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Ärzteverträge der Sozialversicherung im Internet

  • Authors: Josef Souhrada / Michaela Gmoser
  • Category: Short Articles
  • Region: Austria
  • Field of law: Rechtsinformation & Juristische Suchtechnologien
  • Collection: Conference proceedings IRIS 2011
  • Citation: Josef Souhrada / Michaela Gmoser, Ärzteverträge der Sozialversicherung im Internet, in: Jusletter IT 24 February 2011
Ein weiterer Schritt zur Transparenz im Gesundheitswesen: Verträge der gesetzlichen Krankenversicherung mit Ärzten, Apothekern und anderen Gesundheitsdiensteanbietern werden erstmals im Internet gesammelt offen gelegt. Damit ist nachvollziehbar, welche Leistungen zu welchen Bedingungen von Freiberuflern bzw. gewerblichen Anbietern mit den gesetzlichen Krankenkassen verrechnet werden können bzw. wie für Patienten die Details für die Kostenerstattung bei Behandlungen lauten. Technisch wird dafür das seit 2002 bestehende Kundmachungssystem der Sozialversicherung http://www.avsv.at verwendet. Damit sind die öffentlich-rechtlichen (Satzungen, Krankenordnungen) und privatrechtlichen Detailgrundlagen der Patienten-Arzt-Sozialversicherungs-Beziehung unter einer Webadresse einfach zugänglich.

Inhaltsverzeichnis

  • 1. Rahmenbedingungen
  • 2. Anlass
  • 3. Unterschiede zwischen GesV und Gesetz, Kunsttexte
  • 4. Vorgangsweise
  • 4.1. Ältere Gesamtverträge 1948 – 2009
  • 4.2. Kompilierte Fassungen
  • 5. Unterschrift der Kundmachungsverlautbarung
  • 6. Was nicht kundgemacht wird
  • 6.1. Lieferverträge einzelner Unternehmer oder Gesundheitsdiensteanbieter
  • 6.2. Gesamtverträge der Krankenfürsorgeanstalten
  • 7. Literatur

1.

Rahmenbedingungen ^

[1]
Die Beziehungen zwischen den Rechtsträgern der gesKV in Österreich (KVT) und den Mitgliedern der Gesundheitsberufe1 sind durch privatrechtliche Verträge zu regeln (§§ 338 ff. ASVG).2 Diese Verträge werden von den KVT (über ihre Interessenvertretung, den HVB) mit Standesvertretungen3 hauptsächlich als «Gesamtverträge» (GesV) abgeschlossen, die kraft Gesetzes unmittelbar für deren Mitglieder gelten (sogenannter «normativer Teil», z.B. Honorarordnungen). Diese Verträge wirken mittelbar auf (Kostenerstattungs-)Ansprüche von SV-Patienten gegenüber den KVT, weil i.d.R. nur bis zu jenen Beträgen erstattet wird, die der KVT auch nach dem jeweiligen Vertrag hätte leisten müssen (§§ 131 ff. ASVG). Die Verträge werden als (echter) Vorvertrag zugunsten Dritter (= des Patienten bzw. des Behandlungsvertrages) gesehen,4 können jedoch keine normativen Wirkungen auf Versicherte oder Patienten entfalten.5
[2]
GesV bestehen zunächst als Verträge überKrankenbehandlung (kurative Behandlung, Heilbehandlung) sozialversicherter Patienten für die Gruppe der Gebiets- und Betriebskrankenkassen und die SVA der Bauern (sog. «§-2-Kassen») gemeinsam sowie für die SVAen der Beamten, Eisenbahner, Gewerbetreibenden oder (teilweise) die KFA. In der Regel gelten für einen Vertragspartner, der auf seinem Ordinations- oder Betriebsschild «alle Kassen» ausweist, fünf GesV. Wer nur «kleine Kassen» anführt, hat keinen Vertrag mit der GKK abgeschlossen, in ländlichen Gebieten wird oft kein KFA-Vertrag vorhanden sein. Dazu kommen noch eine Reihe von GesV für medizinische Maßnahmen außerhalb der Krankenbehandlung mit Sonderregeln für Vorsorgeuntersuchungen, Mutter-Kind-Pass, EDV-Abrechnungen, e-card usw. Im Ergebnis sind die hier behandelten GesV den Kollektivverträgen des Arbeitsrechts ähnlich mit dem Unterschied, dass ein Kollektivvertrag eine Lohnuntergrenze festlegt, die günstiger gestaltet werden darf («Überzahlung»), während dann, wenn ein GesV besteht, abweichende Vereinbarungen unwirksam sind (§ 341 Abs. 3 ASVG). GesV binden die Betroffenen somit stärker als Kollektivverträge.
[3]
Patienten sind im Regelfall bei einem der 196 KVT versichert, es gibt aber über 100.000 Personen, die bei mehreren KVT versichert sind (z.B. Angestellte mit Selbständigentätigkeit: bei GKK + SVAgW, § 128 ASVG). Weiters sind mitversicherte Angehörige (Kinder usw.) durch die KVT beider Elternteile geschützt. Dies in Kombination mit mehrfachen GesV-Beziehungen eines GDA ergibt ein nicht immer leicht zu überblickendes Vertrags- und Anspruchsgeflecht, dessen praktische Anwendung über das e-card-System (§§ 31a ff. ASVG) abgewickelt wird.

