Jusletter IT

MOOC Open Government im Rahmen des eGov-Campus

  • Authors: Jörn von Lucke / Katja Gollasch
  • Category of articles: E-Government
  • Region: Germany
  • Field of law: E-Government
  • DOI: 10.38023/c4515171-544a-4aa0-86eb-a0ce5cf0df92
  • Citation: Jörn von Lucke / Katja Gollasch, MOOC Open Government im Rahmen des eGov-Campus, in: Jusletter IT 31 May 2022
Der eGov-Campus bietet Bildungsangebote auf Hochschulniveau rund um das Thema E-Government und Verwaltungsinformatik. Das The Open Government Institute (TOGI) der Zeppelin Universität beteiligt sich am eGov-Campus, indem es einen Massive Open Online Course (MOOC) zum Themenfeld „Open Government“ konzipierte und diesen seit dem 11. Oktober 2021 über den eGov-Campus als Selbstlernkurs zur Verfügung stellt. Der Beitrag dient dazu, die Zielsetzung sowie die Phasen der Konzeption und der Umsetzung des MOOC Open Government vorzustellen. Ebenso werden die Nutzungsmöglichkeiten durch weitere Universitäten erläutert und Handlungsempfehlungen zur Gestaltung eines MOOC gegeben.

Inhaltsverzeichnis

  • 1. eGov-Campus
  • 2. MOOC Open Government
  • 2.1. Zielsetzung
  • 2.2. Vorbereitung und Konzeption
  • 2.3. Umsetzung
  • 2.3.1. Inhalte
  • 2.3.2. Lehrmethoden
  • 2.3.3. Nutzungskonzept Selbststudium
  • 2.4. Lehrbuch
  • 2.5. Möglichkeiten der curricularen Verankerung
  • 3. Mitwirkung privater Universitäten im Rahmen des eGov-Campus
  • 4. Handlungsempfehlungen

1.

eGov-Campus ^

[1]

Im Fokus einer nachhaltigen Gestaltung des digitalen Wandels im öffentlichen Sektor müssen die Bereiche digitale Hochschulbildung, die Vermittlung digitaler Kompetenzen in Aus-, Fort- und Weiterbildung sowie die Personalentwicklung und -gewinnung stehen. Der Entwicklung und Umsetzung innovativer digitaler Lehr- und Lernkonzepte kommt hierbei eine zentrale Bedeutung zu. Ziel des 2020-21 vom IT-Planungsrat geförderten Projektes eGov-Campus ist es, mit dem Aufbau und der Entwicklung einer Bildungsplattform hochschulübergreifend vernetzte Konzepte in Zusammenarbeit mit der Wissenschaft zu entwickeln und auf diesem Gebiet neues Wissen über Wirkung und Wirksamkeit digitaler Bildungsformate zu erschließen.1 Die Federführung für die Durchführung des IT-Planungsratsprojekts liegt beim Hessischen Ministerium für Digitale Strategie und Entwicklung in der Hessischen Staatskanzlei und dem dort angesiedelten Lenkungsausschuss. Der Beirat, bestehend aus Mitgliedern von fünf Universitäten, fünf Hochschulen der angewandten Wissenschaften sowie acht E-Government-Verwaltungspraktikern, begleitet das Vorhaben und kuratiert die einzelnen Bildungsmodule. Die inhaltliche Koordinierung liegt in den Händen des Studienschwerpunkts Verwaltungsinformatik der Hochschule RheinMain.

2.

MOOC Open Government ^

[2]

Im Rahmen des Projektes wurde am The Open Government Institute (TOGI) der Zeppelin Universität ein Massive Open Online Course (MOOC) zum Themenfeld Open Government erstellt. Im Folgenden wird die Zielsetzung des Kurses als auch seine konkrete Umsetzung thematisiert sowie auf das begleitende Lehrbuch und die Möglichkeiten der Weiternutzung der Inhalte eingegangen.

2.1.

Zielsetzung ^

[3]

