1.
E-Government im Bereich Steuern und Abgaben: Wissenschaftliche Grundlagen, Umsetzungsstrategien, Good Practice-Beispiele ^
Der sechste internationale Workshop «E-Taxation» wird von Herrn Josef Makolm und Frau Silke Weiß im Rahmen des Arbeitskreises «e-Gov: Strategies» organisiert. Der Arbeitskreis «e-Gov: Strategies» ist Teil des Forums e-Government der Österreichischen Computer Gesellschaft. Im Rahmen des Workshops werden aktuelle Fragen der IT-unterstützten Steuerverwaltung diskutiert. Dabei wird ein breiter Zugang zu diesem Thema gewählt. Ziel des Workshops ist die Vorstellung von Good Practice-Beispielen aus dem internationalen, nationalen und regionalen Bereich, sowie aus dem Gemeindebereich. Weitere Ziele sind der Austausch der Standpunkte und Meinungen der Anwesenden und deren gemeinsame Diskussion. Der zukünftige Forschungsbedarf auf dem Gebiet E-Taxation sowie zukünftige Potentiale sollen gemeinsam erarbeitet werden. E-Taxation kann generell als die Summe der IT-unterstützten Prozesse im Steuerwesen definiert werden. Die Ziele im Bereich E-Taxation sind einfache, intuitive und wirtschaftliche Prozesse, wenn möglich vorausgefüllte Formulare, um den Nutzen seitens der Verwaltung und der Steuerzahler zu optimieren. Einsparungen und Verkürzungen bzgl. der Verfahrensdauer können erzielt, effizienter Einsatz der Personalressourcen garantiert und Risikomanagement und Betrugsbekämpfung adaptiert werden. Der Bereich E-Taxation gewinnt immer mehr an Bedeutung, da sich neben der Interoperabilität der IT-Systeme der Steuerzahler und Finanzämter auch immer mehr die internationale Ebene bzw. die europäische Dimension auftut. Im Workshop wird die neue Funktion des Online Portals FinanzOnline vorgestellt und die Ergebnisse einer Studie präsentiert, die Aufschluss gibt über die Präferenzen von KMU in Kasachstan in Bezug auf E-Taxation.
2.
VAT-Refund: Transeuropäische Besteuerungsprozesse im Online Portal der Österreichischen Finanzverwaltung ^
Im ersten Beitrag referiert Herr Erich Waldecker vom Bundesministerium für Finanzen in Wien über transeuropäische Besteuerungsprozesse im Online Portal «FinanzOnline» der österreichischen Finanzverwaltung. Neue EU-Rechtslagen erfordern die Schaffung von transeuropäischen IT-Lösungen. Ende 2009 wurde der Rückforderungsprozess ausländischer Vorsteuern digitalisiert. Die österreichische Lösung basiert auf dem E-Taxation Portal FinanzOnline. Für Unternehmen in Europa, die in anderen Mitgliedstaaten Leistungen für das Unternehmen in Anspruch nehmen und sich dann die in Rechnung gestellte Umsatzsteuer als Vorsteuer zurückerstatten lassen wollten, war der zugrunde liegende Prozess mühsam. Der Antrag konnte nicht im Ansässigkeitsstaat, sondern nur im Erstattungsstaat in Papierform eingereicht werden. Der bürokratische Aufwand wurde durch die großen Mengen von Papier (Anträge, Belege, Rückfragen, Erledigungen) und die Sprachbarrieren innerhalb Europas erhöht. Dies führte zu Erledigungsdauern von mehreren Jahren. Die EU erließ daher die Richtlinie2008/9/EG vom 12.02.2008 zur Regelung der Erstattung der Mehrwertsteuer sowie die Verordnung (EG) Nr.143/2008 vom 12.02.2008 hinsichtlich der Einführung von Verwaltungsvereinbarungen und des Informationsaustausches. Hierdurch wurde eine wesentlich vereinfachte Abwicklung dieses internationalen Verwaltungsprozesses sichergestellt:
- Antragstellung ausschließlich elektronisch (UID-Nummer)
- Antragstellung über Portal im Ansässigkeitsstaat
- Übermittlung genormter Rechnungsdaten (keine Originalrechnungen)
- automatisierte Prüfung und Weiterleitung an den Erstattungsstaat
- Verzinsung des Erstattungsbetrages bei verspäteter Zahlung
Für die Umsetzung dieser Anforderungen hat die österreichische Finanzverwaltung die bestehenden Back-Office IT-Systeme und das Front-Office-Portal von FinanzOnline erweitert und mit den erforderlichen EU-Schnittstellen abgeglichen. Das Funktionieren dieser Schnittstelle wird bei allen Mitgliedstaaten vom IT-Team der Europäischen Kommission (ITSM) überprüft. Österreichische Unternehmen können seit dem 01.01.2010 strukturierte elektronische Anträge auf Umsatzsteuerrückerstattung aus allen EU-Staaten über FinanzOnline stellen. Zusätzlich erhalten sie Empfangsbestätigungen sowie die endgültigen Erledigungen der Rückvergütung aus allen EU-Finanzverwaltungen in ihre FinanzOnline DataBox zugestellt.
