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Die elektronisch-authentische Kundmachung von Rechtsnormen in der Schweiz

  • Author: Marius Roth
  • Category: Short Articles
  • Region: Switzerland
  • Field of law: Rechtsinformation & Juristische Suchtechnologien
  • Collection: Conference proceedings IRIS 2012
  • Citation: Marius Roth, Die elektronisch-authentische Kundmachung von Rechtsnormen in der Schweiz, in: Jusletter IT 29 February 2012
Im Folgenden soll ein Überblick über die Rechtslage im Bereich der authentischen Publikation in der Schweiz, unter besonderer Berücksichtigung der elektronisch authentischen Veröffentlichung, vermittelt werden (Ziff. 2). Anschließend werden im Rahmen eines kurzen Ausblicks die aktuellen Entwicklungen im Bereich der authentisch-konsolidierten Publikation erläutert (Ziff. 3).

Inhaltsverzeichnis

  • 1. Einführung
  • 2. Die authentische Publikation
  • 2.1. Einige Bemerkungen zur Publikationspraxis
  • 2.2. Überblick über die aktuelle Rechtslage im Bund und in den Kantonen
  • 2.3. Die elektronisch-authentische Publikation im Besonderen
  • 3. Ausblick: authentische-konsolidierte Publikation

1.

Einführung ^

[1]

Die Frage der authentischen Publikation (Kundmachung1) genießt in der schweizerischen Lehre – zu Unrecht – eine untergeordnete Bedeutung, was möglicherweise auch daran liegt, dass die Rechtsunterworfenen dem Staat gegenüber ein Grundvertrauen bzw. eine „Obrigkeitsgläubigkeit“ entgegenbringen, was eine genaue Regelung dieser Problematik als entbehrlich erscheinen lässt. Der Begriff „authentisch“ wird in der Schweizer Publikationsgesetzgebung und -praxis so gut wie nie verwendet; stattdessen spricht man von der „maßgebenden“ Fassung eines Erlasses (Rechtsvorschrift). 2

[2]
Das Thema der authentischen Publikation umfasst in der Schweiz zwei Aspekte: Einerseits fragt sich, wo bzw. in welchem Publikationsorgan eine Rechtsvorschrift veröffentlicht werden muss, damit sie als „maßgebend“ gilt. Angesprochen ist hier das Verhältnis zwischen den zwei wichtigsten Publikationsorganen für Rechtsnormen, nämlich der nicht-konsolidierten, amtlichen (chronologischen) Rechtssammlung und der konsolidierten, sog. systematischen Rechtssammlung.
[3]
Andererseits gilt es herauszufinden, welche Form der Veröffentlichung als „maßgebend“ erklärt wird. Diese Frage bezieht sich auf das Verhältnis zwischen der traditionellen, gedruckten Publikation und der elektronischen Veröffentlichung. Beide Aspekte betreffen die Frage, welche Fassung einer Rechtsnorm gelten soll, falls im Rahmen der Rechtsanwendung Differenzen zwischen zwei publizierten Versionen der betreffenden Vorschrift festgestellt werden.
[4]
Wie noch zu zeigen sein wird, besteht in beiden Fällen eine große Diskrepanz zwischen der materiellen Rechtslage und der Praxis.

2.

Die authentische Publikation ^

2.1.

Einige Bemerkungen zur Publikationspraxis ^

[5]

In der Schweiz ist jede der drei Staatsebenen, d.h. der Bund, die einzelnen Kantone und die Gemeinden, zuständig für die Publikation ihrer Erlasse. Ordentliches Publikationsorgan ist sowohl im Bund wie auch in den Kantonen die amtliche bzw. chronologische Rechtssammlung3. Darin werden neue Rechtsvorschriften sowie Änderungen (Novellierungen) und Aufhebungen bestehender Rechtsvorschriften chronologisch aufgeführt. Die Aufnahme eines Erlasses in die chronologische Sammlung bewirkt den Eintritt der Rechtsverbindlichkeit (vgl. für den Bund Art. 8 Abs. 1 PublG4). Dies bedeutet auch, dass die in der chronologischen Sammlung veröffentlichten Rechtsvorschriften als bekannt vorausgesetzt werden (Kenntnisfiktion).

