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Legal Design Thinking

Eine Auseinandersetzung mit Legal Design Thinking, dessen Chancen für die Rechtsbranche und den dafür zu schaffenden Voraussetzungen im Denken von Juristinnen und Juristen

  • Author: Julian Hundegger
  • Category of articles: Rechtsvisualisierung & Legal Design
  • Category: Next Generation
  • Field of law: LegalTech
  • DOI: 10.38023/55b74abe-786f-4aa7-910f-8c202c2c906a
  • Citation: Julian Hundegger, Legal Design Thinking, in: Jusletter IT 20 July 2023
The application of Design Thinking is considered a megatrend. Various start-ups and established companies use the methodological approach to develop their services and products. In the legal sector as well, the concept is being used more and more frequently, but is always met with scepticism. This paper explores Legal Design Thinking, its opportunities for the legal sector as well as the prerequisites that need to be created in the thinking of lawyers. The results demonstrate that by applying Legal Design Thinking, the current challenges of the legal sector can be addressed and, and not least, the relationship with clients can be improved. In order to apply design thinking and to benefit from the opportunities it offers, lawyers need to make some adjustments to their thinking and work processes. This includes, among other things, how they interact with non-lawyers. Additionally, it would be desirable to give more attention to interdisciplinary collaboration during legal studies.

Inhaltsverzeichnis

  • 1. Einleitung
  • 2. Legal Design Thinking
  • 3. Das Hadern der Rechtsbranchen mit Legal Design Thinking
  • 4. Chancen von Legal Design Thinking
  • 5. Anzustrebende Änderungen in der Rechtsbranche.
  • 6. Fazit

1.

Einleitung ^

[1]

Design Thinking ist ein Megatrend. Unzählige Startups und etablierte Unternehmen nutzen Design Thinking als wichtigen Methodenansatz zur Entwicklung ihrer Dienstleistungen und Produkte.1 Design Thinking stellt einen kreativen Methodenansatz dar, der zur Unterstützung komplexer Probleme beigezogen wird. In der Betriebsökonomie wird mit Design Thinking schon seit längerer Zeit erfolgreich gearbeitet. In der Rechtbranche kommt der Denkansatz zwar zunehmend häufiger zur Anwendung, stösst aber immer noch auf Widerstand.2 Dabei können aber insbesondere Juristen und Juristinnen von der Anwendung von Design Thinking umfassend profitieren.3

[2]

Der vorliegende Beitrag beschäftigt sich mit der Frage, was Legal Design Thinking ist und inwiefern sich das Denken der Juristen ändern muss, damit es erfolgreich angewendet werden kann und die Rechtsbranche davon profitieren kann. Die Antwort der Forschungsfrage wird auf Grundlage von Fachliteratur, Artikeln und Beiträgen, sowie verschiedener Podcasts zum Thema erarbeitet.

[3]

Der Einstieg ins Thema erfolgt in Kapitel zwei. Darin wird der Begriff des Legal Design Thinking definiert. Im Dritten Kapitel werden Gründe dargelegt, weshalb die Rechtsbranche sich lange gegen die Anwendung von Legal Design Thinking gesträubt hat. Im vierten Kapitel werden Chancen, welche Legal Design Thinking mit sich bringen, erläutert. Im fünften Kapitel wird untersucht, was sich im Denken der Juristen ändern muss, damit Legal Design Thinking erfolgreich angewendet werden kann. Die Ergebnisse des Beitrags werden im sechsten Kapitel zusammengefasst.

2.

Legal Design Thinking ^

[4]

Im folgenden Kapitel soll in den Begriff des Legal Design Thinking eingeführt werden. Legal Design Thinking stellt einen Ausläufer des Design Thinking dar, weshalb in diesem Kapitel auch auf Design Thinking Bezug genommen und zur Verdeutlichung beigezogen wird.

