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Werbung über «Influencer»

  • Author: Simon Schlauri
  • Category: News
  • Region: Switzerland
  • Field of law: IP Law
  • Citation: Simon Schlauri, Werbung über «Influencer», in: Jusletter IT 21 September 2017
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Als «Influencer» werden Personen bezeichnet, die im Internet eine starke Präsenz und ein hohes Ansehen aufgebaut haben, insbesondere weil sie eine grosse Zahl von «Followers» in Sozialen Medien erlangt haben.1 Dabei handelt es sich beispielsweise um bekannte Sportler, «Celebrities», Journalisten, oder um bekannte Blogger oder «YouTuber».2 Manche Influencer erzielen Reichweiten von Millionen von Adressaten.3

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Ihre grossen Reichweiten machen solche Personen interessant für die Verbreitung von Werbung. Influencer-Werbung wirkt dabei subtiler und oftmals glaubwürdiger als etwa Werbung mit Testimonials, weil der Influencer die Botschaft selber portiert.4
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Wie so oft kollidiert auch diese neuere Entwicklung im Internet unter Umständen mit geltendem Recht. Vorliegend geht es insbesondere um die Vorschriften über die Kennzeichnung von Werbung, bzw. das Verbot von «Schleichwerbung».
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In einem Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) Celle5 ging es um ein Instagram-Posting, das eine im Urteil als «x.» bezeichnete Person für eine Drogeriekette veröffentlichte. Das Posting lautete: «An alle Sparfüchse: AUFGEPASST! NUR morgen gibt es in allen Filialen von #r. & im Online Shop 40% Rabatt auf Augen Make-Up! Viel Spaß beim Einkaufen! @mein_r. Eyes: RdeL Y. Mascara & M. N. Y. The Rock Nudes Lidschatten Palette #b. #ad #eyes #shopping #rabatt #40prozent».

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Während die Vorinstanz noch geurteilt hatte, der kommerzielle Zweck der Anzeige sei auch ohne eine Kennzeichnung aus den Umständen ersichtlich gewesen, befand das OLG Celle, die Kennzeichnung sei im vorliegenden Fall nicht hinreichend. Das verwendete Hashtag «#ad» stehe zwar für «advertisement», der Hinweis sei jedoch klein und zwischen sechs anderen Hashtags am Ende des Beitrags aufgeführt gewesen. Zwar hänge die vom Gesetz verlangte Art der Kennzeichnung von den Umständen des Einzelfalles ab, der Hinweis müsse jedoch so deutlich erfolgen, dass aus Sicht eines durchschnittlichen Mitglieds der angesprochenen Zielgruppe kein Zweifel am Vorliegen eines kommerziellen Zwecks bestehe. Der kommerzielle Zweck müsse «auf den ersten Blick hervortreten». Vorliegend sei dies nicht der Fall, weshalb § 5a Abs. 6 des deutschen Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) verletzt sei.

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In der Schweiz gibt es keine Norm, die sich ausdrücklich gegen solche «Schleichwerbung» richtet. Dennoch muss die Tatsache, dass für positive Äusserungen eine Gegenleistung erbracht wurde (etwa in Form kostenloser Testprodukte, die der «Influencer» behalten darf) transparent gemacht werden, um nicht die lauterkeitsrechtliche «Generalklausel» (Art. 2 UWG) zu verletzen.6 Hierfür kann im Beitrag explizit auf die Gegenleistung hingewiesen werden, alternativ kann der Beitrag deutlich als «Werbung» oder «Anzeige» gekennzeichnet werden.

