1.
Einführung ^
E-Mails bieten werbenden Unternehmen, abgesehen vom kosteneffizienten Versand an eine große Anzahl an Personen, viele Möglichkeiten die bei herkömmlichen Werbesendungen im Postweg nicht zur Verfügung stehen. Genannt sei beispielsweise die Nachverfolgung des Öffnens einer E-Mail durch den Kunden oder des Besuchs (oder Nicht-Besuchs) von Links. So können Unternehmen ihre Marketingstrategien anpassen und die Gestaltung zukünftiger E-Mails kontinuierlich verfeinern. Um Konsumenten vor Missbrauch der technischen Möglichkeiten zumindest rechtlich zu schützen, legte der Gesetzgeber für den Versand von Massen-E-Mails mehrere Bedingungen fest. So ist beispielsweise die Zustimmung des Empfängers (Opt-in), die Bereitstellung einer Möglichkeit zum Widerruf (Opt-out), sowie eine Reihe von Informationspflichten (Impressum, Offenlegung) weitestgehend bindend.
Die wichtigsten Ergebnisse können zusammengefasst folgendermaßen vorweggenommen werden: Unsere laufende Analyse von ca. 400 Unternehmen und über 6‘500 erhaltenen E-Mails hat gezeigt, dass mehr als 80% aller Unternehmen Trackingmechanismen in ihren Newsletter-E-Mails verwenden. Zudem verzichten 6% aller Unternehmen auf das vorgeschriebene Impressum bzw. die Offenlegung des Medieninhabers in der E-Mail. 97% aller Unternehmen bieten eine Möglichkeit zur Abbestellung des Newsletters via Hyperlink direkt in der E-Mail an. Unsere Langzeituntersuchung hat erfreulicherweise ergeben, dass bis zum Tag der Einreichung keine der Organisationen die E-Mail-Adresse an offensichtlich unbefugte Dritte weitergegeben hat bzw. es zu keiner missbräuchlichen Verwendung der personenbezogenen Daten gekommen ist. 65% der Unternehmen verwenden externe E-Mail-Marketing Dienste, wobei 26% der Unternehmen mit Dienstleistern aus dem EU-Ausland zusammenarbeiten. Die E-Mail-Adresse wird dabei von 20% der Unternehmen an externe Dienstleister – zumeist in den USA – übermittelt. Inwieweit diese Einbindung externer Dienstleister rechtskonform erfolgt ist, ließe sich nur mit weitergehenden Überprüfungen feststellen, die noch nicht voll automatisiert sind.
2.
Rechtlicher Hintergrund ^
Der österreichische Gesetzgeber hat an mehreren Stellen Informations- und Impressumspflichten für elektronische Kommunikation geschaffen:
- § 5 E-Commerce-Gesetz regelt über § 14 Unternehmensgesetzbuch (UGB) und § 63 Gewerbeordnung hinausgehend Informationspflichten für alle kommerziellen Dienste i.S.d. § 3 Z. 1 ECG. Angegeben werden muss daher u.a. die volle, ladungsfähige Anschrift der Niederlassung, eine E-Mail-Adresse, Telefon und Faxnummer, ggf. auch Kammerzugehörigkeit und Berufsbezeichnung, UstID, Firmenbuchnummer und Firmenbuchgericht sowie zuständige Aufsichtsbehörde(n). § 6 ECG enthält zusätzliche Pflichtangaben für elektronische Kommunikation, die insbesondere als solche erkennbar sein muss, auch hinsichtlich des Auftraggebers.
- Jedes periodische elektronische Medium i.S.d. § 1 Abs. 1 Z. 5a Mediengesetz (MedienG) und damit jeder mindestens viermal jährlich erscheinende Newsletter unterliegt den Impressumspflichten nach § 24 Mediengesetz sowie den Offenlegungspflichten nach § 25 MedienG: anzugeben sind Name und Anschrift des Medieninhabers und des Herausgebers sowie der Unternehmensgegenstand (auch im Wege der Verlinkung zu den Pflichtangaben gemäß § 5 ECG).
