglichkeit des Sofortkaufs wurde bei etwa jedem zehnten versteigerten bzw. verkauften Gegenstand genutzt. Beim «Sofortkauf» kann der Gegenstand vor Abgabe des ersten Gebots zum Preis von einem Viertel über dem Schätzwert, unter Entfall der Versteigerung, gekauft werden.
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Bei der Justiz-Auktion arbeitet die österreichische Justiz mit der seit Jahren erfolgreich betriebenen deutschen Justiz-Internetversteigerungsplattform justiz-auktion.de zusammen. Die Justiz-Auktion Deutschland ist eine vom Justizministerium Nordrhein-Westfalen im Jahr 2006 begründete und bis heute von ihm betriebene Internetplattform, deren Zweck es ist, alle zur (Online-)Versteigerung geeigneten beweglichen Gegenstände, die von (Justiz-)Behörden zu verwerten sind, zur Versteigerung zu bringen. In erster Linie wird die Internetseite von Staatsanwaltschaften und Gerichten zur Veräußerung eingezogener oder ausgesonderter Gegenstände sowie von Gerichtsvollziehern zur Veräußerung von im Rahmen der Zwangsvollstreckung gepfändeten Gegenständen genutzt. Die Plattform hat zwischen 2006 und 2014 bundesweit in Deutschland einen Umsatz von mehr als 14,4 Millionen Euro erzielt. Im Jahr 2015 wurden bundesweit in Deutschland 6'931 Auktionen mit einem Gesamtumsatz in Höhe von 2'742'255 Euro durchgeführt.


 

Dr. Martin Schneider, Leiter der Abteilung Rechtsinformatik, Informations- und Kommunikationstechnologie im Bundesministerium für Justiz der Republik Österreich und CIO der österreichischen Justiz.

 

Mag. Hanspeter Draxler, Richter und Referent in der Abteilung Rechtsinformatik, Informations- und Kommunikationstechnologie im Bundesministerium für Justiz der Republik Österreich.