Jusletter IT

Accountability in internationalen und europäischen Entscheidungsprozessen

  • Author: Erich Schweighofer
  • Category: Articles
  • Region: Austria
  • Field of law: E-Democracy, E-Government
  • Citation: Erich Schweighofer, Accountability in internationalen und europäischen Entscheidungsprozessen, in: Jusletter IT 25 May 2016
Despite the strong wish of stakeholders for more participation in international relations, only a modified Westphalian system with a strong role for the states and the involvement and co-decision of other stakeholders is realistic. The best practice is currently the multi-stakeholder model with accountability. In this paper, the models of ICANN and the EU with complex co-decision processes are examined and evaluated. Accountability in international and European decision-making is and remains highly significant because only then a fair participation of all relevant stakeholders in the global context can be realized.

Inhaltsverzeichnis

  • 1. Einleitung
  • 2. Modifiziertes Westfälisches System – Multi-Stakeholder-Modell mit Accountability
  • 3. Accountability
  • 4. Untersuchung ausgewählter Internationaler Organisationen
  • 4.1. ICANN
  • 4.1.1. Organisation der ICANN
  • 4.1.2. Legitimität der ICANN: Von den USA zur Multi-Stakeholder-Community
  • 4.1.3. Accountability der ICANN
  • 4.2. Europäische Union (EU)
  • 4.2.1. Organisation der EU
  • 4.2.2. Accountability durch Parlament, Rat und Rechtsprechung
  • 4.2.3. Transparenz
  • 5. Schlussfolgerungen

1.

Einleitung ^

[1]
Eine der wesentlichsten Herausforderungen des Rechts im 21. Jahrhundert ist die Globalisierung, einer der wichtigsten Trends der heutigen Zeit.1 Kommunikation, Handel, Geld, Umwelt, Gesundheit usw. verbinden Menschen immer mehr transnational. Veränderungen bleiben immer weniger lokal, sondern haben globale Konsequenzen. Einen globalen Austausch gab es schon immer, aber nunmehr hat dieser in Größe, Reichweite, Häufigkeit, Geschwindigkeit, Intensität und Auswirkung ungeahnte Ausmaße angenommen. Trotzdem leben die Menschen vornehmlich in Regionen, müssen aber globale Auswirkungen mitberücksichtigen. Diese globale Dimension regionaler, nationaler bzw. supranationaler Politik hat viel Unbehagen ausgelöst. Umso wichtiger ist es, dass das Recht hier sein Konfliktlösungspotential zur Verfügung stellt.
[2]
Konnten früher viele Angelegenheiten im territorialen Kontext behandelt werden, ist nunmehr die internationale Verflechtung in vielen Bereichen Realität, und zwar zwischen Staaten, den Institutionen, den Zivilgesellschaften, der Wirtschaft und den Menschen. Viele Fragen können nur mehr in globaler Zusammenarbeit erledigt werden. Die zunehmenden transnationalen Aktivitäten von Bürgern und Unternehmen führen zu einer Transformation der Staatlichkeit2.
[3]
Zwei wichtige Faktoren wirken als Katalysatoren der Globalisierung. Wesentlich geringere Transportkosten sowie zunehmende Aktionsmöglichkeiten im Cyberspace (bedingt durch die nun mögliche Trennung des Informations- und Kommunikationsanteils von der physikalischen Leistungserbringung). Dies macht die Welt kleiner und ermöglicht jeder Person mit Computer und Internetzugang, Informationen, Geschäfte oder auch Dienstleistungen weltweit auszutauschen. Weiters sind die physischen Grenzen leichter überwindbar und kein wesentlicher Kostenfaktor für viele Güter. Mit dem Internet ist eine globale Informations- und Kommunikationsplattform vorhanden, und zwar unsichtbar ohne die Grenzen der Physik. Damit sind die Pfeiler für einen grenzenlosen Welthandel geschaffen. Der elektronische Handel benötigt wie jede wirtschaftliche Tätigkeit der Grundlage hinreichender Rechtssicherheit, wie schon der alte Grundsatz ubi ius, ibi commercium bestätigt.
[4]

Nun stellt sich aber auch wiederum die Frage der Legitimität dieser Ordnung. Unter Legitimität ist im Zusammenhang mit der Globalisierung die Anerkennungswürdigkeit dieses internationalen Rechtssystems zu verstehen. Nach Max Weber wäre dies der Typ der rationalen Herrschaft. Die Legitimität beruht auf der Anerkennung des – geschriebenen wie ungeschriebenen – Grundkonsensus des internationalen Rechts.3 Während dies bisher fast ausschließlich aus der territorialen Souveränität der Staaten abgeleitet wurde, ist nunmehr mit Beteiligungsformen der globalen Zivilgesellschaft ein neues Kapitel aufgeschlagen worden.

[5]
Diesen Chancen des Rechts steht aber die ungelöste Herausforderung gegenüber, das Recht entsprechend weiter zu entwickeln: das globale Regulierungsdilemma. Die Globalisierung bringt einen «Normenhunger» mit sich, weil Sicherheitskrisen, Klimawandel, Welthandel, Domainnamen etc. an sich mehr Regulierung benötigen. Den Staaten wird aber nicht mehr zugetraut bzw. diese haben auch nicht die erforderliche Legitimation der Weltbürger, die nötigen Rechtsnormen zu schaffen.
[6]

Im Standardmodell des Völkerrechts – dem sogenannten Westfälischen System der territorialen Souveränität – haben Staaten die wesentliche Rolle in den internationalen Beziehungen. Seit über 350 Jahren – dem Westfälischen Frieden 1648 – knüpfen juristische Normen vornehmlich an reale, d.h. territoriale, Räume an. Die Menschen werden mediatisiert und können sich nur über ihre jeweilige Regierung an den internationalen Beziehungen beteiligen. Diese Konzeption ist im Kern immer noch gültig; ist aber zunehmend unzureichend. Virtuelle Räume wie das Internet sind physikalisch in ihren Interaktionen kaum erfassbar. Daher wird zunehmend eine personelle Regulierung angedacht.

[7]

Die sich neu herausbildende neue Form der Regulierung wird als global governance (globale Regulierung) bezeichnet. Der Begriff Governance (Regulierung) umfasst wesentlich mehr als nur das Rechtssystem. Darunter wird nach der UN-Kommission über globale Regulierung die Summe aller öffentlichen wie privaten Regulierungsprozesse verstanden: «Governance is the sum of the many ways individuals and institutions, public and private, manage their common affairs. It is the continuing process through which conflicting or diverse interests may be accommodated and cooperative action may be taken. It includes formal institutions and regimes empowered to enforce compliance, as well as informal arrangements that people and institutions have agreed to or perceive to be their interest.»4 Ein weiteres Merkmal dieser Regulierung – nunmehr im Cyberspace – ist der wesentlich höhere Einsatz von Computercode zur Regulierung (Lessig hat dies mit dem Schlagwort code as code5 sehr treffend bezeichnet).

[8]
Governance im globalen Rahmen ist eine Absage an den unrealistischen Weltstaat. An dessen Stelle tritt eine komplexe Matrix von zahlreichen und unterschiedlichen institutionellen Mechanismen, in denen der Territorialstaat eine wesentliche Rolle besitzt. Komplexe Strukturen sind kein neues Phänomen, wenn man an die früheren Reiche (z.B. Römisches Reich), transnationale Unternehmen (z.B. Ostindische Kompanie) oder Netzwerke (z.B. Hanse) denkt.
[9]
Dem Weltstaat wie auch den Mechanismen der globalen Governance fehlt es an einer funktionierenden Praxis für die Volksherrschaft. Eine demokratische Legitimation dieser «Weltregierung des Internets» – wie auch der Welt selbst – wird als illusorisch angesehen und daher müssen Substitute gefunden werden.6 Anne-Marie Slaughter bezeichnet dies als Paradox der steigenden Globalisierung. Trotz der zunehmenden globalen Verflechtung ist eine Weltregierung unrealistisch, weil (noch) keine entsprechende Repräsentations- und Kontrollform gefunden werden konnte und daher die Macht einer Weltregierung eine Gefahr für die individuelle Freiheit darstellen würde. Daher ist die Frage nach brauchbaren Substituten so bedeutsam.
[10]

Der Territorialstaat muss die Rolle des Regulators in Abstimmung und Koordination mit anderen Akteuren durchführen, was als vielschichtige Regulierung bezeichnet wird. Regulierungsagenten sind neben dem Territorialstaat transstaatliche Akteure (z.B. Verwaltungen, Parlamente, Gerichtshöfe), die zwischenstaatliche Internationale Organisation (IO), die Zivilgesellschaft, und zwar vornehmlich durch die nicht-zwischenstaatliche Internationale Organisation (NGO), die transnationale Unternehmung sowie öffentlich private Hybridorganisation (z.B. ICANN).7 Ein wesentlicher Unterschied zur klassischen Zusammenarbeit mit zwischenstaatlichen Internationalen Organisationen besteht darin, dass es die Internationale Organisation sui generis gibt, die nicht zwischenstaatlich organisiert ist, ein öffentliche Interesse erfüllt und einen ausreichenden Organisationsgrad aufweist. Da der Rückhalt der Territorialstaaten fehlt, ist die Accountability (Rechenschaftspflicht) von entscheidender Bedeutung für die Legitimität dieser Organisation. Vom klassischen Organisationstrias unterscheidet sich Internationale Organisation sui generis durch festgelegte Politikentwicklungsprozesse mit Rückkoppelung zur Zivilgesellschaft – Information, Partizipation und Mitentscheidung der Stakeholder – sowie Streitentscheidungsorgane zur Schlichtung von Konflikten in Politikentwicklungsprozessen.8

[11]

In den 1990er Jahren wurde viel über Selbstregulierung gesprochen. Diese hat zwar zu einer Aufweichung der traditionellen internationalen Zusammenarbeit und zu neuen Formen dieser geführt. Auch die Fragestellungen sind etwas präziser geworden. Wurde früher die Legitimität und Rechenschaftslegung eines internationalen Akteurs wenig hinterfragt, sondern nur mit der staatlichen Souveränität begründet, müssen sich heute internationale Akteure Antworten auf die Frage nach ihrer Legitimität und Accountability haben. Im Ergebnis stehen für die Bürger mehr Einflussmöglichkeiten zur Verfügung, die jedoch gebündelt werden müssen. Die Repräsentativität dieser Interessensgruppen muss ständig hinterfragt werden, was unzureichend erfolgt und den Kern der Kritik am Lobbyismus darstellt.

2.

Modifiziertes Westfälisches System – Multi-Stakeholder-Modell mit Accountability ^

[12]

Als vorläufige Lösung wird die Etablierung von Regulierungsnetzwerken mit vielen Schichten der Entscheidungsfindung und Rechenschaftslegung angesehen – im Jargon der globalen Regulierung wird vom Multi-Stakeholder-Modell mit Accountability gesprochen. Einfacher gesagt: alle Interessensgruppen (= Stakeholder) können sich am Beratung und Entscheidungsprozess beteiligen; sämtliche Argumente sind zu berücksichtigen und zu würdigen; und die Auswahl der jeweiligen Repräsentanten, deren Mitwirkung und deren Entscheidungsverhalten wird mittels Prinzipien der Accountability9 geprüft.

[13]

Es gibt keine Methode, mit dem diese Stakeholdergruppen mit der Beratung und Entscheidungsfunktion betraut werden. Es kommt vielmehr zur Arrogation einer Kompetenz, mit oder ohne Unterstützung von anderen etablierten Stakeholdern (bei der ICANN waren dies die USA und unterstützend die EU): eine nichtstaatliche Internationale Organisation nimmt die Kompetenz in Anspruch, die Interessen der globalen Zivilgesellschaft in einem bestimmten Bereich zu vertreten. Diesem Anspruch muss eine mehr oder weniger offene Akzeptanz der Beteiligten entsprechen. Letztendlich kommt es zu einem «Soft law-Ansatz» mit Compliance. Die entscheidende Rolle spielt die Akzeptanz durch die jeweiligen Stakeholder, insbesondere der damit repräsentierten Menschen.