[5]

Design Thinking beinhaltet eine Reihe von agilen Tools, Techniken und Methoden, die zusammen angewendet dazu dienen, komplexe Probleme zu lösen und Innovationen zu fördern4. Ursprünglich kommt Design Thinking aus der Produktentwicklung5. Dabei steht der Nutzer oder die Nutzerin im Zentrum von allem. Zentrales Element des Design Thinking ist, sich in den Nutzer und die Nutzerin hineinzuversetzen und ihn bestmöglich zu verstehen.6 Dabei wird hinterfragt, was sich in einem Prozess vereinfachen lässt, damit es für den Anwender so verständlich wie möglich dargestellt werden kann und Komplexität den Workflow so wenig wie möglich behindert.7 Das Produkt soll auf den Nutzer zugeschnitten sein.8 Dabei soll das Fachwissen von Juristen und Designern kombiniert werden und Vorgehensmodelle sowie Gestaltungs- und Denkmuster der Designer und Designerinnen auf juristische Prozesse adaptiert werden.9 Das Zusammenarbeiten in interdisziplinären Teams stellt einen wesentlichen Erfolgsfaktor für Legal Design Thinking dar.10

[6]

Design Thinking darf jedoch nicht mit dem Begriff Design verwechselt werden. Viele denken dabei an gestalterische Fähigkeiten oder Kreativität. Diesen Eigenschaften kommt beim Design Thinking weniger Priorität zu. Es handelt sich um eine wissenschaftliche Methode mit strukturierten Prozessen.11 Legal Design heisst nicht, Verträge schön zu modellieren, mit Grafiken auszugestalten oder zu kolorieren. Es ist auch kein Marketing-Instrument.12

[7]

Die Anwendung von Legal Design Thinking bietet sich überall dort an, wo Menschen zusammenarbeiten und deren Denk- und Verhaltensmuster miteinander verbunden werden sollen, sowie auch dann, wenn es zur Interaktion zwischen Menschen und digitalen Tools kommt oder wenn es um die Entwicklung solcher Tools geht.13

[8]

Legal Design Thinking ist eng mit Innovation verbunden und wird in innovativen Teams oft unbewusst angewendet. Dinge auszutesten und auszuprobieren, stellt einen wichtigen Teil des Legal Design Thinking Prozesses dar.14

[9]

Als Beispiel, wie Legal Design heute schon umgesetzt wird, kann beispielsweise der Schokoladehersteller Tony’s Chocolonely genannt werden. Das Schokoladenunternehmen hat im Arbeitsvertrag seiner Mitarbeitenden auf alle übermässig komplizierten juristischen Fachausdrücke verzichtet, nicht unbedingt notwendige Klauseln gestrichen und es so geschafft, die Länge seines Arbeitsvertrages auf nur eine Seite zu reduzieren.15

3.

Das Hadern der Rechtsbranchen mit Legal Design Thinking ^

[10]

In der Betriebsökonomie wird Legal Design Thinking schon länger angewendet als in der Rechtsbranche. Doch auch in der Rechtsbranche beginnt sich der Methodenansatz immer mehr durchzusetzen, auch wenn er bei Juristen und Juristinnen lange auf Widerstrand gestossen ist.16 In diesem Kapitel sollen die Gründe dafür erörtert werden, damit in einem späteren Teil des Beitrags eruiert werden kann, was sich im Denken der Juristen ändern muss, damit Legal Design Thinking erfolgreich in der Rechtsbranche angewendet werden kann.

[11]

Als erster Grund kann genannt werden, dass die juristische Tätigkeit für viele darin besteht, ein Rechtsystem zu verstehen und Tatbestände darauf anzuwenden. Dabei spielt die Vergangenheit eine wichtige Rolle, da dabei beispielsweise oft frühere Fälle und Rechtsprechung herangezogen werden. Der Bezug zur Vergangenheit soll Verlässlichkeit und Beständigkeit sicherstellen. So wird jedoch innovatives Denken nahezu verunmöglicht.17 Aus der Theorie aus Kapitel zwei darf gefolgert werden, dass aber genau innovatives Denken für die Anwendung von Legal Design unerlässlich ist.

[12]

Dazu kommt, dass Juristen und Juristinnen oftmals nicht wissen, wie sie Technologie und Design einsetzen können, um ihr Angebot innovativer gestalten zu können. Das kann auch an bestehenden Berührungsängsten mit den neuen Technologien liegen, da sie kaum mit diesen neuen Technologien in Kontakt getreten sind oder es nie gelernt haben.18

[13]

Des Weiteren ist zu erwähnen, dass die Berufsgruppe der Anwälte und Anwältinnen, zumindest jene der älteren Generation, zu einer der skeptischsten überhaupt gehört und Veränderungen sehr kritisch gegenübersteht.19 Es zählt zudem nicht zu den Stärken der Juristen und Juristinnen, ihre eigenen Prozesse und Arbeitsweisen zu reflektieren.20 Es braucht folglich viel Zeit und Aufwand, diese von Design Thinking und dessen Anwendung zu überzeugen.