[6]
Eine Besonderheit der schweizerischen Publikationspraxis besteht darin, dass die meisten in den amtlichen bzw. chronologischen Sammlungen veröffentlichten Rechtsvorschriften zusätzlich in einem weiteren Publikationsorgan, der sog. systematischen Rechtssammlung, publiziert werden. Sowohl der Bund wie auch die einzelnen Kantone verfügen jeweils über eine solche Sammlung. Darin werden die zu einem bestimmten Stichtag bereinigten und nach Sachgebieten geordneten Erlasse des betreffenden Gemeinwesens aufgenommen. Im Gegensatz zur chronologischen Sammlung werden die in der systematischen Sammlung veröffentlichten Rechtsvorschriften periodisch nachgeführt und konsolidiert5 . Die Bedeutung der systematischen übertrifft in der Praxis bei weitem jene der chronologischen Rechtssammlungen6 .
[7]
Was die Form der Veröffentlichung anbelangt, so werden die Rechtsvorschriften des Bundes und der allermeisten Kantone sowohl in gedruckter wie auch in elektronischer Form zur Verfügung gestellt7 .

2.2.

Überblick über die aktuelle Rechtslage im Bund und in den Kantonen ^

[8]
Trotz der eminenten praktischen Bedeutung der konsolidierten, systematischen Rechtssammlungen wird sowohl im Bund wie auch in den meisten Kantonen der in der chronologischen Sammlung publizierte Text als allein „maßgebend“ erklärt. Dies bedeutet, dass bei allfälligen Differenzen zwischen der in der systematischen und der in der chronologischen Rechtssammlung veröffentlichten Fassung einer Rechtsvorschrift, der in der chronologischen Rechtssammlung publizierte Text ausschlaggebend ist.
[9]
Auf Bundesebene wird dieser Grundsatz in Art. 9 des Publikationsgesetzes festgehalten. Dieselbe Bestimmung verankert auch den Vorrang der gedruckten gegenüber der elektronischen Veröffentlichung. Interessant ist jedoch die Tatsache, dass – als einzige Ausnahme auf Bundesebene – beim Schweizerischen Handelsamtsblatt8 – bereits seit 2006 die elektronische und nicht die gedruckte Fassung maßgebend ist9 .
[10]
Die kantonalen Regelungen erweisen sich als sehr heterogen, so dass die Rechtslage spannender ist: Teilweise regeln die Kantone die Frage nach der jeweils verbindlichen Fassung explizit. In der Regel wird in diesen Fällen die gedruckte Fassung der chronologischen Sammlung als maßgebend erklärt. Eine Ausnahme bildet der Kanton Jura, der die systematische (konsolidierte) Sammlung als ausschlaggebend bzw. maßgebend erklärt. Andere Kantone sehen lediglich die Maßgeblichkeit der nicht konsolidierten Rechtssammlung vor, ohne jedoch zwischen der elektronischen und der gedruckten Fassung zu unterscheiden. In diesem Fall müssten beide Fassungen als in gleicher Weise verbindlich gelten. Oft veröffentlichen jedoch die betroffenen Kantone auf ihren Webseiten Hinweise, wonach die Maßgeblichkeit der Internet-Publikation auf der entsprechenden Webseite bestritten wird.
[11]