Das Ziel des MOOC Open Government ist es, zur Aus-, Fort- und Weiterbildung von Führungskräften der öffentlichen Verwaltung im Bereich des offenen Regierungs- und Verwaltungshandelns beizutragen. Der Kurs richtet sich daher einerseits an Bachelor-Absolventen aus den Bereichen Verwaltungswissenschaften, Politikwissenschaften, Wirtschaftsinformatik oder Verwaltungsinformatik. Andererseits spricht der Kurs ebenso Verwaltungsmitarbeitende im gehobenen und höheren Dienst an, die sich in diesem Bereich weiterbilden möchten. Nach Absolvieren des Kurses sind Studierende in der Lage, aktuelle Beispiele und Projekte im Bereich Open Government in nationalen und internationalen Kontexten zu benennen, die anstehenden Änderungsprozesse durch die Öffnung von Staat und Verwaltung zu beschreiben und damit verbundene Potenziale als auch Risiken zu identifizieren. Sie werden zudem befähigt, Leitbilder, Ziele, Ansätze und Strategien im Sinne eines offenen Regierungs- und Verwaltungshandelns selbstständig in der Praxis zu verfassen. Ein offenes Regierungs- und Verwaltungshandeln lebt von der aktiven Teilhabe der Zivilgesellschaft. Daher ist es ebenso ein Anliegen des Kurses, zivilgesellschaftliche Einzelakteure und Organisationen über Möglichkeiten der Partizipation zu informieren, zur Mitwirkung zu animieren und untereinander zu vernetzen.

2.2.

Vorbereitung und Konzeption ^

[4]

Die Konzeption des MOOCs Open Government erfolgte im engen Austausch mit den weiteren Modulen des eGov-Campus im Rahmen des Graduiertenkolleg. Ebenso wurde die didaktische Begleitforschung mit einbezogen. Bei der Vorbereitung der Lehrinhalte und -formate waren eine klare Zielausrichtung, Nutzerzentrierung, Praxisnähe sowie das Einholen von Expertenwissen wesentlich. Dies wurde in jedem der drei Schritte – Ausarbeitung des Syllabus, Erstellung der Vorlesungsunterlagen sowie Vorbereitung der Übungsmaterialien – berücksichtigt. Bei der Erstellung einzelner Lehrinhalte wurde zudem das Planspiellabor der Zeppelin Universität einbezogen. Um trotz der Diversität der potenziellen Teilnehmenden eine hohe Nutzerorientierung und hohe Nutzerzufriedenheit zu gewährleisten, erfolgte im Rahmen einer studentischen Arbeit die Durchführung eines eintägigen digitalen Co-Creation-Workshops. Zu diesem wurden Bachelor- und Masterstudierende aus den Bereichen Politik und Verwaltung, Verwaltungsmitarbeitende und Interessierte aus der Zivilgesellschaft eingeladen. Im Mittelpunkt stand die Befragung sowie das Einholen von Vorstellungen, Feedback und Impulsen der Teilnehmenden zu den geplanten Lehr-, Betreuungs- und Prüfungsformaten. Ebenso wurde der Frage nachgegangen, wie Teilnehmende zur Durchführung und Abschluss des Kurses nachhaltig motiviert werden können. Im Sinne der Co-Creation konnten Teilnehmende Anmerkungen und konkrete Vorschläge anonym durch ein digitales Brainstorming-Tool einbringen. Insgesamt wurde so eine Vielzahl an wertvollen Ideen generiert, die in die weitere Ausgestaltung des MOOCs einflossen. Um eine hohe Praxisnähe der Kursinhalte zu gewährleisten, erfolgte der Austausch mit Fachpersonal auf den jeweiligen Teilgebieten. Für sechs Themen wurden zudem Expertenbeiträge erstellt. Bei der Auswahl der Beiträge wurde der thematische Bedarf, die Ausgewogenheit der Institutionen sowie die jeweilige Erfahrung und Expertise der Personen auf dem Gebiet berücksichtigt. Die Video-Beiträge wurden als Impulse oder geführte Interviews miteingebunden. Dabei wurden in Bezug auf die Inhalte die Faktoren thematische Ergänzung, Praxisrelevanz und Aktualität berücksichtigt. Ebenso wurden im Sinne der synergetischen Nutzung der Beiträge, die Impulse so aufbereitet, dass eine Weiterverwendung innerhalb der jeweiligen Institution gegeben ist. Die Aufnahmen einiger Expertenimpulse und auch die der Online-Vorlesungseinheiten erfolgten im Studio des Hasso-Plattner-Instituts in Potsdam.

2.3.

Umsetzung ^

[5]

Die Integration der erstellten Lernmaterialien im eGov-Campus erfolgte im September 2021, woraufhin der MOOC Open Government am 11. Oktober 2021 als Selbststudium startete.

2.3.1.

