1.
Einleitung ^
Rechtsanwendung ist die Zuordnung eines konkreten Falls, eines konkreten Sachverhalts zu einer generellen Rechtsvorschrift und die Gewinnung einer individuellen, konkreten Sollensausage, der Rechtsfolge, daraus.
Dieser Vorgang der Subsumtion eines Sachverhalts unter einen Tatbestand wird in der Rechtstheorie in zahlreichen Modellen beschrieben, die sich letztlich auf eine gemeinsame Struktur, den logischen Schluss in der Form des «juristischen Syllogismus»1, zurückführen lassen.
Gemeinsam ist diesen Modellen, dass Begriffe in einzelne Begriffselemente zerlegt werden. Es wird dann geprüft, ob die Begriffselemente der Tatbestandsbeschreibung einer Rechtsvorschrift auch in den Begriffen, die zur Beschreibung des Sachverhalts verwendet werden, gefunden werden. Ist dies der Fall, dann können die Sachverhaltsmerkmale unter die Tatbestandselemente subsumiert und die individuelle Rechtsfolge abgeleitet werden.
Erkenntnisse der Neuro- und Kognitionswissenschaften legen jedoch nahe, dass ein Modell, bei dem Begriffe in eine Liste von Unterbegriffen zerlegt werden, zu einfach ist und nicht für die Beschreibung der Vorgänge der Wissensverarbeitung im menschlichen Gehirn ausreicht. Begriffe und Wissen werden vom Menschen in Netzwerkstrukturen, sogenannten Frames, gespeichert und verarbeitet.
Im Folgenden wird dargestellt, welche Bedeutung die Existenz von Frames als zentrales Element der Abbildung und Speicherung von Wissen für die «klassische» Theorie der Rechtsanwendung hat.
2.1.
Der «juristische Syllogismus» ^
Der juristische Syllogismus ist ein einfaches logisches Modell der Rechtsanwendung, das folgende Grundstruktur2 hat:
T → R
T
R
oder in einer Formulierung mit S für den Sachverhalt:
T → R
T → S
S → R
Dieser einfache logische Schluss vom Typ «modus barbara»3 wird sprachlich meist formuliert als:
Wenn der Tatbestand T erfüllt ist, dann soll die Rechtsfolge R eintreten/gelten.
Der Tatbestand T ist durch den Sachverhalt S erfüllt.
Für den Sachverhalt S soll die Rechtsfolge eintreten/gelten.
Das Modell des juristischen Syllogismus ist einfach und beschreibt die Gewinnung einer individuellen Norm aus einer generellen. Es beschreibt aber leider auch nur den einfachsten Teil der Rechtsanwendung, denn, wie Engisch feststellt, das «Schließen als solches macht uns die geringste Mühe, die Hauptschwierigkeit liegt im Finden der Prämissen»4.
Dieses Hauptproblem, das Interpretieren von Tatbestandselementen und Beschreiben von Sachverhaltsmerkmalen, führt zur nächsten Hürde bei der Rechtsanwendung: die Interpretation und der Vergleich von Begriffen bzw. ihrer Bedeutung.
2.2.
Begriffskern und Begriffshof ^
Die eigentliche Herausforderung bei der Rechtsanwendung ist neben dem Finden einer u.U. auf einen Sachverhalt S anzuwendenden Rechtsvorschrift der Vergleich bzw. die Zuordnung des Tatbestands T zum Sachverhalt S. Also die Gewinnung der Aussage, die als T = S oder T → S formalisiert wird.
In diesem Zusammenhang stellen sich mehrere Fragen oder sind folgende Probleme zu lösen:
- Der Sachverhalt S wird in Hinblick auf einen Tatbestand T beschrieben und soll jedenfalls die für die Subsumtion notwendigen Informationen enthalten.
- Der Tatbestand T wiederum wird in Hinblick auf den Sachverhalt S interpretiert. Varianten von Tatbestandselementen, die nicht zum Sachverhalt passen, werden bei der Interpretation nicht weiter berücksichtigt. Und einzelne Tatbestandselemente werden durch Interpretation in Richtung des Sachverhalts mit neuen Begriffen beschrieben und präzisiert.
Bei diesem iterativen Prozess handelt es sich «um eine ständige Wechselwirkung, ein Hin- und Herwandern des Blickes zwischen Obersatz und Lebenssachverhalt, nicht [...] um einen fehlerhaften Zirkel»5.
Am Ende steht bei einer erfolgreichen Subsumtion die Zuordnung aller notwendigen Tatbestandselemente zu Sachverhaltsmerkmalen. Dabei wird überprüft, ob für alle Begriffe im Tatbestand T jeweils ein entsprechender Begriff in der Sachverhaltsbeschreibung S gefunden werden kann. Die Begriffe können gleichgesetzt werden, wenn sie dieselbe Bedeutung, denselben Begriffsinhalt haben oder sich inhaltlich so überschneiden, dass sie gleichgesetzt werden können (Ober- und Unterbegriff).
