1.
Ausgangsbasis ^
2.
Definition ^
3.
Österreichische Rechtslage ^
Der OGH hatte sich bereits im Jahr 2005 mit der Thematik Catch-All Funktion einerseits und Markenverletzung andererseits auseinanderzusetzen.2 Die Klägerin ist als Inhaberin der Wortmarke ARMSTARK gegen die beklagte Partei vorgegangen, die ihre Domain whirlpools.at mit einer Catch-All Funktion versehen hat und sohin auch Eingaben wie www.armstark.whirlpools.at auf ihre Website geleitet hat; darin hat die klagende Partei eine Verletzung ihrer Kennzeichen-, Namens- und Markenrechte gesehen. Der OGH hatte sich dabei insbesondere mit der Frage auseinanderzusetzen, ob die durch die Catch-All Funktion bewirkte «Auflösung» von Sub-Level-Domains und die damit verbundene Weiterleitung zur Website der beklagten Partei als eine Benutzungshandlung i.S.d. § 10a MSchG zu qualifizieren ist, zumal die beklagte Partei dabei die Domain armstark.whirlpools.at zur Weiterleitung auf ihre Homepage verwendet.
Der OGH ist zusammenfassend zum Ergebnis gelangt, dass die beklagte Partei das Zeichen der Klägerin nicht i.S.d. § 10a MSchG bzw. § 9 UWG benutzt und auch nicht als Name i.S.d. § 43 ABGB gebraucht. Der OGH war insbesondere der Ansicht, dass eine Benutzung eines Zeichens in verwechslungsfähiger Weise in einem wahrnehmbaren Sinn erfolgen muss; zur Beurteilung der Frage, ob auch eine für den Internetuser nicht sichtbare Verwendung eines Zeichens eine markenrechtlich relevante Benutzungshandlung sein kann, hat der OGH auf die Verwendung von Meta-Tags zurückgegriffen. Er ist dabei zum Ergebnis gekommen, dass – anders als bei der Aufnahme eines bestimmten Zeichens als Meta-Tag – die Marke (hier: ARMSTARK) bei Einrichtung der Catch-All Funktion nicht als jener Begriff definiert wird, der die Funktion der Marke übernehmen, der Adressierung der Homepage der Beklagten dienen und den Internetuser auf deren Homepage leiten soll; die Sub-Level-Domain wird vielmehr so eingerichtet, dass nicht eine bestimmte vom Domaininhaber vorgesehene, sondern jede beliebige vom Internetuser eingegebene Bezeichnung «aufgelöst» wird und der User dadurch – gleichgültig welches Zeichen er eingegeben hat – auf die Homepage des Betreffenden gelangt; eine markenrechtliche Benutzungshandlung wäre nach Ansicht des OGH damit nicht verbunden. Dies wurde in der Literatur zu Recht kritisiert; die Sub-Level-Domain wird auch i.S.d. markenrechtlichen Bestimmungen benutzt, wenn sie «aufgelöst» wird. Dem Markeninhaber steht gegenüber jeder Verwendung – sohin auch gegen nicht-kennzeichenmäßige Verwendung – ein Verbietungsrecht zu, sofern diese Verwendung «im geschäftlichen Verkehr» erfolgt.3
4.1.
Catch-All Domains versus Tippfehlerdomains ^
Tippfehlerdomains sind von Domains, die mit einer Catch-All Funktion versehen sind, zu unterscheiden; es handelt sich dabei um ein Phänomen, das rechtlich unterschiedlich zu qualifizieren ist. Deutsche Höchstgerichte hatten sich bereits mit Tippfehlerdomains auseinanderzusetzen.6
Eine Tippfehlerdomain wird mit Absicht dadurch geschaffen, dass eine Person eine Domain registriert, die einem bereits existierenden Domainnamen sehr ähnlich ist und sich von diesem häufig nur durch das Weglassen oder das Vertauschen von Buchstaben unterscheidet (z.B. www.wetteronlin.de); Die Vorabregistrierung der Tippfehlerdomain erfolgt mit dem Hintergrund, dass sich User beim Eingeben des Domainnamens vertippen können und dadurch auf die Tippfehlerdomain unmittelbar weitergeleitet werden, wo dann beispielsweise bezahlte Werbeeinschaltungen zu sehen sind. Bei einer Tippfehlerdomain existiert sohin tatsächlich eine «fehlerhafte Domain». Das OLG Köln7 hat sich beispielsweise mit dem Thema Tippfehlerdomains befasst und erkannt, dass dabei nicht nur namensrechtliche, sondern auch wettbewerbsrechtliche Unterlassungsansprüche begründet werden können.
4.2.
