1.
Einleitung ^
2.
Forschungsansatz ^
- Wodurch zeichnet sich die (Geschäfts-)Prozessstruktur einer Forschungseinrichtung aus und wie lässt sich aus deren Ausgestaltung ein standardisierbares IT-Produktangebot in Form von IT-Services ableiten?
- Leisten die bestehenden Modelle und Ansätze aus dem IT-Service-Management ausreichende Erklärungsmuster zur Gestaltung, Optimierung und Neuausrichtung von IT-Organisationen in Forschungseinrichtungen oder bedingen die spezifischen Organisationsformen in Forschungseinrichtungen besondere Reorganisationsmaßnahmen im Rahmen eines IT-Dienstleistungsmanagements?
3.1.
Besonderheiten und Struktur von Forschungsprozessen ^
Generell lassen sich folgende Prozessarten unterscheiden: (1) Kern- bzw. (Geschäfts-)Prozesse, die sich aus den organisationsspezifischen Kernkompetenzen11 ableiten, einen direkten Nutzen für den Adressaten haben, einen messbaren Beitrag zur Wertschöpfung leisten und damit strategisch vorteilhaft sind.12 Im Kontext von Forschungseinrichtungen sind die Prozesse als Kernprozesse zu bezeichnen, deren Ausführung einen messbaren Beitrag zur Schaffung von Erkenntnisgewinn (als zentrales Ziel einer Forschungseinrichtung) im Sinne der spezifizierten Zielerreichung (Bohr/Pasteur/Edison) leisten. Ein typischer naturwissenschaftlicher Forschungsprozess ist im Folgenden abgebildet (vgl. Abbildung 1).
(2) Zusätzlich zu dem Kernprozess der Forschung werden daher auch Forschungsmanagementprozesse in Abhängigkeit ihrer Relevanz für unterschiedliche Forschungsbereiche als optionale Kernprozesse definiert:
- Drittmittelakquise: Informationsbeschaffung: Beobachten der Förderlandschaft und kontinuierliche Aktualisierung der Informationssammlung (Ausschreibungen unterschiedlicher Institutionen, Links, Datenbanken, Preise)14 , ggf. Antragstellung.
- Wissenstransfer und Recruiting: Wissenschaftliche Veröffentlichungen, Lehrtätigkeit von Wissenschaftlern, Ausbildung von Studenten und Wissenschaftlern innerhalb der FE, Vertretung in wissenschaftlichen Gremien.
- Kooperation und Netzwerkkoordination: Kooperationen mit über- oder untergeordneten Einheiten der Forschungseinrichtung oder anderen Akteuren (Industrie, Universitäten, andere Institutionen) planen, steuern und kontrollieren, Vertragsmanagement.
- Technologietransfer: Nutzbarmachung eigener Forschungsarbeiten für Dritte (meist für die Anwendung im Entwicklungs- oder Produktionsprozess), insbesondere durch Lizenz- und Patentmanagement, befristete Nutzung besonderer Forschungsgeräte der Forschungseinrichtung, Beratungsdienstleistung, Vertragsmanagement.
- Öffentlichkeitsarbeit. Corporate Design, Pressedienst, Besucherservice, Bildungsangebote.
- Zentrale Informationsdienste: Infrastruktur (Nutzung von Bibliotheken der Forschungseinrichtung, Datenbanken, Bildbearbeitung, Rechen-/ Speicherkapazitäten, etc.).
- Allgemeine Verwaltung: Beschaffung, Haushalt (z.B. Projektadministration (Antragstellung, Ressourcenplanung und -abrechnung, Berichtswesen steuern und kontrollieren), Personal, Controlling.
- Facility Management: Betreuung der Gebäudetechnik, Wartung der technischen Gerätschaften.
- Informationstechnologie: Gesamtheit der zur Speicherung, Verarbeitung und Kommunikation zur Verfügung stehenden Ressourcen sowie die Art und Weise, wie diese Ressourcen organisiert sind (vgl. Krcmar, 2010, S.30).