2.

Anlass ^

[4]
In GesV bzw. deren Änderungen (Zusatzvereinbarungen usw.) werden u.a. Pflichten der GDA festgelegt, so eine Behandlungspflicht samt einschlägigen Verhaltensregeln und Pflichten hinsichtlich Leistungsabrechnung, Honorarzu- und -abschlägen, Tarifstaffeln, Rabatten etc. Grundregeln enthält der Mustergesamtvertrag aus 1956.7 GesV gelten unmittelbar (§ 341 Abs. 3 ASVG) ohne weitere Erklärung für die Vertragsbeziehung eines z.B. Arztes zu einem KVT (Einzelvertrag). Das setzt voraus, dass der jeweilige GesV und seine Änderungen den Betroffenen bekannt werden können. Nach § 342 Abs. 1 Z. 8 ASVG haben die GesV auch Bestimmungen über die Verlautbarung zu enthalten. Diese Verlautbarungen waren meist dahin gestaltet, dass der Vertragsabschluss in den Kammerzeitschriften und der Fachzeitschrift der SV, der «Sozialen Sicherheit» kundzumachen war. Diesen Regeln wurde zwar anfangs eingehend nachgekommen, in den Jahrzehnten ab 1970, in denen die GesV immer größere Umfänge annahmen, aber nicht mehr (die Publikationskosten der damals noch handgesetzten Texte wären sehr hoch, die Zeitschriftenjahrgänge sehr umfangreich geworden8 ). Dies rief letztlich den VfGH auf den Plan. Der VfGH stellte im Erkenntnis B 1219/04 vom 16. Juni 2005, VfSlg. 17.582, fest, dass eine Zusatzvereinbarung zu einem GesV, die nicht in der vorgesehenen Weise verlautbart worden sei, für die Betroffenen keine Wirkung entfalte. Es ging im Anlassfall um eine Zusatzvereinbarung, die sich in Honorarkürzungen auswirkte; die Frage, ob ein nicht kundgemachter GesV aus anderen Gründen dennoch Wirkungen hätte, z.B. im Wege zivilrechtlich gültiger Unterwerfungserklärung im Einzelvertrag,9 eines Vollmachts- oder Auftragsverhältnisses usw. war vom VfGH nicht zu behandeln. Mit 1. Juli 2010 wurde gesetzlich vorgesehen, diese Verträge im Internet zu veröffentlichen.10 Die Erläuterungen zum Gesetz halten fest, dass die Veröffentlichungen der Erhöhung der Transparenz und Publizität dienen sollen und die bereits bestehenden Verlautbarungsregelungen davon unberührt bleiben.
[5]
Das war Anstoß, die Kundmachung von GesV neu zu gestalten. Es lag auf der Hand, dafür das Kundmachungssystem der SV zu verwenden: Seit 2002 werden die Durchführungsvorschriften der SV nur mehr elektronisch signiert im Internet unter htp://www.avsv.at kundgemacht (§ 593 Abs. 3 ASVG). Diese Kundmachungsform war eines der Vorbilder für die Internet-Kundmachung des BGBl. durch das KundmachungsreformG 2004.11
[6]
Andere Methoden, einem GesV Wirksamkeit zu verschaffen, wie die Hinterlegung, die Kundmachung (nur) des Abschlusses in Amtsblättern usw.12 bieten schlechtere Zugangsmöglichkeiten (Einschau nur in Registerstellen usw.). Sie wurden nicht gewählt, weil die Kundmachungstechnik direkten Einblick per Internet einfach und sicher ermöglicht. Eine weitere Anregung dazu bot das VerwertungsgesellschaftenG 2006,13 welches die Kundmachung der GesV aus dem Bereich des Urheberrechts im Internet vorsieht.

