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Smarte Services in Smarten Cities – ein Vergleich

  • Authors: Antje Dietrich / Birgit Schenk
  • Category: Articles
  • Region: Germany
  • Field of law: E-Government
  • Collection: Conference Proceedings IRIS 2017
  • Citation: Antje Dietrich / Birgit Schenk, Smarte Services in Smarten Cities – ein Vergleich, in: Jusletter IT 23 February 2017
Smart City als Begriff ist für viele Kommunen nach wie vor mit Fragezeichen behaftet. In der vorliegenden Arbeit werden die drei Städte Singapur, Tallinn und Karlsruhe untersucht. Es wird ein entsprechender Bewertungsrahmen zur Bewertung von Städten vorgestellt. Aus den Ergebnissen können ggf. die notwendigen Entwicklungsschritte für andere Städte geplant werden.

Inhaltsverzeichnis

  • 1. Einführung / Zielsetzung
  • 2. Smart Services
  • 3. Bewertungsrahmen für Smart Cities
  • 4. Ein Vergleich
  • 5. Fazit und Empfehlungen
  • 6. Literatur

1.

Einführung / Zielsetzung ^

[1]
Smart City als Begriff ist für viele Kommunen nach wie vor mit Fragezeichen behaftet. Die Fragezeichen ergeben sich aus dem Begriff selbst und der Beurteilung, ob man eine Smart City ist, sowie aus der Notwendigkeit, sich mit anderen Kommunen zu vergleichen. In der vorliegenden Arbeit werden die drei Städte Singapur, Tallinn und Karlsruhe untersucht. Singapur und Tallinn werden herangezogen, da beide bereits Entwicklungen in Richtung einer Smart City begonnen haben. Karlsruhe wurde mit Blick auf die angesiedelten Forschungsinstitutionen und Universitäten ausgewählt.
[2]
Ziel des Benchmarkings ist es, einen Bewertungsrahmen vorzustellen anhand dessen die ausgewählten Städte bewertet werden können. Identifizierte Bereiche einer Stadt mit einem hohen Reifegrad lassen ggf. Rückschlüsse auf notwendige Schritte zu, die anderen Kommunen als Wegweiser dienen können.

2.

Smart Services ^

[3]
Mit der Entwicklung des «Internet of Things»1, der intelligenten Vernetzung realer und virtueller Objekte, wurde der Grundstein für die digitale Transformation in Industrie und Wirtschaft gelegt, die auch vor Regierung und Verwaltung nicht Halt macht. Bezogen auf Kommunen und Städte kann die Digitalisierung im Begriff «Smart Cities» zusammengefasst werden. Smart Cities sind Städte, die durch die Nutzung und Implementierung intelligent vernetzter Informations- und Kommunikationstechnologien einen Weg suchen, die zunehmende Komplexität zu managen und hierfür die unterschiedlichen Sub-Systeme zu verbinden bzw. ihre Grenzen zu einem organisch Ganzen hin aufzulösen2. Chourabi et al. beschreiben dies mit den Worten «The new intelligence of cities, … resides in the increasingly effective combination of digital telecommunication networks (the nerves), ubiquitously embedded intelligence (the brains), sensors and tags (the sensory organs), and software (the knowledge and cognitive competence)»3. Neben dem Ziel der Komplexitätssteuerung wird über diesen Ansatz auch versucht, den großen Herausforderungen (Verstädterung, Ressourcenverbrauch, steigendes Sicherheitsbedürfnis, Demografischer Wandel etc.) der nächsten Jahre mit innovativen intelligenten Lösungen begegnen zu können und einen Mehrwert für die Gesellschaft zu schaffen. Der Mehrwert formiert sich nicht zuletzt in der Möglichkeit mit dem «Internet der Dienste», durch das Entwicklungs- und Diensteplattformen zum Erstellen und Anbieten von webfähigen Diensten existieren, sog. Smart Services für Anwendungsbereiche gestalten und anbieten zu können4. Smart Services zielen in den Bereichen der öffentlichen Verwaltung darauf, alltägliche Situationen für den Bürger zu erleichtern oder diese zu optimieren. Damit wird der Bürger Zentrum der Servicegestaltung und -erbringung.
[4]
Ein Baustein für die Bereitstellung von Smart Services sind Daten, die durch das Internet der Dinge gesammelt werden, sog. Big Data. In der Verbindung der durch den Bürger entstandenen aufgezeichneten und übermittelten Daten, sowie den in ihrem Umfeld/der Umwelt gesammelten Daten (z.B. Sensoren in Straßen, Wetterdaten, Ampeln) entsteht bei Echtzeitverarbeitung «Smart Data». Denn werden Daten in Echtzeit ausgewertet und verarbeitet, Optimierungspotenziale erkannt und für den Bürger intelligent genutzt (z.B. bei massivem Verkehrsaufkommen aus der Stadt heraus, durch Umschalten von Ampelanlagen, Verkehrszeichen etc. die Verkehrsströme zu lenken und den «Abfluss» zu beschleunigen), können Services «smart» werden.
[5]
Vorbild für die Entwicklung der Smart Services in der Verwaltung sind Konzepte wie Co-Creation oder Personalisierung der Dienste, da es möglich ist, Produkte und Dienstleistungen auf die individuellen Bedürfnisse der Kunden zuzuschneiden, sowie diesen in die Produkt-/Dienstleistungsentwicklung von Beginn an einzubeziehen.5 So kann der Bürger bzw. die Bürgerschaft in die Produktion mit eingebunden werden, in dem ihr Wissen einfließt und verarbeitet wird.6 Wesentlich ist dabei, dass der Mensch Ausgangspunkt und seine Unterstützung Ziel aller Smart Services ist.7
[6]