[14]

Schliesslich ist die Ausgestaltung der juristischen Ausbildung zu erwähnen. Im Rechtsstudium werden in erster Linie die Rahmenbedingungen des Rechts gelehrt, um Recht auf Tatbestände anzuwenden und zu subsumieren. Dabei wird der Fokus noch kaum auf neue Methodenansätze wie Legal Design gelegt, und vielen Studierenden fehlt das entsprechende Wissen dazu, was wiederum viele an dessen Anwendung hindert.21

[15]

Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass mangelndes Fachwissen und die kritische Grundhaltung von Juristen die Gründe sind, weshalb Legal Design Thinking noch wenig angewendet wird.

4.

Chancen von Legal Design Thinking ^

[16]

Nachdem in den Begriff von Legal Design eingeführt wurde und festgehalten werden konnte, weshalb sich der Methodenansatz in der Rechtsbranche noch nicht durchsetzen konnte, stellt sich nun die Frage, welche Möglichkeiten und Chancen die Anwendung den Juristen und Juristinnen bringt. Dies soll in diesem Kapitel erörtert werden.

[17]

Die drei grossen Herausforderungen, denen der Rechtsmarkt heute gegenübersteht, sind zum einen der immer steigende Kosten- und Veränderungsdruck auf Rechtsabteilungen und Kanzleien, die Disruption von Rechtsdienstleistungen durch die Digitalisierung und die sich verändernde Erwartungshaltung der Nutzerinnen und Nutzer22

[18]

Alle drei Herausforderungen können mit Legal Design bewältigt werden. Zum einen können durch die Anwendung von Legal Design Kosten gespart werden, indem beispielsweise Prozesse vereinfacht und gezielt auf den Nutzer oder die Nutzerin optimiert werden, die letztlich zu einer Zeitersparnis führen. Auf die Disruption kann Antwort gefunden werden, da die richtigen Probleme erkannt werden und darauf optimal reagiert werden kann. Der verändernden Erwartungshaltung der Nutzer und Nutzerinnen kann Rechnung getragen werden, indem Produkte und Dienstleistungen bestmöglich auf diese zugeschnitten werden.

[19]

Zudem ist festzustellen, dass der Wunsch von Nichtjuristen, das Recht einfacher und verständlicher zu gestalten, zugenommen hat und von Kunden und Kundinnen immer mehr erwartet wird, dass der Zugang zum Recht, der sogenannte Access to Justice, vereinfacht wird23. Auf alle diese neuen Kundenbedürfnisse können durch die Anwendung von Legal Design Antworten gefunden werden.

[20]

So werden Verträge meist im Hinblick auf eine mögliche Vertragsverletzung und somit für einen Konfliktfall verfasst. Es geht also in der Arbeit der Juristen und Juristinnen in erster Linie darum, Risiken zu minimieren. Wenn Verträge so umgesetzt werden würden, dass die beteiligten Personen die Inhalte nicht nur verstehen, sondern auch deren Sinn und Zweck erkennen können, indem die Bedürfnisse des Nutzers oder der Nutzerin miteinbezogen werden und Inhalte darauf ausgelegt werden, eine langfristige Kundenbeziehung aufzubauen, könnte dies zur Verhinderung von Konflikten beitragen. Dies kann schliesslich Geld und Ressourcen sparen.24

[21]

Eine weitere Chance, welche die Anwendung von Legal Design Thinking mit sich bringt, besteht darin, dass dadurch viele andere Disziplinen aus dem Legal Tech Bereich profitieren können. Als Beispiel kann hier die Anwendung von Natural Language Processing (NLP) genannt werden. Damit NLP bei der Analyse und Auswertung von Dokumenten funktionieren und optimal angewendet werden kann, muss es sich, zumindest im Moment noch, um standardisierte Dokumente handeln, deren Inhalt ungefähr bekannt ist.25 Hier kann Legal Design nützlich sein, um diese Voraussetzungen zu schaffen.