Die Maßgeblichkeit mehrerer „Fassungen“ einer Rechtsnorm ist in der Schweiz nichts Ungewöhnliches: Eine analoge Rechtslage besteht bereits bei Rechtsvorschriften mehrsprachiger Gemeinwesen, namentlich des Bundes, wo die Rechtsvorschriften stets in den drei Amtssprachen Deutsch, Französisch und Italienisch publiziert werden, wobei alle drei Sprachfassungen gleichermaßen verbindlich sind. Ähnlich ist die Rechtslage in den drei zweisprachigen Kantonen Freiburg, Bern und Wallis10. Bei Differenzen zwischen den verschiedenen Sprachfassungen muss der Richter bzw. die rechtsanwendende Behörde durch Auslegung den wahren Sinn der betreffenden Rechtsvorschrift bzw. den Willen des Gesetzgebers ermitteln. Diese Praxis kann problemlos für die Lösung allfälliger Konflikte zwischen der elektronischen und der gedruckten Fassung einer Rechtsvorschrift beigezogen werden, zumal die möglichen Abweichungen bei verschiedenen Publikationsmedien naturgemäß geringer ausfallen sollten als bei unterschiedlichen Sprachfassungen, bei welchen die Gefahr falscher oder unpräziser Übersetzungen hoch ist.

[12]
Schließlich verfügt eine weitere Gruppe von Kantonen über gar keine Regelungen in Bezug auf die Maßgeblichkeit der Rechtsvorschriften. In diesen Kantonen kann anhand der rechtsstaatlichen Grundsätze wie dem Legalitätsprinzip, dem Willkürverbot oder dem Vertrauensschutz ermittelt werden, welche Fassung einer bestimmten Rechtsvorschrift verbindlich ist. Deshalb wäre es grundsätzlich möglich, dass das Vertrauen eines Rechtsunterworfenen, z.B. in eine falsch publizierte, konsolidierte elektronische Fassung einer Rechtsvorschrift, geschützt würde. Mit anderen Worten steht das maßgebliche Recht zum Beweis offen und der Richter muss gegebenenfalls das richtige Recht durch Auslegung ermitteln. Allerdings sind diese Überlegungen eher theoretischer Natur: Streitfälle aus der Praxis sind dem Autor nicht bekannt.
[13]
So betrachtet, kann man annehmen, dass einzelne Kantone bereits implizit, mangels Bestreitung der Maßgeblichkeit, auch eine „elektronisch authentische“ Publikation kennen.
[14]

Der erste Kanton, der seine Rechtsvorschriften elektronisch authentisch publizierte, war der Kanton Waadt, wobei die Art und Weise, wie es dazu kam, eher ungewöhnlich war: Gemäß dem waadtländischen Publikationsgesetz ist das amtliche Publikationsorgan der sog. „recueil des lois“11, übersetzt „Gesetzessammlung“. Gemäß einem Beschluss der Staatskanzlei verzichtet sie jedoch auf die Herausgabe dieses Publikationsorgans und veröffentlicht auch sonst keine gedruckten Rechtsvorschriften mehr. Die einzig verfügbare Rechtsquelle bildet in diesem Kanton die im Internet veröffentlichte Erlasssammlung, die mangels Alternativen faktisch zum maßgebenden Publikationsorgan wurde. Mit Blick auf die Rechtssicherheit ist eine derartige Praxis jedoch problematisch. Zu begrüßen wäre deshalb die Schaffung einer gesetzlichen Grundlage.

[15]

Seit dem 1. Januar 2012 verfügt der Kanton Aargau als einziger Kanton über eine gesetzliche Regelung, welche die vollständige elektronisch authentische Publikation der Rechtsvorschriften, unter Verzicht auf die Herausgabe einer gedruckten Rechtssammlung, vorsieht12. Im Gegensatz zu Österreich13, werden auch keine beglaubigten Sicherheitskopien ausgedruckt und archiviert, weil dies die Geltung der elektronischen Fassung zumindest wieder in Frage stellen würde.

2.3.