[14]

Seit den 1990er Jahren wird das Multi-Stakeholder-Modell als brauchbare Alternative zu einer Weltregierung gesehen. Man geht von der Weltbevölkerung als Ganzes aus; diese soll sich in Interessengruppen organisieren und dann wird versucht, eine zweckmäßige Repräsentativität in Stakeholder-Gruppen zu etablieren. Diese wirken an den Politikentwicklungsprozessen entscheidend mit. Die Accountability spielt eine wesentliche Rolle zur Kontrolle dieses Prozesses. Hier wird noch geprüft, ob die Auswahl der Beteiligung am Stakeholderprozess ausreichend repräsentativ erfolgt ist, im Politikentwicklungsprozess alle wesentlichen Interessen berücksichtigt worden sind und daher die Entscheidung als Resultat des Multi-Stakeholder-Modells angesehen werden kann.

[15]
Das Multi-Stakeholder-Modell ist auch ein Versuch einer Integration bestehender Modelle der Partizipation und Entscheidung. Das Westfälische System sieht nur eine Beteiligung der Territorialstaaten vor. Die NGO-Bewegung will eine Partizipation der jeweiligen Interessensgruppen bei allen staatlichen Entscheidungsprozessen erzielen. Im Multi-Stakeholder-Modell sollen alle diese Gruppen – Staaten, Wirtschaft, Verwaltung, Gesetzgebung, Gerichtsbarkeit, Zivilgesellschaft etc. entsprechend ihrer Bedeutung Berücksichtigung finden.
[16]
Im Standardmodell der Internationalen Beziehungen ist das Modell der zwischenstaatlichen internationalen Organisation nach wie vor dominant. Nur in wenigen Fällen gibt es andere Modelle (ICANN, IOC, FIFA etc.), bei welchen eine Dominanz nichtstaatlicher Stakeholder-Gruppen zu beobachten ist. In allen drei genannten Fällen sind besondere Gründe dafür verantwortlich.10 Es zeigt sich aber auch, dass Multi-Stakeholder-Modelle keinesfalls eine ideale Lösung sind, sondern mit vielen Problemen zu kämpfen haben. Politikentwicklungsprozess, Information, Konsultation und Rechenschaftspflicht sind entscheidend. Wenn es Netzwerke mit informellen und nicht hierarchischen Strukturen gibt, erhöhen diese das Problem der Accountability. Das Multi-Stakeholder-Modell ist abhängig von ausgewogenen Partizipationsmodellen mit ausreichender Berücksichtigung aller Stakeholder bei Transparenz. Multi-Stakeholder-Modell und Accountability sind aber bei Beachtung der Prinzipien als Substitute einer demokratischen Legitimität einer internationalen Institution anzusehen.

3.

Accountability ^

[17]
Eine Verpflichtung zur Rechenschaftslegung – Accountability – ist für internationale Akteure sehr bedeutsam geworden. Es gibt hierfür eigene Regelwerke, wie die INGO Accountability Charter.11 Diese ist nach eigener Definition «the only global, fully comprehensive and cross-sectoral accountability framework for NGOs driven by NGOs». Bekannte Mitglieder sind u. a. Amnesty International, Greenpeace und Transparency International. Die Verpflichtungen der Charter sind – neben der Beschränkung auf internationale Aktivitäten im öffentlichen Interesse: veröffentlichte jährliche Berichte mit Audits, Beschwerdemechanismus für interne und externe Beschwerden etc. Es ist hier anzumerken, dass das ICANN Modell schon viel weiter geht.
[18]
Der Begriff der Accountability (Pflicht zur Rechenschaftslegung) bleibt aber schwer zu fassen. Praktisch verwendbar ist die Definition des One World Trust, die sich an der Verpflichtung gegenüber den Stakeholdern orientiert: «Accountability is the process through which an organisation actively creates, and formally structures, balanced relationships with its diverse stakeholders, empowering these to hold it to account over its decisions, activities and impacts, with a view to continuously improving the organisation’s delivery against its mission.»12 Im Kern ist Accountability die Verpflichtung zu einem Prozess, in dem die Bedürfnisse und Interessen der jeweiligen Stakeholder im Entscheidungsprozess einbezogen und berücksichtigt werden.
[19]

Die Accountability Bewegung kann am besten als Teil einer größeren Bewegung der Zivilgesellschaft in den 1990er und 2000er Jahren angesehen werden. Von internationalen Akteuren wurde mehr Information, mehr Dialog und stärkere Einbeziehung in die Entscheidungsprozesse verlangt. Hier besteht ein gemeinsames Interesse mit den NGOS, die nicht mehr nur zuhören und wenig beachtete Stellungnahmen abgeben wollen, sondern auch in die Entscheidungsprozesse der staatlichen und zwischenstaatlichen internationalen Akteure einbezogen werden wollen.

[20]

Ein Mehr an Accountability ist spätestens seit den 2000er Jahren von allen internationalen Akteuren anerkannt; natürlich insbes. jenen, die von Spendengeldern finanziert werden oder sich um Menschenrechte oder Umweltschutz annehmen. Es gibt Anzeichen, dass der Druck der Zivilgesellschaft in sichtbarer Verbesserung der Accountability von globalen Akteuren geführt hat.13 Zumindest ist Accountability Teil der externen und internen Compliance dieser Organisationen. IMF, die Weltbank-Gruppe, die Europäische World Bank Group, die Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBRD) und die Welthandelsorganisation (WHO) halten regelmäßig Treffen mit der Zivlgesellschaft ab. Aber dies ist noch bei weitem nicht ausreichend.14 Jan Aart Scholte hat das Problem folgendermaßen beschrieben: Die meisten Institutionen haben die Accountability in Aussicht gestellt, aber «[…] have given little, if any, systematic attention to thinking through their own accountability challenges and constructing procedures that adequately respond to them.»15 Suzuki und Nanwani meinen, dass die meisten internationalen Banken Accountability Mechanismen bloß als «[…] internal governance tools for enhancing their operational effectiveness and discipline of the organisation […]» ansehen.16 Internationale Akteure wollen heutzutage ja nicht mehr nur das Recht einhalten, sondern Standards für gute Praxis etablieren, womit Compliance einen hohen Stellenwert bekommt. Ob damit nicht nur eine Optimierung der Erfüllung möglichst vieler Ziele – neben Maximierung des Nutzens (Gewinns) auch Corporate Social Responsability (CSR) – verfolgt wird, sondern auch eine wesentliche Mitwirkungsfunktion an die Zivilgesellschaft gegeben wird, bleibt letztlich eine offene Frage.

[21]
Christina Laybourn weist auch zu Recht darauf hin, dass Accountability für alle gelten muss, nicht nur die IGOs, INGOs und TNCs. Neue globale Player in sozialen Medien können mit wenig Aufwand große Auswirkungen erzielen, wie Anonymous17, Bitcoin18 oder WikiLeaks19. Wenn diese auch vorgeben, im öffentlichen Interesse und nach einer liberalen politischen Agenda zu agieren, fehlen doch weitgehend entsprechende Accountability Mechanismen.
[22]
Die wesentlichen Elemente der Accountability sind: Politikentwicklungsprozess, Transparenz, Partizipation, direkte bzw. indirekte Rechenschaft, Evaluierung, sowie Beschwerde- und Überprüfungsverfahren der Entscheidungen der Organe.
[23]

Voraussetzung für die Accountability ist eine ausreichende formale Abbildung der Partizipations- und Entscheidungsprozesse in der Organisation (z.B. ICANN mit dem Policy Development Process, PDP). Der Politikentwicklungsprozess (im staatlichen wie supranationalen Rahmen Gesetzgebungsprozess genannt) bedarf eines formalen Ablaufplans, um die Interessen aller Beteiligen unter den zeitlichen Restriktionen mit dem Ziel eines Konsensus wahren zu können. Die erforderlichen Elemente sind:20 Ziel des Prozesses, Suche nach relevanten Stakeholdern, Identifikation der relevanten Stakeholder, Etablierung einer Organisationsstruktur, die Definition der zu erarbeitenden Dokumente, die Definition der Reviewprozesse, die Definition der Entscheidungsprozesse und Möglichkeiten der Überprüfung des Politikentwicklungsprozesses.

[24]
Ein Nebenprodukt des Politikentwicklungsprozesses ist die Definition der jeweiligen zu produzierenden Dokumente mit einer Klassifikation ihrer Vertraulichkeit. Grundsätzlich sind die Dokumente öffentlich zu stellen; nur bei Vorliegen besonderer Gründe ist es erlaubt, die Dokumente erst nach bestimmten Fristen öffentlich zugänglich zu machen, allenfalls unter erschwerten Zugangsvoraussetzungen.
[25]
Voraussetzung der Accountability ist ausreichende Transparenz der Entscheidungsprozesse. Die wesentlichen Dokumente müssen rechtzeitig den jeweiligen Stakeholdern zur Verfügung gestellt werden. Mit dem Internet ist hierfür eine sehr effiziente globale Plattform geschaffen worden. Den Stakeholdern muss aber auch die Möglichkeit gegeben werden, ihre jeweiligen Positionen zu diesen Dokumenten darzulegen. Im Entscheidungsprozess ist der jeweilige Koordinator des Politikentwicklungsprozesses dazu verpflichtet, sämtliche Stellungnahmen in einem rationalen Diskurs zu berücksichtigen. In der endgültigen Entscheidung hat der Prozesskoordinator die jeweiligen Entscheidungsgründe darzulegen.
[26]

Dieser Prozess selbst ist dann Objekt der Rechenschaft und der Regulierung durch Dritte bzw. die Stakeholder. Organisationen mit Accountability unterwerfen ihre Entscheidungsprozesse einem regelmäßigen Review. Letztes und nach wie vor wenig gebrauchtes Instrument ist ein Beschwerde- und Überprüfungsverfahren der Entscheidungen des Prozesskoordinators. Ein gerichtsähnliches Organ (z.B. Schiedsgericht) bietet die Möglichkeit für die Betroffenen, den Entscheidungsprozess zu überprüfen und bei Verletzung wesentlicher Grundsätze die Entscheidung aufzuheben bzw. auch den durch die Entscheidung Geschädigten allenfalls auch Schadenersatz zuzusprechen.

[27]

Bei Internationalen Organisationen mit parlamentarischen Organen (z.B. EU) ersetzt das die Bürger repräsentierende Organ, das Parlament, die Accountability Prozesse weitgehend. Wichtig ist aber hierbei, auf die Transparenz nicht zu verzichten und auch Streitschlichtungsorgane vorzusehen, die bei Verletzung der Grundsätze des Rechtsetzungsverfahrens einschreiten können. Der Prozess selbst ändert sich aber dadurch grundlegend, weil Abgeordnete die alleinige Entscheidungskompetenz haben und – wenn, wie oft, kein organisierter Wählerkreis zur regelmäßigen Rückkoppelung besteht – nur mehr am Wahltag sich für mangelnde Rückkoppelung verantworten müssen. Accountability bei gewählten Repräsentativorganen wird damit zu einem Mechanismus einer wirksamen Kontrolle der Funktionsfähigkeit dieses demokratischen Prozesses.

4.

Untersuchung ausgewählter Internationaler Organisationen ^

[28]
Am Beispiel ausgewählter Internationaler Organisationen, wie der ICANN und der EU, wird aufgezeigt, dass Accountability eine wesentliche Verbesserung in der Partizipation der Stakeholder bringt.

4.1.