3.

Unterschiede zwischen GesV und Gesetz, Kunsttexte ^

[7]
Anders als Rechtsvorschriften kommen GesV wie bei Verträgen üblich durch Einigung der Vertragspartner (§§ 861 ff. ABGB), nicht durch einseitige Verfügung («Gesetzgebungsakt») zustande. Die Kundmachung ist aber Grundlage dafür, dass die Vertragsbestimmungen auch für Andere (die GDA) gelten. Zeitpunkt des Zustandekommens (Einigung) und Entstehen der Drittwirkung (Kundmachung) sind bei GesV praktisch nie gleich. Administrativ wird dem durch Rückwirkungsbestimmungen begegnet.
[8]
Die Regeln der Legistik werden auf GesV nicht angewendet. Es ist bei GesV nicht leicht möglich, Novellen in bestehende Texte einzuarbeiten und Kunsttexte mit der jeweils geltenden Fassung eines GesV herzustellen. GesV werden trotz ihrer normativen Wirkungen nicht als Normen (Gesetze usw.) bearbeitet, sondern als Verträge. GesV sind Verhandlungsergebnisse, die das Entstehen einer Einigung nicht selten bis in die Formulierungen hinein widerspiegeln. Vertragsänderungen werden nicht mit Änderungsanweisungen formuliert, sondern in Formulierungen, die bei Gesetzen meist (nur) materielle Derogation bzw. Gegenstandslosigkeit einer früheren Regelung auslösen würden. Die umfangreichen Tabellen der Honorarordnungen sind im Vergleich dazu nur eine kleine technische Besonderheit. Formelle Aufhebungen von Textpassagen kommen in Änderungen von GesV eher selten vor, eher ist es möglich, dass für verschiedene Personengruppen, die von einem GesV erfasst sind, verschiedene Regeln gelten. Dazu kommt, dass zu einem Thema formal verschiedene Vertragsarten (eigenständiger GesV, Zusatzprotokoll, Zusatzvereinbarungen usw.) möglich sind.
[9]
Dem entsprechend ist auch eine Kompilierung bzw. Wiederverlautbarung eines GesV nur schwer möglich, dies noch unabhängig davon, dass eine einseitige Wiederverlautbarung, wie sie bei Normen möglich ist, schon deswegen nicht sinnvoll ist, weil an einem GesV mehrere Vertragspartner beteiligt sind. Die komplette Neugestaltung eines GesV ist damit dann, wenn sie eigenständige Wirkungen auf die zugehörigen Einzelverträge haben soll, nur als Neuabschluss bzw. Novation (§§ 1376 f. ABGB) möglich.
Abbildung 1: Allgemeine Übersichtsebene der Kundmachungen unterwww.avsv.at


4.

