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14 Jahre Keyword Advertising: Herausforderungen der Gegenwart – Basis für die Zukunft

  • Author: Maximilian Schubert
  • Category: Short Articles
  • Region: Austria
  • Field of law: E-Commerce
  • Collection: Conference proceedings IRIS 2010
  • Citation: Maximilian Schubert, 14 Jahre Keyword Advertising: Herausforderungen der Gegenwart – Basis für die Zukunft, in: Jusletter IT 1 September 2010
Eine korrekte rechtliche Beurteilung der Praxis des Keyword Advertising setzt eine einheitliche Terminologie sowie ein umfassendes Verständnis für den zugrundeliegenden technischen Prozess voraus. Zudem sind im Zuge einer marken- sowie wettbewerbsrechtlichen Beurteilung Differenzierungen zu beachten. Die aus einer derart differenzierten Betrachtung gewonnenen Grundsätze können als Grundlage für zukünftige, technisch vergleichbare Werbeformen herangezogen werden.

Inhaltsverzeichnis

  • 1. Einführung
  • 2. Gegenwärtige Diskussionen
  • 3. Ausblick
  • 4. Literaturliste:

1.

Einführung ^

[1]

Um eine klare Abgrenzung von anderen Werbeformen zu erreichen, wird unter Keyword Advertising (i.e.S.) jene Werbepraxis verstanden, bei welcher die Gestaltung der Anzeige durch den Werbenden erfolgt. Der Werbende wählt hierbei die betreffenden Keywords, stellt Links bereit und verfasst die Beschreibung der Anzeige. Darstellung sowie Reihung der Anzeigen richten sich gemäß einem Auktions-Preismodell nach dem Gebot des Werbenden. Die tatsächliche Relevanz der Anzeige für die jeweilige Suchanfrage wird durch manuelle oder automatisierte Bearbeitung sichergestellt. Die Kombination von Suchanfrage und den dazu relevanten Anzeigen erfolgt durch die (automatische) Suchmaschine. Anzeigen werden in gereihter Form außerhalb des (organischen) Suchergebnisses dargestellt. Die Abrechnung erfolgt auf «Cost-per-Click»-Basis, bei welcher der Werbende nur für tatsächlich vom Nutzer getätigte Handlungen (in der Regel: «Maus-Klicks») bezahlt.1

[2]

Weiters sind eine Reihe von Differenzierungen vorzunehmen. Die wichtigste Unterscheidung bezieht sich darauf, ob das verwendete Kennzeichen (z.B. Marke) im Text der Anzeige sichtbar ist («Adv+») oder nicht («Adv-»).2

2.

Gegenwärtige Diskussionen ^

[3]

Gegen die Praxis des Keyword Advertising wird auf Grundlage des Marken- sowie des Wettbewerbsrechts vorgegangen. Die diskutierten Themen sowie die ausgetauschten Argumente sind in diesen Rechtsgebieten sehr ähnlich. Wesentlicher Streitpunkt ist, ob die Buchung des Keywords sowie die spätere Darstellung der Anzeige als eine3 geschlossene Handlung gesehen werden kann oder ob von zwei4 unterschiedlichen Handlungen auszugehen ist.

[4]

Unter markenrechtlichen Gesichtspunkten ist die Frage einer marken- bzw. kennzeichenmäßigen Nutzung relevant. Für eine derartige Benutzung wird nach der bisherigen Rechtsprechung eine Beeinträchtigung der Herkunftsfunktion der Marke vorausgesetzt.5 Während die Darstellung von «Adv+»-Anzeigen von der Rechtsprechung mE zu Recht grundsätzlich als Markenrechtsverletzung gesehen wird, stellt sich bei «Adv-»-Anzeigen die grundlegende Frage, ob überhaupt Verwechslungsgefahr bestehen kann.