Die zentrale Frage in diesem Zusammenhang ist: Wie können Begriffe verglichen werden bzw. woher weiß man, dass zwei Begriffe dieselbe Bedeutung haben oder sich in ihrem Bedeutungsinhalt ausreichend überschneiden, um gleichgesetzt werden zu können?
Alexys formale Beschreibung8 dieses Vorgangs sieht wie folgt aus:
Ausgangspunkt ist ein juristischer Syllogismus:
(1) (x) (Tx → ORx)
(2) Ta
(3) ORa
Im Rahmen der Interpretation des Tatbestands T wird festgestellt, dass dieser aus mehreren alternativen (= durch logisches Oder verknüpften) Merkmalen Mn besteht und daher folgende Beziehungen gelten:
(1) (x) (Tx → ORx)
(4) (x) (M11 x ∪ M x ∪ ⋯ ∪ M91 x ↔ Tx)
(5) (x) (M11 x ∪ M21 x ∪ ⋯ ∪ M91 x → ORx)
Wenn eines der Merkmale am besten zu dem Sachverhalt passt, dann wird dieses weiter interpretiert und die übrigen M nicht weiter beachtet. Es kann daher ein neuer juristischer (Unter)Syllogismus abgeleitet werden:
(1) (x) (M51 x → ORx)
(7) M51 a
(3) ORa
Die Entfaltung kann über zahlreiche Interpretationsschritte gehen, so dass beliebig viele Tatbestandsmerkmale Ms (mit s für den s-ten Entfaltungsschritt) und abgeleitete Syllogismen erzeugt werden. Die Elemente Ms stehen natürlich nicht nur als Alternativen durch logische Oder-Verknüpfungen in Verbindung. Wenn zwischen einzelnen oder allen Tatbestandsmerkmalen eine logische Und-Verknüpfung besteht, müssen alle so verbundenen Merkmale Ms im Sachverhalt zu finden sein.
Bei erfolgreicher Subsumtion gibt es im Rahmen der juristischen Interpretation einen Zeitpunkt, in dem zur Gleichsetzung von Begriffen für jedes Merkmal Ms eine Regel der Form
(8) (x) (Sx → Ms x)
angegeben werden kann. Sx steht dabei für ein im Sachverhalt enthaltenes Merkmal, für einen im Sachverhalt verwendeten Begriff. Damit kann ein juristischer Syllogismus der Form
(9) (x) (Sx → ORx)
(10) Sa
(3) ORa
formuliert und der Subsumtionsschluss durchgeführt werden.
Die Gleichsetzung der Begriffe in Tatbestand und Sachverhalt erfolgt über Regeln der Form
(8) (x) (Sx → Ms x).
Wesentlich ist für Alexy, dass so viele Entfaltungsschritte durchgeführt werden, dass «man zu solchen Ausdrücken gelangt, von denen nicht mehr streitig ist, dass sie auf den fraglichen Fall zutreffen»9.
Die Subsumtion von Sachverhaltsmerkmalen unter Tatbestandsmerkmale ist daher immer dann möglich, wenn Merkmale abgeleitet werden können, für die die Zuordnung «nicht mehr streitig ist».
Damit verschiebt sich das Problem der Überprüfung der Übereinstimmung bzw. der Zuordenbarkeit von im Tatbestand T und im Sachverhalt S verwendeten Begriffen auf die Frage, ob die Gleichsetzung oder im negativen Fall die Unmöglichkeit der Gleichsetzung «streitig» ist.
Dies wiederum führt zur Unterscheidung von Begriffskern und Begriffshof. Denn «unproblematisch ist der Schluss nur so weit, als das betreffende Sachverhaltselement zum sicheren ‹Begriffskern› des Normbegriffs gehört bzw. zum Begriff sicher nicht gehört»10. Da die Bedeutung eines Begriffs kein abschließend und vollständig definierbarer Bereich ist, wird zwischen dem Begriffskern und dem Begriffshof unterschieden. Der Begriffskern entspricht der Bedeutung im gewöhnlichen Sprachgebrauch11 und umfasst alle Elemente, «auf die der Begriff von Sprachkundigen ohne weiteres angewendet wird»12.
Zum Begriffshof werden jene Elemente gezählt, die dem Begriff zugeordnet werden können, wobei dies aber nach gewöhnlichem Sprachgebrauch zweifelhaft, also «streitig» ist. In diesem Fall müssen die zuständigen Instanzen (Gericht, …) entscheiden, ob ein bestimmtes Sachverhaltsmerkmal dem Begriff zugeordnet werden kann. Wenn ja, wird es ab diesem Moment für die Rechtsanwendung als Teil des Begriffskerns angesehen.
2.3.
Kritik der «klassischen» Theorie ^
Die Vorgangsweise bei der Rechtsanwendung lässt sich für die «klassische Theorie» wie folgt zusammenfassen:
- Das logische Modell für die Rechtsanwendung ist der juristische Syllogismus. Der Obersatz dieses Syllogismus enthält eine Tatbestandsbeschreibung. Der Untersatz ist die Sachverhaltsbeschreibung.