Aktuelle Entwicklungen ^
In Deutschland existieren bereits mehrere gerichtliche Entscheidungen zum Thema Catch-All von Domains. Eine der ersten Entscheidungen hat das LG Hamburg getroffen.8 Im zu entscheidenden Fall hat der Antragsteller den Antraggegner wegen Markenverletzungen auf Unterlassung in Anspruch genommen und letztlich obsiegt. Der Antragsteller war Inhaber der Wortmarke «H.» unter anderem registriert für Partner- und Ehevermittlung. Der Antragsgegner hat unter der Domain www.f..de ebenfalls ein Kontakt- und Flirtportal betrieben. Dabei hat er Sub-Domains wie unter anderem die Domain «H…f..de» sowie «H.gratisflirten.f..de» verwendet. Die Bezeichnung «H» hat er zudem als Keyword auf verschiedenen Internetseiten verwendet.
In diesem Sinne hat auch kürzlich das KG Berlin entschieden;10 der Inhaber der Internetdomain «de.de» hat mittels Catch-All Funktion sämtliche Sub-Domains seiner Domain auf eine Linkseite mit sponsored Links – sohin Werbelinks – umgeleitet; der Betreiber hat pro Klick einen bestimmten Geldbetrag dabei verdient. Der S.-Verlag als Betreiber u.a. der Website www.computerbild.de sah in der Verwendung der Domain computerbild.de.de eine Verletzung seiner Markenrechte an der Marke COMPUTERBILD und ist mittels Unterlassungsanspruch vorgegangen. Diesem Anspruch entgegengehalten wurde der Einwand, dass die Marke COMPUTERBILD nicht kennzeichengemäß benutzt wird, da die fremden Domains (z.B. Computerbild.de.de) gar nicht registriert wurden und die Eingabe der Adresse sohin nicht vom Betreiber der Catch-All Funktion sondern vom User erfolgt.
5.
Schlussfolgerungen ^
ein mit der Marke gleiches Zeichen für Waren oder Dienstleistungen zu benutzen (§10a), die mit denjenigen gleich sind, für die die Marke eingetragen ist; 2. ein mit der Marke gleiches oder ähnliches Zeichen für gleiche oder ähnliche Waren oder Dienstleistungen zu benutzen (§10a) wenn dadurch für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen besteht, die die Gefahr einschließt, dass das Zeichen mit der Marke gedanklich in Verbindung gebracht wird.
wenn das Zeichen in den Geschäftspapieren, in Ankündigungen oder der Werbung benutzt wird (Z. 4).
Ausgehend von den Vorgaben der deutschen Judikatur bedeutet dies für das österreichische Recht, dass zunächst Domains, die zu einer aktiven, im geschäftlichen Verkehr verwendeten Webseite führen, in der Regel für die auf der Internetsite angebotenen Waren oder Dienstleistungen eine kennzeichnende Funktion erfüllen (etwas anderes gilt dann, wenn die Domain ausschließlich eine reine Adressfunktion hat).11 Ob es sich bei den als Sub-Level Domain verwendete Begriffen um markenrechtliche relevante Begriffe handelt, hängt im Einzelfall nicht davon ab, ob der Begriff von den beteiligten Verkehrskreisen als Gattungsbegriff und als beschreibende Angabe wahrgenommen wird, sondern vielmehr davon, ob der Begriff für die jeweils geschützte Dienstleistung beschreibend ist oder nicht. Das KG Berlin hat beispielsweise festgehalten, dass der Begriff COMPUTERBILD in Bezug auf die geschützte Dienstleistung Werbung keinerlei beschreibende Wirkung zukommt und der Begriff in Bezug auf die geschützte Dienstleistung vielmehr als Fantasiebezeichnung wahrgenommen wird.12 Die markenrechtlich relevante Benutzungshandlung selbst – die gemäß § 10 Abs.1 MSchG für eine Markenverletzung vorausgesetzt wird – liegt darin, dass bei der Eingabe der jeweiligen Zeichenfolge in die Adresszeile die vom jeweiligen Internetseitenbetreiber betriebene Internetsite erscheint; der Umstand, dass die Domain vom Internetuser eingegeben wird, ist völlig unschädlich (dies ist bei der Eingaben von Domains ja auch üblich);13 das für die Verwendung kausale Verhalten schafft der Domaininhaber, indem er eine spezielle Catch-All Programmierung vornimmt; hätte er dies nicht getan, wäre der User bei der Eingabe einer Domain jedenfalls nicht auf die von ihm betriebene Internetseite gelangt, sondern hätte vielmehr eine Fehlanzeige erhalten.