Die Bereiche, in die eine Stadt investieren kann, um Smart Services bereitzustellen und zur Smart City zu werden, sind vielfältig. An der TU Wien wurden sechs Schlüsselbereiche hierzu gebildet: Smart Economy, Smart Mobility, Smart Environment, Smart People, Smart Living, Smart Governance.8/9 Smart Economy nimmt den Menschen als neue zentrale Wissensquelle als tragendes Element zur Produktivitätssteigerung in den Blick. Durch neue Kommunikationstechnologien sollen Synergien geschaffen und genutzt werden. Dabei sind Weltoffenheit, freizügiger Unternehmergeist und innovative Entwicklungen wesentlich, die letztlich das Image einer Stadt prägen.10 Smart Mobility zielt auf die Mobilitätsförderung für den Menschen über alle Mobilitätsarten – Individualverkehr (z.B. zu Fuß, mit dem Fahrrad oder Auto) und den ÖPNV (z.B. Bus, Bahn) hinweg. Ziele sind dabei u.a. Staureduktion und neue Transportmodelle, aber auch Energieeffizienz und geringe Emissionen. Smart Environment fokussiert die Nachhaltigkeit, um Menschen mit allem Lebensnotwendigen wie Nahrung, Wasser, Energie etc. versorgen zu können. Konzepte wie Smart Home ist dabei ein Beispiel des privaten Umfeldes. Das Öffentliche Umfeld bezieht sich auf nachhaltige erneuerbare Energien, fachgerechte Ver- und Entsorgungssysteme wie Wasserversorgung und Müllentsorgung, aber auch der Grünflächengestaltung in Städten.11 Der Ansatz der Smart People zielt darauf, die Einwohner einer Kommune als gebildete, an gesundem Lifestyle und lebenslangem Lernen interessierte Personen zu betrachten, die aufgeschlossen und flexibel auf Änderungen in ihrer Umwelt reagieren. Sie entwickeln sich selbst und ihre Stadt ständig weiter.12 Mit Smart Living wird der Lebensraum und dessen Gestaltung in einer Smart City bezeichnet. Dabei sind die Identifikation und ein hohes Interesse an ihrer Vergangenheit und Kultur maßgeblich. Ein Bild der familienfreundlichen Stadt, die allen – vom Kind bis zum Senioren – Sicherheit und Fürsorge garantiert und Berufs- und Privatleben vereinbar werden lässt. Der Begriff Smart Governance zielt auf die «smarte» Steuerung einer Smart City mit allen Aufgaben und Bereichen, die momentan von der öffentlichen Verwaltung und Politik übernommen werden. Wieder wird den Einwohnern und Bürgern eine besondere Bedeutung zugedacht, die sich in Partizipation und Kollaboration zwischen Politik, öffentlicher Verwaltung und Einwohnern wie Bürgern manifestiert. D.h. Führungspersonen sind präsent. Entscheidungen basieren auf der aktiven Teilnahme und Zusammenarbeit mit Bürgern, z.B. durch ePartizipation. Der Entscheidungsprozesse sind iterativ durch ständiges Planen, Budgeting und Monitoring ausgelegt. Big Data und daraus aufbereitete Informationen dienen der Stadt und ihren Bürgern als Entscheidungshilfe.