[22]

Allerdings sehe ich, nebst den vielen Chancen, die sich bieten, auch einige Risiken, welche zu beachten sind. So lässt sich meines Erachtens nicht alles mit Legal Design umsetzen, da gewisse rechtliche Aspekte, wenn sie zu sehr auf den Nutzer oder die Nutzerin zugeschnitten werden, nicht mehr durchsetzen lassen. Da die Gefahr besteht, dass man komplizierte Dinge weglässt, zu sehr oder falsch vereinfacht und sie dann nicht mehr die gleiche rechtliche Bedeutung haben. Es lassen sich vielleicht nicht alle juristischen Arbeitsschritte durch Legal Design vereinfachen. Es gilt zu erkennen, wo sich Legal Design Thinking anwenden lässt und wo nicht.

[23]

Es zeigt sich aber dennoch, dass sich durch die Anwendung von Legal Design viele Chancen bieten, den Herausforderungen und Veränderungen im Rechtsmarkt entgegenzutreten.

5.

Anzustrebende Änderungen in der Rechtsbranche. ^

[24]

Im vorangegangenen Kapitel wurde aufgezeigt, welche Chancen sich bei der Anwendung von Legal Design Thinking ergeben. Es ist aber auch so, dass Design Thinking in anderen Branchen schon länger angewendet wird und dies auch öfters. In diesem Kapitel soll aufgezeigt werden, was sich konkret in der Rechtsbranche ändern muss, damit sich dieser Methodenansatz besser durchsetzen kann.

[25]

Als erster Punkt kann die Sprache der Juristen und Juristinnen genannt werden. Die juristische Fachsprache ist sehr kompliziert und für Nichtjuristen oft schwer zu verstehen.26 In Kapitel zwei wurde festgehalten, dass es im Legal Design unter anderem darum geht, Dinge für den Nutzer oder die Nutzerin zu vereinfachen und auf ihn oder sie «zuzuschneiden». Es scheint aber nahezu unmöglich, Produkte und Dienstleistungen des Juristen und der Juristin auf seinen Kunden anzupassen, wenn Inhalte schon viel zu kompliziert vermittelt werden. Es gilt also die Sprache, zumindest im Kontakt mit Nichtjuristen, zu vereinfachen.

[26]

Für eine erfolgreiche Anwendung von Legal Design braucht es das Zusammenarbeiten in interdisziplinären Teams. Es gilt, auch ausserhalb der rechtlichen Rahmenbedingungen gemeinsame Überlegungen anzustellen.27 Juristen und Juristinnen arbeiten aber – zumindest bis jetzt – oft allein oder, wenn sie in Teams arbeiten, dann oft zusammen mit anderen Juristen und Juristinnen. Es gilt also für Juristen und Juristinnen zu lernen, auch mit Teammitgliedern aus anderen Branchen, wie beispielsweise Designern und Designerinnen, zusammenzuarbeiten. Auch hierfür spielt der oben erwähnte Punkt, die juristische Sprache zu vereinfachen, eine Rolle. Auch hier gilt es, die Sprache der anderen Teammitglieder zu lernen. Wichtig für eine optimal funktionieren Teamarbeit ist, dass Juristen und Juristinnen erkennen, dass es im Legal Design nicht nur darum geht, der Beste oder die Beste zu sein, sondern zusammen zum bestmöglichen Ergebnis zu kommen.28

[27]

Ebenfalls wichtig für Legal Design ist, dass ergebnisoffen an Probleme herangegangen wird und verschiedene Optionen ausprobiert werden können. Hier dürfen – oder unter Umständen– müssen sogar auch manchmal Fehler gemacht werden. Unter anderem kann so mehr über den Nutzer oder die Nutzerin erfahren werden und das Produkt oder die Dienstleistung auf ihn oder sie zugeschnitten werden. Juristen und Juristinnen sind aber in ihrer Arbeit gewohnt, Risiken und Fehler zu vermeiden, da sie grosse Angst vor deren Konsequenzen haben.29 Es gilt aber gleichzeitig zu erkennen, wo Fehler gemacht werden dürfen und wo nicht. Hierzu gelten vor allem jene Bereiche, in denen es nicht so wichtig ist, dass schon im ersten Moment alles vollständig und korrekt sein muss. Beispielweise in den Überlegungen, wie man den Umgang mit Mandanten und Mandantinnen nutzenfreundlicher gestalten kann oder in der Entwicklung eines Legal Tech Tools.30

[28]

Zudem gilt es werdende Juristen und Juristinnen so auszubilden, dass sie die oben erwähnten Punkte schon im Studium erlernen. Die Auseinandersetzung mit dem Empfänger der juristischen Inhalte oder die Fähigkeit zur interdisziplinären Zusammenarbeit werden kaum gelehrt. Dies gilt es zu ändern31.