Vorgangsweise ^

[10]
Die für die Kundmachung der GesV verwendete Technik des Kundmachungssystemswww.avsv.at besteht im Wesentlichen seit 2002 auf Vorarbeiten aus den 1990er-Jahren.14 Sie wurde bei IRIS 2002, IRIS 2003 und beim eGov-Day 200315 präsentiert und ist durch die Judikatur als rechtmäßige Kundmachungsform anerkannt.16 Die Internetadresse ist in avsv 119/2005 amtlich verlautbart. Die technische Neugestaltung 2008 brachte neben vielen programmtechnischen Änderungen eine Umstellung der bisherigen PDF-Signatur auf die Amtssignatur mit der Verwendung von Bildmarken, sie wurde bei IRIS und der E-Gov-Konferenz 2008 (Mautern) vorgestellt.17 Grundlegende Änderungen im Arbeitsablauf waren damit nicht verbunden.
Abbildung 2: Erste Übersichtsebene der Gesamtvertrags-Kundmachungen unterwww.avsv.at

[11]
Bei Redaktionsschluss waren fast 700 GesV-Texte kundgemacht. Die Trennung nach Vertragspartnergruppen versucht, zumindest einen ersten groben Überblick zu geben. Die Übersicht ist von der Startseite des Kundmachungssystems her aufrufbar.
[12]
Die von den Vertretern aller Vertragsparteien unterschriebenen GesV werden beim HVB gesammelt und gescannt, die optische Darstellung der Unterschriften bleibt erhalten. Die Scandatei wird mit Kopfzeilen und Metadaten versehen, technisch wird sie wie eine Rechtsvorschrift weiterbearbeitet. Dafür werden die Arbeitsplätze des Verlautbarungssystems avsv verwendet: die an einem Tag (elektronisch signierten, technisch geprüften) Dateien werden in .html, .pdf und .doc-Dateien konvertiert, die .html-Datei wird elektronisch signiert und die Dateien in das Kundmachungssystem geladen. In den Morgenstunden des nächsten Tages werden diese Dateien vom internen System dann für jedermann zugänglich ins Internet gespiegelt.18
[13]
Die signierte, aber von den Regeln des .html abhängige Datei (z.B. noch keine Silbentrennungen) dokumentiert die Echtheit und Unverfälschtheit, die .pdf- und die .doc-Dateien dienen der erleichterten Weiterbearbeitung. Derzeit werden die meisten Verträge auch in den .doc-Dateien noch als Bild abgebildet, weil keine einheitlich formatierten Dateien zur Verfügung stehen und das Neuformatieren von -zigtausend Vertragstextseiten aus Kapazitätsgründen nicht leistbar ist. Die Übernahme elektronisch (amts-)signierter Dateien ist, da pro Vertrag meist über ein halbes Dutzend Unterschriften vorhanden sind (jene des/der SVT, des HVB und der Standesvertretung), noch Zukunftsmusik, wäre aber leistbar.
[14]
Übersichtsebenen gliedern die Speicherung bis auf die Ebene der einzelnen Texte:
Abbildung 3: Detailübersichtsebene der Gesamtvertrags-Kundmachungen

4.1.

Ältere Gesamtverträge 1948 – 2009 ^

[15]
Ältere Gesamtverträge wurden in der Fachzeitschrift SozSi abgedruckt, es waren auch Publikationen in der «Wiener Zeitung» vereinbart.19 Die Fundstellen der Texte in der SozSi sind in einer Tabelle «Liste von Gesamtverträgen 1948 bis 2009» veröffentlicht und im ANNO auffindbar.

4.2.