[7]
Bei aller Unterschiedlichkeit der Bereiche, die in ihren Zielsetzungen deutlich wird, sind die Bereiche nicht voneinander getrennt zu betrachten. Denn der maximale Nutzen kann nur durch die Betrachtung aller Zusammenhänge und Abhängigkeiten, sowie den Fokus «Mensch» erreicht werden. Kanter und Litow fassen dies mit den Worten: «… that means a smarter city understands the most important connectors across multiple subsystems are the people who give to the city by turning it from a mechanistic bundle of infrastructure elements into a set of vibrant human communities.»13 zusammen.
[8]
Eine Kommune kann nicht von heute auf morgen zur «Smart City» mit den unterschiedlichsten Smart Services etc. umgebaut werden. Dafür braucht es Investition und Entwicklung. Nach Jaekel [2015] besteht dieser kontinuierliche Prozess aus vier Reifegraden, die eine Kommune durchläuft:
  1. Connected City (die digitale Integration aller Beteiligten ist geschaffen, Plattformen können miteinander kommunizieren);
  2. Smarter City (die erzeugten Daten und deren Verarbeitung erfolgen in einem Big Data-Management und werden als Big Data angeboten.)
  3. Participatory City (kollaboratives Arbeiten und Leben in Zusammenhang und Nutzung von Smart Data kennzeichnet die Kommune).
  4. Agile City (die Kommune kann sich innovativ, hoch flexibel an neue Entwicklungen und Trends in Politik, Wirtschaft, Gesellschaft, Kultur etc. anpassen.)14. Daraus leitet sich die Frage ab, wie der Reifegrad bewertet werden kann.

3.

Bewertungsrahmen für Smart Cities ^

[9]

Diese Frage, wie eine Kommune ihren Reifegrad bezüglich «Smart City» einschätzen kann, erfordert Bewertungsbereiche und -kriterien, sowie Ausprägungsstufen zu deren Beurteilung.

[10]
Als Erfolgsfaktoren einer Smart City gelten nach Manville et al. [2014] folgende: Vision, Menschen, Prozesse. Denn Smart Cities bedürfen einer klaren Vision, der Partizipation aller relevanten Akteure, sowie einer effizienten und effektiven Organisation bzw. ihrer Prozesse.15 Die Vision sollte das Bedürfnis und den Wunsch zum Ausdruck bringen, die Stadt in einen Ort mit höherer Lebensqualität umzuwandeln. Im Detail obliegt es einer Kommune dies zu spezifizieren und klare Ziele daraus zu definieren. Die Vision schafft die Verknüpfung zwischen Smart City-Bereichen und -Komponenten und den richtungsweisenden Gesetzmäßigkeiten. Der Fokus auf die Menschen soll die Partizipation von Bürgern und relevanten Stakeholdern garantieren (z.B. Individuen, Interessensgruppen, formale Organisationen aus Verwaltung und Wirtschaft, wie auch Randgruppen). Damit einhergehend soll sichergestellt werden, dass alle Betroffenen und Interessierten Zugang zu relevanten Informationen erhalten. Prozesse, die erfolgreich gemanagt werden, verlangen nach effektivem Projektmanagement mit einem «one-stop-shop» für Information, Begleitung, praktischer Unterstützung und Assistenz, sowie einem «single point of contact». Gleichzeitig ist eine Evaluation dieser notwendig, um sie mit Bezug zu ihrem jeweiligen Hintergrund beurteilen und verbessern zu können. Dazu gehört auch das Lernen von anderen Smart Cities, ein ausgeprägtes Wissensmanagement und die Berücksichtigung von open Standards.16
[11]
Ender definiert ein Smartes Umfeld aus der Summe an fortschrittlichen IT-Systemen plus sinnvoller Nutzung von Big Data plus Integration der Bürger und Dienstleistungen.17 Anhand dieser Aspekte können bezogen auf die sechs Schlüsselbereiche (siehe Kap. 2) und deren Zielsetzungen die Erfolgsfaktoren sowie deren Entwicklung betrachtet werden.
[12]
Zusammenfassend ergibt sich aus beiden Ansätzen ein Bewertungsrahmen (siehe Abbildung 1).
[13]

Bewertungskriterien wird auf einer Skala von 0 bis 5 bewertet (siehe Abbildung 2)

[14]
Anschließend wird der Median berechnet. So sollen statistische Ausreißer vermieden werden, denn wenn eine Stadt in einem Bereich bei 3 von 4 Indikatoren sehr gut ist, soll die Gesamtbewertung dies auch widerspiegeln. Für die Gesamtbewertung einer Stadt wird jedoch das arithmetische Mittel verwendet. Im Gegensatz zu den Indikatoren sind alle sechs Bereiche bedeutsam, so dass ein statistischer Ausreißer einfließen sollte.