ICANN ^

[29]

Die im September 1998 auf Initiative der USA gegründete Internet Corporation for Assigned Names and Numbers (ICANN) ist der technische Regulierungsprovider des Internet (technische Governance).21 ICANN ist formalrechtlich eine internationale nicht-staatliche Organisation nach dem Recht des US-Staates Kalifornien in Los Angeles, CA, USA.22 ICANN hat aber nicht nur Rechte der Partizipation, sondern sogar echte Kompetenzen, und zwar jene der technischen Regulierung: Root-Server-System, Internet Protokoll, IP Adressen, Domain Name System (gTLD, ccTLD) und Domainnamenstreitigkeiten. «As a private-public partnership, ICANN is dedicated to preserving the operational stability of the Internet; to promoting competition; to achieving broad representation of global Internet communities; and to developing policy appropriate to its mission through bottom-up, consensus-based processes.»23 Nunmehr wird die technische Regulierung unter dem Begriff der IANA-Funktionen zusammengefasst. «In more technical terms, the Internet Corporation for Assigned Names and Numbers (ICANN) coordinates the Internet Assigned Numbers Authority (IANA) functions, which are key technical services critical to the continued operations of the Internet’s underlying address book, the Domain Name System (DNS). The IANA functions include: (1) the coordination of the assignment of technical protocol parameters including the management of the address and routing parameter area (ARPA) top-level domain; (2) the administration of certain responsibilities associated with Internet DNS root zone management such as generic (gTLD) and country code (ccTLD) Top-Level Domains; (3) the allocation of Internet numbering resources; and (4) other services. ICANN performs the IANA functions under a U.S. Government contract.»24 Diese formale Übertragung der «Kompetenzen» durch die US-Regierung – genauer gesagt der National Telecommunications & Information Administration (NTIA) des US-Handelsministeriums – soll nunmehr in Kürze beendet werden und die technische Regulierung soll in Zukunft auf einem Mandat der globalen Multi-Stakeholder-Community beruhen.

[30]
Über die technische Regulierung hinaus bestimmt ICANN auch die Politiken, wie die Domainnamen und IP-Adressen («names and numbers») des Internets organisiert werden. Hierbei hat sich die ICANN auf ein «bottom-up, consensus-driven, multi-stakeholder model» festgelegt.
[31]

Nicht der ICANN Vorstand bestimmt die Politikthemen, sondern die Mitglieder der Untergruppen in der ICANN können diese an der Basis (at the grassroots) aufbringen. Sodann hängt es davon ab, ob dieses Thema in den Aufgabenbereich der ICANN fällt und genügend Unterstützung in den Untergruppen und den verschiedenen Unterstützenden Organisationen (Supporting Organisations) und Beratenden Komitees (Advisory Committees) bekommt. Abschließend entscheidet der ICANN Vorstand über die Politikempfehlungen.

[32]
ICANN stellt durch die Statuten (Bylaws), Politikentwicklungsprozesse (Policy Development Processes, PDPs) und Internationale Meetings die Diskussionsforen für Politikthemen bereit, die allen offen stehen. Die ehrenamtliche Mitgliedschaft in den Arbeitsgruppen (ICANN’s volunteer Working Groups) soll eine breite Repräsentation der Ansichten der Welt geben. Alle Standpunkte sollen gehört werden, es muss nach gemeinsamen Interessen gesucht und in Richtung eines Konsensus gearbeitet werden. Dies erfordert Zeit, verhindert aber, dass der Prozess leicht durch Einzelinteressen dominiert wird.
[33]

Der integrative Ansatz des Multi-Stakeholder-Modells behandelt alle Stakeholder als Gleiche (peers): öffentlicher Sektor, die Wirtschaft, die Zivilgesellschaft und die technischen Experten. Die wesentlichen Gruppen sind derzeit mehr als 100 Regierungen (Governmental Advisory Committee), die globalen Internet-Nutzer, die Registerführer (registries), die Registrare, die Internet Service Provider (ISPs), Geistiges Eigentum (IP advocates), kommerzielle und geschäftliche Interessen, nicht kommerzielle und gemeinnützige Interessen, etc. Alle Stakeholder haben ein Mitspracherecht, wie das Internet organisiert wird.

4.1.1.

Organisation der ICANN ^

[34]

Die Struktur der ICANN ist mit drei Unterstützenden Organisationen (Supporting Organisations), vier Beratenden Komitees (Advisory Committees), dem Governmental Advisory Committee (GAC), vielen Untergruppen und Arbeitsgruppen überaus komplex. Eine starke koordinierende Rolle hat der ICANN Mitarbeiterstab (ICANN Staff) mit dem Präsidenten und CEO an der Spitze.

[35]
Der ICANN Vorstand (Board of Directors) hat die zentrale Rolle, von denen 16 Mitglieder stimmberechtigt sind. Acht stimmberechtigte Vorstandsmitglieder werden von einem Nominierungskomitee gewählt; sieben von den ICANN-Organen ASO, ccNSO, GNSO und ALAC. Eine geographische und kulturelle Diversität ist zu wahren. Diese 15 Mitglieder wählen den Präsidenten und CEO. Fünf weitere Vorstandsmitglieder ohne Stimmrecht werden von beratenden Organen nominiert.
[36]
Im Politikentwicklungsprozess hat der ICANN Vorstand die wesentlichen Rollen der Festlegung der Themen nach Vorschlag der jeweiligen ICANN Gruppen als auch die Entscheidung über das Ergebnis selbst. Die Ausarbeitung der Politik selbst erfolgt nach dem Multi-Stakeholder-Modell.
[37]

Eine entscheidende Änderung der «ICANN-Verfassung» (Articles of Incorporation und Bylaws) wird im Zuge der Aufgabe der IANA Stewardship-Funktion durch das US-Handelsministerium erfolgen. Die «ICANN-Verfassung» wird durch die Ergänzung mit einer Verpflichtung zu Menschenrechten sowie Aufnahme der Affirmation of Commitments erweitert. Es wird nunmehr zwischen «grundlegenden Bestimmungen» und «normalen Bestimmungen» unterschieden. Bei ersteren werden zukünftig neben einem erhöhten Quorum im ICANN Vorstand auch eine Zustimmung der Empowered Community erforderlich sein. Dieser Empowered Community werden weitreichende Kontrollaufgaben übertragen. Durch die Stärkung des Independent Panel Review (IPR) mit Einführung eines Schiedsgerichtsverfahrens wird ein «verfassungsgerichtliches Element» eingeführt. Als Ersatz für die IANA wird die Post-Transition IANA (PTI) als Zweiggesellschaft (subsidiary) der ICANN gegründet.

4.1.2.

Legitimität der ICANN: Von den USA zur Multi-Stakeholder-Community ^

[38]

Bekanntlich hat sich das Internet von einem Forschungsnetzwerk zu einer globalen Ressource entwickelt. Das Forschungsnetzwerk war ursprünglich für die elektronische Zusammenarbeit zwischen militärischen Einrichtungen und Forschungseinrichtungen gegründet worden und unterlag stets einer gewissen Aufsicht der US-Regierung. Dies ist bis heute so geblieben. Die zuerst sehr rudimentären Strukturen wurden aber im Zuge von vielen Reformen wesentlich ausgebaut und erweitert. Die starke Rolle der beteiligten Stackholder ist aber geblieben. Seit der Öffnung des Forschungsnetzwerks für die Wirtschaft hat sich diese als wesentlicher Stakeholder etabliert. Im Zuge der Neustrukturierung des Internets in den Jahren 1996 bis 1998 wurde dieses Modell weiter formalisiert und internationalisiert. Die Legitimität kommt formal vom US-Handelsministerium (DoC, NTIA), was im Memorandum of Unterstanding vom November 199825 bzw. im Abkommensbündel vom November 1999 und dessen Änderungen und Verlängerungen bis heute klar ausgesprochen wird. Trotz einer gewissen Einflussnahme der USA wurde und wird die Autonomie der ICANN weitgehend gewahrt und weiterentwickelt.

[39]

Am 29. September 2006 wurde das Post-MoU Arrangement abgeschlossen. Innerhalb von drei Jahren sollte es zur Unabhängigkeit der ICANN kommen; für die jedoch eine ausreichende Accountability gefordert wurde. Am 30. September 2009 wurde mit dem «Affirmation of Commitments by the U.S. Department of Commerce and ICANN»26 der nächste entscheidende Schritt festgelegt. Der Multi-Stakeholder Prozess wurde gestärkt und die Aufsichtsfunktionen mit anderen Regierungen bzw. der globalen Internet Community geteilt. Doch auch in den nächsten Jahren blieb die Rolle der USA als Garant des Modells unverzichtbar, weil der erforderliche Rückhalt durch einen effizienten Multi-Stakeholder-Prozess mit Regierungen, der Wirtschaft, der Zivilgesellschaft und den Technikern noch unzureichend entwickelt war, um die Rolle als Regulator des Internets auf ein Mandat der globalen Internetgesellschaft zu stützen.

[40]

Am 14. März 2014 kündigte die U.S. National Telecommunications and Information Administration (NTIA) ihre Absicht an, die Aufsicht (stewardship) über die IANA Funktionen der globalen Multi-Stakeholder-Community zu übertragen.27 Die ICANN wurde aufgefordert, den Politikentwicklungsprozess für die Übertragung dieser Aufsicht zu starten und einen entsprechenden Übertragungsvorschlag auszuarbeiten. Dieser Vorschlag muss die breite Unterstützung der Communities genießen und insbesondere vier Prinzipien berücksichtigen: Unterstützung und Erweiterung des Multi-Stakeholder-Modells; Aufrechterhaltung der Sicherheit, Stabilität und Elastizität (resiliency) des Internet DNS, Berücksichtigung der Bedürfnisse und Erwartungen der globalen Kunden und Partner der IANA Dienstleistungen und Beibehaltung der Offenheit des Internets. Die NTIA hat auch klargestellt, dass sie keinen Vorschlag akzeptieren wird, der den Ersatz der Rolle der NTIA durch eine Regierung geführte oder zwischenstaatliche Organisation vorsieht.

[41]
Zur Erarbeitung des Vorschlags hat die ICANN als Resultat der Diskussion in den Communities zwei Gruppen gegründet, in denen die Diskussionen in den jeweiligen Untergruppen gebündelt und der Vorschlag ausgearbeitet werden soll: IANA Stewardship Transition Coordination Group (ICG)28 und Cross Community Working Group on Enhancing ICANN Accountability (CCWG-Accountability).29
[42]

Die IANA Stewardship Transition Coordination Group (ICG) wurde im Juli 2014 gegründet, um den Übergangsprozess zu koordinieren. Diese Gruppe besteht aus 30 Einzelmitgliedern, die 13 Communities präsentieren. Die Vertreter wurden von den jeweiligen Communities nominiert. Grundlage dieser Arbeit waren die Vorschläge der drei «Operating Communities» (OCs): Die Domainamen-Community (organisiert in Form der Unterstützenden Organisationen und Beratenden Komitees der ICANN), die IP-Adressen-Community (organisiert durch die regionalen Internet Register, oder RIRs); und die Internetprotokoll-Community (organisiert durch das Internet Engineering Task Force, IETF).