3.2.
Beispielhafte Ausgestaltung des Kernprozesses Forschung für das Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf (HZDR) ^
Die Großgeräte sind hier einerseits in der engen Sicht als Sachmittel für den Kernprozess (Kernprozess naturwissenschaftliche Forschung plus eine Prozessvariante) definiert, indem sie als ein Bestandteil zur Sicherstellung der Erbringung des internen Forschungsprozesses dienen. Großgeräte des HZDR können jedoch auch von externen Wissenschaftlern genutzt werden. Die Bereitstellung von Großgeräten (und zentraler Informationsdienste) ist in diesem Fall eine Dienstleistung mit der Wertigkeit eines optionalen Kernprozesses. Eine Definition als eigenständige Leistung der auF hat in der Folge auch Auswirkungen auf das Leistungsangebot der IT, da in diesem Fall die Bereitstellung als eigenständiger (IT-)Service zu definieren ist. Damit wird deutlich, dass die Prozesse einer auF und ihre Kombinationen Auswirkungen auf das IT-Service Portfolio einer auF haben.
4.1.
Die Bedeutung der Prozesslandkarte für die Ausgestaltung der IT-Services ^
4.2.
Prozessorientierte Gestaltung von IT-Services ^
(1) | Unabhängig vom Forschungsauftrag existiert ein Minimalset an Anforderungen aus jedem Forschungsprozess bzw. jeder Prozessvariante, das als Schablone eine IT-organisationsweite IT-Servicegestaltung erlaubt (Beispiel IT-Basis-Services wie PC-Arbeitsplatz oder elektronische Kommunikation). |
(2) | In Abhängigkeit vom Forschungsauftrag und unabhängig von der konkreten Prozessvariante bestehen für alle Forschungsprozesse einer auF gemeinsame fachliche Anforderungen an einen IT-Service. Beispiele hierfür stellen forschungsnahe IT-Services wie Hochleistungsrechnen (Messen, Simulation, Auswertung), Wissens- oder Recherche-Datenbanken dar. |
(3) | Schließlich bedingen spezifische Ausprägungen einer Prozessvariante in Kombination mit dem konkreten Forschungsauftrag eine variantenorientierte Ausgestaltung spezifischer IT-Services. Beispiele hierfür sind IT-Basis-Services in den Varianten mobiler Arbeitsplatz oder die Bereitstellung von Forschungsgroßgeräten für externe Nutzer. |
5.
Literatur ^
Buhl, H.U., Heinrich, B., Henneberger, M., Krammer, A. : Service Science. In: Wirtschaftsinformatik, Heft 50 (1), S. 60-65 (2008).
Bullinger, H.-J.; Scheer, A.-W. (Hrsg .): Service Engineering, Springer, Berlin Heidelberg (2003).
Jansen, D.: Neue Governance für die Forschung- Ein Überblick über die Beiträge zur Diskussion der Reformen im deutschen Wissenschaftssystem. In: Jansen, D. (Hrsg.), Neue Governance für die Forschung, Nomos, Baden-Baden, S. 11-20 (2009).
Krcmar, H.: Informationsmanagement. 5.Auflage. Springer, Berlin Heidelberg (2010).
Leimeister, J.M.; Glauner, C.: Hybride Produkte – Einordnung und Herausforderungen für die Wirtschaftsinformatik. In: Wirtschaftsinformatik, Heft 50 (3), S. 248-251 (2008).
OGC Office of Government Commerce: IT Infrastructure Library. Service Design, The Stationary Office, London (2007).
Stauss, B.; Engelmann, K.; Kremer, A.; Luhn, A. (Hrsg.): Services Science, Springer, Berlin Heidelberg (2008).
Stokes, D.E. : Pasteur’s Quadrant: Basic Science and Technological Innovation, Brookings Institution Press, Washington, D.C (1997).
Vahs, D. : Organisation. 6., überarbeitete und erweiterte Auflage, Schäffer-Poeschel, Stuttgart (2007).