- Die Tatbestandselemente, also die im Tatbestand verwendeten Begriffe, werden mit den in der Sachverhaltsbeschreibung verwendeten Begriffen auf Übereinstimmung verglichen. Dabei wird einzeln überprüft, ob das im Sachverhalt beschriebene Element ein Exemplar des/der im Tatbestand angeführten Musters/Kategorie ist.
- Überprüft wird dies, indem man die Eigenschaften der Tatbestandselemente auflistet und vergleicht, ob jede dieser Eigenschaften auch in den korrespondierenden Sachverhaltselementen zu finden ist.
- Ist die Zuordnung nicht möglich, weil die Tatbestandsbeschreibung zu komplex ist oder die Begriffe, mit denen Eigenschaften von Tatbestandselementen beschrieben werden, noch interpretiert werden müssen, dann wird der Tatbestand in Richtung des Sachverhalts interpretiert. Die Begriffe mit denen Eigenschaften von Begriffen beschrieben werden, können durch weitere Begriffslisten ersetzt bzw. präzisiert werden. Dieser Vorgang kann iterativ beliebig oft wiederholt werden («Hin-und Herwandern des Blicks»).
- Diese im Tatbestand enthaltenen Begriffe sind logisch mit einem Und-Operator verknüpft, wenn für alle eine Entsprechung im Sachverhalt vorhanden sein muss. Reicht zumindest eine Entsprechung aus, dann liegt eine Oder-Verknüpfung vor.
- Die Überprüfung der semantischen Gleichheit bzw. ob ein Sachverhaltsmerkmal ein Exemplar des Tatbestandselements ist, erfolgt durch Gegenüberstellung der Liste der Eigenschaften dieser Elemente.
Die Grundlage dieses Modells der Rechtsanwendung ist ein Verständnis von Begriff und Semantik, der zusammengefasst werden kann als: Eine Sache «ist nichts anderes als die Gesamtheit aller ihrer Eigenschaften, die in» einem «Begriff zusammengefasst werden». Bzw. «ein Objekt, das» einen «Begriff repräsentiert» wird definiert «durch die Eigenschaften oder Prädikate, aus denen der Begriff zusammengesetzt ist».13
Diese Sicht auf die Semantik von Begriffen ist unter zahlreichen Bezeichnungen geläufig:14
- Merkmal-Semantik
- Komponenten-Semantik
- Notwendige-und-hinreichende-Bedingungen-Semantik
- Wahrheitskonditionale Semantik
- Checklist-Theorien der Bedeutung
Wird dieses Modell der Semantik, das im Folgenden als «Checklist-Semantik» bezeichnet wird, nicht akzeptiert, dann ist die klassische Theorie juristischer Semantik und das damit verbundene Modell der Rechtsanwendung nicht anwendbar, da die Basis wegfällt.
Erkenntnisse der Neuro-und Kognitionswissenschaften legen nahe, dass genau dies der Fall ist. Wissensverarbeitung und -speicherung im menschlichen Gehirn kann nicht durch Modelle der Checklist-Semantik adäquat beschrieben werden.
Im Folgenden wird versucht, ein Modell juristischer Semantik und der Rechtsanwendung zu entwickeln, das auf Frames, den Wissens- und Begriffsstrukturen im menschlichen Gehirn, aufbaut.
3.1.
Frames – eine erste Annäherung ^
Anstoß für die Entwicklung der Frame-Theorien waren die Grenzen und Unzulänglichkeiten der Checklist Theorien.15 Diese gehen davon aus, dass die Semantik auf Wortebene durch semantische Komponenten bzw. Merkmale beschrieben werden kann. Diese könnte man gleichsam «als eine Art, ‹Bedeutungs-Atome› verstehen [...] die sich in den Wortbedeutungen zu einer Art von ‹Bedeutungs-Molekülen› verbinden»16. Aus diesen semantischen Komponenten wird dann auch auf der nächsten Ebene die Bedeutung eines Satzes eindeutig definiert und in der Folge auch die Semantik eines ganzen Textes. Die semantischen Komponenten definieren die Semantik auf allen Ebenen eindeutig und vom Kontext unabhängig. Diese Idee der Kontextunabhängigkeit ist einer der wichtigsten Kritikpunkte an dem Modell.
Das Gegenmodell der Frames wurde unabhängig voneinander auf Seite der Linguistik von Charles J. Fillmore und auf dem Gebiet der Kognitionswissenschaft von Marvin Minsky entwickelt.
Fillmore zeigte an zahlreichen Beispielen, dass Semantik wesentlich vom Kontext abhängt. So fragte er, warum auf Ebene der Wortbedeutung
- das Wort Waise nicht auf einen vierzigjährigen Mann angewendet wird, wenn dessen Eltern verstorben sind? Alle semantischen Komponenten (männlich, Eltern verstorben) liegen vor. Welche Altersbegrenzung wird mitgemeint? Da meist Kinder gemeint sind, stellt sich die Frage, wieso die Aussage «Er muss sein Studium selbst finanzieren. Er ist Waise.» sinnvoll ist, wenn ein Student kein Kind mehr ist.