[43]
Die Cross Community Working Group on Enhancing ICANN Accountability (CCWG-Accountability) wurde im Dezember 2014 geschaffen.30 Hier wird der Erkenntnis Rechnung getragen, dass das Sicherheitsnetz der NTIA wegfallen wird und daher die existierenden Accountability Mechanismen überarbeitet und erweitert werden müssen. Die CCWG-Accountability Arbeit besteht aus zwei Tracks: Work Stream 1 soll die Accountability von ICANN um jene Instrumente verbessern, die innerhalb des Zeitplans der IANA Stewardship Transition vorhanden sein müssen. Work Stream 2 behandelt jene Accountability Themen, die außerhalb des Zeitplans der IANA Stewardship Transition behandelt werden können.
[44]

Die Vorschläge beider Arbeitsgruppen wurden im Rahmen des ICANN55 Marrakesch Meetings intensiv diskutiert. Mit 9. März 2016 haben alle Communities diesen Vorschlag unterstützt. Am 10. März 2016 hat der ICANN Vorstand den Vorschlag formal im Namen der globalen Internet Community angenommen. Damit wurde ein neuer Standard der Accountabilty gesetzt. Dieser wurde am 10. März 2016 der NTIA übermittelt. Dieser Vorschlag ist sehr umfangreich und kann aus Platzgründen nur überblicksartig behandelt werden.31

[45]
Als Ersatz für die IANA wird die Post-Transition IANA (PTI) als Zweiggesellschaft (subsidiary) der ICANN gegründet, welche als IANA Functions Operator (IFO) fungiert. Diese formelle Teilung ermöglicht eine später allenfalls nötige Trennung der IANA-Funktionen von der ICANN und damit auch eine Beendigung dieser.
[46]

Die drei IANA Funktionen sind: IP Adressen, Domainnamen und Internetprotokoll. Für jede dieser Funktionen sind «Operating Communities» (OCs) zuständig (Rz. 42). Jede Community behält die Unabhängigkeit über ihre eigenen Prozesse, wird diese gesondert bewerten und kann auch eine Beendigung ins Auge fassen. Die Communities haben sich aber für diesen Fall verpflichtet, gemeinsam und mit ICANN die Stabilität und das problemlose Funktionieren der IANA Funktionen im Falle eines Wechsels sicherzustellen.32

[47]
Für jede IANA Funktion werden gesonderte Überwachungsorgane geschaffen. Für die Domainnamen ist das Customer Standing Committee (CSC) vorgesehen, das für das Monitoring der IFO Performance entsprechend den vertraglichen Erfordernissen und den service level expectations verantwortlich ist. Desgleichen wird ein Multi-Stakeholder IANA Function Review process (IFR) etabliert, der regelmäßige und auch spezielle Reviews der PTI vornehmen soll. Der IFR kann als Ergebnis auch eine Beendigung empfehlen.
[48]

Die Autorisierung von Änderungen in der Root Zone werden zukünftig nicht mehr von der NTIA vorgenommen, sondern vom ICANN Vorstand. Dieser kann alle Architekturmodifikationen und operationellen Änderungen im Management der Root Zone vornehmen. Die Entscheidung selbst hat auf den Empfehlungen des Standing Committee of Stakeholders and Experts zu beruhen. Der Domainnamen Vorschlag beruht auf verbesserten Accountability Mechanismen, die von der Cross Community Working Group on Enhancing ICANN Accountability (CCWG) entwickelt wurden.

[49]
Die IP-Adressen-Funktion wird unter einem Vertrag (Service Level Agreement, SLA) mit den fünf Regional Internet Registries (RIRs) durchgeführt. Ein Review Committee (RC), bestehend aus Vertretern der Communities von jeder Region soll die RIRs hinsichtlich der IANA Functions Operator Performance und Beachtung der vereinbarten Dienstleistungsniveaus (service levels) unterstützen.
[50]

Die Weiterentwicklung des Internetprotokolls bleibt beim IETF. Das «Tagesgeschäft» des Internetprotokolls wird von der ICANN weitergeführt, wobei das bestehende System von Abkommen, Politiken und Überwachungsmechanismen weiterhin angewendet wird. Das System wurde vom IETF, der ICANN und dem IAB (Intenet Architecture Board) entwickelt; insbes. RFC 2860, RFC 6220, und einem jährlich überarbeiteten service level agreement. Vom IETF wurden drei Zusicherungen verlangt: die Protokolle verbleiben in der Public Domain; die ICANN erfüllt die Verpflichtungen C.7.3 und I.61 des ICANN-NTIA IANA Functions Contract und die ICANN, das IETF und der zukünftige IANA Functions Operator arbeiten zusammen, um Funktionsstörungen des Internets zu minimieren.

[51]
Der ICANN Vorschlag zu Übertragung der IANA Stewardship Function sieht eine wesentliche Verbesserung der Accountability vor. Es wurden insgesamt zwölf Empfehlungen ausgearbeitet, die im Folgenden kurz beschrieben werden sollen. Im Wesentlichen soll die Einbeziehung der Communities wesentlich verbessert werden; es werden 7 neue «Community Powers» geschaffen (Recommendation #4).
[52]
Die wichtigste Änderung ist die Gründung einer Empowered Community for Enforcing Community Powers (Recommendation #1). Diese Empowered Community besteht aus den Decisional Participants, das sind die Unterstützenden Organisationen und die Beratenden Komitees (das ALAC und das GAC33). Diese Empowered Community hat die Kompetenzen eines «Sole Designator» nach kalifornischem Vereinsrecht; d.h. sie kann wesentliche Kontrollrechte über den Vorstand ausüben, wie das Recht der Ernennung bzw. Abberufung von Vorstandsmitgliedern und auch andere Rechte wie die Annahme oder Ablehnung von Änderungen der Articles of Incorporation und der Bylaws, das Untersuchungsrecht, etc.
[53]

Diese Empowered Community wird durch einen Konsensus Prozess (Recommendation #2) mit den Elementen Engagement, Eskalation und Durchsetzung gestärkt. Für folgende wichtigen Beschlüsse ist ein intensiver Engagementprozess erforderlich: ICANN’s Five-Year Strategic Plan, ICANN’s Five-Year Operating Plan, ICANN’s Annual Operating Plan & Budget, Internet Assigned Numbers Authority (IANA) Functions Budget, Änderungen der Standard Bylaws oder Fundamental Bylaws oder der Articles of Incorporation, die Genehmigung der Veräußerung von ICANN Vermögen, ICANN Vorstandsentscheidungen hinsichtlich Änderungen der IANA-Funktionen, einschließlich des möglichen Beendigungsprozesses der Post-Transition IANA (PTI). Bei wesentlichen Differenzen kann die Empowered Community einen Eskalationsprozess beschließen, d.h. die Beschlüsse zurückweisen bzw. einen Vorstandsdirektor oder auch den gesamten Vorstand entlassen. Die Empowered Community kann einem bindenden Independent Review Process (IRP) einleiten; dies gilt auch für alle durch ICANN Vorstand-Entscheidungen betroffenen Personen. Dieser IRP wird gestärkt durch die Etablierung eines permanenten Schiedsrichterpanels (standing judicial/arbitral panel). Aus diesem sind Entscheidungspanels mit jeweils drei Mitgliedern zu bilden. Diese Schiedsentscheidung soll in allen Ländern durchsetzbar sein, die internationale Schildsprüche anerkennen. Weiters kann der ICANN Vorstand mit einem nicht bindenden Request for Reconsideration befasst werden, womit dieser verpflichtet ist, die Entscheidung oder Untätigkeit zu einem Politikthema nochmals zu überprüfen (Recommendation #8). Auch die Erfüllung der Rechenschaftspflichten der Unterstützenden Organisationen und Beratenden Komitees soll regelmäßig Reviewverfahren unterzogen werden, um sicherzustellen, dass diese ihren betreffenden Constituencies, Stakeholder-Gruppen, Regional At-Large Organizations, etc. verantwortlich sind. Die Accountability-Mechanismen sollen weiterhin verbessert werden (Recommendation #12).

[54]
Bisher war eine Änderung der Standard Bylaws, Fundamental Bylaws and Articles of Incorporation durch eine Zweidrittelmehrheit des ICANN Vorstands möglich. Nunmehr wird eine Konsultation für alle Änderungen vorgeschrieben (Recommendation #3). Die neue Kategorie der Fundamental Bylaws erfordert bei Veränderung eine höhere Mehrheit im ICANN Vorstand als auch die Zustimmung der Empowered Community.
[55]

Die Aufgaben der ICANN, ihre Verpflichtungen und Kernwerte werden klargestellt (Recommendation #5). ICANN verpflichtet sich, die international anerkannten Menschenrechte als anwendbares Recht anzuerkennen (Recommentation #6). Diese Verpflichtung erfordert noch ein Framework of Interpretation for Human Rights (FOI-HR). Desgleichen sollen die ICANN Verpflichtungen aus den Affirmation of Commitments in die ICANN Bylaws aufgenommen werden (Recommendation #8): Gewährleistung der Rechenschaftspflicht (Accountability), Transparenz und der Interessen der globalen Internet-Nutzer; Umsetzung der ICANN-Politik zu WHOIS, vorbehaltlich der geltenden Gesetze, die Erhaltung der Sicherheit, Stabilität und Elastizität des Domain Name System (DNS), und die Förderung des Wettbewerbs, des Verbrauchervertrauens und der Verbraucherauswahl.

[56]
Der Rechenschaftspflicht gegenüber dem Governmental Advisory Committee (GAC) in Fragen des öffentlichen Interesses soll ausreichend Rechnung getragen werden. Wenn der ICANN Vorstand eine Entscheidung fällt, die nicht konsistent mit GAC Advice ist, besteht eine Informationspflicht mit Begründung. Bei Vorliegen eines GAC Konsensus besteht ein erhöhtes Quorum im ICANN Vorstand von 60%. Danach besteht eine Verhandlungspflicht bona fides (Recommendation #11).
[57]

Die NTIA des US-Handelsministeriums hat den Empfang des Vorschlags bestätigt und wird diesen umgehend prüfen. Am 16. März 2016 wurde bekannt gegeben, dass das Berkman Centre for Internet & Society at Harvard University einen unabhängigen Review der Vorschläge durchführen wird und diesen nicht später als am 30. Juni 2016 vorlegen wird. Das US-Handelsministerium wird auch dem US Kongress mit dieser Frage befassen.

[58]
Die Umsetzung dieser Vorschläge erfordert eine intensive legislative Arbeit des Mitarbeiterstabs der ICANN als auch der jeweiligen Stakeholder, die bis zum ICANN56-Treffen in Helsinki im Juni 2016 abgeschlossen werden soll. Der Zeitplan ist durchaus als ambitioniert zu bezeichnen.

4.1.3.

Accountability der ICANN ^

[59]
Das Modell der Accountability der ICANN ist in den Affirmation of Commitments, in der Satzung (Bylaws) sowie im Politikentwicklungsprozess festgelegt. Eine wesentliche Änderung der Accountability wurde mit Inkrafttreten der «Marrakesch-Beschlüsse» im März 2016 festgelegt.
[60]
Es findet eine regelmäßige Überprüfung der Accountability durch Accountability and Transparency Review Teams (ATRTs) statt. Der 1. Review erfolgte im Jahr 2010 (Endbericht: 31. Dezember 2010); der 2. Review in den Jahren 2012/2013 (Endbericht: 31. Dezember 2013). Die Empfehlungen wurden weitgehend umgesetzt.34 Eine externe Überprüfung erfolgt durch das Berkman Center for Internet & Society at Harvard University,35 das Internet Governance Projekt (Milton Mueller)36 und One World Trust 200737 bzw. 2014.38 Hier sollten auch metrische Kriterien zur Messung der Accountability entwickelt werden.
[61]
Vorab kann gesagt werden, dass ICANN über den am besten ausgebauten und am häufigsten überprüften Accountability-Prozess verfügt. Trotzdem ist der Prozess nach wie vor verbesserungsfähig. Es scheint fast unmöglich zu sein, alle globalen Interessen in einem ausgewogenen Politikentwicklungsprozess zu berücksichtigen; letztlich setzen sich offensichtlich doch die stärksten und am besten organisiertesten Gruppen durch.
[62]
Die Affirmation of Commitments legen im Punkt 8 (c) fest, dass ICANN als Multi-Stakeholder-Organisation im öffentlichen Interesse zu handeln hat. Nach Punkt 9.1 der Affirmation of Commitments bedarf es daher robuster Mechanismen für öffentlichen Input, Accountability und Transparenz.
[63]
Die ICANN Bylaws sowie «ICANN’s Accountability and Transparency Frameworks and Principles Participating community accountability» vom 15. Februar 200839 sehen drei Arten der Mitwirkung und Mitentscheidung vor: öffentliche Accountability (public sphere accountability), gesellschaftsrechtliche Accountability (corporate and legal accountability) und partizipatorische Accountability (participating community accountability).
[64]

Nach den Bylaws, Article III Section 1, müssen die ICANN und ihre Organe im größtmöglichen Ausmaß offen und transparent im Eingang mit den Verfahren arbeiten, um Fairness sicher zu stellen: «ICANN and its constituent bodies shall operate to the maximum extent feasible in an open and transparent manner and consistent with procedures designed to ensure fairness.». Es sind Mechanismen einzuführen, die sicherstellen, dass ICANN verantwortlich handelt. Als solche sind anzusehen: Transparenz, Zugang zu Dokumenten (Information Disclosure Policy40), Entscheidungsüberprüfungskomitee des Vorstands (Board Reconsideration Committee), Independent Review Procedure (IRP), ICANN Ombudsman, unabhängiger externer Audit, Finanzieller Bericht, Jährlicher Bericht etc.