Inhalte ^

[6]

Der Kurs umfasst alle wesentlichen Inhalte, die essenziell sind, um das Konzept eines offenen Regierungs- und Verwaltungshandelns ganzheitlich zu verstehen. Im ersten Abschnitt werden die theoretischen Grundlagen und Ursprünge eines offenen Regierungs- und Verwaltungshandelns auf nationaler und internationaler Ebene vermittelt. Der zweite Abschnitt beschäftigt sich mit unterschiedlichen Ansätzen der Transparenz und zeigt Möglichkeiten auf, wie diese durch Informations- und Kommunikationstechnologien in Staat und Verwaltung gestärkt werden können. Im dritten Abschnitt behandelt der MOOC offene Daten und legt dabei den Fokus auf offene Verwaltungsdaten, die für das Konzept Open Government eine wesentliche Grundlage bilden. Darauf aufbauend wird in Abschnitt vier das Thema „Open Budget“, die Öffnung des Haushaltswesens, beleuchtet. Abschnitt fünf vermittelt Kernelemente der (agilen) Zusammenarbeit innerhalb der Verwaltung und setzt sich mit dem Konzept „Open Societal Innovation“ auseinander. Der letzte Abschnitt stellt die Open Government Partnership (OGP) vor, die es sich zum Ziel gesetzt hat, ein offenes Regierungs- und Verwaltungshandeln weltweit zu fördern.

2.3.2.

Lehrmethoden ^

[7]

Der MOOC setzt auf unterschiedliche didaktische Methoden. Zur Wissensvermittlung dienen Online-Vorlesungseinheiten in Form von Videos. Ergänzt werden diese durch Expertenimpulse aus der Praxis zu verschiedenen Themenbereichen als auch Reflexionseinheiten am Ende jedes Abschnitts. Zudem setzt der MOOC auf umfangreiche Quizze und Transferübungen, die Studierende allein oder in digitalen Lernräumen mit anderen zusammen bearbeiten können. Zusätzlich wurden für vier Abschnitte Planspiele konzipiert, in denen Studierende in verschiedene Rollen aus Politik, Verwaltung, Zivilgesellschaft, Wirtschaft und Wissenschaft schlüpfen können, um sich mit den jeweiligen Herausforderungen in diesen Bereichen auseinanderzusetzen. Die Ergebnisse und Erkenntnisse der Planspiele können wiederum in den Lernräumen geteilt werden.

2.3.3.

Nutzungskonzept Selbststudium ^

[8]

Der MOOC Open Government ist als Selbststudium konzipiert und umfasst insgesamt 150 Stunden Lernaufwand. Alle Materialien stehen frei zur Verfügung und können je nach Bedarf von den Studierenden abgerufen werden. Eine Betreuung gibt es in diesem Rahmen von Seiten der Modul-Ersteller nicht. Vielmehr sind die Teilnehmenden dazu aufgefordert, ihre Fragen in den Lernräumen zu posten und den gegenseitigen Austausch zu suchen. Dasselbe gilt für die erarbeiteten Ergebnisse und Erkenntnisse aus den Transferübungen und asynchronen Planspielen, die ebenso in dafür vorgesehene Lernräume geteilt werden können. Zusätzlich können die Teilnehmenden in kurzen Selbsttests ihr Wissen überprüfen. Bei der Bearbeitung von 80% der Lerninhalte kann eine Teilnahmebescheinigung abgerufen werden. In einem Einführungsvideo sowie einem Syllabus werden verschiedene Nutzungsvarianten vorgestellt und dabei die Bedürfnisse und Verfügbarkeiten der unterschiedlichen Zielgruppen berücksichtigt. So ist es möglich, die wesentlichen Kerninhalte des Kurses in fünf Arbeitstagen zu sichten und zu bearbeiten. Dies bietet sich insbesondere für Verwaltungsmitarbeitende an, die den Kurs im Rahmen einer Fortbildungsmaßnahme absolvieren, und eher an Wissensinput als an der Anwendung des Wissens interessiert sind. Ebenso ist es möglich den Kurs in fünf Wochen zu absolvieren und so alle Lerninhalte in dreißig Stunden pro Woche zu bearbeiten. Für Studierende bietet es sich an, den Kurs parallel zu einem Semester in fünf Monaten zu absolvieren. Ebenso ist es möglich, nur einzelne relevante Inhalte abzurufen. Diese Möglichkeit ist insbesondere für Interessierte aus der Zivilgesellschaft relevant, um sich punktuell über für sie relevante Themen zu informieren.

2.4.

Lehrbuch ^

[9]

Im Frühjahr 2022 wird der MOOC durch ein Lehrbuch ergänzt, dass Open Access zur Verfügung gestellt wird. Dieses bietet eine Zusammenfassung als auch eine Vertiefung der Themenbereiche theoretische Grundlagen, Transparenz, offene Daten, offenes Haushaltswesen, Zusammenarbeit und Deutschlands Aktivitäten in der Open Government Partnership. Es kann daher sowohl als Begleitmaterial im Rahmen des MOOC als auch separat genutzt werden, um umfassendes Wissen zu Open Government zu erlangen. Durch digitale Karteikarten sind Lernende in der Lage, ihr Wissen kontinuierlich zu überprüfen.

