1.
Einleitung ^
2.1.
Hierarchie und Heterarchie als leitende Koordinationsmodelle ^
- Grenzziehungen bestimmen über die Abgrenzungsmechanismen eines Koordinationsmodells, die eher durch Abgeschlossenheit oder Unabgeschlossenheit (Offenheit) gekennzeichnet sein können.
- Die Aufbaustruktur steht für die Beziehungen zwischen den Elementen eines Systems, die im hierarchischen Koordinationsmodell aus über- und untergeordneten Elementen bestehen können, oder im heterarchischen Koordinationsmodell aus einem Netzwerk gleichrangiger, vollständig miteinander verknüpfter Elemente.
- Der Kopplungsgrad der Handlungsketten gibt an, wie stark der Handlungsablauf (Prozesse) durch Vorgaben und Festlegungen reglementiert ist bzw. wie groß oder wie gering die Handlungsspielräume der Akteure sind.
- In der Aufbaustruktur und im Kopplungsgrad offenbart sich der Aspekt der Steuerung. Steuerung erfolgt über Strukturen, Prozesse, Zielvorgaben, die ihrerseits Ausdruck der Vorwegnahme durch Planung sind. Sie können Arbeitsabläufe effektiver und effizienter machen, sind für die Akteure aber auch mit Zwang verbunden.
- Der Hierarchie als Modell der Verregelung mit starkem Steuerungsanspruch. Die wichtigen Merkmale sind klare Grenzziehungen, Zentralität, Ungleichrangigkeit, Fremdsteuerung und ein hoher Kopplungsgrad (feste Kopplung) der Prozesse.
- Der Heterarchie als zurückhaltendes Organisationsmodell mit einem geringen Steuerungsanspruch. Merkmale sind Offenheit, Dezentralität, Gleichrangigkeit, Selbststeuerung und ein geringer Kopplungsgrad (lose Kopplung) der Prozesse.
2.2.
Indikatoren zur Ermittlung des leitenden Koordinationsmodells ^
- Grenzindikatoren beziehen sich auf die Grenzziehungen eines Systems, sie regeln was eingeschlossen ist und was ausgeschlossen bleibt. Praktisch geht es um den Zugriff, die Auswahl und die Erzeugung von Ressourcen, das Abstecken von Grenzen und im Übergang zu den Strukturindikatoren auch um die Regelung von Zuständigkeiten. Indikatoren sind der Grad der Offenheit bzw. Abgeschlossenheit eines Systems.
- Strukturindikatoren beziehen sich auf den strukturellen Aufbau und auf Prozesse. Praktisch geht es um die Organisation der Arbeitsteilung in der Bearbeitung von Aufgaben oder in der Umsetzung von Zielen. Wichtige Indikatoren sind der Kopplungsgrad in Prozessen (Handlungsketten) oder der Grad der Gleich- bzw. Ungleichrangigkeit in den Aufbaustrukturen. Der Kopplungsgrad gibt Auskunft über Entscheidungsspielräume im Projektverlauf und steht in engem Zusammenhang mit dem Grad der Kommunikation, da eine starke Verregelung den Abstimmungsbedarf minimiert und Kommunikation tendenziell ersetzt.
- Revisionsindikatoren beziehen sich auf die Anpassungsfähigkeit oder Beständigkeit eines Systems. Praktisch geht es um die Lern- und Innovationsfähigkeit, aber auch um die Fähigkeit eines Systems, stabile Strukturen zu gewährleisten. Indikatoren sind die Stabilität und Flexibilität sowie der Grad und Art der Komplexität.
2.3.
Koordinationsmodell, Umweltbeschaffenheit und Anforderungen ^
- White-box-Probleme sind von einfacher Beschaffenheit, da die Umwelt klar strukturiert, transparent und stabil ist. Vorgehensstrategien des hierarchischen Modells, da Ursache und Wirkung in einem linear-kausalen Zusammenhang und die Reaktion auf Einflussnahmen vorhersehbar (intuitiv) ist.
- Grey-box-Probleme präsentieren sich als Grauzone durchschaubarer und nicht durchschaubarer Strukturen. Stark formalisierte Vorgehensstrategien sind in Teilbereichen möglich, bleiben aber von Unsicherheiten begleitet.
- Black-box-Probleme stellen den schwierigsten Fall dar, da die Umwelt komplex und instabil ist. Die klassischen Vorgehensstrategien des hierarchischen Modells sind in diesem Fall extrem risikobehaftet, da diese kontra-intuitiv (Willke 1998) sind, d.h. nicht vorhersehbare Entwicklungen und Reaktionen auslösen können.
- Formale Regeln erleichtern komplizierte Abstimmungsprozesse, machen die Problembearbeitung dadurch effizienter und bieten erhebliches Rationalisierungspotenzial. Sofern die Einzelschritte der Problembearbeitung vollständig operationalisierbar sind, kann die Formalisierung von Arbeitsschritten zur höchsten Form der Rationalisierung führen, der Automatisierung. Doch auch prinzipiell formalisierbare Aufgaben können an die Grenzen des noch Sinnvollen stoßen, wenn der Aufwand und die Kosten einer formalisierten und standardisierten Problemlösung in einem Missverhältnis stehen, da der Aufwand für die Operationalisierung in Teilschritten überproportional zur Komplexität der Aufgaben steigt. In der Umsetzung von IT-Projekten kann das dazu führen, dass Vorgehensmodelle so kompliziert werden, dass diese gar nicht mehr versteh- und lebbar sind. Die Entscheidung für ein zurückhaltendes Koordinations- und Steuerungsmodell erfordert zwar einen höheren Abstimmungsbedarf, ist aber als Modell einfacher gehalten und auch leichter verständlich.