[29]

Hierzu kann erwähnt werden, dass Rechtsstudenten und -studentinnen jetzt schon ihre Arbeitsweise im Studium so gestalten können, um sich wichtige Fähigkeiten für Design Thinking anzueignen. Dazu zählt beispielsweise, bewusst zu versuchen, aus komplexen Inhalten Kernpunkte einfach und visuell darzustellen, in einer anderen Art und Weise aufzuarbeiten oder auch mit Mitstudierenden kleine Projekte zu starten und auszuprobieren.32

[30]

Generell wichtig ist noch, dass die Annahme vieler Kanzleien und In-House Rechtsabteilungen, es sei ausreichend, einen Workshop zu Legal Design zu besuchen, um so das Thema Innovation und Design Thinking in das Unternehmen zu integrieren, falsch ist. Legal Design ist ein aufwändiger und langer Prozess und beginnt vielfach schon mit dem Aufwand, ein Umdenken zu erzeugen und erfordert ständig, am Ball zu bleiben und auch viele Dinge selbst auszuprobieren.33

[31]

Viele Kanzleien und Unternehmen werden aber auch feststellen, dass wenn sich Legal Thinking einmal in den Köpfen etabliert hat, es zu einem selbstbefruchtenden, innovativen und kostensenkenden Kreislaufprozess entwickeln kann.

6.

Fazit ^

[32]

Bei Legal Design Thinking handelt es sich um einen Methodenansatz, der zur Lösung komplexer Probleme herangezogen wird. Dabei steht der Nutzer oder die Nutzerin eines Produktes oder einer Dienstleistung im Zentrum. Produkte oder Dienstleistungen sollen dabei bestmöglich auf den Nutzer oder die Nutzerin zugeschnitten und komplexe Inhalte so einfach wie möglich vermittelt werden. Für eine erfolgreiche Anwendung ist das fachübergreifende Zusammenarbeiten von Juristen und Juristinnen, Designer und Designerinnen und auch anderen unerlässlich.

[33]

Die Rechtsbranche hat sich lange Zeit gegen die Anwendung von Legal Design Thinking gewehrt. Dies hängt vor allem damit zusammen, dass Juristen und Juristinnen in ihrer Arbeitsweise einen starken Bezug zur Vergangenheit haben, was Innovation hemmt. Viele Juristen und Juristinnen sind bis anhin zu wenig mit neuen Ansätzen und Technologien in Kontakt gekommen, die Berufsgruppe ist äusserst skeptisch und dies spiegelt sich auch in der Art und Weise, wie das Rechtsstudium ausgestaltet ist, wider.

[34]

Dabei kann die Rechtsbranche stark von der Anwendung von Legal Design Thinking profitieren, da der Methodenansatz viele Chancen bietet. So können mit Hilfe von Legal Design Thinking Lösungen auf sich stellende Herausforderungen im Rechtsmarkt gefunden oder die Beziehung zu den Klienten gestärkt und verbessert werden. Zudem kann Legal Design als Grundbaustein für viele weitere Legal Tech Anwendungen dienen.

[35]

Damit sich Design Thinking in der Rechtsbranche mittel- und langfristig durchsetzen kann, muss sich einiges im Denken und im Mindset der Juristen und Juristinnen ändern oder sie müssen zumindest erkennen, dass es auch anders gehen kann. So muss die juristische Sprache, zumindest im Kontakt mit Nichtjuristen, einfacher werden. Zum andern gilt es für Juristen und Juristinnen zu lernen, in interdisziplinären Teams zusammenzuarbeiten und zu verinnerlichen, dass nicht immer der Beste gewinnt. Oft kann gemeinsam in Teams ein besseres Resultat erzielt werden. Juristen und Juristinnen müssen auch lernen, dass es sich bei Legal Design Thinking um einen Prozess handelt, in dem auch Fehler erlaubt sind, um ans Ziel zu kommen und dass der Weg der Risikominimierung und der Fehlervermeidung nicht immer der Richtige ist.