Kompilierte Fassungen ^

[16]
Nach § 645 Abs. 3 ASVG hat der HVB auch kompilierte Fassungen von GesV zu veröffentlichen. Dies geschieht auf technisch gleiche Weise, aber getrennt von den tatsächlichen Vertragstexten. Kompilationen, die nicht formell als GesV vereinbart wurden, sind ebenso Arbeitstexte wie Gesetzesausgaben der Fachverlage des Rechts- und Wirtschaftslebens, nicht Ersatz für die tatsächlichen Verträge. Kompilationen bestehen aus mehreren Vertragstexten (Stammfassung + Zusatzvereinbarungen), zusammengeführt auch von Nichtvertragspartnern und ohne Herstellung einer vertraglichen Einigung. Kompilierte Fassungen tragen keine Unterschriftsangabe (wohl aber aus Gründen technischer Sicherheit ebenfalls die Amtssignatur). Eine Unterschriftsangabe könnte Fehlschlüsse dahin auslösen, die unterzeichnenden Personen hätten eine Einigung über den Vertragstext der kompilierten Fassung dokumentiert, was nie der Fall ist. Die Kompilation ist kein selbständiger Geltungsgrund für einen GesV-Text.

5.

Unterschrift der Kundmachungsverlautbarung ^

[17]
Die kundgemachten Texte sind Verträge, die nach ABGB durch Einigung zwischen den Vertragspartnern zustande kommen. Diese Einigung wird durch die Unterschriften der jeweilig zeichnungsberechtigten Personen (auf Basis der entsprechenden internen Vorstands- usw. Beschlüsse) dokumentiert. Die Veröffentlichung ist keine Voraussetzung für das rechtsgültige Zustandekommen der Verträge, sondern eine zusätzliche Aufgabe (nicht der Vertragspartner, sondern) des HVB. Dem entsprechend werden die Kundmachungen auch nicht (nochmals) von Vertretern der vertragsschließenden Parteien unterzeichnet, sondern nur im Begleittext von MitarbeiterInnen aus den Rechts- und Vertragspartnerabteilungen des HVB, die hiefür nach § 14 Abs. 2 dessen Satzung20 ausdrücklich ermächtigt wurden. Diese Ermächtigung ist auf Basis der Delegierung von Aufgaben gemäß § 456a Abs. 3 ASVG21 durch Dienstanweisung des Generaldirektors des HVB ausgeführt.22 Die Übereinstimmung des Kundmachungstextes mit der händisch unterschriebenen Fassung der Texte wird durch Amtssignatur (der .html-Fassung) und Angabe des Namens dokumentiert.23 Dies entspricht der Organisationsform, die bei den anderen Verlautbarungen der SV und beim BGBl. eingehalten wird. Die Amtssignatur dokumentiert die Unverfälschtheit (Integrität) und Echtheit (Authentizität) der Texte als öffentliche Urkunden (§ 20 E-Gov-G).

6.

Was nicht kundgemacht wird ^

6.1.

Lieferverträge einzelner Unternehmer oder Gesundheitsdiensteanbieter ^

[18]
§ 338 Abs. 1 letzter Satz ASVG lautet:«Die Verträge sowie allfällige Änderungen und Zusatzvereinbarungen sind vom Hauptverband im Internet zu veröffentlichen.» Diese Formulierung wurde dahin verstanden, dass nicht nur die GesV sondernalle Vertragstexte zu publizieren wären. Damit würden auch z.B. Verträge über Sauerstoffflaschen, die ein SVT mit einem einzelnen Unternehmer i.Z.m. der Versorgung von Patienten abschließt, öffentlich zugänglich. Ein Unternehmen, das mit einem SVT irgendeinen Vertrag schließt, würde davon auszugehen haben, dass sein Vertrag seinen Konkurrenten kostenlos zugänglich wäre. Aus Unternehmensverträgen lassen sich für Brancheninsider Informationen über Kalkulationsgrundlagen ableiten. Ein Unternehmen, welches einen Vertrag mit einem SVT eingeht, hätte daraus Wettbewerbsnachteile zu erwarten – mit gutem Grund ist auch im Vergaberecht vorgesehen, dass Bieterunterlagen vertraulich zu halten sind (§ 23 Abs. 1 BVergG 2006). Es kann dem Sozialversicherungsrecht nicht unterstellt werden, durch überschießende Veröffentlichungsvorschriften Wettbewerbsnachteile zu Lasten der Lieferanten der SVT erzeugen zu wollen.
[19]
Derzeit wird davon ausgegangen, dass der Begriff «Verträge» in § 338 Abs. 1 Schlusssatz teleologisch auf «Gesamtverträge» zu reduzieren ist. Es werden bis auf Weiteres nur GesV veröffentlicht, nicht aber auch Verträge, die keine Normwirkung auf Dritte entfalten. Das Interesse des einzelnen Vertragspartners am Schutz seiner Unternehmensgebarung wird höher eingestuft als das Interesse der Öffentlichkeit an der Kenntnis dieser Verträge.