4.

Ein Vergleich ^

[15]
In der folgenden Tabelle sind die Endergebnisse der Bewertung der drei Städte zusammengefasst dargestellt.

Abbildung 3: Ein Vergleich: Gegenüberstellung von Singapur, Tallinn und Karlsruhe18

[16]
Singapur:
[17]
Die ehemalige britische Kolonie Singapur ist in den letzten Jahren zu einer der wohlhabendsten Städte Südostasiens aufgestiegen.19
[18]
Im Bereich Smart Economy verfügt Singapur über eine stark diversifizierte Wirtschaftsstruktur. Neben vielen großen Firmen aus den Bereichen Finanzen und Logistik fördert die Regierung auch neue innovative Unternehmensfelder. Beispielsweise Informations- und Kommunikationstechnologie, Halbleiterindustrie sowie Life Sciences und Health Care. Singapur investiert in Forschungsprojekte und in einen Wissenschaftspark. In diesen Bereichen arbeiten hauptsächlich gut ausgebildete internationale Fachkräfte. Singapur besitzt als Stadt international ein gutes Image.20
[19]
Im Bereich Smart Mobility verfügt Singapur über ein sehr gut ausgebautes und modernes ÖPNV-Netz. Der Kauf einzelner Tickets entfällt durch den Einsatz einer elektronischen Chipkarte. Neben den öffentlichen Verkehrsmitteln ist auch die weitere Infrastruktur sehr gut ausgebaut. Durch den Einsatz von Kameras und Sensoren werden in einem Echtzeitsystem Daten zur Bereitstellung von Verkehrsproblemen bereitgestellt. Singapur verfügt über ein sehr gut ausgebautes Breitbandnetz. Etwa 90% der Haushalte besitzen einen Breitbandanschluss. Des Weiteren gibt es viele öffentliche Hotspots in der Stadt und im ÖPNV.21
[20]
Im Bereich Smart Environment hat Singapur das Ziel, die Luftverschmutzung bis zum Jahr 2020 deutlich zu verringern. Weitere Umweltprojekte sind für die Bereiche Wasserversorgung, Müllentsorgung und Energieeffizienz angesetzt. So soll zum Beispiel die Recycling Rate auf 70% gesteigert werden.
[21]
Im Bereich Smart People besitzt Singapur ein sehr gutes Bildungssystem, dadurch ist die Bevölkerung in den meisten Fällen sehr gut ausgebildet. Ebenso ist das Konzept des Lebenslangen Lernens ein fester Bestandteil des Bildungskonzeptes. 22/23
[22]
Im Bereich Smart Living stellt die «Singapore Police Force» (SPF) eine Reihe von Services zur Verfügung um die Sicherheit zu erhöhen. Unter anderem können sich Bürger per App über Notfälle informieren lassen und Anzeigen online aufgeben. Im Bereich der Gesundheitsversorgung werden ebenfalls umfassende E-Services angeboten. Darunter fallen zum Beispiel die zentrale Speicherung aller Krankendaten in einer zentralen Datenbank, die Möglichkeit zur Ärztesuche, Online Terminvereinbarung und weitere Informationsportale. Um möglichen Krankheitsauslösern vorzubeugen existieren mit dem «Health Promotion Board» und dem «Health Hub» umfangreiche Angebote um gesund zu Leben und Krankheiten zu vermeiden. So können über den «Health Hub» Informationen über die letzten Impfungen, Labortests oder Ärztebesuche eingesehen werden.24/25 Ein weiterer Schwerpunkt ist die Verbesserung der Nachhaltigkeit von öffentlichen Gebäuden. Neben der Optimierung des Energieverbrauchs wird auch die Planung neuer Wohngebiete verbessert.26
[23]