[36]

Das Thema Legal Design wird meines Erachtens in Zukunft weiter enorm an Bedeutung gewinnen. Vor allem sehe ich in Design Thinking eine Chance, Recht verständlicher, einfacher und zugänglicher zu machen. Es bietet sich die Möglichkeit, rechtliche Inhalte nicht nur Menschen, welche sich über mehrere Jahre mit dem Recht auseinandergesetzt und es gelernt haben, zugänglich und fassbar zu gestalten. Es sind nun die Juristen und Juristinnen am Zug, dies umzusetzen.


Julian Hundegger ist Bachelorstudent der Rechtswissenschaften der Universität St. Gallen (HSG).

  1. 1 Simschek Roaman/Kaiser Fabian: Design Thinking: Innovation erfolgreich umsetzten (München 2019), S. 19.
  2. 2 Von Steiger Serge: Legal Design Thinking: Erläuterung des Methodenansatzes am Beispiel der qualifizierten elektronischen Signatur und Art. 7a VZertES, Jusletter IT 12. November 2020, Abschn. 18.
  3. 3 Vega Sainz José: Legal Design Thinking, visuales en los contratos y su validez legal, Revista Juridica Austral 2020, 303 ff., S. 335.
  4. 4 Simschek Roaman/Kaiser Fabian: Design Thinking: Innovation erfolgreich umsetzten (München 2019), S. 17.
  5. 5 Ohrendorf Marc/Kohlmeier Astrid: Legal Design Thinking und Kollaboration, Podcast Irgendwas mit Recht, Folge 102, verfügbar unter http://bit.ly/3U81MOA, zuletzt besucht am 06. Dezember 2022, Min. 2.
  6. 6 Molina Gaviria Felipe/Krawietz Lina: Legal Design – was ist das, Lina Krawietz, Podcast Talking Legal Tech, Folge 15, verfügbar unter https://bit.ly/3iNCGaE, zuletzt besucht am 07. Dezember 2022, Min. 6.
  7. 7 Molina Gaviria Felipe/Krawietz Lina: Legal Design – was ist das, Lina Krawietz, Podcast Talking Legal Tech, Folge 15, verfügbar unter https://bit.ly/3iNCGaE, zuletzt besucht am 07. Dezember 2022, Min. 7.
  8. 8 Ohrendorf Marc/Kohlmeier Astrid: Legal Design Thinking und Kollaboration, Podcast Irgendwas mit Recht, Folge 102, verfügbar unter http://bit.ly/3U81MOA, zuletzt besucht am 06. Dezember 2022, Min. 3–4.
  9. 9 Kohlmeier Astrid: Legal Design – eine Methode für Innovationen in der Rechtsindustrie, in: Breidenbach Stephan/Glatz Florian (Hrsg.), Rechtshandbuch Legal Tech (2. A München 2021), S. 398.
  10. 10 Ohrendorf Marc/Kohlmeier Astrid: Legal Design Thinking und Kollaboration, Podcast Irgendwas mit Recht, Folge 102, verfügbar unter http://bit.ly/3U81MOA, zuletzt besucht am 06. Dezember 2022, Min. 23.
  11. 11 Simschek Roaman/Kaiser Fabian: Design Thinking: Innovation erfolgreich umsetzten (München 2019), 21.
  12. 12 Kohlmeier Astrid/Klemola Meera: The Legal Design Book: Doing Law in de 21st Century (2022), S. 71.
  13. 13 Kohlmeier Astrid: Legal Design – eine Methode für Innovationen in der Rechtsindustrie, in: Breidenbach Stephan/Glatz Florian (Hrsg.), Rechtshandbuch Legal Tech (2. A München 2021), S. 403.
  14. 14 Molina Gaviria Felipe/Krawietz Lina: Legal Design – was ist das, Lina Krawietz, Podcast Talking Legal Tech, Folge 15, verfügbar unter https://bit.ly/3iNCGaE, zuletzt besucht am 07. Dezember 2022, Min. 12–15.
  15. 15 De Morree Pim: A Ticket Of Trust: The One-Page Employment Contract, Corporate Rebels 2020, verfügbar unter https://bit.ly/3Wdkfe9, zuletzt besucht am 13. Dezember 2022, Abschn. 4–6.
  16. 16 Von Steiger Serge: Legal Design Thinking: Erläuterung des Methodenansatzes am Beispiel der qualifizierten elektronischen Signatur und Art. 7a VZertES, Jusletter IT 12. November 2020, Abschn. 18.