6.2.

Gesamtverträge der Krankenfürsorgeanstalten ^

[20]
Die Gesamtverträge der KFA werden im vorliegenden System nicht verlautbart. Die (derzeit 1524 ) KFA sind keine SVT. Sie gehören nicht dem HVB an und es bestehen über einzelne Anrechnungsbestimmungen25 hinaus nur wenige rechtliche Berührungspunkte, weil es sich dabei um Einrichtungen nach dem (Beamten-)Dienstrecht von Ländern und Gemeinden handelt.26 Soweit für KFA allerdings Gesamtverträge bestehen, sind diese inhaltlich den Gesamtverträgen der KVT ähnlich (bis auf die wegen anderer Beitragsbestimmungen auch anderen Honorartarife). Die Verträge sind teilweise über die Websites der Ärztekammern zugänglich.27

7.

Literatur ^

Kandlhofer, J./Souhrada, J., Verträge zwischen ABGB und Verfassungsrecht, Vertragspartnerrecht der Sozialversicherung im Lichte einiger Entscheidungen des VfGH, In:Kuras, G./Neumayr, M./Spenling, A., Beiträge zum Arbeits- und Sozialrecht. FS Bauer-Maier-Petrag, Verlag Manz, Wien, S. 429-446 (2004).

Dragaschnig, A./Souhrada, J. , Schiedskommissionen und Vertragspartnerrecht in der österreichischen Sozialversicherung, ÖGB-Verlag, Wien (1983).

Österreichische Nationalbibliothek, ANNO (Austrian Newspapers Online), Zeitschrift für Soziale Sicherheit.http://anno.onb.ac.at , aufgerufen: 12. Januar 2011 (enthält die Originale der SozSi ab 1948 einschließlich früherer Vertragskundmachungen).

Dokumentation des österreichischen Sozialversicherungsrechts, SOZDOK , Mustergesamtvertrag,www.sozdok.at , aufgerufen: 12. Januar 2011.



Michaela Gmoser, Josef Souhrada, Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger, Kundmanngasse 21, 1030 Wien, AT,recht.allgemein@hvb.sozvers.at ,www.avsv.at