- das Wort Witwe nicht für die Mörderin ihres Mannes verwendet wird?
- ob eine Kultur, die sich ausschließlich pflanzlich ernährt, das Wort Vegetarier sinnvoll benutzen kann?
Auf Ebene der Satzbedeutung zeigt ein Vergleich der folgenden beiden Sätze
- Sie trug eine grüne Vase zur Party.
- Sie trug ein grünes Kleid zur Party.
die Grenzen der Checklisten-Theorie.
Diese Beispiele legen nahe, dass sprachliche Zeichen kontextabhängige Wissenskomplexe, die Frames oder Frame-Komplexe genannt werden, aktivieren. Ein Wort aktiviert den ganzen Frame, in den das Wort eingebettet ist, und damit auch den entsprechenden kognitiven Kontext. Wissenserwerb und -erweiterung ist eine Ausdifferenzierung vorhandener Frames.17
3.2.
Was sind Frames? ^
Ein Frame ist eine rekursive21 Struktur22, deren Zentrum der Frame-Kern, der Gegenstand oder das Thema des Frames ist. Um diesen Kern sind weitere Frames gruppiert, die als Frame-Elemente Teil des Frames sind und damit Wissensaspekte in den Frame einbringen. Diese Frame-Elemente sind keine Wissenselemente, sondern Anschlussstellen (Slot, terminal23), denen bei einer Aktivierung, also beim Abruf des Wissens, konkrete, vom jeweiligen Kontext abhängige Werte zugewiesen werden. Slots, denen keine besonderen Einzelwerte zugewiesen werden, sind mit einem Standardwert24 belegt, der bei Aktivierung überschrieben worden kann. Die Verbindungen des Frame-Kerns mit den Frame-Elementen über Slots können unterschiedlich gewichtet sein.
Auf diese Weise wird ein Netzwerk von Frames aufgebaut, wobei gilt:
- Ein Frame kann mit beliebig vielen anderen Frames über Slots verbunden sein.
- Ein Frame kann Element beliebig vieler anderer Frames sein.
Es können verschiedene Typen von Frames unterschieden werden:25
- Allgemeine Muster- oder Type-Frames sind generalisierende Frames, denen abstrakte Begriffe und Wissenselemente zugeordnet werden können.
- Allgemeine Element- oder Token-Frames sind Frames, die das Wissen über konkrete Einzelerscheinungen generalisieren, zusammenfassen und beschreiben. Diese Frames stehen zu Type-Frames in einer type-token- bzw. Muster-Exemplar-Beziehung und sind bei Zuordnung zu einem Type Frame über Slots konkretisierende Beispiele des Musters.
- Konkrete instantiierte Exemplar- oder Token-Frames, die gerade über Sinne wahrgenommene Erscheinungen in der Welt abbilden. Über Zuordnung zu allgemeinen Frames werden diese konkreten Token-Frames interpretiert und in das vorhandene Wissen eingebettet.
Frames sind dynamische Konstrukte, die bei Wissenserwerb verändert oder in Beziehung zu vorhandenen Frames neu erzeugt werden.
Bei den allgemeinen Frame-Typen können individuelle und – im Bereich des Rechts von besonders großer Bedeutung – überindividuelle, soziale Frames unterschieden werden, die auf Grund eines sozialen Lernprozesses für eine Gruppe von Menschen gleich strukturiert sind und das gleiche Wissen abbilden.26
3.3.
Frame, Kontext und Begriff ^
Die Neuro-und Kognitionswissenschaften haben festgestellt, dass das menschliche Gehirn bei der Verarbeitung von Sprache, Begriffen, Ideen durch Aktivierung der entsprechenden Frames auch die in diesen Frames mitgespeicherten, die mit diesen Frames über Slots vernetzten Frames mitaktiviert und mitverarbeitet. Das bedeutet, dass die mit einem Frame gespeicherten Erfahrungen über die Welt gemeinsam aktiviert werden. Diese gespeicherten Erfahrungen können Gefühle, Bewegungsabläufe, sensorische Wahrnehmungen, aber auch abstrakte Begriffe sein.
So wurde in Experimenten festgestellt, dass bei Probanden, die Worte lesen, die mit starken Gerüchen assoziiert werden (Knoblauch, Jasmin, Zimt), während der Sprachverarbeitung auch die Hirnregionen, die für das Riechen zuständig sind, aktiviert werden. Und das Lesen des Wortes «Salz» aktiviert das Schmecken betreffende Gehirnareale.27, 28
Die Verarbeitung von Begriffen ist daher im Gehirn ein ganzheitlicher Vorgang, der die Aktivierung von Frames und die Mitaktivierung der über Slots verbundenen Frame-Elemente beinhaltet. Dies kann sogar dazu führen, dass Dinge wahrgenommen werden, die nicht vorhanden sind29, wie der folgende Versuch zeigt:
In einem Experiment las eine Gruppe von Probanden folgenden Text: «John wollte das Vogelhaus reparieren. Er schlug auf den Nagel, als sein Vater hinzukam.» Eine andere Gruppe las: «John wollte das Vogelhaus reparieren. Er suchte den Nagel, als sein Vater hinzukam.» Bei einem anschließenden Test gaben aus der Gruppe der Probanden, deren Text das Wort «schlug» enthielt, über 50% der Versuchsteilnehmer an, das Wort «Hammer» gelesen zu haben. Bei der anderen Gruppe waren es nur 20%.30
Die Aktivierung des Frames, in dem das Wissen über «auf einen Nagel schlagen» gespeichert war, führte auch zu einer Aktivierung des Frame-Elements «Hammer», da zwischen diesen beiden Frames eine inhaltliche Beziehung besteht. Da sie gemeinsam aktiviert wurden, meinte mehr als der Hälfte der Probanden auch, dass das Wort «Hammer» im Text enthalten war.