Die elektronisch-authentische Publikation im Besonderen ^

[16]
Wie bereits gesehen, wird auch in vielen Kantonen die Publikation in Papierform gegenüber der weitaus bedeutenderen elektronischen Veröffentlichung nach wie vor rechtlich privilegiert, so dass einmal mehr festgestellt werden muss, das Recht und Praxis erheblich von einander abweichen.
[17]
Der Kanton Aargau ist derzeit der einzige Kanton, der seit kurzem seine Rechtsvorschriften gestützt auf eine gesetzliche Grundlage nur noch elektronisch authentisch publiziert. Der Bund hatte im Rahmen der Vorarbeiten zum neuen Publikationsgesetz von 2005 die Aufwertung der elektronischen zur maßgebenden Fassung geprüft14 und sich schließlich entschieden, am bisherigen Vorrang der gedruckten Publikation festzuhalten.
[18]
In der Tat hatte die elektronisch authentische Publikation in der Schweiz immer einen schweren Stand: Der elektronischen Publikation wird offenbar nach wie vor eine gewisse Unzuverlässigkeit unterstellt, die bei der Veröffentlichung in Papierform nicht gegeben zu sein scheint. Konkret wird befürchtet, dass die elektronische Publikation leichter als die gedruckte durch Dritte verändert werden könnte.
[19]
In jüngster Zeit haben sich allerdings die Diskussionen um die Stellung der elektronischen Fassung, insbesondere in den Kantonen, intensiviert, was insbesondere mit den hohen Druckkosten und der schwindenden Abonnentenzahl der Papiersammlungen zusammenhängt.
[20]
Die Diskussion um die elektronisch authentische Publikation verläuft oft auf einer sehr theoretischen Ebene und es werden Anforderungen gestellt, die an die gedruckte Publikation nie gestellt worden waren. Dies ist erstaunlich, wenn man bedenkt, dass auch die Papierpublikation mit gewissen Risiken behaftet ist, die teilweise höher eingeschätzt werden können als im Falle der elektronischen Veröffentlichung: So kann bei Letzterer der ganze Produktionsvorgang einem sehr engen Kreis von Staatsangestellten anvertraut werden, die die elektronische Fassung selber, d.h. ohne Beizug Dritter, erstellen und publizieren. Bei der Erzeugung von Papierfassungen ist der Staat hingegen auf die Mitwirkung externer Personen, namentlich von Druckereien angewiesen. Fehler bzw. Unachtsamkeiten oder auch Manipulationen seitens dieser Personen können nicht ausgeschlossen werden.
[21]
Es steht jedoch außer Frage, dass die elektronisch authentische Publikation, Sicherheitsanforderungen zu genügen hat, die sie vor Fehlmanipulationen oder Eingriffen jeder Art hinreichend schützen und somit die Unverfälschtheit der so veröffentlichten Rechtsvorschriften gewährleisten. Ebenfalls hat auch der Rechtsunterworfene Anrecht auf einen Schutz vor allfälligen Manipulationen durch den Staat: So sollte auch verhindert werden, dass der Staat „böswillig“, ex post, Rechtsvorschriften in der elektronischen Fassung abändern und anschließend behaupten kann, die so modifizierte Fassung hätte seit jeher Geltung gehabt.
[22]
So hat sich auch der Kanton Aargau, als Pionier der elektronisch authentischen Publikation in der Schweiz, in seinem neuen Publikationsgesetz verpflichtet, „die Unveränderbarkeit der rechtsgültig publizierten Fassung (seiner Publikationsorgane) durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen.“ Die Formulierung wurde bewusst offen gehalten, damit die entsprechenden Publikationen bei Bedarf an den Stand der Technik angepasst werden können. Konkret wurde als Lösung eine digitale Signatur der veröffentlichten Rechtsvorschriften im PDF-Format gewählt. Mit einer solchen Signatur kann nachgewiesen werden, ob das Dokument seit dem Anbringen der Signatur verändert worden ist und ob der Unterzeichner, der die Authentizität garantiert, wirklich der betreffende Kanton ist.
[23]
Die PDF-Signatur drängt sich ganz besonders in der Schweiz deshalb auf, weil das PDF-Format seit Ende der 90er Jahre als Standard-Format für die Publikation der Rechtsvorschriften von Bund und Kantonen verwendet wird, so dass die Akzeptanz der Rechtssuchenden gegeben ist: Das Layout und die Gestaltung der elektronischen Fassung entsprechen der gedruckten Publikation. Im Gegensatz zu anderen Dokumentenformaten wie html oder XML, bietet PDF den Vorteil, dass die digitale Signatur im Standard fest vorgesehen ist und deshalb auch nativ unterstützt wird: Die gängigen Anzeigeprogramme prüfen i.d.R. direkt beim Öffnen der PDF-Datei deren digitale Signatur, ohne dass dazu spezielle Erweiterungen oder „Signatur-Prüfprogramme“ eingesetzt würden, die ohnehin keine Benutzerakzeptanz finden würden. Damit wird erreicht, dass die Signaturen effektiv (und implizit) überprüft werden; ein manipuliertes Dokument mit ungültiger Signatur würde in jedem Fall auffallen.
[24]
Die PDF-Signatur hat außerdem den großen Vorteil, dass sie immer wiederholbar bleibt; mit anderen Worten kann der Einzelne auch ein lokal gespeichertes Dokument oder ein Dokument, welches ihm per E-Mail übermittelt worden ist, jederzeit prüfen, was u.a. einen Datenaustausch zwischen mehreren Personen ermöglicht, wobei die Richtigkeit der Daten am Ende des Vorgangs überprüft werden kann15 .