[65]
Die gesellschaftsrechtliche Accountability entspricht den gesetzlichen Verpflichtungen eines Vereins nach kalifornischem Recht (Non-profit public benefit corporation under Californian law). Die ICANN Vorstandsdirektor müssen sich bona fide verhalten, haben eine Sorgfaltspflicht, eine Untersuchungspflicht, eine Loyalitätspflicht und eine Pflicht zur umsichtigen Investition.
[66]
Die partizipatorische Accountability überdeckt sich teilweise mit der öffentlichen Accountability (public sphere accountability). Diese verlangt, dass der ICANN-Vorstand und die Verwaltung der ICANN entsprechend den Erwartungen der ICANN Community handeln müssen. Die Vorstandsdirektoren (Board Directors) werden durch das Nominierungskomitee (Nominating Committee) ernannt. Es gibt einen Konsultativen Planungsprozess (Consultative Planning Process) für den strategischen Plan, den operativen Plan und das Budget. Die Konsultationsprinzipien sind in den Bylaws, Article I, Section 2, festgelegt: «4. Seeking and supporting broad, informed participation reflecting the functional, geographic, and cultural diversity of the Internet at all levels of policy development and decision-making.» Die ICANN ist verpflichtet, breite und informierte Partizipation zu suchen und zu unterstützen und der funktionellen, geographischen und kulturellen Diversität des Internets auf allen Ebenen der Politikentwicklung und Entscheidungsfindung Rechnung zu tragen. Dies bedeutet auch, dass die wichtigsten Dokumente der ICANN in den UN-Sprachen sowie in Portugiesisch vorhanden sein müssen. Auch Kritiker gestehen der ICANN zu, dass der partizipatorische Prozess gut ausgebaut ist, meinen aber, dass dies kein ausreichendes Substitut für «echte» Accountability ist.41 Durch die Empowered Community wird diese aber wesentlich ausgebaut.
[67]

Der ICANN Vorstand, ihre Unterstützenden Organisationen, Beratenden Komitees sowie deren Arbeitsgruppen und Stakeholdergruppen haben sich regelmäßig in ICANN Meetings (derzeit drei pro Jahr) einer offenen Diskussion zu stellen. Es ist eine öffentliche Diskussion, insbesondere über das Internet, darüber, jede signifikante Arbeit von ICANN sicherzustellen («[e]very significant piece of work that ICANN produces»).

[68]
Ein wesentliches Element zur Sicherstellung eines fairen Partizipationsprozesses ist der Independent Review Process (IRP) der ICANN Vorstandsentscheidungen. Jeder Betroffene kann einen IRP beantragen, der zur Überprüfung der Entscheidungen des ICANN Vorstands führt. Nach den Änderungsvorschlägen von Marrakesch wird ein gerichtsähnliches Reviewverfahren eingeführt, dessen Entscheidung wird als Schiedsspruch vollstreckbar sein.

4.2.

Europäische Union (EU) ^

[69]

Hinsichtlich der internationalen Accountability ist die EU ein Sonderfall, weil ein mitentscheidendes und direkt gewähltes Parlament vorhanden ist, das die Beteiligung des Volkes an Politikentwicklungsprozessen sicherstellt.42 Weiters sind die Völker der Mitgliedstaaten über den Rat der EU bzw. den Europäischen Rat indirekt über ihre den nationalen Parlamenten verantwortlichen Vertreter in die Partizipations- und Mitentscheidungsprozesse eingebunden. Durch die wesentlich höhere Sichtbarkeit von Regierungen im nationalen politischen Diskurs funktioniert diese Partizipation oft besser als jene über die Mitglieder des Europäischen Parlaments (MdEP), weil die Rückkoppelungsprozesse über die Medien wenig funktionieren und ihre lokale Arbeit «vor Ort» noch ungenügende Relevanz und Aufmerksamkeit entfaltet.

[70]

Im europäischen Umfeld ist mit dem Europäischen Parlament eine repräsentative Demokratie mit einigen Schwächen verwirklicht. Die Interessensvielfalt komplexer Gesellschaftsgebilde wie der EU kann in parlamentarischen Entscheidungsprozessen nur ungenügend abgebildet werden; die Mitglieder des EP berücksichtigen neben sachlichen und politischen Argumenten auch «andere Interessen» in ihren Abstimmungsverhalten. Die EU hat für wichtige Stakeholder weitere Organe geschaffen: Mitgliedstaaten – Rat der EU bzw. Europäischer Rat, Sozialpartner und Zivilgesellschaft (sogenannte holy trinity) – Europäischer Wirtschafts- und Sozialrat, Regionen – Ausschuss der Regionen. Des Weiteren ist die Einflussnahme durch Stakeholder in Form des Lobbyismus unverzichtbar, wenn auch wenig geliebt.

[71]
Unzweifelhaft übernimmt das formal legitimierte Parlament viele entscheidende Aufgaben im Politikentwicklungsprozess: welche Themen, welche Prozesse, welches Stakeholder, welche Dokumente, wie lange wird verhandelt und wie kann die Entscheidung überprüft werden. Accountability hat hier die Aufgabe die Bewertung zu unterstützen, ob der Entscheidungsprozess offen, transparent und fair abgelaufen ist. Der Transparenz kommt eine entscheidende Rolle zu; auch um die vielen Formen der informellen Partizipation besser kontrollieren zu können. Dies zeigt gerade das Beispiel der EU. Ein Parlament einer repräsentativen Demokratie benötigt für die vielschichtige Partizipation ein Kontrollinstrument.
[72]

In zwei Fällen gibt es ständig Konfliktpotenzial: Entscheidung über die Stakeholder sowie Transparenz der Entscheidungen. In beiden Fällen ist die Kritik der Öffentlichkeit besonders stark. Der komplexe Politikentwicklungsprozess mit vielen formellen und informellen Einflussmöglichkeiten und viel Intransparenz ist anfällig für einen Lobbyismus. Der öffentliche Zugang zu den wesentlichen Dokumenten ist nach wie vor von einer Fülle von Bedingungen behindert. In beiden Fällen ist klar, dass die EU hier wesentlichen Reformbedarf hat.

4.2.1.

Organisation der EU ^

[73]
Die EU ist als supranationale Organisation mit etwa 500 Millionen Europabürgern und wesentlich mehr Kompetenzen eine ganz andere Kategorie als die ICANN. Diese hat zwar mit über 2 Milliarden Internetnutzern mehr «Mitglieder», ist aber auf technische Kompetenzen beschränkt. Beide sind höchst komplexe Organisationen mit schwer durchschaubaren Partizipations- und Entscheidungsprozessen.
[74]

Bei beiden Organisationen wird viele entscheidende Arbeit in wenig sichtbaren Gruppen erledigt. Bei der ICANN sind dies die Arbeitsgruppen und Stakeholder-Gruppen; bei der EU die Arbeitsgruppen der Kommission bzw. des Rates. Der wichtigste Verhandlungsmechanismus selbst – der Trilog – ist ebenfalls nicht im EUAV geregelt.43 In diesen Gruppen können sich die jeweiligen Stakeholder einbringen; bei der EU sind dies die Mitgliedstaaten, die Regionen, die Wirtschaft, die Gewerkschaften und die Zivilgesellschaft. Beiden Organisationen ist gemein, dass der Erfolg einer Partizipation entscheidend vom Organisationsgrad und Engagement der Gruppe abhängig ist. Partizipations- und Entscheidungsprozesse bedingen im Politikentwicklungsprozess sach- und zeitdeterminierten Input, d.h. insbes. Vorschläge, Statements und Voten, oft nicht nur zum gegebenen Zeitpunkt in einer bestimmten sachlichen Form, sondern auch am richtigen Ort (d.h. Teilnahme an «Runden Tischen» oder informellen Verhandlungsrunden).

4.2.2.

Accountability durch Parlament, Rat und Rechtsprechung ^

[75]
Ein westlicher Vorteil der EU ist das bereits sehr gut ausgebaute Europäische Parlament. Die regelmäßigen ICANN Meetings mit offener Partizipation sind kein Ersatz dafür, dass ein nach den Prinzipien einer allgemeinen, gleichen, unmittelbaren, persönlichen, freien und geheimen Wahl gewähltes Parlament an den Politikentwicklungsprozessen teilnimmt und auch mitentscheiden kann. Die Herausforderung eines Parlaments liegt darin, dass es souverän ist, repräsentativ für die Bürger agiert und zwischen den Wahlen deren Anliegen zumindest teilweise «vergessen» kann. Viel zu wenig werden Politikentwicklungsprozesse Wahlthemen und noch weniger wird fehlende Partizipation vom Wähler sanktioniert. Der Klage über die fehlende Rückkoppelung der Parlamentarier mit dem Wahlvolk steht dessen ungenügendes Engagement für eine Partizipation entgegen.
[76]
Bei der Bewertung der Accountability kommt es darauf an, ob Politikentwicklungsprozesse vom Bürger initiiert werden können, ob diese daran teilhaben können und inwieweit die Entscheidung vom Bürger hinterfragt werden können. In der Terminologie der Parlamente wird hier von Initiativrecht, Abgabe von Stellungnahmen in Begutachtungsverfahren und Überprüfung von Parlamentsentscheidungen durch Volksabstimmungen gesprochen.
[77]

Formell besitzt das Europäische Parlament kein Initiativrecht; dieses liegt bei der Europäischen Kommission (Art. 293 AEUV). Diese ist aber verpflichtet, Aufforderungen zu Initiativen des Europäischen Parlaments gemäß Art. 225 Satz 1 AEUV zu prüfen. Eine Million Bürger aus mindestens einem Viertel der Mitgliedstaaten kann die Europäische Kommission dazu zur Prüfung einer Initative zu einem bestimmten Thema auffordern (Europäische Bürgerinitiative gem. Art. 11 Abs. 4 EUV, Art. 24 AEUV bzw. Verordnung (EU) Nr. 211/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Februar 2011 über die Bürgerinitiative44). Jeder europäische Bürger kann sich mit einer Petition an den Bürgerbeauftragten des Europäischen Parlaments wenden (Art. 227 AEUV). Ebenfalls kann sich jeder Bürger mit einem Anliegen an jedes Organ oder jede Einrichtung wenden, und zwar in einer Amtssprache der EU und hat eine Antwort zu erhalten.