Bereits vor einem Wahrnehmungsprozess aktivierte Frames, also der situative Kontext, in dem sich eine Person befindet, beeinflussen auch die Wahrnehmung. Folgende zwei Versuche machen das deutlich:
- Versuch 1: Bei diesem Versuch las ein Teil der Probanden den Satz «Der Förster sah den Adler am Himmel.» Sie erkannten daraufhin problemlos einen Adler mit ausgebreiteten Schwingen. Ein Bild des Adlers mit angelegten Flügeln wurde hingegen nicht so einfach erkannt. Bei den anderen Versuchsteilnehmern, die den Satz «Der Förster sah den Adler im Nest.» gelesen hatten, war es genau umgekehrt.31
- Versuch 2: Versuchsteilnehmer mussten entscheiden, ob Patienten, die an einer schweren Krankheit litten, einen Eingriff vornehmen lassen sollten. Wurde dabei von einem 10%-igen Risiko zu sterben gesprochen, dann wurde der Eingriff überwiegend abgelehnt. Wenn man hingegen eine 90%-ige Überlebenschance angab, wurde genau umgekehrt für den Eingriff gestimmt.32
Diese Beispiele zeigen, dass der situative Kontext bestimmend ist, welche Frames bei der Verarbeitung von Information aktiviert und wie diese in der Folge interpretiert werden. Der Kontext und die in der Folge unterschiedlichen aktivierten Frames sind dafür verantwortlich, dass das Verständnis von Sätzen wie
- Die Maus ist grau.
keine Probleme bereitet.
Im Kontext von EDV-Systemen sind Frames für Hardware, Computer, ... aktiv, so dass der mehrdeutige Begriff «Maus» als Eingabegerät interpretiert wird. Sind hingegen Frames wie Schädling, Säugetier, Katze, ... aktiv, wird erkannt, dass mit «Maus» ein Tier gemeint ist.
Ist ein Frame durch Anbindung über Slots Teil mehrerer Frames, dann wird durch den Kontext, in dem dieser aktiviert wird, entschieden, welcher der verschiedenen möglichen Teilframes aktiviert und damit ausgewählt wird.
3.4.
Begriffe als Prototyp ^
Das Konzept der Frames führt zu einer geänderten Sicht auf die Semantik von Begriffen. Bei dem Konzept der Checklist-Semantik werden Begriffskategorien dadurch definiert, dass eine Liste der notwendigen Eigenschaften einer Begriffskategorie erstellt und die Bedeutung eines Begriffs durch Vergleich der Eigenschaften ermittelt wird. Alle Elemente, die einer Kategorie zugeordnet werden, weisen dieselbe Liste an Eigenschaften auf.
Frame-Semantik führt zu einer anderen Sicht. Die Bedeutung eines Begriffs ergibt sich durch die Vernetzung mit anderen Frames. Da es sich ein dynamisches System handelt, bei dem sich die Verbindung zu den anderen Frames ändern kann, ist es nicht möglich, Begriffskategorien durch abschließende Listen von Eigenschaften zu definieren.
Vielmehr ist davon auszugehen, dass ein Begriff als abstrakter Muster-Frame ausgebildet wird, dem über Slots Exemplar-Frames zugeordnet werden. Über die Gewichtung der Verbindung zu den Exemplar-Frames können typische und weniger typische Elemente als Frame-Inhalt und damit als Begriffsinhalt zugeordnet werden.
Der Frame bzw. der Inhalt des Begriffs ist als Prototyp anzusehen, wobei die «Familienähnlichkeit»33 den Ausschlag für die Zuordnung gibt. Je stärker die Ähnlichkeit, desto sicherer kann ein konkretes Element einer Kategorie zugeordnet werden. Bei schwacher Ähnlichkeit ist es dann eine Zuordnung der Form: «eher A als B».
Die Bedeutung eines abstrakten Begriffs-Frames ergibt sich daher aus der Summe der diesem Frame zugeordneten konkreten Exemplar-Frames. Dabei werden aber in den Standardwerten der Slots die Eigenschaften eines typischen Exemplars («best example») gespeichert, die jedoch bei einem konkreten Exemplar nicht immer alle vorhanden sein müssen.