Auch bei der Beurteilung der Benutzungshandlung selbst ist entscheidend, wie die beteiligten Verkehrskreise den Vorgang wahrnehmen; diese kennen die Programmierung der Catch-All Funktion nicht, denn diese ist dem Durchschnittsverbraucher nicht geläufig; gibt der Verbraucher beispielsweise die Seite computerbild.de.de ein (wenn auch nur versehentlich) geht er davon aus, dass die Website, die sodann erscheint, die Website von Computerbild ist.14 Gelangt er dabei auf eine Website mit Werbelinks ist dieser Vorgang jedenfalls geeignet, beim Verbraucher entsprechende Verwechslungen hervorzurufen, da der User annehmen kann, dass es sich dabei um eine von COMPUTERBILD bzw. dem S.-Verlag gesponserte Website handelt.
Vor dem Hintergrund der österreichischen Rechtsprechung liegt die rechtlich relevante Benutzungshandlung bei einer Dienstleistungsmarke bereits in der Herstellung einer gedanklichen Beziehung, durch die die Dienstleistung nach der Auffassung der beteiligten Verkehrskreise als das einem bestimmten Unternehmen stammend gekennzeichnet wird. Diese gedankliche Beziehung wird dadurch hergestellt, dass die Dienstleistung dem Kunden gegenüber erkennbar unter der Marke erbracht wird; ob eine markenmäßige Verwendung vorliegt und ob es sich nach dem Umfang der Verwendung um einen ernsthaften Gebrauch handelt, lässt sich nur nach Lage des Falles und der Berücksichtigung der Art der Dienstleistung und der Besonderheiten der Branche beurteilen.15 Im konkreten Computerbild-Fall kann der User daher von einer gedanklichen Beziehung zwischen Computerbild und den gesponserten Werbelinks ausgehen, weshalb eine rechtlich relevante Benutzungshandlung auch nach dem Österreichischen Markenrecht gegeben ist. Aufgrund der hohen Zeichenidentität, aufgrund der vorliegenden Benutzungshandlung und aufgrund der gegebenen Verwechslungsgefahr ist für derart vergleichbare Fälle auch nach der österreichischen Rechtslage von einer Markenverletzung auszugehen.
6.
Literatur ^
Stomper, Bettina, Markenrechtliche Aspekte bei Meta-Tags, MR 2002, 340.
Kucsko, Guido, Geistiges Eigentum (2003), 436.
Burgstaller, Peter/Kolmhofer, Robert, Sub-Level Domains und Catch-All Funktion, lex:itec 2006, Heft 02, 44f.
Burgstaller, Peter, Glosse zum Urteil 4 Ob 131/05a, MR 2005, 446.
Maaßen, Stefan/Psczolla, Jan-Peter, Verletzung von Marken- und Namensrechten durch Einrichtung einer catch-all-Funktion, MarkenR 2006, 304-309.
Verena Stolz, Rechtsanwältin, PEHB Rechtsanwälte GmbH
- 1 http://de.wikipedia.org abgerufen: 13.11.2012.
- 2 Urteil vom12.07.2005 4 Ob 131/05a, z.B. MR 2005, 446; vgl. dazu auch z.B. Thiele, Überblick über die österreichische Domain-Judikatur des Jahres 2005, MR 2006, 160.
- 3 Vgl. dazu Burgstaller, Glosse zum Urteil 4 Ob 131/05a, MR 2005, 446; Kucsko, Geistiges Eigentum, 437.
- 4 U.a. Stomper, Markenrechtliche Aspekte bei Meta-Tags, MR 2002, 340; Kucsko, Geistiges Eigentum, 436 u.v.m.
- 5 Burgstaller/Kolmhofer, Sub-Level Domains und Catch-All Funktion, lex:itec 02/2006.
- 6 OLG Köln 10.02.2012, 6 U 187/11, LG Köln, 09.08.2011, 81 O 42/11; LG Stuttgart 28.07.2011, 17 O 73/11; LG Hamburg, 31.08.2006, 315 O 279/06 u.a.
- 7 OLG Köln 10.02.2012, 6 U 187/11.
- 8 Urteil vom 13.06.2006, 416 O 131/06.
- 9 Zustimmend u.a. Maaßen/Psczolla, Verletzung von Marken- und Namensrechten durch Einrichtung einer catch-all-Funktion, MarkenR 2006, 304-309 (online abgerufen auf www.juris.de am 09.01.2013).
- 10 Urteil vom 23.05.2012, 5 U 119/11.
- 11 BGH GRUR 2011, 617 – Sedo..
- 12 Urteil vom 23.05.2012, 5 U 119/11.
- 13 BGH GRUR 2009, 1055 – ardsl.
- 14 Vgl dazu die Ausführungen des KG Berlin Urteil vom 23.05.2012, 5 U 119/11.
- 15 OPM 11.12.2002, Om 13/02, PBl 2003,99.