3.

Ausblick: authentische-konsolidierte Publikation ^

[25]
Neben der Authentizität der elektronischen Fassungen wird in der Schweiz auch die Frage des Verhältnisses zwischen konsolidierten und amtlichen bzw. chronologischen Rechtssammlungen seit längerem intensiv diskutieren. Wie bereits erwähnt, sind in allen Kantonen mit Ausnahme von Jura sowie im Bund lediglich die chronologischen Sammlungen maßgebend. Diese werden in der Praxis jedoch kaum benutzt, weil hier die konsolidierten Sammlungen die wichtigste Informationsquelle bilden.
[26]
Einen Beitrag zur Lösung dieses Problems leistet das derzeit in vielen Kantonen für die Redaktion und die Publikation ihrer Rechtsvorschriften eingesetzte System LexWork. Dabei handelt es sich um ein umfassendes XML-Redaktionssystem, in welchem die Novellen nach dem sog. „tasmanischen Ansatz“ direkt durch Bearbeitung der konsolidierten Fassungen vorgenommen werden. Der eigentliche Novellentext wird ex post vom System vollautomatisch berechnet. Dank der zentralen Datenhaltung sämtlicher Rechtsvorschriften in einer Datenbank und der automatisierten Herstellung der verschiedenen Texte in konsolidierter oder nicht-konsolidierter Form, kann aus technischer Sicht kein uneindeutiges Konsolidierungsergebnis mehr vorliegen. Sowohl die konsolidierte als auch die nicht-konsolidierte Form sind schließlich bloß unterschiedliche Ansichten derselben Daten, jedoch aus unterschiedlichem Blickwinkel.
[27]
Dies führt automatisch zur Überlegung, ob zukünftig nicht doch die konsolidierte Fassung rechtsverbindlich sein sollte, zumal ja beide Fassungen dieselben Daten wiedergeben. Die Rechtsverbindlichkeit der konsolidierten Sammlungen würde auch der Bedeutung Rechnung tragen, die diese Publikationsorgane in der Praxis ohnehin schon haben.
[28]
Nach Ansicht des Autors ist es geradezu unverständlich, dass der Staat sich durch die aktuelle Publikationsgesetzgebung für eine fehlerhafte Konsolidierung exkulpieren kann. Selbst wenn diese Frage ebenfalls eher theoretischer Natur ist – was sich im Übrigen auch an der fehlenden Rechtsprechung zeigt – wäre es an der Zeit, dass der Staat auch für die Publikation des Rechts umfassend gerade stehen muss, so wie dies in anderen Fällen, beispielsweise bei fehlerhaften behördlichen Auskünften, gestützt auf den Vertrauensschutz möglich ist.
[29]
Dass die authentische konsolidierte Publikation ein gangbarer Weg ist, zeigt das Beispiel des Kantons Jura, in welchem seit 1979 die konsolidierte Rechtssammlung verbindlich ist.
  1. 1 Der Begriff der „Kundmachung“ ist in der Schweiz nicht gebräuchlich. Stattdessen werden die Begriffe „Publikation“ bzw. „Veröffentlichung“ als Synonyme verwendet.