[5]

Hierbei ist zu berücksichtigen, dass nur ein geringer Anteil der NutzerInnen weiß, wie sich Suchmaschinen finanzieren, bzw. erkennen, dass die dargestellten Anzeigen auf die zuvor eingegeben Suchanfragen abgestimmt werden.6

[6]

Weiters wird zusätzlich ein separater Schutz der Werbe- sowie Kommunikationsfunktion der Marke diskutiert.7 Ein derartiger Schutz ist jedoch mE unter Hinweis auf Beispiele zur Produktplatzierung im Einzelhandel sowie im Hinblick einer Behinderung des freien Leistungswettbewerbes abzulehnen.8

[7]

Unter wettbewerbsrechtlichen Gesichtspunkten stellt sich die Frage der Subsumtion der Praxis des Keyword Advertising unter die Fallgruppen der schmarotzerischen Rufausbeutung sowie des Abfangens von Kunden. Die Darstellung von «Adv+»-Anzeigen sieht die Rechtsprechung mE zu Recht als unlautere Geschäftspraktik an. Für «Adv-»-Anzeigen ist eine Rufausbeutung in Ermangelung einer Rufübertragung abzulehnen. Es liegt weiters kein Abfangen von Kunden vor, da es sich bei Suchmaschinenbenutzern, welche eine geschützte Bezeichnung als Suchanfrage eingeben, nicht um «präsumtive» Kunden des Kennzeicheninhabers handelt.9

3.

Ausblick ^

[8]

Technische Entwicklungen ermöglichen den Lückenschluss zwischen den Endgeräten der NutzerInnen und dem Internet. Eine Ausprägung hiervon ist die kombinierte Darstellung von Umgebungsinformationen sowie Werbung auf mobilen Endgeräten (Augmented Reality). Derartige mobile Endgeräte stellen neue Herausforderungen an die Trennung von Inhalten und Werbung. Es kommt weiters zu einer Zunahme von demographie- bzw. nutzerspezifischer Werbung.

[9]

Die einfache Bedienung sowie der Komfortgewinn der beschriebenen Dienste führen jedoch auf Seiten der NutzerInnen zu Trägheit, Desinteresse sowie Unwissen.10 Aus diesem Grund ist die Anerkennung der Online-Nutzungskompetenz als unabdingbare Kulturtechnik erforderlich. NutzerInnen müssen sich ihrer Verantwortung bei Inanspruchnahme des Internets bewusst sein.

[10]

Diensteanbieter sollen verpflichtet werden, relevante Informationen leicht verständlich (z.B. durch graph. Darstellung der AGB oder Einsatz von einheitlichen Symbolen) zur Verfügung zu stellen.

[11]

Weiters erscheint die Erarbeitung plattformunabhängiger Kennzeichnungsgrundsätze sowie die laufende Überprüfung der Einhaltung dieser Grundsätze als erstrebenswert. Zudem sollten eindeutige Identifikationen erstellt werden, um Zuordenbarkeit sowie Nachvollziehbarkeit von Inhalten im Rahmen von Augmented Reality-Anwendungen zu gewährleisten.

[12]

Als Diskussionsansatz wird der Abschluss individueller Werbevereinbarungen zwischen den einzelnen NutzerInnen sowie einem (General-) Anbieter von Online-Werbung vorgeschlagen. Sämtliche Werbeflächen während der Onlineaktivitäten von NutzerInnen werden somit von einem Unternehmen verwaltet, welches dem/der NutzerIn hierfür Credits gutschreibt. Für derartige Credits können NutzerInnen wiederum (bis dato «kostenfreie») Dienste in Anspruch nehmen. Ein derartiger Vertrag hätte die Vorteile eines einzelnen «Opt-In» sowie eines effizienteren Datenschutzes, da (z.B. demographische) Nutzerdaten nur einem Unternehmen zur Verfügung gestellt werden.

4.