  1. 1 Gesundheitsdiensteanbieter (GDA), unabhängig davon, ob Freiberufler, Gewerbetreibende oder sonstige Selbständige: Ärzte, Zahnärzte, Apotheker, Hebammen, Optiker, Bandagisten, Orthopädietechniker, Psychotherapeuten, Psychologen, bestimmte Privatkrankenanstalten (§ 349 Abs. 2a ASVG), Gruppenpraxen, Dentisten usw. Zum (datenschutzrechtlich ausgeformten) Begriff vgl. § 2 Z. 2 GesundheitstelematikG (Art. 10 GesundheitsreformG 2005), BGBl. INr. 179/2004 .
  2. 2 Die anderen Sozialversicherungsgesetze bzw. die Regeln der Krankenfürsorgeanstalten (keine SVT, § 2 Abs. 1 Z. 2 BKUVG) enthalten inhaltlich gleiche Regeln bzw. verweisen auf das ASVG: § 193 GSVG, § 181 BSVG, § 128 BKUVG, § 15 SatzungKFAWien usw. Darauf wird in der Folge nur bei Bedarf eingegangen.
  3. 3 Öffentlich-rechtlich organisierte Kammern wie Ärztekammer, Zahnärztekammer, Apothekerkammer, Hebammengremium, Wirtschaftskammer oder freiwillige Interessenvertretungen (Vereine): § 341, 348a, 349 ASVG, allenfalls Festsetzung durch die Bundesschiedskommission nach § 348 ASVG. Der HVB ist einerseits in diesen Zusammenhängen gesetzlicher Vertreter der SVT, in den Verträgen werden andererseits oft auch Beziehungen des HVB bzw. des SVT zur Standesvertretung gestaltet (sogenannter «obligatorischer Teil» eines GesV).
  4. 4 §§ 881, 936 ABGB;Kletter, M. inSonntag, M. , ASVG1 2010, § 341 Rz. 24.
  5. 5 Vgl. VfSlg. 17.023 –Hauptverband und VfSlg. 17.172 –Ausgleichsfonds : Weder HV noch z.B. eine ÄK wären demokratisch legitimiert, Normen für Patienten zu setzen. Verträge zu Lasten Dritter sind schon nach § 880a ABGB für jene unwirksam. Verbindliche Anordnungen müssen in der Form eines bundesverfassungsgesetzlich vorgesehenen Gestaltungsmittels getroffen werden, GesV sind kein solches Mittel.
  6. 6 Neun GKK (eine pro Bundesland), SVB, BVA, VAEB, SVAgW und sechs BKK (wenige Großunternehmen).
  7. 7 www.sozdok.at , bei Suchbegriffen MGV eingeben.
  8. 8 Weil ab 1972 auch die umfangreichen Dienstordnungen zu verlautbaren waren, SVSlg. 21.206, VwSlg. 5455.
  9. 9 Wie dies beiWelser, R., Das Zivilrecht und das Dreiecksverhältnis zwischen SVT, Arzt und Patient, vertreten wird, vgl.Kletter, M. inSonntag, M. , ASVG1 2010, § 341 Rz. 22 ff.
  10. 10 §§ 338 und 348 ASVG (jeweils Abs. 1 letzter Satz) durch das 3. Sozialrechts-Änderungsgesetz 2009 – 3. SRÄG 2009 (70. ASVGNov), BGBl. I Nr. 84/2009, ab 1. Juli 2010 (§ 645 Abs. 1 Z. 3 ASVG); Materialien: EBzRV 197 BlgNR XXIV. GP, Seite 8. Die Veröffentlichung der kompilierten Fassungen von Gesamtverträgen ist in § 645 Abs. 3 ASVG geregelt.
  11. 11 BGBl. I Nr. 100/2003.
  12. 12 Vgl. §§ 17 bis 22 JournalistenG BGBl. Nr. 88/1920 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 178/1999. Für Kollektivverträge: § 14 ArbVG, BGBl. Nr. 22/1974 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 563/1986 (Hinterlegung, Kollektivvertragskataster, Registernummern, Kundmachung im «Amtsblatt zur Wiener Zeitung», Übermittlung an Gerichte usw.).
  13. 13 §§ 21 bis 27 VerwertungsgesellschaftenG 2006, BGBl. I Nr. 9/2006, z. B. für die Bundesinnung der Fotografen über die Betreibervergütung unterwww.literar.at/dwn/nu/rep/GV_Betreiberverguetung.pdf , aufgerufen: 15. Januar 2011.
