1.
Hersteller der AI und die Nachvollziehbarkeit von Entscheidungen ^
Doch was wird passieren, wenn eine fehlerfreie künstliche Intelligenz einen Schaden verursacht oder eine AI so fortgeschritten ist, dass sie Entscheidungen treffen kann, die für den Hersteller nicht mehr erkennbar/vorhersehbar sind? Fortgeschrittene selbstlernende Programme existieren bereits jetzt, zum Beispiel AlphaGo, ein Programm der Google-Tochter Deep Mind, der den europäischen Meister im Go-Spiel mit 5:0 geschlagen hat, bzw. sein Nachfolger AlphaGo Zero, der den Go Spiel nur durch Selbstspielen gelernt hat und seine vorherige Version AlphaGo konsequent mit 100:0 schlagen konnte.9 Dies ist durch künstliche neuronale Netze, die ähnlich wie das menschliche Gehirn funktionieren, möglich, die mit Hilfe von Lernalgorithmen (Deep Learning) selbst lernen.10 In einem solchen Fall könnte argumentiert werden, dass die Haftung nach dem aktuellen PHG wegen der fehlenden Vorhersehbarkeit der Entscheidungen aufgrund des Selbstlernmechanismus wohl nicht anwendbar sein wird.11 Vielmehr müssen für solche Situationen neue Regelungen erst geschaffen werden. Aufgrund dieser Gedanken forderten die Abgeordneten des EU-Parlamentes im Februar 2017 die Kommission auf, Regeln für künstliche Intelligenz zu entwerfen, um EU-weite Klarheit und Sicherheitsstandards zu schaffen. Unter anderen soll auch die Frage eines speziellen rechtlichen Status für die AI überlegt werden.12 Das EU-Parlament empfiehlt entweder eine verschuldensunabhängige Haftung des Herstellers oder den Ansatz eines Risikomanagements, wonach eine Person, die die Risiken minimieren und die negativen Auswirkungen bewältigen kann (also unter gewissen Umständen auch der Anwender), haftbar wird.13 Die Haftung sollte den Grad der Autonomie des Roboters berücksichtigen und in Verbindung mit einer Pflichtversicherung und einem Fonds, der nicht-versicherte Schäden abdecken soll, stehen.14
2.
Können Anwender das Risiko von AI beurteilen? ^
3.
Zusammenfassung ^
- 1 Innerhofer/Jörg/Lettenbichler/Reheis, Logistikdrohnen: Wer haftet für Schäden durch autonom fliegende Luftfahrzeuge? ZVR 2017/53, S. 126.
- 2 Eustacchio, Automatisiert zum Recht, ZVR 2017/253, S. 512.
- 3 Koziol/Bydlinski/Bollenberger, Kurzkommentar zum ABGB 4, Springer, Wien 2014, § 292 ABGB Rz 1.
- 4 Koziol/Apathy/Koch, Österr Haftpflichtrecht III³ Kap. B, Jan Sramek, Wien 2014, Rz 131 ff; Harnoncourt, Haftungsrechtliche Aspekte des autonomen Fahrens, FN 1, ZVR 2016/228, S. 547 (S.549 f).
- 5 Innerhofer/Jörg/Lettenbichler/Reheis (Fn. 1), S. 122 (S. 126).
- 6 Eustacchio (Fn. 2), S. 509 (S. 511).
- 7 RIS-Justiz RS0107605, RIS-Justiz RS0107610; OGH 26. Juli 2016, 9 Ob 77/15m.
- 8 OGH 30. Juni 2010, 9 Ob 60/09b.
- 9 Silver/Huang/Maddison, Mastering the game of Go with deep neural networks and tree search, Nature 2016, vol. 529, S. 484; Silver/Schrittwiese/Simonyan, Mastering the game of Go without human knowledge, Nature 2017, vol. 550, S. 354.
- 10 Gruber/Eisenberger, Wenn Fahrzeuge selbst lernen: Verkehrstechnische und rechtliche Herausforderungen durch Deep Learning?, in Eisenberger/Lachmayer/G. Eisenberger (Hrsg), Autonomes Fahren und Recht, Manz, Wien 2017, S. 51 (S. 52).
- 11 Maier, EU denkt an eigenen Rechtsstatus für Roboter, Der Standard 2017/03/02.
- 12 Europäisches Parlament, Robotik und künstliche Intelligenz: Abgeordnete für EU-weite Haftungsregelungen, Pressemitteilung, REF: 20170210IPR61808, vom 16. Februar 2017, http://www.europarl.europa.eu/news/de/press-room/20170210IPR61808/robotik-und-kunstliche-intelligenz-abgeordnete-fur-eu-weite-haftungsregelungen (alle Websites zuletzt aufgerufen am 19. Januar 2018).
- 13 Bericht, DELVAUX, Bericht mit Empfehlungen an die Kommission zu zivilrechtlichen Regelungen im Bereich Robotik, A8-0005/2017, S. 19 ff.
- 14 Ebenda.
- 15 Lohman, Ein europäisches Roboterrecht – überfällig oder überflüssig?, ZRP 6/2017, S. 168 (S. 169)
- 16 IBM Watson, https://www.ibm.com/watson/.
- 17 Schacherreiter, in Kletecka/Schauer (Hrsg.), ABGB-ON 1.04, § 1315, Rz 14.
- 18 Siehe auch §§ 59 ff. KFG.
- 19 Ein Mercedes-Fahrerleben ist nicht mehr wert als andere, http://www.zeit.de/mobilitaet/2016-10/autonomes-fahren-schutz-fahrer-hersteller; Self-Driving Mercedes-Benzes Will Prioritize Occupant Safety over Pedestrians, https://blog.caranddriver.com/self-driving-mercedes-will-prioritize-occupant-safety-over-pedestrians/.
- 20 Europäisches Parlament (Fn. 12).
- 21 Kodek in Kletecka/Schauer (Hrsg.), ABGB-ON 1.04, Vor § 1293, Rz 10 ff.
- 22 Koziol, ÖBA 1987, 3 ff.; siehe auch Ondreasova, Haftung für technische Hilfsmittel de lege lata, ÖJZ 2015/57, S. 443.
- 23 In dem Zusammenhang hinzuweisen ist auch auf die Gefährdungshaftung im LFG, die insbesondere bei Drohnen eine bedeutende Rolle spielt. Siehe dazu Innerhofer/Jörg/Lettenbichler/Reheis (Fn. 1), S. 122.
- 24 Gruber/Eisenberger (Fn. 10), S. 51.
- 25 Weixelbraun-Mohr in Kletecka/Schauer (Hrsg.), ABGB-ON 1.04, § 1320, Rz 3.