Literaturliste: ^

Anderl, Anmerkung zu OGH 17 Ob 1/07g, ÖBl 2007, 170.
Baars/Troge, Anmerkung zu OGH 17 Ob 1/07g, GRUR Int. 2008, 526.
Beck, Google Adwords, Mitp Verlag, Heidelberg (2008).
Büchele, «Buchung» eines fremden Markenworts als Keyword zu Werbezwecken auf fremder Website, ÖBl 2009, 87.
Fain/Pedersen, Sponsored Search: a Brief History, http://ist.psu.edu/faculty_pages/jjansen/academic/asist_bulletin_paid_search/03_ pedersen.pdf (10.02.2009).
Fallows, Data Memo – Search Engine Use August 6, 2008, www.pewinternet.org/ pdfs/PIP_Search_Aug08.pdf (10.02.2010).
Fallows, Search Engine Users: Internet searchers are confident, satisfied and trusting – but they are also unaware and naiv, www.pewinternet.org/pdfs/PIP_Searchengine _users.pdf (10.02.2010).
Fries, Suchverhalten im Internet, VDM Verlag Dr. Müller, Saarbrücken (2007).
Fuchs, Die marken- und wettbewerbsrechtliche Zulässigkeit von kontextabhängiger Suchmaschinenwerbung (Keyword Advertising) 414.
Fuchs, Vorlange an den EuGH zur Zulässigkeit von Keyword Advertising, wbl 2008, 265.
Goldmann, Brand Spillovers, Harvard Journal of Law & Technology 2009, 381.
Heidinger, Anmerkung zu 17 Ob 1/07g, MR 2007, 150.
Jansen/Spink/Pedersen, A Temporal Comparison of AltaVista Web Searching, Journal of the American Society for Information Science and Technology 2005, 562.
Machill/Welp (Hrsg), Wegweiser im Netz, Verlag Bertelsmann Stiftung (2003).
Noha, Keyword Advertising – Verwendung von Kennzeichen Dritter als Suchwort, ecolex 2007, 616.
Schubert/Ott, AdWords – Schutz für die Werbefunktion einer Marke? MarkenR 2009, 338.
Thiele, Vorabentscheidungsersuchen an EuGH wegen Markenverletzung durch Keyword Advertising, JusIT 2008, 133.
Wukoschitz, Keyword Advertising: EuGH am Wort, RdW 2009, 69

 



Maximilian Schubert, Dissertant, Karl-Franzens-Universität Graz, Institut für österreichisches und internationales Unternehmens- und Wirtschaftsrecht
Universitätsstraße 15/C4, 8010 Graz AT
Jurist.0.8.15@gmail.comaustrotrabant.at

 

  1. 1 Fain/Pedersen, Sponsored Search: a Brief History, http://ist.psu.edu/faculty_pages/jjansen/academic/asist_bulletin_paid_search/03_pedersen.pdf (10.02.2009).
  2. 2 Schubert/Ott, AdWords – Schutz für die Werbefunktion einer Marke? MarkenR 2009, 338 (339).
  3. 3 OGH 17 Ob 1/07g, Wein & Co, ecolex 2007, 616 (Noha) = GRUR Int. 2008, 526 (Baars/Troge) = MR 2007, 150 (Heidinger) = ÖBl 2007, 170 (Anderl) = wbl 2007, 414 (Fuchs); OGH 17 Ob 3/08b, Bergspechte, = JusIT 2008, 133 (Thiele) = RdW 2009, 69 (Wukoschitz) = ÖBl 2009, 87 (Büchele) = wbl 2008, 265 (Fuchs); BGH I ZR 125/07, Beta Layout, CR 2007, 256.
  4. 4 Schlussantrag des GA Maduro in EuGH 22.08.2009, C-236/08C-237/08C-238/08.
  5. 5 EuGH 11.09.2007, C-17/06Celine, Slg. 2007, I-7041 = GRUR 2007, 971.
  6. 6 Fallows, Search Engine Users: Internet searchers are confident, satisfied and trusting – but they are also unaware and naiv, www.pewinternet.org/pdfs/PIP_Searchengine_users.pdf (10.02.2010) 17; Hargittai inTurow/Tsui (Hrsg) The Role of Expertise in Navigating Links of Influence, in Turow/Tsui (Hrsg), The Hyperlinked Society: Questioning Connections in the Digital Age (2008) 85ff; Machill/Welp (Hrsg), Wegweiser im Netz (2003) 190.
  7. 7 OGH 17 Ob 3/08b, Bergspechte; EuGH, 18.06.2009, C-487/07L'Oréal, GRUR 2009, 756.
  8. 8 Im Einzelhandel ist es gängige und akzeptierte Praxis, Produkte der Eigenmarke gezielt neben beworbenen Markenprodukten zu platzieren. Hierdurch kommt es zu einer Monetarisierung der Werbe- bzw. Kommunikationsfunktion von Markenprodukten. Goldmann, Brand Spillovers, Harvard Journal of Law & Technology 2009, 381 (390).
  9. 9 Vgl. OGH 4 Ob 4/96, Kärntnerring-Garage, ÖBl 1996, 180 = wbl 1996, 334.
  10. 10 Beck, Google Adwords (2008) 143; Fallows, Data Memo – Search Engine Use August 6, 2008, www.pewinternet.org/pdfs/PIP_Search_Aug08.pdf (10.02.2010) 2; Fries, Suchverhalten im Internet (2007) 72, 80; Jansen/Spink/Pedersen, A Temporal Comparison of AltaVista Web Searching, Journal of the American Society for Information Science and Technology 2005, 562.