[78]
Volksabstimmungen sind im System der EU nicht vorgesehen; wohl aber können nach mitgliedstaatlichen Vorschriften solche im jeweiligen nationalen Kontext abgehalten werden.
[79]
Als Initiativorgan holt die Europäische Kommission bei neuen Politikentwicklungsprozessen (hier neue politische Maßnahmen und Rechtsvorschriften genannt) die Meinung von Bürgern und interessierten Kreisen ein (Öffentliche und sonstige Konsultationen).45 Dazu wird auch das Internet intensiv genutzt. Die Stakeholder können sich durch Stellungnahmen einbringen. Die laufenden Konsultationen werden auf der Website «Ihre Stimme in Europa» vorgestellt.46 Neben einer Übersicht wird ein «Background Paper» sowie eine Fragenliste (Questionnaire) bereitgestellt. Die Antworten sind üblicherweise in einen Online-Fragebogen einzutragen.
[80]

Eine wesentliche Maßnahme der EU-Organe besteht in der verstärkten Transparenz des breiten Spektrums von interessensvertretenden Gruppen und Organisationen (Lobbyisten), mit denen die EU-Organe interagieren und ihnen Partizipation am Entscheidungsprozess gewähren. Dies wird als legitim und notwendig angesehen, damit die Politikentwicklungsprozesse die wirklichen Bedürfnisse der Bürger widerspiegeln. Daher besteht seit Juni 2011 ein gemeinsames freiwilliges Register vom Europäischen Parlament und der Europäischen Kommission – das Transparenz-Register für Lobbyisten.47 Der Verhaltenskodex in Anhang 3 der Interinstitutionellen Vereinbarung von 201448 über das Transparenzregister enthält die Regeln für alle registrierten Organisationen und Einzelpersonen und legt die grundlegenden Verhaltensnormen in allen Beziehungen zu den EU-Organen fest.49 Es ist auch die Angabe finanzieller Informationen vorgesehen. Die Eintragung ist Voraussetzung für den Ausweis mit vereinfachtem Zugang zum Europäischen Parlament. Bei Nichteinhaltung des Verhaltenskodex oder bei Falschangaben ist eine kommentierte Streichung aus dem Register vorgesehen. Die Eintragungen können jedoch auch zurückgezogen werden. Von der Zivilgesellschaft wird die derzeitige Regelung als ungenügend angesehen. Die Registrierung führt zu einer ungenügenden Transparenz, weil für den Erfolg des Lobbyismus ihr Informationsvorsprung bzw. besondere Partizipation durch ihre Netzwerke ist und dies nicht abgebildet werden muss. Die Tatsache, dass Partizipation der Bürger von der Bündelung ihrer Interessen in entsprechenden Gruppen abhängt, hat bei den Bürgern großes Misstrauen verursacht, weil es weniger auf die Mitgliederzahl der Gruppe sondern eher auf Organisation, Netzwerk und Finanzierung ankommt und hier die Wirtschaft wesentliche Vorteile hat. Es handelt sich hier offensichtlich um ein «Naturgesetz» der Partizipation und Accountability in komplexen Organisationen. Ohne Kenntnis der Politikentwicklungsprozesse und Entscheidungsabläufe ist Partizipation wenig erfolgreich.

[81]
Ein Mehr an Information hilft auch nicht, weil damit zwar das Bewusstsein des Unvermögens gestärkt wird, aber noch keine Abhilfe für die fehlende Organisation, das fehlende Netzwerk und die fehlende Finanzierung geschaffen wird. Der Vorteil der erhöhten Transparenz liegt vielmehr darin, dass die Kosten der Partizipation für neue Gruppen wesentlich gesenkt werden und auch eine starke Motivation für den Aufbau der Gruppen geschaffen wird.
[82]
Lobbyismus ist auch eine – wenn auch oft unausgewogene – Form der Partizipation. Dies zeigt sich an der Wandlung des Rates der EU. Dieser gilt als ein wenig demokratisches Organ, und zwar nicht ganz zu Unrecht. Über lange Jahre haben die Minister als Vertreter ihrer Regierung ohne richtige Transparenz und mit wenig Kontrolle durch die nationalen Parlamente und das Europäische Parlament wesentliche Politikentwicklungsprozesse entschieden (die Schaffung des Binnenmarktes 1992 ist bezeichnend). Heute ist dies anders, weil auch wichtige Ratssitzungen nunmehr öffentlich sind, die Arbeit der jeweiligen Minister im Rat der EU einer Reflexion der nationalen politischen Diskussion unterliegt und auch die nationalen Parlamente verstärkte Kontrollrechte bekommen haben. Außerdem wurde die Rolle des Rates durch die Stärkung des Europäischen Parlaments und die Schaffung des Europäischen Rats wesentlich geschwächt.
[83]

Die Messung des Handelns von Gesetzgebung und Verwaltung an den menschenrechtlichen und grundrechtlichen Prinzipien als auch den gesetzlichen Vorgaben durch Organe der Rechtsprechung hat in den letzten Jahren verstärkte Bedeutung bekommen. Für Betroffene ist dies oft die einzige verbliebene Möglichkeit, zu «ihrem Recht» zu kommen. Eine gut ausgebaute Gerichtsbarkeit mit geringen Zugänglichkeitsschwellen kann diese Funktion sicherstellen und ist damit auch ein Element der Accountability. Gerade hier war und ist die EU mit dem EuGH wegweisend. Akte der EU-Organe unterliegen einer vollen rechtlichen Überprüfung, und zwar abstrakt durch die Mitgliedstaten und konkret durch Betroffene. Besonders bedeutsam sind hier die Nichtigkeitsklage gem. Art. 263 AEUV, die Untätigkeitsklage gem. Art. 265 AEUV und das Vorabentscheidungsverfahren gem. Art. 277 AEUV. Mit dem Inkrafttreten der Charta der Grundrechte der EU50 ist die Rolle des EuGH als Grundrechtsgerichtshof wesentlich gestärkt worden; diese wurde bereits, insbes. auch im Kontext des Wissens- und Netzwerkzeitalters, wahrgenommen.51

4.2.3.

Transparenz ^

[84]

Obwohl in der Europäischen Union ein starkes Parlament besteht, wird auf die Transparenz großen Wert gelegt. Damit soll die Grundlage für die Partizipation der Bürger gelegt, aber auch ein Kontrollinstrument für die vielschichtige Partizipation in der EU geschaffen werden. Transparenz wird damit zum Katalysator für mehr Energie und Licht in den Politikentwicklungsprozessen. Zivilgesellschaftliches Engagement wird durch Information wesentlich erleichtert, wenn auch noch das Hindernis des erheblichen Aufwands besteht, die Informationen zu sichten, zu verarbeiten und daraus Vorschläge und Statements für die jeweilige Gruppe zu formulieren. Mit Transparenz ist dies bei ausreichendem zivilgesellschaftlichem Engagement durchaus möglich. Die Einstiegsschwelle für neue Partizipationsgruppen wird dadurch wesentlich gesenkt. Ansonsten wären nämlich nur etablierte Partizipationsgruppen am Informations-, Mitwirkungs- und Entscheidungsprozess beteiligt und hätten dadurch einen schwer überwindbaren Startvorteil.

[85]
Kern der Transparenzbemühungen der Europäischen Union ist das Transparenzportal.52 Dieses Portal bündelt die vielen Aktivitäten der EU in diesem Bereich und erleichtert die Übersicht für den Bürger.
[86]
Zugang zu Rechtsvorschriften: Über EUR-Lex wird Zugang zu den Rechtsvorschriften, den Urteilen des EuGH, den vorbereiteten Rechtsakten sowie Links zu den relevanten nationalen Umsetzungsakten geboten. Ebenfalls sind Arbeitsprogramme (Grünbücher, Weißbücher, Arbeitsprogramm der Europäischen Kommission etc.) und Planungsdokumente vorhanden.53
[87]
Zugang zu laufenden Konsultationen: am Beginn jedes Politikentwicklungsprozesses soll eine Konsultation der europäischen Öffentlichkeit erfolgen. Zum entsprechenden Kommissionsdokument können Stellungnahmen abgegeben werden, insbes. durch Ausfüllung des jeweiligen Fragebogens.54 Damit werden Stakeholder, insbes. die Zivilgesellschaft stärker einbezogen.
[88]
Register der Expertengruppen: Dieses Register soll Licht in die Arbeit der vielen Expertengruppen bringen, die oft wichtige Entscheidungen vorbereiten.55 Es gibt einen Überblick über die Beratungsgremien, die die Europäische Kommission bei der Vorbereitung von Gesetzgebungsvorschlägen und politischen Initiativen (Initiativrecht der Kommission), von delegierten Rechtsakten und bei der Durchführung von bestehenden EU-Rechtsvorschriften, Programmen und Politiken einschließlich der Koordinierung und Zusammenarbeit mit den beteiligten Mitgliedstaaten und Interessengruppen unterstützen. Das Register enthält sowohl Expertengruppen der Kommission als auch vergleichbare Einrichtungen wie beratende Gruppen. Das Register enthält zu jeder Gruppe Standardangaben wie die Kommissionsdienststelle, Auftrag, Aufgaben und Zusammensetzung.
[89]
Informationen zum Ausschussverfahren: Diese Datenbank ersetzt das frühere Comitologie-Register. Die Kommission ist in einigen Fällen zur Durchführung von EU-Rechtsvorschriften befugt und wird hierbei von Ausschüssen unterstützt, die sich aus Vertretern der EU-Mitgliedsländer zusammensetzen.56 In diesen Ausschussverfahren werden oft sehr wesentliche Entscheidungen getroffen. Mit den im Register verfügbaren Arbeitsdokumenten können sämtliche Phasen einer Durchführungsmaßnahme mitverfolgt werden.
[90]
Transparenz-Register: Dieses «Lobbyistenregister» soll mehr Transparenz in die vielen informellen Stakeholder der EU-Politikentwicklungsprozesse bringen.57
[91]
Zugang zu Dokumenten: Unterhalb der Schwelle der im Amtsblatt bzw. Sammlung der Rechtsprechung zu veröffentlichenden Dokumente (d.h. der Rechtsvorschriften, der vorbereitenden Akte und der Rechtsprechung) reflektiert sich die Arbeit der EU-Organe in vielen Dokumenten. Gemäß Art. 15 AEUV besteht ein Recht auf Zugang zu den Dokumenten des Europäischen Parlaments, des Rates der EU und der Europäischen Kommission. Die Verordnung (EG) Nr. 1049/2001 über den Zugang der Öffentlichkeit zu den Dokumenten dieser drei Organe legt die allgemeinen Grundsätze und Einschränkungen dieses Zugangsrechts fest.58 Entsprechend dieser Regelung haben die Europäische Kommission59, der Rat der EU60 und das Europäische Parlament61 elektronische Dokumentenregister eingerichtet. Bei der Europäischen Kommission handelt es sich insbes. um KOM-, C- und SEK-Dokumente sowie Tagesordnungen und Protokolle der Kommissionssitzungen. Eine Ausweitung des Registers auf weitere Kategorien von Dokumenten ist geplant.
[92]
Open-Data-Portal: Für die kommerzielle Wiederverwertung oder sonstige Nutzung wird ein zentraler Zugang zum Datenbestand der Institutionen und anderen Einrichtungen der EU über das Open Data-Portal gegeben. Das offene Datenportal der EU wird vom Amt für Veröffentlichungen der Europäischen Union verwaltet.62
[93]

Finanztransparenzsystem: Die Kommission veröffentlicht die Namen der Empfänger von Finanzmitteln der Kommission, d.h. dem EU-Haushalt und dem Europäischen Entwicklungsfonds.63

[94]
Antworten zu Petitionen: Die Antworten zu Petitionen der europäischen Bürger sollen rasch und sachlich beantwortet werden. Im Interesse des politischen Dialogs werden diese bei öffentlichem Interesse von der Europäischen Kommission veröffentlicht.64
[95]
Folgenabschätzung: Die Kommissionsvorschläge enthalten neben dem Rechtstext auch eine ausführliche Erläuterung des Politikentwicklungsprozesses. In Ergänzung dazu prüft die Europäische Kommission auch die Notwendigkeit eines Eingreifens der EU sowie potenzielle wirtschaftliche, soziale und ökologische Folgen alternativer Strategien. Folgenabschätzungen werden für Legislativvorschläge, nichtlegislative Initiativen (Weißbücher, Aktionspläne, Ausgabenprogramme, Verhandlungsrichtlinien für internationale Abkommen), die der Festlegung zukünftiger Strategien dienen, und Durchführungsbestimmungen und delegierte Rechtsakte erstellt.65
[96]

Sitzungen der EU Organe. Die Sitzungen der Organe sollen soweit wie möglich öffentlich sein. Dies galt für das europäische Parlament schon immer; nunmehr soll dies zunehmend auch für Ausschüsse gelten. Auch wichtige Sitzungen des Rates der EU sind nun öffentlich zugänglich. Die öffentliche Zugänglichkeit wird um das Internet erweitert. Noch nicht entwickelt sind die Formen direkter Partizipation der Bürger, die insbes. auch durch die sozialen Medien geboten werden. Derzeit können die Bürger nur unidirektional zuhören und zusehen, aber selbst keine Fragen stellen oder Kommentare abgeben.