3.
E-Taxation in Kasachstan ^
Im zweiten Vortrag spricht Herr Almaz Amirzinov vom «Performance and Technology Department of KPMG» über die E-Taxation Services in Kasachstan. E-Taxation sorgt für eine verbesserte Qualität der Besteuerungsprozesse und ermöglicht eine wesentliche Kostenreduzierung sowie die Einsparung von Verfahrensdauern. In Kasachstan existieren aufgrund limitierter IKT-Verfügbarkeit Nutzungsbeschränkungen. Notwendig ist deshalb die Schaffung eines Zugangs zu IKT (PC-Austattung, Internetzugang). Weiters müssen vertrauenswürdige, sichere und funktionsfähige E-Taxation Services implementiert werden.
Fokus des Vortrags ist eine wissenschaftliche Studie, bei welcher die Wünsche, Bedürfnisse und Einstellungen von Steuerzahlern (vorwiegend kleine und mittlere Unternehmen) in Zentral-Kasachstan hinsichtlich E-Taxation Services festgestellt wurden. Konkret wurde eine zweistufige Umfrage durchgeführt. Zuerst wurden semi-strukturierte Interviews geführt. Die Ergebnisse der Interviews – ein Überblick über zukünftige Trends und Standpunkte – wurden anschließend in einen Fragebogen eingearbeitet und an weitere Steuerzahler zur Beantwortung verteilt. Durch diese Vorgehensweise konnte ein breiter Benutzerkreis untersucht werden. Durch die Interviews und Fragebögen wurde u.a. herausgefunden, dass die Steuerbehörden in letzter Zeit verstärkt elektronische Lösungen einsetzen und Steuerzahler diese Services auch vermehrt in Anspruch nehmen. Dies unter der Voraussetzung, dass die IKT-Ausstattung verfügbar ist, die Probleme im Bereich Technik gelöst sind, Schulungen und Unterstützung geleistet werden, Sicherheit und Vertrauenswürdigkeit gewährleistet sind und Regeln und Vorschriften vorhanden sind. Die meisten Beschwerden von Benutzern gibt es im Bereich der Regeln und Vorschriften, da es besonders wichtig ist, ausreichende Informationen zu erhalten, um genau zu wissen, welche Anträge bei der Steuerbehörde und beim Statistischen Amt in Kasachstan einzureichen sind.
Zusammenfassend kann gesagt werden, dass vertrauenswürdige Services wichtiger als funktionsreiche für Steuerzahler sind. Schulungen und unterstützende Services sollten als E-Learning Programm zur Verfügung gestellt werden, da diese leichter verfügbar sowie kostengünstiger wären. Auch wurde herausgefunden, dass trotz des geringen Vertrauens der Steuerzahler in die Steuerbehörde, der Sicherheit von Steuerdaten wenig Beachtung geschenkt wird. Dies ist zurückzuführen auf das hohe Maß der vorherrschenden Schattenwirtschaft in Kasachstan.
Josef Makolm, Silke Weiss, Bundesministerium für Finanzen, Hintere Zollamtstraße 4, 1030 Wien
josef.makolm@bmf.gv.at ;silke.weiss@bmf.gv.at
https://www.bmf.gv.at/