  2. 2 Ausführlich zum Thema vgl.: Roth, M., Die Veröffentlichung von Rechtsnormen in der Schweiz, Diss., Bern (2011); der Autor bedankt sich bei Frau Dr.iur. Daniela Ivanov für die kritische Durchsicht des Manuskripts und die wertvollen Anregungen.
  3. 3 In einzelnen Kantonen ist die chronologische Rechtssammlung Bestandteil des allgemeinen amtlichen Publikationsorgans, dem sog. „Amtsblatt.“ Der Kanton Appenzell Innerrhoden verfügt über kein amtliches chronologisches Publikationsorgan.
  4. 4 Bundesgesetz über die Sammlungen des Bundesrechts und das Bundesblatt (Publikationsgesetz, PublG), SR 170.512.
  5. 5 Der Bund und eine Mehrheit der Kantone bemühen sich um eine tagesaktuelle Konsolidierung. Dies bedeutet, dass Rechtsnormen am Tag ihres Inkrafttretens auch in der konsolidierten Sammlung erscheinen. Dies ist bei rückwirkendem Inkrafttreten und ähnlichen Konstellationen naturgemäß nicht möglich.
  6. 6 Vgl. Roth, M./Ivanov, D., Verbesserungsmöglichkeiten im Bereich der Publikation des interkantonalen Rechts, in: LeGes 2009/2, S. 235 ff., S. 248.
  7. 7 Die Kantone Obwalden und Waadt verzichten auf eine gedruckte Fassung der systematischen Sammlung. In vielen Kantonen ist die elektronische Fassung der systematischen Sammlung aktueller als die gedruckte Fassung.
  8. 8 Das Schweizerische Handelsamtsblatt ist das amtliche Publikationsorgan von „Unternehmensanzeigen“, d.h. von Unternehmensgründungen, Mutationen, Konkursen usw.
  9. 9 Art. 9 Verordnung über das Schweizerische Handelsamtsblatt (Verordnung SHAB), SR 221.415.
  10. 10 Hingegen wird im dreisprachigen Kanton Graubünden die deutsche Sprache gegenüber dem Italienischen und dem Rätoromanischen bevorzugt.
  11. 11 Art. 3 Loi sur la législation vaudoise, RSV 170.51.
  12. 12 § 13 Gesetz über die amtlichen Publikationsorgane, SAR 150.600.
  13. 13 § 8 Abs. 3 Bundesgesetz über das Bundesgesetzblatt 2004 (Bundesgesetzblattgesetz).
  14. 14 Botschaft PublG BBl 2003 7716. Diese Überlegungen liegen somit knapp 10 Jahre zurück.
  15. 15 Dies ist beispielsweise bei der Lösung Österreichs nicht der Fall, weil dort stets ein „Signaturprüfdienst“ in Anspruch genommen wird, der nach einer „Signaturprüfung“ das „authentische“ Dokument jeweils nur anzeigt. Eine Überprüfung der Authentizität eines lokal gespeicherten Dokumentes ist damit nicht möglich. Zudem setzt der „Signaturprüfdienst“ ein Vertrauen in diesen Dienst voraus¨: Der Benutzer des Systems kann nicht nachvollziehen, ob überhaupt eine Signaturprüfung stattfindet und um was für eine Signatur es sich handelt. Er muss somit den Angaben der Webseite des BKA vertrauen.