- Für «große» periodische Newsletter mit meinungsbeeinflussendem, redaktionellem Inhalt ist nach § 25 MedienG insbesondere auch eine Erklärung über die grundlegende Richtung («Blattlinie») abzugeben, darüber hinaus die weitergehenden Angaben zum Medieninhaber aus Abs. 2 leg. cit. Die Bestimmung ist weit auszulegen, d.h. als «kleine» Newsletter gelten nur solche, die keinen über die Darstellung des persönlichen Lebensbereichs oder die Präsentation des Medieninhabers hinausgehenden Informationsgehalt aufweisen, also auch keinerlei Produktempfehlungen oder Wertungen.
- Die Nichteinhaltung der Impressumspflicht stellt eine Verwaltungsübertretung dar und kann mit einer Geldstrafe bis zu 20‘000 Euro belegt werden.
- Schließlich sei auch an die «Pflicht zur Offenlegung der Identität des Auftraggebers» in § 25 Datenschutzgesetz (DSG 2000) erinnert und die noch bis Mai 2018 geltende Pflichtangabe der DVR-Nummer, soweit eine meldepflichtige Datenanwendung besteht.
3.
Framework für automatisierte Compliance-Checks ^
3.1.
Automatische Detektion von unternehmerischen E-Mail-Newslettern ^
3.2.
Automatische Anmeldung und Sammlung von E-Mail-Newsletters ^
3.3.
Verarbeitung eingehender E-Mail-Newsletter ^
Um herauszufinden, ob die versandten E-Mails den Besuch von verlinkten Webseiten durch personenbezogene Tracking-Links nachverfolgen, werden im nächsten Schritt sämtliche in der E-Mail vorhandenen Links analysiert. Falls Tracking-Links in einer E-Mail vorhanden sind, wäre dies ein Indiz für einen potenziellen Verstoß gegen Datenschutzvorschriften, welche eine Zustimmung des Betroffenen voraussetzen. Dafür reicht u.U. schon die Verletzung allgemeiner Datenschutzgrundsätze aus § 6 Abs. 1 Z. 1–5 DSG 2000 oder einer Reihe von Bestimmungen der EU-DSGVO, insbesondere auch § 13 Abs. 2 lit. f. Allerdings lässt sich dies nicht mehr automatisiert überprüfen, sondern setzt eine genaue Kenntnis der Zustimmungserklärung voraus, die beim Abonnieren akzeptiert wurde, sowie der Erhebungsvorgänge und der Weiterverarbeitung der Daten beim Empfänger. So werden unter Tracking-Links meist personenbezogene Links verstanden, gleichermaßen können dies aber auch Links sein, welche lediglich zur Bestimmung einer aggregierten, anonymisierten Klickrate erzeugt wurden (gleiche URL in allen gesendeten Exemplaren desselben Newsletters). Die Unterscheidung zwischen einem herkömmlichen Link und einem Tracking-Link erfolgt anhand einer manuell gepflegten Musterdatenbank.
Um sogenannte «Tracking Pixel», die das Öffnen einer empfangenen E-Mail nachverfolgbar machen, erkennen zu können, werden in die E-Mail eingebettete Bilder einer bestimmten Größe überprüft und ggf. als Tracking Pixel klassifiziert.
Mithilfe einer eingebetteten Musterdatenbank ist unser Analysetool auch in der Lage, URLs von externen Marketing-Service-Providern zu erkennen. Somit ist es möglich herauszufinden, ob zu Vermarktungszwecken personenbezogene Daten an einen Marketing-Service-Provider in Österreich, dem EU-Ausland oder z.B. in den USA weitergegeben wurden. Auch dies erlaubt beispielsweise Aufsichtsbehörden nachfolgend, die Compliance des Newsletter-Anbieters eingehender zu untersuchen – etwa, ob ein ausländischer Provider Privacy Shield-zertifiziert ist, eine behördliche Genehmigung vorliegt oder andere rechtliche Vorschriften wie Informationspflichten oder die Einholung einer Zustimmung durch den Newsletter-Anbieter eingehalten wurden.