Im Bereich Smart Governance verfügt die Stadt im Rahmen eines eCitizen Programms über ein umfangreiches Service Angebot. Dazu zählen Dienste aus den Bereichen Finanzen, Bürgerkommunikation, Justiz und Soziales. Ein Open Data Portal wird ergänzend angeboten. Eine eigene Behörde ist für die Erforschung und Weiterentwicklung von Smart City und Smart Nation Konzepten zuständig. Zusammenfassend befindet sich Singapur auf einem sehr guten Weg zur Entwicklung einer smarten City.27

[24]
Tallinn: Tallinn in Estland ist die zweite bewertete Stadt. Etwa die Hälfte aller Esten leben in der Hauptstadt Tallinn. Aus diesem Grund fokussieren sich auch viele staatliche Projekte auf die Hauptstadt.
[25]
Im Bereich Smart Economy werden im E-Estonia Showroom und im Estinian ICT Living Lab verschieden innovative Projekte erforscht und präsentiert.
[26]
Im Bereich Smart Mobility verfügt Tallinn über ein gut ausgebautes Netz des ÖPNV. Die Nutzung ist für Einwohner seit Januar 2013 sogar kostenlos.
[27]
Im Bereich Smart Environment plant Tallinn eine weitere Modernisierung der Infrastruktur, die erweiterte Nutzung von erneuerbarer Energie und die Unterstützung von energieeffizienten Gebäudelösungen unter Berücksichtigung der Bedürfnisse der Einwohner. Außerdem soll der ÖPNV weiter dem Bedarf angepasst werden.
[28]
Im Bereich Smart People verfügt Tallinn über eine Gesellschaft gebildeter Menschen. Tallinn zieht durch seine beiden Universitäten ausländische Studierende an, die auch von den ansässigen Unternehmen wie Skype gewonnen werden können.
[29]
Im Bereich Smart Living bietet Tallinn ansprechende Bedingungen. Estland verfügt über endlose Wälder und eine nahezu unberührte Natur auf der einen Seite. Auf der anderen Seite stehen den Bürgern ein unbeschränktes Internet und innovative Techniken zur Verfügung.
[30]
Im Bereich Smart Governance hat Estland neue Maßstäbe in der EU gesetzt. Durch die Förderung seitens der Regierung werden viele Projekte vorangetrieben. Beispielsweise hat jeder Bürger eine e-Residency. Diese e-Residency steht sogar den Bürgern der gesamten Welt offen. Durch die große Aufgeschlossenheit der Esten gegenüber neuen Technologien werden Smart City Projekte schnell angenommen und genutzt. Dies erleichtert insgesamt die Einführung neuer Services. Zusammenfassend kann gesagt werden, dass Tallinn sich auf einem sehr guten Weg in der Smart City Entwicklung befindet.
[31]
Karlsruhe:
[32]
Karlsruhe bezeichnet sich selbst als Technologie-Stadt. Dies wird historisch betrachtet durch viele Erfindungen, die ihren Ursprung in Karlsruhe haben, bestätigt (Erfinder: Carl Benz, Karl Drais). In Karlsruhe wurde beispielsweise die erste E-Mail in Deutschland an der Universität empfangen. Inzwischen beheimatet Karlsruhe eine Vielzahl an IT-Unternehmen und Start-Ups, das KIT (Karlsruher Institut für Technologie) und mehrere Hochschulen.
[33]
Im Bereich Smart Economy wird Karlsruhe nach dem deutschen Zukunftsforscher Matthias Horx zu den sechs innovativsten Standorten in Deutschland gezählt. Karlsruhe wurde z.B. mit dem eTownAward 2014 zur digitalisiertesten Stadt Deutschlands ausgezeichnet. Mit «Smarter City Karlsruhe» initiiert Karlsruhe eine eigene Initiative, die smarte Projekte in der Stadt zusammenfasst und vorantreibt. Die Karlsruher Wirtschaftsförderung unterstützt zudem regionale, nationale als auch internationale Unternehmen bei der Ansiedlung in Karlsruhe.
[34]

Im Bereich Smart Mobility besitzt Karlsruhe ein online einsehbares Parkleitsystem für Parkhäuser. Zusätzlich werden weitere Verkehrsdaten zu Baustellen, Verkehrsdichte, Parkplätzen etc. über ein Mobilitätsportal in Echtzeit zur Verfügung gestellt. Informationen des ÖPNV können online abgerufen werden. Karlsruhe verfügt über einen Fahrradzähler für vorbeifahrende Fahrradfahrer. Der CarSharing-Anbieter Stadtmobil hat mit 800 Fahrzeugen die höchste Fahrzeug-Dichte in Deutschland. Daher wurde 2012, 2013 und 2015 Karlsruhe zur CarSharing-Hauptstadt gewählt. Karlsruhe verfügt ebenso über ein App-basiertes BikeSharing.