So wird dem Begriff «Vogel» z.B. ein Adler oder ein Spatz als typisches Exemplar zugeordnet, nicht aber ein Strauß oder Pinguin, da bei diesen die typische Vogel-Eigenschaft «Flugfähigkeit» nicht vorhanden ist. Dennoch kann ein Strauß oder Pinguin problemlos als Vogel eingeordnet werden.34
Wird der Begriff gehört, gelesen, … und dadurch der Begriffs-Frame aktiviert, dann wird der im Frame über die Standardwerte gespeicherte Prototyp aufgerufen und das konkrete Exemplar damit verglichen. Fehlen für das konkrete Exemplar zu manchen Eigenschaften Informationen, dann werden die Eigenschafts-Standardwerte des Prototyps dem konkreten Exemplar zugeschrieben.35
4.1.
Rechtsnormen als Frames ^
Rechtsnormen können als Frames interpretiert werden. Generelle Normen sind als allgemeine Muster- oder Type-Frames einzustufen. Da generelle Normen für alle Rechtsunterworfenen in gleicher Weise gelten, sind sie auch als überindividuelle, soziale Frames zu klassifizieren.
Dem Normen-Frame sind zwei Sub-Frames zugeordnet, der Tatbestandsframe und der Rechtsfolgenframe. Da mehrere Normen ähnliche oder sogar gleiche Rechtsfolgen vorsehen können, kann man davon ausgehen, dass der Rechtsfolgenframe auch mehreren Normen zugeordnet ist.
Der Tatbestandsframe ist der Prototyp36 eines idealisierten, abstrakten Muster-Sachverhalts. Diese Interpretation des Tatbestands als typischer Sachverhalt entspricht auch der hL, wenn z.B. der UVS Wien festgestellt hat: «Rechtssetzende Autoritäten haben in der Regel einen typischen Sachverhalt, der in den Begriffskern fällt, im Sinn.»37
Im Gegensatz zur Checklisten-Semantik kann bei dem Konzept der Frame-Semantik nicht vom Begriffskern gesprochen werden, sondern von einem Prototyp, der durch die Vernetzung mit Frame-Elementen inhaltlich präzisiert wird. Solche über Slots angebundene Frameelemente können sein:
- Frames, die Tatbestandsalternativen beschreiben.
- Frames von Tatbestandsmerkmalen
- Frames, die Details von Tatbestandsmerkmalen darstellen und damit präzisieren.
- Frames, die Rechtsprechung oder sonstiges juristisches Wissen enthalten und im Rahmen derInterpretation dem Tatbestandsframe zugeordnet werden.38
Auf diese Weise wird um den Tatbestandsframe ein Netzwerk von Begriffsframes und sonstigen relevanten Frames aufgebaut, die abhängig vom Sachverhalt für die Interpretation und Rechtsanwendung aktiviert werden können.
Jeder dieser Frames enthält selbst wieder Slots, mit denen zu weiteren Frames verbunden werden kann, um zusätzliche Interpretationen der diesen Frames zugeordneten Begriffe
ubilden und die Begriffe zu präzisieren.
Der Tatbestandsframe selbst ist ein Frame-Element des Rechtsfolgenframes und diesem über einen Slot zugeordnet. Durch diese Verbindung wird der Rechtsfolgenframe aktiviert, wenn der Tatbestandsframe aktiv ist. Wenn der T-Frame nicht aktiv ist, wird der R-Frame auch nicht aktiviert. Damit wird auf Ebene der Frames die logische Beziehung zwischen T und R
T → R
über die Logik39 der Beziehungen von Frames abgebildet. Sind mit einem R-Frame mehrere T-Frames als alternative Tatbestände verbunden, dann reicht die Aktivierung eines einzelnen T-Frames, um den R-Frame zu aktivieren. Es wird dann folgende logische Struktur mit Oder-Verknüpfung realisiert:
T1∪ T2∪ ⋯ ∪Tn → R
4.2.
Sachverhaltsframes ^
Die oben beschriebenen Experimente haben gezeigt, dass Begriffsframes über sprachliche Beschreibungen genauso aktiviert werden können, wie durch sensorischen Reize, die von den beschriebenen Gegenständen, … ausgelöst werden. (Das Lesen des Wortes «Salz» aktiviert Gehirnareale, die für Schmecken zuständig sind.)
Es kann daher davon ausgegangen werden, dass das Lesen einer Sachverhaltsbeschreibung oder die Darstellung eines Sachverhalts im Rahmen einer Verhandlung bzw. eines juristischen Verfahrens zumindest ausreichende Wissens- und Begriffsstrukturen im Gehirn aktivieren, um die tatsachenbezogenen Grundlagen für die Rechtsanwendung zu erfassen.