  17. 17 Szabo Marik: Design Thinking in Legal Practice Management, Design Management Review 2010, 44ff., S. 44.
  18. 18 Buess Micha-Manuel: Legal Design Thinking: Innovativ sein in einer behäbigen Branche, Legal Tribune Online 20016, verfügbar unter https://bit.ly/3BgfDMa, zuletzt besucht am 04. Dezember 2022, Abschn. 4.
  19. 19 Richard Larry: Herding Cats: The Lawyer Personality Revealed, Report to Legal Management Altman Weil 2002, S. 4.
  20. 20 Molina Gaviria Felipe/Krawietz Lina: Legal Design – was ist das, Lina Krawietz, Podcast Talking Legal Tech, Folge 15, verfügbar unter https://bit.ly/3iNCGaE, zuletzt besucht am 07. Dezember 2022, Min 18.
  21. 21 Ohrendorf Marc/Kohlmeier Astrid: Legal Design Thinking und Kollaboration, Podcast Irgendwas mit Recht, Folge 102, verfügbar unter http://bit.ly/3U81MOA, zuletzt besucht am 06. Dezember 2022, Min 4–6.
  22. 22 Schneider Marcel: Legal Design: Viel Juristen arbeiten sehr einseitig, Legal Tribune Online 201, verfügbar unter https://bit.ly/3uuSFNt, zuletzt besucht am 07. Dezember 2022, Abschn. 4–5.
  23. 23 Kohlmeier Astrid: Legal Design – eine Methode für Innovationen in der Rechtsindustrie, in: Breidenbach Stephan/Glatz Florian (Hrsg.), Rechtshandbuch Legal Tech (2. A München 2021), S. 400.
  24. 24 Vega Sainz José: Legal Design Thinking, visuales en los contratos y su validez legal, Revista Juridica Austral 2020, 303 ff., S. 305 -306.
  25. 25 Becker Florian: Information Retrieval: Automatisierte Dokumentenanalyse in M&A Due Diligence, Jusletter IT 12. November 2020, Rz. 8.
  26. 26 Ohrendorf Marc/Kohlmeier Astrid: Legal Design Thinking und Kollaboration, Podcast Irgendwas mit Recht, Folge 102, verfügbar unter http://bit.ly/3U81MOA, zuletzt besucht am 06. Dezember 2022, Min 5–6.
  27. 27 Schneider Marcel: Legal Design: Viel Juristen arbeiten sehr einseitig, Legal Tribune Online 201, verfügbar unter https://bit.ly/3uuSFNt, zuletzt besucht am 07. Dezember 2022, Abschn. 16–20.
  28. 28 Ohrendorf Marc/Kohlmeier Astrid: Legal Design Thinking und Kollaboration, Podcast Irgendwas mit Recht, Folge 102, verfügbar unter http://bit.ly/3U81MOA, zuletzt besucht am 06. Dezember 2022, Min 23–24.
  29. 29 Molina Gaviria Felipe/Krawietz Lina: Legal Design – was ist das, Lina Krawietz, Podcast Talking Legal Tech, Folge 15, verfügbar unter https://bit.ly/3iNCGaE, zuletzt besucht am 07. Dezember 2022, Min 16–18.
  30. 30 Molina Gaviria Felipe/Krawietz Lina: Legal Design – was ist das, Lina Krawietz, Podcast Talking Legal Tech, Folge 15, verfügbar unter https://bit.ly/3iNCGaE, zuletzt besucht am 07. Dezember 2022, Min 18.
  31. 31 Ohrendorf Marc/Kohlmeier Astrid: Legal Design Thinking und Kollaboration, Podcast Irgendwas mit Recht, Folge 102, verfügbar unter http://bit.ly/3U81MOA, zuletzt besucht am 06. Dezember 2022, Min 4–6.
  32. 32 Molina Gaviria Felipe/Krawietz Lina: Legal Design – was ist das, Lina Krawietz, Podcast Talking Legal Tech, Folge 15, verfügbar unter https://bit.ly/3iNCGaE, zuletzt besucht am 07. Dezember 2022, Min. 34–35.
  33. 33 Molina Gaviria Felipe/Krawietz Lina: Legal Design – was ist das, Lina Krawietz, Podcast Talking Legal Tech, Folge 15, verfügbar unter https://bit.ly/3iNCGaE, zuletzt besucht am 07. Dezember 2022, Min 12–13.