[35]

Im Bereich Smart Environment beteilig sich Karlsruhe aktiv. Karlsruhe stellt derzeit basierend auf einem Klimakonzept auf nachhaltige Energieressourcen um. 2015 erhielt Karlsruhe den deutschen Nachhaltigkeitspreis als nachhaltigste Großstadt Deutschlands.

[36]
Im Bereich Smart People verfügt Karlsruhe als Studentenstadt über einen Anteil von 12% Studierender in der Bevölkerung. Das KIT, mehrere Hochschulen, eine Duale Hochschule und verschiedene Forschungsinstitute wie beispielsweise das FZI (Forschungszentrum Informatik) und das Fraunhofer-Institut bieten Arbeitsplätze für Absolventen.
[37]

Im Bereich Smart Living verfügt Karlsruhe über ein gut ausgebautes Gesundheitssystem. Mit der hohen Dichte an Bildungseinrichtungen bietet Karlsruhe viele Möglichkeiten zur Weiter- und Fortbildung. Des Weiteren kann das Karlsruher Bibliotheksportal als Online-Zugang zu den verschieden Karlsruher Bibliotheken genutzt werden.

[38]

Im Bereich Smart Governance bietet die Stadt ihren Bürgern mit ersten Online-Angeboten die Möglichkeit über Services Kontakt zu Behörden aufzunehmen. So können beispielsweise Termine online vereinbart werden. Karlsruhe stellt in einem Open-Data-Portal Informationen über Bevölkerung, Bildung, Kultur, Politik etc. zur Verfügung. Insgesamt ist die Stadt zwar schon weit entwickelt, allerdings besteht vor allem in den Bereichen Smart Living und Smart Governance noch Nachholbedarf.28

5.

Fazit und Empfehlungen ^

[39]

Die drei betrachteten Städte sind auf einem guten Weg zu einer Smarten City. Allerdings ist Karlsruhe als ein Beispiel für eine deutsche Stadt noch nicht in allen Bereichen bei einem angemessenen Entwicklungstand angekommen. Durch die föderalen Strukturen in Deutschland und den noch stattfinden Ausbau des Breitbandinternets wird die Entwicklung gebremst. Des Weiteren schränken die vergleichsweise strengen deutschen Rechtsvorschriften im Bereich Datenschutz die Erfassung und Auswertung von Big Data ein, so dass somit verschiedene Dienste nicht adäquat umgesetzt werden können. Zudem muss die Datensicherheit der Angebote gewährleistet werden können.

6.

Literatur ^

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  1. 1 Petrolo/Loscrì/Mitton 2015, S. 1–11.
  2. 2 Kanter/Litow 2009.
  3. 3 Chourabi et al. 2012, S. 2289–2297.
  4. 4 Wahlster et al. 2014.
  5. 5 Wan/Cai/Zhou 2015.
  6. 6 Florida 2002.
  7. 7 Kanter/Litow 2009.
  8. 8 Kumar 2017, S. 3–76.
  9. 9 Giffinger et al. 2016.
  10. 10 Böttcher 2013.
  11. 11 Kumar 2017, S. 17.
  12. 12 Pahl-Weber et al. 2016.
  13. 13 Kanter/Litow/Stanly 2009, S. 2.
  14. 14 Jaekel 2015, S. 222.
  15. 15 Manville et al. 2014, S. 76.
  16. 16 Manville et al. 2014, S. 77.
  17. 17 Ender 2015, S. 467–469.
  18. 18 Eckhard/Höpfner 2017.
  19. 19 Central Intelligance Agency, Singapore. The World Factbook.
  20. 20 Malanowski 2014.
  21. 21 Hean/TEDxSingapore 2015.
  22. 22 Auswärtiges Amt, Singapur: Kultur- und Bildungspolitik.
  23. 23 Singapore Government, Ministry of Education Singapore.
  24. 24 Singapore Government, eCitizen – Your Gateway to all Government Services.
  25. 25 Singapore Government, Health Promotion Board.
  26. 26 Singapore Government, Building and Construction Authority.
  27. 27 Eckhard/Höpfner 2017.
  28. 28 Eckhard/Höpfner 2017.