Wald, A.; Franke, K.; Jansen, D.: Governance Reforms and Scientific Production Evidence from German Astrophysics. In: Jansen, D. (Hrsg.), New Forms of Governance in Research Organizations, Springer, Dordrecht (2007).
Walter, S.M.; Böhmann, T.; Krcmar, H .: Industrialisierung der IT-Grundlagen, Merkmale und Ausprägungen eines Trends. In: HMD Praxis der Wirtschaftsinformatik, Heft 256 (August 2007), S. 6-13 (2007).
Zarnekow, R.: Produktionsmanagement von IT-Dienstleistungen, Springer, Berlin Heidelberg (2007)..
Claudia Lemke, Professorin für Wirtschaftsinformatik, Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin (HWR), Fachbereich Duales Studium Wirtschaft und Technik, Campus Lichtenberg, Alt-Friedrichsfelde 60, 10315 Berlin, DE,claudia.lemke@hwr-berlin.de
Melanie Baier, Forschungsassistenz, Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin (HWR), Fachbereich Duales Studium Wirtschaft und Technik, Campus Lichtenberg, Alt-Friedrichsfelde 60, 10315 Berlin, DE,melanie.baier@hwr-berlin.de
- 1 Vgl. Jansen, 2009.
- 2 Im weiteren Verständnis unter dem Begriff Informationstechnik (IT) verwendet.
- 3 Vgl. Best-Practices wie ITIL (IT Infrastructure Library) sowie Standards/Normen am Markt wie z.B. ISO 20000.
- 4 Vgl. Buhl et al., 2008, Bullinger und Scheer, 2003, Stauss et al., 2008, Walter et al., 2007 und Zarnekow, 2007.
- 5 Vgl. Leimeister und Glauner, 2008.
- 6 Vgl. OGC, 2007.
- 7 Zu den auF in Deutschland gehören die Max-Planck-Gesellschaft (MPG), die Fraunhofer Gesellschaft (FhG), die Helmholtz Gemeinschaft deutscher Forschungszentren (HGF) und die Leibniz-Gemeinschaft (WGL).
- 8 Die steuernde Funktion der Preise, die Kunden für eine Leistung (nicht) zu zahlen bereit sind, wird im Forschungskontext – wie bereits erwähnt – durch die Ressourcenbereitstellung unterschiedlicher Stakeholder ersetzt. Im Wissenschaftssystem fehlt die unmittelbar steuernde Funktion der Preise wie im marktwirtschaftlichen Kontext. Die Steuerung erfolgt hier zwar nicht so unmittelbar und zeitnah wie unter Marktbedingungen, hat aber mittelbar die gleiche Funktion.
- 9 Vgl. Stokes, 1997.
- 10 Hierbei handelt es sich um eine stilisierte Klassifizierung der drei Forschungstypen: So gibt es zum einen von Natur aus viele Forschungseinrichtungen, die an Schnittstellen zweier Quadranten agieren. Zudem haben die wettbewerblichen Instrumente aktueller Forschungspolitik dazu geführt, dass viele Forschungseinrichtungen ihre Aktivitäten in andere Forschungsbereiche ausdehnen.
- 11 Kernkompetenzen bilden den Wettbewerbsvorteil ab, den eine Organisation gegenüber anderen hat, indem sie Ressourcen und Fähigkeiten so (effizient) kombiniert, dass sie einen schwer imitierbaren, nicht substituierbaren Mehrwert für den Kunden bzw. Adressaten der Leistungserbringung erzeugen kann. Merkmal von Kernprozessen ist daher, dass sie Schnittstellen zu den Adressaten der Leistung (ggf. identisch mit dem Bereitsteller von Ressourcen) aufweisen.
- 12 Vgl. Vahs, 2007, S. 230 und Becker und Meise, 2003, S. 131.
- 13 Vgl. Wald et al., 2007, S. 217.
- 14 Z.B. Nachwuchsförderung, nationale und EU-weite Fördermöglichkeiten.