  14. 14 Jahnel, D. , «Möglichkeiten der Publikation des Sozialversicherungsrechts» In:Bundesministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales (Hrsg.): ASVG – Neue Wege für die Rechtsetzung: Verlag Österreich, Juristische Schriftenreihe Band 138, Wien 1999, S. 251-341 (hier: 331 ff.).
  15. 15 Souhrada, J., Rechtsverbindliche Kundmachung im Internet – www.avsv.at. In:Schweighofer, E./Menzel, T./Kreuzbauer, G., IT in Recht und Staat. Aktuelle Fragen der Rechtsinformatik 2002. Verlag Österreich Wien 2002, S. 175-189.Souhrada, J., Authentische Kundmachung im Internet – Erfahrungen im ersten Jahr 2002. In:Schweighofer, E./Menzel, T./Kreuzbauer, G./Liebwald, D., Zwischen Rechtstheorie und e-Government. Aktuelle Fragen der Rechtsinformatik 2003. Verlag Österreich Wien 2003, S. 223-230.Souhrada, J./Roth, W. , IT in Recht und Staat. Vom Papier zum Internet. In:Wimmer, M., Quo vadis e-Government: State-of-the-art 2003. books@ocg.at, Band 165 Verlag der OCG Wien 2003, S. 244-254. Allgemein sieheSouhrada, J., «www.avsv.at – Amtliche Verlautbarungen im Internet» SozSi 2002, S. 6-18.
  16. 16 So ausdrücklich OGH 23. 3. 2010 10 ObS 157/09z:«Mit der Sozialversicherungs-Internetkundmachungsverordnung (SV-InternetKV) wird durch Kundmachung der konkreten Internetadresse die Anordnung des § 455 Abs 1 ASVG, dass die Satzungen ‚im Internet zu verlautbaren’ sind, näher geregelt. Von Normen, ‚die irgendwo im Internet’ gefunden werden können, kann somit keine Rede sein.» Auch der VfGH hatte bereits mehrfach Kundmachungen dieser Art zu behandeln, wobei sich keine Bedenken gegen das Verlautbarungssystem ergaben (vgl. bereits VfSlg. 6460: «… für die Annahme einer Erstarrung eines technischen Vorganges der Kundmachung besteht kein Anhaltspunkt.»).
  17. 17 Gmoser, M., AVI 2008: Verlautbarungen der Sozialversicherung im Internet, Neugestaltung. Abstract:http://e-government.adv.at/2008/pdf/Gmoser_e-GovernmentKonferenz_20080528.pdf , aufgerufen: 15. Januar 2011.
  18. 18 Im Unterschied zu ursprünglichen Vorgangsweise inwww.avsv.at wird seit 2008 aus technischen Gründen auch bei den amtlichen Verlautbarungen nicht mehr die .pdf-Datei signiert, sondern die .html-Datei (siehe auch die Vorgangsweise des RIS beim BGBl. inwww.ris.bka.gv.at/Bgbl-Auth/ , aufgerufen: 12. Januar 2011, die vier Dateiversionen desselben Textes anbietet).
  19. 19 § 9 Abs. 3 lit. e iVm § 70 Abs. 1 lit. h SV-ÜG, vgl. SozSi Heft 4/1948, Seite 22http://anno.onb.ac.at/cgi-content/anno-plus?apm=0&aid=sos&datum=19480014&seite=00000022&zoom=2 , aufgerufen: 12. Januar 2011.
  20. 20 Bei Redaktionsschluss geltend in der Fassung der Kundmachung avsv Nr. 4/2006.
  21. 21 Bei Redaktionsschluss geltend in der Fassung der Kundmachung des Anhanges zur Geschäftsordnung des Verbandsvorstandes avsv Nr. 110/2009.
  22. 22 Bei Redaktionsschluss war dies die besondere Dienstanweisung Nr. 334 vom 24. 6. 2010.
  23. 23 In der Form des BGBl., also ohne Vornamen und Titel.
  24. 24 Auflösung der (bisher 16.) KFA Bregenz: Sitzung der Stadtvertretung der Landeshauptstadt Bregenz am 14. Oktober 2010, TOP 2.
  25. 25 § 121 Abs. 4 Z. 2 und 4, § 123 Abs. 1 Z. 2 ASVG.
  26. 26 VfSlg. 6181, 16.767, 17.260.
  27. 27 Gesamtvertrag der KFA Wienwww.aekwien.at/index.php/aerztlichetaetigkeit/honorare/kfa , aufgerufen: 12. Januar 2011.