Der Sachverhalt wird ebenso wie jedes andere Wissen in Frames strukturiert und gespeichert. Die Aktivierung der Frames betrifft nicht nur die Sachverhaltsmerkmale, die in der Sachverhaltsbeschreibung explizit enthalten sind, sondern auch jenes Wissen, das mit dem Frame verbunden ist. Das können einerseits die in den Slots gespeicherten Standardwerte, aber anderseits auch Inhalte von verbundenen Frames sein. Im beschriebenen Experiment wurde der mit der Aktion «Schlagen auf den Nagel» verbundene Begriffsframe «Hammer» mitaktiviert. Ähnlich erzeugt eine Sachverhaltsbeschreibung, die die wesentlichen Merkmale enthält, durch die Aktivierung von Frames, die auf Grund von Erfahrung und Wissen mit diesen Merkmalen verknüpft sind, ein ganzheitliches Bild des Sachverhalts.
Eine wesentliche Aufgabe bei der Rechtsanwendung ist daher eine kritische Reflexion des bei der Würdigung der Sachverhaltsmerkmale entwickelten Sachverhaltsbilds. Weichen die in den Frames mitaktivierten Standardwerte zu sehr von den Tatsachen ab, dann wird das Recht u.U. auf den falschen Sachverhalt angewendet.
Felix Gantner, infolex Rechtsinformatik.
- 1 In der Literatur werden auch andere Bezeichnungen wie z.B. «richterlicher Syllogismus», «Syllogismus der Rechtsanwendung» oder «Justizsyllogismus» verwendet.
- 2 Vgl. dazu z.B. Weinberger, Ota, Rechtslogik, 2. Auflage, Duncker & Humblot, Berlin 1989, S. 91 ff.; Bund, Elmar, Juristische Logik und Argumentation, Rombach, Freiburg 1983, S. 46 f.; Joerden, Jan, Logik im Recht, Springer, Berlin 2005, S. 311 ff.; Schneider, Egon, Logik für Juristen, 4. Auflage, Vahlen, München 1995, S. 126 ff.
- 3 Neumann, Ulfried, Juristische Logik. In: Kaufmann, Arthur/Hassemer, Winfried (Hrsg.), Einführung in Rechtsphilosophie und Rechtstheorie der Gegenwart, C.F. Müller, Heidelberg 1989, S. 256–280, S. 258; Genauer zur Klassifikation von Syllogismen nach dem Modus Quine, Quine, Willard Van Orman, Grundzüge der Logik, Suhrkamp, Frankfurt am Main 1974, S. 112 ff.
- 4 Engisch, Karl, Logische Studien zur Gesetzesanwendung, 3. Auflage, C. Winter, Heidelberg 1963, S. 13.
- 5 Engisch (Fn. 4), S. 14 f.
- 6 Alexy, Robert, Theorie der juristischen Argumentation, 2. Auflage, Suhrkamp, Frankfurt am Main 1991, S. 273 ff.
- 7 Es ist auch möglich, den Sachverhalt in Richtung des Tatbestands zu entfalten. Vgl. Gantner, Felix, Theorie der juristischen Formulare, Duncker & Humblot, Berlin 2010, S. 63 ff.
- 8 Alexy (Fn. 6), S. 274 ff.
- 9 Alexy (Fn. 6), S. 280.
- 10 Bydlinski, Franz, Juristische Methodenlehre und Rechtsbegriff, 2. Auflage, Springer, Wien 1991, S. 396.
- 11 Wesel, Uwe, Juristische Weltkunde, 8. Auflage, Suhrkamp, Frankfurt am Main 2000, S. 177.
- 12 Bydlinski (Fn. 12), S. 119.
- 13 Otte, Michael, Das Formale, das Soziale und das Subjektive, Suhrkamp, Frankfurt am Main 1994, S. 47 f.
- 14 Busse, Dietrich, Frame Semantik, de Gruyter, Berlin 2012, S. 13.
- 15 Vgl. dazu und zu den im Folgenden genannten Beispielen ausführlich Busse (Fn. 14), S. 13 ff.
- 16 Busse (Fn. 14), S. 13.
- 17 Busse, Dietrich, Juristisches Wissen als institutionelle Begriffsstrukturen, Archiv für Rechts- und Sozialphilosophie, S. 366 f.
- 18 Busse (Fn. 17), S. 362 m.w.N. Fn. 13.
- 19 Busse (Fn. 17), S. 539.
- 20 Wehlig, Elisabeth, Politisches Framing, Halem, Köln 2016, S. 17.
- 21 Vgl. auch Günther, Gotthard, Das Bewusstsein der Maschinen, 3. Auflage, Agis, Baden-Baden 2002, S. 241: «Es läßt sich zeigen, daß beim Übergang vom Objekt zum Subjekt das neuronale System mehrere Eigenschaften aufweisen muß, die nur durch rekursive Prozeduren beschreibbar sind.»
- 22 Vgl. dazu ausführlich Busse (Fn. 14), S. 563 ff.
- 23 Minsky, Marvin, The Society of Minds, Simon & Schuster Paperbacks, New York 1988, S. 245: «A frame is a sort of skeleton, somewhat like an application form with many blanks or slots to be filled. We’ll call these blanks its terminals; we use them as connection points to which we can attach other kinds of information. For example, a frame that represents a ‹chair› might have some terminals to represent a seat, a back, and legs, while a frame to represent a ‹person› would have some terminals for a body and a head and arms and legs.»