- Bewährte Vorgehensweisen lassen sich als übertragbares Wissen begreifen, das weitergegeben werden kann und damit lehrbar ist. Formale Regelungen bieten ferner Orientierung und stellen geringe Anforderungen an die Akteure, sodass auch Akteure mit geringer Erfahrung sinnvoll in Projekte eingebunden werden können. Im erhöhten Abstimmungsbedarf und dem Risiko der Überforderung liegen korrespondierend dazu die Nachteile und Risiken des heterarchischen Modells, da hier die fehlenden Vorgaben durch Abstimmung ausgeglichen werden müssen und die Gefahr der Überforderung besteht.
- Hierarchische Koordination kann Beständigkeit und Stabilität bieten, erweist sich jedoch als problematisch, wenn Wandel und Innovation gefordert sind. Hier liegt der Preis hierarchischer Koordination und der große Vorteil des heterarchischen Modells, wenn instabile Umweltbedingungen Flexibilität sowie Lern- und Innovationsfähigkeit fordern.
Anforderungen (Umwelt) | Anforderungen (Methoden) | Ziele | Koordinations-modell |
– Stabilität– Vorhersehbarkeit(Intuivitität) | – Übereinstimmung von Steuerungs- und Aufgabenstruktur– Aufgaben müssen dekomponierbar und aggregierbar sein– Wiederholbarkeit in ausgeprägten Routinen | Stabilität | Hierarchie |
– Instabiliät– Unvorhersehbarkeit(Kontra-Intiuitivität) | – Selbststeuerungskapazitäten– Erfahrung, Kompetenz | Flexibiliät | Heterarchie |
3.
Die Projektwirklichkeit der öffentlichen Verwaltung als Umweltbezug ^
- Orientierung am Nutzen für Bürger, Unternehmen und Verwaltungen
- Wirtschaftlichkeit und Effizienz der (vollständig digitalisierten) Prozesse
- Transparenz der Gesetzgebung, der Verfahren und der Daten sowie Datenschutz
- Gesellschaftliche Teilhabe / Mitwirkung von Bürgern und Unternehmen
- Innovationsfähigkeit, ökologische Nachhaltigkeit und Zukunftsfähigkeit durch Forschung zu E-Government
- Standardisierte, modulare IT, gekennzeichnet durch Einfachheit und Wiederverwendbarkeit.
4.
Ausblick: Readiness in der öffentlichen Verwaltung ^
5.
Literatur ^
Büschenfeldt, Maika, Die Zukunft elektronischer Demokratie: Die Bedeutung des demokratischen Prinzips in softwaretechnischen Konzepten und der elektronischen Demokratie als Anwendungsdomäne der Softwareentwicklung, Bremen (2011).
von Lucke, Jörn u.a., E-Government-Forschungsplan: Handlungsfelder für eine neue Strategie in Deutschland, Gesellschaft für Informatik (GI), Fachbereich Rechts- und Verwaltungsinformatik, Fachausschuss Verwaltungsinformatik (VI), Bonn (2005).
Mayr, Herwig, Web-Projektmanagement. In: Kappel, Gerti, Birgit Pröll, Siegfried Reich, Werner Retschitzegger (Hrsg.): Web Engineering: Systematische Entwicklung von Webanwendungen, Dpunkt, Heidelberg, S. 207–237 (2004).
Miebach, Bernhard, Organisationstheorie: Problemstellung-Modelle-Entwicklung, VS Verlag (2007).
Reihlen, Markus, Die Heterarchie als postbürokratisches Organisationsmodell der Zukunft? Köln: Universität zu Köln, (1998), url: http://www.econbiz.de/archiv/k/uk/splanung/heterarchie_organisationsmodell.pdf, abgerufen: 14.5.2010.
Scholl, Margit und Maika Büschenfeldt, From Planning Process to Self-Organisation: Can context control help ensure the success of IT projects in public administration? EGOV 2011, August/September 2011 in Delft, Niederlande.Joint Proceedings of Ongoing Research and Projects of IFIP EGOV and ePart, Trauner Verlag, S. 117–124 (2011).
Weber, Max, Wirtschaft und Gesellschaft. Grundriss der verstehenden Soziologie, Tübingen (1976).
Willke, Helmut, Systemtheorie II: Grundzüge einer Theorie der Intervention in komplexe Systeme, Stuttgart (1996).
Willke, Helmut, Systemtheorie III: Grundzüge einer Theorie der Steuerung komplexer Sozialsysteme, Stuttgart, (1998).
- 1 Vgl. dazu auch Willkes Unterscheidung in die Systemdimensionen der Grenzbildung, Ressourcen, Systembildung und Revision (Willke 1996b:206 ff.).
- 2 Zu den Vor- und Nachteilen der unterschiedlichen Koordinationsmodelle siehe auch (Büschenfeldt 2011).
- 3 http://www.cio.bund.de/cln_093/DE/Ueber_uns/IT-Planungsrat/it-planungsrat_node.html, Zugriff: 18.1.2011.
-
4
http://www.cio.bund.de/SharedDocs/Publikationen/DE/Aktuelles/nationale_e_government_strategie_beschluss_
20100924_download.pdf?__blob=publicationFile, Zugriff 8.1.2011
- 5 Die Begriffe Überregelung und Unterregelung entstammen der Verrechtlichungsdebatte; zum Zusammenhang von Überregelung und Unterregelung s.a. Büschenfeldt (2011).