[97]

Die Ethikregeln ergänzen die Verpflichtung zu einem offenen und fairen partizipatorischen Dialog. Es gilt ein Verhaltenskodex für Kommissionsmitglieder, Pflichten zu einer Interessenserklärung, zur Führung eines Online-Tagebuchs über ihre Treffen mit Berufsverbänden oder Selbstständigen zu Fragen der EU-Politik und deren Umsetzung und zur Führung eines Öffentlichen Registers der Geschenke an Kommissionsmitglieder. Die Vereinbarkeit von Tätigkeiten ehemaliger Kommissionsmitglieder wird von der Ethikkommission überprüft.66 Der Europäische Öffentliche Dienst und beruht auf Grundsätzen von Unabhängigkeit, Verantwortlichkeit, Rechenschaftspflicht, Effizienz und Transparenz. Es gilt der Kodex für gute Verwaltungspraxis vom 13. September 2000 für die Beziehungen des Kommissionspersonals mit der Öffentlichkeit. Der Kodex steht im Einklang mit den Grundsätzen des Europäischen Bürgerbeauftragten («Grundsätze des öffentlichen Dienstes als Leitbild für EU-Beamte»).67 Bürger können eine Beschwerde bei Verletzung des Kodex einbringen.

[98]
Sehr große Bedeutung wird in der europäischen Verwaltung auf die Rechenschaftslegung und Kontrolle gesetzt. Die Haushaltsführung in der Europäischen Kommission obliegt den Generaldirektoren und dem Leiter des Europäischen Auswärtigen Dienstes (EAD). Es ist ein «Jährlicher Tätigkeitsbericht mit Zuverlässigkeitserklärung» und eine Analyse der internen Kontroll- und Finanzverwaltungssysteme vorzulegen. Der Europäische Rechnungshof ist der «Hüter der EU-Finanzen». Der prüft diese und legt einen Bericht zur Verbesserung der öffentlichen Rechenschaftspflicht vor. Desgleichen werden Berichte für politische Entscheidungsträger und EU-Bürger erstellt. Das OLAF – Europäisches Amt für Betrugsbekämpfung untersucht Fälle von Betrug zum Nachteil des EU-Haushalts, von Korruption sowie von schwerwiegendem Fehlverhalten innerhalb EU.
[99]
Die Transparenzmaßnahmen der Europäischen Kommission sind durchaus beeindruckend und schaffen die Grundlage für die weitere Partizipation. Ob davon eher die organisierten Stakeholder oder doch die Bürger profitieren, müsste noch weiter untersucht werden. Der Einstieg als Stakeholder – auch als Gruppe der Zivilgesellschaft – ist dadurch aber wesentlich erleichtert worden.

5.

Schlussfolgerungen ^

[100]
Trotz des starken internationalen Normenhungers angesichts der Vielzahl globaler Probleme ist eine internationale Volksherrschaft im System der heutigen internationalen Beziehungen unrealistisch. Umsetzbar ist ein Modifiziertes Westfälisches System, das neben einer starken Rolle für die Staaten auch die Einbeziehung und Mitentscheidung weiterer Stakeholder vorsieht. Die bestmögliche Umsetzung ist derzeit das Multi-Stakeholder-Modell mit Accountability. Die demokratisch gewählten Organe werden durch Information, Partizipation und Mitentscheidung in realen und virtuellen «Runden Tischen» der Vertreter der jeweiligen Stakeholder substituiert. Diese sollen unter größtmöglicher Transparenz und Berücksichtigung aller Stellungnahmen im jeweiligen Politikentwicklungsprozess eine Entscheidung in einem rationalen Dialog nach Treu und Glauben herstellen.
[101]

Das Multi-Stakeholder-Modell der ICANN wird insbes. seit 2008 intensiv praktiziert und es funktioniert, aber es besteht noch einiges Verbesserungspotential. Dieses wird derzeit in Umsetzung der Beschlüsse von Marrakesch im März 2016 wesentlich ausgebaut, um die Bedingungen der USA für eine Übertragung der IANA Stewardship Function zu erfüllen. Die ICANN hat mit ihren drei jährlichen Treffen aller relevanten Gruppen bei Beteiligungsmöglichkeiten vor Ort bzw. on-line einen gewissen Ersatz für ein gewähltes Parlament geschaffen.

[102]

Die EU hat schon lange ein voll ausgebautes Europäisches Parlament, das seit dem Vertrag von Lissabon weitgehende Mitentscheidungsrechte hat. Trotzdem kann die EU nicht auf die Partizipation der vielen Stakeholder verzichten, die sich in vielschichtigen Mitentscheidungsprozessen darlegt. Die wie in der ICANN höchst komplexen Politikentwicklungsprozesse erfordern viel Information, die mit Hilfe des Transparenzportals nunmehr auch weitgehend bereitgestellt wird. Damit wird man aber noch nicht zum Stakeholder, sondern hat nur die wesentlichen informationellen Grundlagen. Es bedarf eigenen Engagements, sich in die Politikentwicklungsprozesse einzubringen, was Unternehmensverbände bzw. etablierte Verbände bevorzugt, weil diese bereits über die Organisation, das Know-how, das Netzwerk und die Ressourcen verfügen. Der Vorteil eines Europäischen Parlaments ist es aber auch, dass Mitglieder des EP selbst Politikthemen entwickeln können und hierfür auch die Ressourcen haben.

[103]

Die Accountability in internationalen und europäischen Entscheidungsprozessen ist und bleibt höchst bedeutsam, weil – mit und ohne gewähltes Parlament – nur durch Festlegung von Politikentwicklungsprozessen, ausreichende Information, Schaffung von Partizipation, Gewährung von Mitentscheidung und Überprüfung des Prozesses selbst die Chancen einer fairen Mitwirkung aller relevanten Stakeholder, auch im globalen Rahmen, ermöglicht werden kann. Letztlich sollte man sich aber bewusst sein, dass dies nur die schlechtesten aller Möglichkeiten sind, jedoch noch keine besseren gefunden wurden.68


 

Erich Schweighofer
Ao. Universitätsprofessor, Universität Wien, Arbeitsgruppe Rechtsinformatik (DEICL/AVR)
Schottenbastei 10–16/2/5, 1010 Wien, AT
Erich.Schweighofer@univie.ac.at; http://rechtsinformatik.univie.ac.at.

 

Vgl. auch: Erich SchweighoferAccountability in internationalen und europäischen Entscheidungsprozessen (Podcast), in: Jusletter IT 25. Mai 2016