- 24 Minsky (Fn. 23), S. 245: «Default assumptions fill our frames to represent what’s typical.»
- 25 Busse (Fn. 14), S. 563.
- 26 Busse (Fn. 14), S. 619.
- 27 Wehlig (Fn. 20), S. 22.
- 28 Auf dieses Phänomen bezieht sich auch Wittgenstein, wenn er feststellt: «Eine naive Auffassung der Bedeutung eines Wortes ist es, daß man sich beim Hören oder Lesen des Wortes dessen Bedeutung ‹vorstellt›.» Auch wenn ihm diese Idee nicht besonders zusagt, muss er feststellen: «Ganz falsch kann die naive Theorie des Sich-eine-Vorstellung-Machens nicht sein.» (Wittgenstein, Ludwig, Philosophische Bemerkungen, 5. Auflage, Suhrkamp, Frankfurt am Main 1993, S. 58.)
- 29 Vgl. dazu auch Shaw, Julia, Das trügerische Gedächtnis, Carl Hanser, München 2016, Das trügerische Gedächtnis, S. 265 ff.
- 30 Wehlig (Fn. 20), S. 28.
- 31 Wehlig (Fn. 20), S. 27.
- 32 Wehlig (Fn. 20), S. 46: Vgl. auch einen ähnlichen Versuch in Hohol, Mateusz, To Frame an Oppenent. Cognitive Science and (Legal) Negotiations. In: Stelmach, Jerzy/Brozek, Bartosz (Hrsg.), Foundations of Legal Neotiations, Copernicus Center Press, Krakow 2014, S. 110 f.
- 33 Manzanares, Javier Valenzuela, Cognitive Linguistics and the Law, Anuari de Filologia. Estudis de Lingustica, 4/2014, S. 185–200, S. 189: Vgl. auch Wittgenstein, Ludwig, Philosophische Untersuchungen, 7. Auflage, Suhrkamp, Frankfurt am Main 2015, S. 57: «Wir sehen ein kompliziertes Netz von Ähnlichkeiten, die einander übergreifen und kreuzen. Ähnlichkeiten im Großen und Kleinen. […] Ich kann diese Ähnlichkeiten nicht besser charakterisieren, als durch das Wort ‹Familienähnlichkeiten›».
- 34 Busse (Fn. 17), S. 377.
- 35 Minsky (Fn. 23), S. 245: «As soon as you hear a word like ‹person›, ‹frog› or ‹chair›, you assume the details of some ‹typical› sort of person, frog or chair. You do this not only with language, but with vision, too. For example, when someone is seated across the table from you, you may be unable to see any part of that person’s chair. Still, this situation will probably activate a sitting-frame. But a sitting-frame will surely have a terminal for what to sit upon, and that will be assigned, by default, to some stereotypical chair. Then, though there is no chair in sight, a chair-frame will be supplied by default.»
- 36 Vgl. Busse (Fn. 17), S. 378: Es «lässt sich mit Bezug auf Rechtsbegriffe umso deutlicher feststellen, dass diese offenbar eine besonders starke Affinität zur Prototypikalität haben. […] Insbesondere im Strafrecht beschreibt im Grunde jede Gesetzesnorm mit den Tatbestandsmerkmalen den Prototyp einer Straftat; noch deutlicher wird dies in der Regel in den konkretisierenden Tatbestandsmerkmallisten und -definitionen in der Kommentierung (Rechtsprechung und Dogmatik). Frame-Darstellungen für solche Rechtsbegriffe erfassen dabei nicht nur prototypische Werte und Füllungen; die Prototypisierung kann sich durchaus auch auf die Ebene der Frame-Elemente (oder slots/Attribute) selbst beziehen.»
- 37 UVS Wien 3. September 2010, 06/FM/57/10856/2009. Diese Aussage erfolgt unter Berufung auf Triffterer, Triffterer, Otto/Rosbaud, Christian/Hinterhofer, Hubert, Salzburger Kommentar zum Strafgesetzbuch, 35. Lieferung (Stand: April 2016), Lexis Nexis, Wien 2016, Rz 78: «Unabhängig von konkreten Hinweisen in Gesetzesmaterialien verfolgen rechtsetzende Autoritäten bei Erlassung einer Norm immer irgendwelche rational nachvollziehbaren Motive, Ziele und haben demnach auch die typischen, idR auslösenden Sachverhalte, die in den ‹Begriffskern› fallen, im Auge.»
- 38 Vgl. Busse (Fn. 17), S. 37: «Bei der Analyse der bei der Auslegung eines Gesetzesparagraphen benutzten Rechtsbegriffe und Konzepte […] wird davon ausgegangen, dass sich jedes für die Interpretation (und Anwendung) eines Rechtsbegriffs relevante Bedeutungselement […] selbst wieder als Sub-Frame […] analysieren lässt.»
- 39 Hayes, Patrick J., The Logic of Frames. In: Metzing, Dieter (Hrsg.), Frame Conceptions and Text Understanding, de Gruyter, Berlin 1980, S. 451–458, S. 452.