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Ob ein Hashtag «#ad» ausreicht, wenn es nicht am Ende, sondern am Anfang des Beitrags steht, liess das OLG Celle letztlich offen. Die Verwendung von #ad war ursprünglich von der Arbeitsgemeinschaft der deutschen Landesmedienanstalten sogar empfohlen worden. Deren nach dem Urteil aktualisiertes, auch im Übrigen sehr informatives Dokument «Antworten auf Werbefragen in Sozialen Medien» empfiehlt mittlerweile, auf die Verwendung englischer Hashtags wie #ad, #sponsored oder #powered by zu verzichten und eher auf #Anzeige oder #Werbung zu setzen.7

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Die Verletzung von Art. 2 des schweizerischen UWG hat zwar keine Strafsanktionen zur Folge, weil die Norm als Generalklausel hierfür zu offen formuliert ist.8 Betroffene können jedoch vor dem Zivilrichter gegen einen Verletzer klagen und Unterlassung oder Feststellung der Unlauterkeit sowie eine Veröffentlichung des Urteils beantragen.9
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Attraktiver kann in solchen Fällen indessen der Gang zur Schweizerischen Lauterkeitskommission (SLK) sein.10 Deren Grundsätze zur Lauterkeit in der Kommerziellen Kommunikation11 regeln die Kennzeichnung von Werbung im Gegensatz zum UWG ausdrücklich (Grundsatz 3.12). Die SLK ist eine neutrale, unabhängige Institution der Kommunikationsbranche zum Zweck der werblichen Selbstkontrolle. Ihre in einem einfachen Verfahren12 zu erlangenden Empfehlungen13 können erheblichen Einfluss auf die Reputation des Verletzers haben.14 Hält sich der Verletzer nicht an eine Empfehlung, ist in einem zweiten Schritt zudem gemäss Art. 20 des Geschäftsreglements der SLK ein Sanktionsverfahren möglich, das beispielsweise durch eine namentliche Nennung des Verletzers eine «Prangerwirkung» entfalten kann.15

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Die Frage, ob hinsichtlich der Kennzeichnung von Produkteplatzierungen künftig Mindeststandards gelten sollen, wird gegenwärtig im Rahmen von Vorbereitungen für ein neu zu schaffendes Gesetz über elektronische Medien (GeM) erörtert.16

Simon Schlauri

  1. 1 Claudia Keller, Werberecht, in: Oliver Staffelbach/Claudia Keller (Hrsg.), Social Media und Recht für Unternehmen, Zürich 2015, 129 ff., N 4.65.
  2. 2 Keller (Fn. 1), N 4.65; Nachfolgebericht des Bundesrates zum Postulatsbericht Amherd 11.3912 «Rechtliche Basis für Social Media», 10. Mai 2017, tinyurl.com/ydzxsjan, 18.
  3. 3 Bundesrat (Fn. 2), a.a.O.
  4. 4 Keller (Fn. 1), N 4.66, 4.71.
  5. 5 Urteil des OLG Celle 13 U 53/17 vom 8. Juni 2017.
  6. 6 Keller (Fn. 1), N 4.71; Bundesrat (Fn. 2), a.a.O.; vgl. auch Peter Jung, in: Peter Jung/Philippe Spitz (Hrsg.), Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb UWG, Bern 2010, N 43 zu Art. 2 UWG. Ein explizites Transparenzgebot besteht einzig im Rundfunkbereich; Art. 9 ff. des Bundesgesetzes über Radio und Fernsehen (RTVG); Bundesrat (Fn. 2), 53.
  7. 7 tinyurl.com/y9a4vhlj, 5.
  8. 8 Daniel Schaffner/Philippe Spitz, in: Jung/Spitz (Fn. 6), N 50 zu Art. 23 UWG. Strafbar ist nach Art. 23 UWG einzig die Verletzungen der konkreteren Spezialtatbestände in Art. 3–6 ff. UWG.
  9. 9 Art. 9 UWG.
  10. 10 www.faire-werbung.ch.
  11. 11 tinyurl.com/yconbuzp.
  12. 12 Es reicht oftmals, das von der SLK angebotene Formular auszufüllen. In der Regel findet ein einfacher Schriftenwechsel statt (Art. 14 Geschäftsreglement).
  13. 13 Art. 17 Geschäftsreglement.
  14. 14 Philippe Spitz/Ernst Staehelin, in: Jung/Spitz (Fn. 6), N 2 vor Art. 9–13a UWG.
  15. 15 Grundsätze der SLK zur Lauterkeit in der Kommerziellen Kommunikation,
  16. 16 Bundesrat (Fn. 2), 53.