Ob sich das versendende Unternehmen an die Impressums- bzw. Offenlegungspflicht hält, wird im nächsten Analyseschritt bewertet. In den untersuchten E-Mails kann das geforderte Impressum entweder mittels Link auf das Impressum der Website des Unternehmens hinterlegt, oder direkt als Text in der E-Mail angegeben sein. Beide Möglichkeiten werden automatisiert erkannt. Wenn in einer zu analysierenden E-Mail kein typisches Impressums-Muster gefunden wird (z.B. Textblock, der mit «Impressum:» beginnt), wird die E-Mail auf vorhandene Adress- bzw. Kontaktdaten hin untersucht (z.B. Städte, Postleitzahlen). Identifizierte Impressumsdaten werden anschließend zur weiteren Analyse aufbereitet. Eine Bewertung, ob sämtliche für die jeweilige Organisationsform erforderlichen Angaben im Impressum vorhanden sind, erfolgt in einem darauffolgenden, manuellen Schritt.
Durch Analyse aller eingehenden E-Mails und durch die Auswertung, welches Unternehmen die jeweilige E-Mail verschickt hat, ist unser Analysetool auch in der Lage automatisch zu erkennen, ob die hinterlegte E-Mail-Adresse und personenbezogene Daten (potentiell unberechtigterweise) an Dritte weitergegeben wurden. Ein solcher Gesetzesverstoß läge insbesondere vor, wenn die Zustimmungserklärung zum Erhalt des Newsletters nicht auf potentielle Übermittlungsempfänger hinweisen würde (§ 8 Abs. 1 Z. 2 DSG 2000, Art. 13 Abs. 1 lit. e, f EU-DSGVO). Dazu vergleicht das Analysetool die Domäne aller Absender-E-Mail-Adressen mit den Domains des versendenden Unternehmens. Falls mehrere unterschiedliche Domains verwendet werden, wird dieser Sachverhalt zur manuellen Analyse und Entscheidung markiert. Eine automatische Entscheidung gestaltet sich hier oft schwierig, da eine Organisation mehrere unterschiedliche Domains registriert haben kann, oder auch Daten zwischen verbunden Unternehmen (Mutter-/Tochtergesellschaft) ausgetauscht werden können.
3.4.
Umsetzung des Analysetools ^
Das Analysetool ist zum größten Teil in Python und unter Verwendung von Open Source Software entwickelt worden. Die Screenshots der Webseiten und E-Mails werden mit PhantomJS, einem programmierbaren Browser erzeugt. Zudem wird PhantomJS für automatisierte Anmeldungen zu den jeweiligen Newslettern verwendet. Dies ermöglicht eine unkomplizierte Anmeldung zu Newslettern, deren Webseiten Cookies, versteckte Input-Elemente oder komplexen JavaScript-Code verwenden. Als Datenbank-Backend ist MySQL in Verwendung.
4.
Ergebnisse ^
Im Beobachtungszeitraum von Juni 2016 bis Januar 2017 sind 6‘592 E-Mails von mehr als 200 bestätigten Newsletter-Anmeldungen eingegangen. Es wurden E-Mails von insgesamt fast 400 österreichischen Unternehmen empfangen. Von den erfolgten und bestätigten Anmeldungen zu einem Newsletter, bei denen zumindest eine E-Mail eingegangen ist, hatten 94% aller Unternehmen ein Impressum angegeben. Knapp 97% aller Unternehmen bieten in ihren Newsletter-E-Mails eine direkte oder indirekte Möglichkeit sich abzumelden.