2.5.

Möglichkeiten der curricularen Verankerung ^

[10]

Der MOOC Open Government und das dazugehörige Lehrbuch können unter Beachtung der Lizenz CC BY-ND 4.0 von anderen Hochschulen genutzt werden. Die erstellten Materialien dürfen unverändert in jedem Medium und Format geteilt, kopiert und weitervertrieben werden. Die Autoren sind anzugeben. Eine kommerzielle Verwertung des MOOC bleibt damit möglich. Im Rahmen des Projektes wurde auch eine Musterklausur für weitere Dozierende erstellt, die als 60-minütige Take Home-Klausur realisiert werden kann.

3.

Mitwirkung privater Universitäten im Rahmen des eGov-Campus ^

[11]

Die Zeppelin Universität in Friedrichshafen am Bodensee ist eine staatlich anerkannte und akkreditierte privatwirtschaftliche Stiftungsuniversität. Sie besitzt die Rechtsform einer gemeinnützigen Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Damit unterscheidet sich die Zeppelin Universität substanziell von staatlichen Universitäten und Hochschulen im eGov-Campus-Verbund. Aus diesem Grunde widmete sich das Team der Zeppelin Universität der leitenden Forschungsfrage, wie private Universitäten mit ihren andersartigen Geschäftsmodellen und Anforderungen im eGov-Campus Verbund öffentlich-rechtlicher Hochschulen mitwirken dürfen und wo die Grenzen eines Engagements liegen. Im Rahmen des Projektes wurde deutlich, dass es prinzipiell auch privaten Universitäten möglich ist, das eGov-Campus Angebot mit eigenen Modulen zu bereichern. Jedoch dürfen dabei die jeweiligen Geschäftsmodelle nicht beeinträchtigt werden. Im Rahmen der MOOC-Erstellung konzipierte das Team der Zeppelin Universität ein Modell, das künftig von weiteren privaten Universitäten genutzt werden kann. Dieses sieht vor, ein Basisangebot zu schaffen, in welchem der MOOC über den eGov-Campus als reines Selbststudium ohne Betreuung und ohne bewertetes Zertifikat angeboten wird. Darauf aufbauend ist es privaten Universitäten möglich, die Inhalte des MOOC kostenpflichtig in einem betreuten Format anzubieten und den Studierenden nach einer bestandenen Abschlussprüfung ein offizielles Zertifikat auszustellen. Die Belastung des professoralen Lehrkörpers durch zusätzliche Studierende und Prüfungen sowie die Belastung des coachenden Lehrkörpers durch die zeitintensive Betreuung der Studierenden werden durch die Kursgebühr der Studierenden refinanziert. Ebenso finden die erarbeiteten Inhalte Verwendung in den Masterstudiengängen der jeweiligen Universität.

4.

Handlungsempfehlungen ^

[12]

Im Falle des MOOC Open Government war die Diversität der Zielgruppen eine Herausforderung, die mit der Durchführung eines Co-Creation Workshops angegangen wurde. So konnte eine Nutzerzentrierung und die zielgruppengerechte Gestaltung der Inhalte gewährleistet werden. Das Einholen weiterer Expertise zu didaktischen Formaten als auch zu der inhaltlichen Ausrichtung durch Akteure wie dem universitätsinternen Planspiellabor oder Expertenimpulse können empfohlen werden. Ebenso ist es nützlich, die Inhalte des Kurses festzulegen und erst in einem zweiten Schritt passende didaktische Elemente auszuwählen. Insbesondere in einem Kurs, der im Selbststudium angeboten wird, ist es von hoher Relevanz ausführlich über Umfang, Inhalt und Zielsetzung zu informieren. Die Wiederholung von Inhalten und das kontinuierliche Abfragen von Wissen durch Selbsttests unterstützen Teilnehmende bei der Aneignung von Wissen. Eine fokussierte Öffentlichkeitsarbeit als auch die Kooperationen mit Verwaltungen auf Bundes-, Landes- und kommunaler Ebene bieten sich an, um sowohl die Plattform als auch den jeweiligen Kurs in die in Aus-, Fort- und Weiterbildung zu integrieren.

  1. 1 Der vorliegende Beitrag entstand im Rahmen des Forschungs- und Entwicklungsprojekts „IT-Planungsrat-Projekt Bildungsplattform eGov-Campus:“ (Förderkennzeichen: V DIL12/0018/0005). Das Projekt der Zeppelin Universität wurde mit Mitteln des IT-Planungsrats gefördert und vom Hessischen Ministerium für Digitale Strategie und Entwicklung betreut. Hierfür bedanken wir uns als Projektbeteiligte ausdrücklich bei allen Beteiligten.