  1. 1 Jan Aart Scholte, Globalisation, a critical introduction. Macmillan Education, 2nd edition (2005).
  2. 2 Christian Engel, Das Internet und der Nationalstaat. Berichte der Deutschen Gesellschaft für Völkerrecht, Bd 35, S. 353–425 (2001); Bernd Lutterbeck, Globalisierung des Rechts – am Beginn einer neuen Rechtskultur, Computer und Recht, Heft 1, S. 52–72 (2000).
  3. 3 Max Weber, Wirtschaft und Gesellschaft, 5. Aufl. (Studienausgabe), S. 19 f., 122 ff. (1976). Max Weber unterscheidet drei Typen legitimer Herrschaft: die charismatische, die traditionale und die rationale Herrschaft.
  4. 4 UN Commission on Global Governance, Our Global Neighbourhood (1995).
  5. 5 Laurence Lessig, Code and other laws of cyberspace, Basic Books, New York, NY (1999).
  6. 6 Ann-Marie Slaughter, A New World Order, Princeton University Press, S. 18 ff. (2004).
  7. 7 Jan Aart Scholte, Building Global Democracy? Civil Society and Accountable Global Governance. Cambridge University Press (2011).
  8. 8 Dem klassischen Rechtsetzungsprozess entspricht der Politikentwicklungsprozess (Policy Development Process, PDP).
  9. 9 Der Begriff der Accountability wird hier weiter verstanden als in der Diskussion der Accountability Internationaler Organisationen. Vgl. dazu August Reinisch, Accountability of International Organizations according to National Law. Netherlands Yearbook of International Law, Vol. 36, S. 119–167 (2005). Das Verständnis des ILA Committee on Accountability of International Organisations ist schon weiter, ist jedoch hinsichtlich der Mitentscheidung der Stakeholder konservativ und noch stark der traditionellen NGO-Praxis orientiert. Vgl. Dazu den Bericht des ILA Committee Third Report Consolidated, Revised and Enlarged Version of the Recommended Rules and Practices («RRP-S»), in: The International Law Association, Report of the Seventieth Conference New Dehli, London, S. 772–806 (2002). Zur Diskussion über Internationale Organisationen vgl. Jan Klabbers/Åsa Wallendahl (Hrsg.), Research Handbook on the Law of International Organizations. Edward Algar Publishing (2005).
  10. 10 Bei der ICANN wurde ein Modell universitärer und wissenschaftlicher Kooperation übernommen; das IOC wurde von – vornehmlich adeligen – Honoratioren gegründet und FIFA ist Zusammenarbeit im Sport, der sich immer schon etwas losgelöst von staatlicher und zwischenstaatlicher Regulierung organisiert hat.
  11. 11 Website: http://www.ingoaccountabilitycharter.org/ (alle Internetquellen zuletzt besucht am 19. Mai 2016).
  12. 12 Vgl. Michael Hammer/Robert Lloyd, Pathways to Accountability II: the 2011 revised Global Accountability Framework. The One World Trust, S. 30 (2012).
  13. 13 Christina Laybourn, Assessing the accountability of the world’s leading institutions: the One World Trust’s Global Accountability Framework, http://www.civicus.org/index.php/en/expert-perspectives/2019-assessing-the-accountability-of-the-world-s-leading-institutions-the-one-world-trust-s-global-accountability-framework (2016).
  14. 14 Jan Aart Scholte, Building Global Democracy? Civil Society and Accountable Global Governance. Cambridge University Press, S. 3 (2011).
  15. 15 Scholte (Fn. 13), S. 181.
  16. 16 Eisuke Suzuki/Suresh Nanwani, Responsibility of International Organisations: the Accountability Mechanisms of Multilateral Development Banks. 27 Michigan Journal of International Law 177, S. 182–183 (2005).
  17. 17 Wikipedia DE, https://de.wikipedia.org/wiki/Anonymous_(Kollektiv); eigene Website : http://du-bist-anonymous.de/inhalt/.
  18. 18 Wikipedia DE, https://de.wikipedia.org/wiki/Bitcoin. Der Erfinder von Bitcoin verbirgt sich hinter dem Pseudonym Satoshi Nakamoto. Bitcoin in Deutschland: https://www.bitcoin.de/de.
  19. 19 Wikipedia DE, https://de.wikipedia.org/wiki/WikiLeaks, eigene Website: https://wikileaks.org/.
  20. 20 Vgl. ICANN Bylaws, Annex A : https://www.icann.org/resources/pages/governance/bylaws-en#AnnexA bzw. revised GNSO PDP, angenommen vom GNSO Rat in Oktober 2011 und durch den ICANN Vorstand im Dezember 2011. Vgl. die Grafik sowie weitere Nachweise: http://gnso.icann.org/en/node/31379/. In Annex A der Bylaws sind notwendige Elemente des Politikentwicklungsprozesses (Policy Development Process): «Final Issue Report requested by the Board, the GNSO Council («Council») or Advisory Committee, which should include at a minimum a) the proposed issue raised for consideration, b) the identity of the party submitting the issue, and c) how that party Is affected by the issue; Formal initiation of the Policy Development Process by the Council; Formation of a Working Group or other designated work method; Initial Report produced by a Working Group or other designated work method; Final Report produced by a Working Group, or other designated work method, and forwarded to the Council for deliberation; Council approval of PDP Recommendations contained in the Final Report, by the required thresholds; PDP Recommendations and Final Report shall be forwarded to the Board through a Recommendations Report approved by the Council]; and Board approval of PDP Recommendations.»
  21. 21 Website ICANN, http://www.icann.org. Vgl. zur ICANN: Lee. B. Bygrave/Jon Bing (Hrsg.), Internet Governance, Infrastructure and Institutions. Oxford University Press (2009); Jeremy Malcolm, Multi-Stakeholder Governance and the Internet Governance Forum. Terminus Press, Perth (2008); Adam Thierer, Clyde Wayne Crems Jr., Who rules the Net? Internet Governance and Jurisdiction. Cato Institute, Washington, DC (2003); Milton L. Mueller, Ruling the root, internet governance and the taming of cyberspace. The MIT Press, Cambridgem, MA (2002); Jonathan Zittrain, The Future of the Internet. And How to Stop it. Yale University Press, New Haven (2008); Wolfgang Benedek/Veronika Bauer/Matthias C. Kettemann (Hrsg.), Internet Governance and the Information Society, Global Perspectives and European Dimensions. Eleven international publishing, Utrecht, NL (2008); Matthias C. Kettemann (Hrsg.), Grenzen im Völkerrecht. Jan Sramek Verlag, Wien (2013); Stuart Biegel, Beyond Our Control. Confronting the Limits of Our Legal System in the Age of Cyberspace. The MIT Press, Cambridge, MA (2001); Rolf H. Weber, Shaping Internet Governance: Regulatory Challenges. Springer, Basel (2010); Andrew D. Murray, The Regulation of Cyberspace. Routledge-Cavendish, Abingdon (2007); Michael Froomkin, Wrong Turn in Cyberspace: Using ICANN to Root Around the APA and the Constitution. In: Duke Law Journal 50, S. 100–269 (2000); Erich Schweighofer, A Review of ICANN’s Uniform Dispute Resolution Policy. In: Austrian Review of International and European Law, Kluwer Law International, Vol. 6, S. 91–122 (2001); Wolfgang Kleinwächter, Minenfeld Internet Governace, Teleopolis, 29. Januar 2011, http://www.heise.de/tp/artikel/34/34042/1.html.
  22. 22 Articles of Incorporation of Internet Corporation for Assigned Names and Numbers, 21. November 1998, https://www.icann.org/resources/pages/governance/articles-en; Bylaws for Internet Corporation for Assigned Names and Numbers | A California Nonprofit Public-Benefit Corporation, zuletzt geändert: 11. Februar 2016.
  23. 23 ICANN, What is ICANN?, http://www.icann.org/tr/english.html (zuletzt abgefragt am 31. August 2011; Dokumentation des Autors).
  24. 24 ICANN Informationshomepage https://www.icann.org/resources/pages/welcome-2012-02-25-en.
  25. 25 Memorandum of Understanding/Joint Project Agreement with U.S. Department of Commerce (sometimes known as the «Joint Project Agreement»), 25. November 1998, in der geltenden Fassung; IETF/ICANN Memorandum of Understanding Concerning the Technical Work of the IANA, 1. März 2000, in der geltenden Fassung; IANA Function Contract, 9. Februar 2000, wie geändert. Vgl. Die Übersicht: https://www.icann.org/resources/pages/agreements-en.
  26. 26 Affirmation of Commitments (Affirmation) by the United States Department of Commerce («DOC») and the Internet Corporation for Assigned Names and Numbers («ICANN»), 30. September 2009; https://www.icann.org/resources/pages/affirmation-of-commitments-2009-09-30-en.
  27. 27 Vgl. https://www.ntia.doc.gov/press-release/2014/ntia-announces-intent-transition-key-internet-domain-name-functions.
  28. 28 IANA Stewardship Transition Coordination Group (ICG) Website: https://www.ianacg.org/.
  29. 29 Vgl. die Übersicht: https://www.icann.org/stewardship.
  30. 30 Website der ICANN zur Stewardship – Accountability: https://www.icann.org/stewardship-accountability.
  31. 31 Der Vorschlag «CCWG-Accountability Supplemental Final Proposal on Work Stream 1 Recommendations» besteht aus dem Main Report, 15 Annexen und Appendixes A–K.
  32. 32 Die Domainnamen-Community wird das CSC und IFR dazu verwenden. Die Internetprotkoll-Community wird die existierenden Mechanismen von IETF und IAB weiterführen. Die Beendigung ist in der Domainnamen Community durch das IFR, in der Internetprotokoll Communities durch die Kündigung des IETF/ICANN MoU und in der IP-Adressen- Community durch Kündigung des SLA möglich.
  33. 33 Es steht dem GAC aber frei, sich zu beteiligen.
  34. 34 https://www.icann.org/resources/reviews/aoc/atrt.
  35. 35 Berkman Center for Internet/Society at Harvard University, Accountability and Transparency at ICANN: An Independent Review, Final Report, 20. Oktober 2010, https://www.icann.org/en/system/files/files/review-berkman-final-report-20oct10-en.pdf (2010).
  36. 36 Internet Governance Project, ICANN, Inc.: Accountability and participation in the governance of critical Internet resources, 16. November 2009, http://www.internetgovernance.org/wordpress/wp-content/uploads/ICANNInc.pdf (2009).
  37. 37 one world trust, Independent Review of ICANN’s Accountability and Transparency – Structures and Practices, London, März 2007, https://www.icann.org/en/system/files/files/owt-report-final-2007-en.pdf (2007). «One World Trust is an independent, UK-based organization that conducts research, develops recommendations and advocates for reform to make policy and decision-making processes in global governance more accountable to the people they affect.»
  38. 38 Im Jahr 2014 hat OWT aufgrund eines Auftrages der ICANN eine Studie erstellt, um eine Verbesserung der Accountability zu erzielen. «OWT was contracted to assist with developing a means to measure ICANN’s accountability performance over time, as well as relative to other (broadly) similar organizations. This effort is part of ICANN’s commitment to accountability and continuous improvement, and also responds to Accountability and Transparency Review Team advice.»
  39. 39 ICANN’s Accountability and Transparency Frameworks and Principles Participating community accountability, http://www.icann.org/transparency/acct-trans-frameworks-principles-10jan08.pdf.
  40. 40 ICANN Document Information Disclosure Policy (DIDP), https://www.icann.org/resources/pages/didp-2012-02-25-en.
  41. 41 Vgl. dazu Milton Mueller, Internet Governance Project, ähnlich auch das Berkman Center.
  42. 42 Vgl. zur EU: Rudolf Streinz, Europarecht. 10. Auflage, C.F. Müller, Heidelberg (2016); Gerhard Hafner/Andreas J. Kumin/Friedl Weiss (Hrsg.), Recht der Europäischen Union, Entwicklung, Institutionen, Politiken, Verfahren. Manz Verlag, Wien (2013); Heinz Mayer/Karl Stöger, Kommentar zu EUV und AEUV. Manz Verlag, Wien (2016); Hans von der Groeben/Jürgen Schwarze/Armin Hatje (Hrsg.), Europäisches Unionsrecht. 7. Auflage, Nomos Verlag, Baden-Baden (2015).
  43. 43 Nach Art. 294 AEUV sollen das Europäische Parlament und der Rat der EU jeweils getrennt die Vorschläge beraten. Dies hat sich in der Praxis nicht bewährt, weil die notwendige Bündelung der Interessen und die Herstellung von verhandelbaren Relationen nur durch einen gemeinsamen Dialog mit Einbeziehung der Europäischen Kommission möglich ist.
  44. 44 ABl. L 65, 11. März 2011, S. 1; Durchführungsverordnung (EU) Nr. 1179/2011 Der Kommission vom 17. November 2011 zur Festlegung der technischen Spezifikationen für Online-Sammelsysteme gemäß der Verordnung (EU) Nr. 211/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates über die Bürgerinitiative, ABl. L 301, 18. November 2011, S. 3.
  45. 45 Die Einführung der Online-Konsultationen geht zurück auf das Weißbuch «Europäisches Regieren» (2001) des damaligen Kommissionspräsidenten Romano Prodi zurück.
  46. 46 http://ec.europa.eu/yourvoice/consultations/index_de.htm.
  47. 47 Website Transparenzregister: http://ec.europa.eu/transparencyregister/public/homePage.do?redir=false&locale=de.
  48. 48 Vereinbarung zwischen dem Europäischen Parlament und der Europäischen Kommission über das Transparenz-Register für Organisationen und selbstständige Einzelpersonen, die sich mit der Gestaltung und Umsetzung von EU-Politik befassen, ABl. L 277, 19. Septemebr 2014, S. 11.
  49. 49 Vgl. die Zusammenfassung: http://ec.europa.eu/transparencyregister/public/staticPage/displayStaticPage.do?locale=de&reference=CODE_OF_CONDUCT.
  50. 50 ABl. C 326, 26. Oktober 2012, S. 391; verbindlich durch Art. 6 Abs. 1 EUV.
  51. 51 Vgl. Die Urteile des EuGH, Google Spain, Rs. C-131/12, 13. Mai 2014, ECLI:EU:C:2014:317; Schrems, Rs. C-362/14, 6. Oktober 2015, ECLI:EU:C2015:650; Digital Rights Ireland, Rs. 293/12 und C-594/12, 8. April 2014, ECLI:EU:C2014:238.
  52. 52 Website: http://ec.europa.eu/transparency/index_de.htm.
  53. 53 Website EUR-Lex: http://eur-lex.europa.eu/homepage.html?locale=de.
  54. 54 Website Ihre Stimme in Europa: http://ec.europa.eu/yourvoice/consultations/index_de.htm.
  55. 55 Website Register der Expertengruppen der Kommission und anderer ähnlicher Gruppen: http://ec.europa.eu/transparency/regexpert/index.cfm.
  56. 56 Website Register zum Ausschussverfahren: http://ec.europa.eu/transparency/regcomitology/index.cfm?CLX=de.
  57. 57 Vgl. dazu oben.
  58. 58 ABl. L 145, 31. Mai 2001, S. 43.
  59. 59 Dokumentenregister der Europäischen Kommission: http://ec.europa.eu/transparency/regdoc/?fuseaction=search&language=de.
  60. 60 Europäischer Rat, Rat der EU, Dokumente und Veröffentlichungen, Öffentliches Register der Ratsdokumente: http://www.consilium.europa.eu/de/documents-publications/.
  61. 61 Europäisches Parlament, Öffentliches Dokumentenregister: http://www.europarl.europa.eu/RegistreWeb/search/simple.htm?language=DE.
  62. 62 Website Open Data Portal: https://open-data.europa.eu/de/about.
  63. 63 Website Finanztransparenzsystem: http://ec.europa.eu/budget/fts/index_de.htm.
  64. 64 Website Antworten zu Petitionen (petition responses): http://ec.europa.eu/transparency/petitions-responses/index_en.htm.
  65. 65 Website Bessere Rechtsetzung: http://ec.europa.eu/smart-regulation/impact/index_de.htm.
  66. 66 Website Ethik für Kommissare : http://ec.europa.eu/transparency/ethics-for-commissioners/index_de.htm.
  67. 67 Website Kodex für gute Verwaltungspraxis: http://ec.europa.eu/transparency/code/index_de.htm.
  68. 68 In sinngemäßer Weiterentwicklung des Zitats von Winston S. Churchill: «Democracy is the worst form of government, except for all the others.»