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Social Media zwischen Verwaltung und Wirtschaft – ein Überblick über die Ergebnisse einer Studie des BRZ

  • Authors: Kurt Fleck / Carl-Markus Piswanger
  • Category: Articles
  • Region: Austria
  • Field of law: E-Government, Open Government
  • Collection: Tagungsband-IRIS-2013
  • Citation: Kurt Fleck / Carl-Markus Piswanger, Social Media zwischen Verwaltung und Wirtschaft – ein Überblick über die Ergebnisse einer Studie des BRZ, in: Jusletter IT 20 February 2013
Das BRZ hat im Rahmen eines Forschungsprojekts eine Studie zum Einsatz von Social-Media-Anwendungen erstellt. In der Studie fand die Stellung des BRZ als IT-Dienstleister und als Innovationspartner der öffentlichen Verwaltung besondere Betrachtung. Der breite Einbezug der unterschiedlichen Stakeholder(-Gruppen) war ebenso wichtig wie eine umfassende Sicht auf Betrachtungselemente von Social Media.

Inhaltsverzeichnis

  • 1. Social Media
  • 2. Vorgehensmodell und Betrachtungselemente
  • 2.1. Strategie und Ziele
  • 2.2. Kontextualisierung und Wirkungsbereiche
  • 2.3. Stakeholder-Befragung und Good-Practice-Analyse (intern/extern)
  • 2.4. Evaluierung von Anwendungen und Priorisierung
  • 2.5. Definition Erfolgsmessung
  • 2.6. Erstellung eines Vorgehensmodells
  • 3. Zusammenfassung
  • 4. Literatur

1.

Social Media ^

[1]
Soziale Netzwerke und soziale Anwendungen sind bereits in weiten Bereichen zum Alltag einer modernen Lebenswelt zu rechnen. Diese zentrale Stellung trifft nicht nur auf den privaten Lebensbereich zu, auch Organisationen aus Wirtschaft und Verwaltung haben Nutzen in den neuen Anwendungen gefunden. Das BRZ hat sich in einer Studie der Thematik angenommen und die Einsatzmöglichkeiten für das eigene Haus evaluiert. In die Evaluierung flossen, aufgrund der spezifischen Stellung des BRZ im Naheverhältnis sowohl der öffentlichen Verwaltung wie auch der Wirtschaft, Erkenntnisse aus beiden Welten ein.

2.

Vorgehensmodell und Betrachtungselemente ^

[2]
Eine umfassende Studie zu Social Media im BRZ bedarf einer mehrdimensionalen Betrachtung. Einerseits sind schon die strategischen, organisatorischen und technischen Betrachtungselemente vielfältig, andererseits sind im Fall des BRZ, als Dienstleister der öffentlichen Verwaltung, spezifische Umfeld-Bedingungen gegeben. Als Beispiel kann hier angeführt werden, dass die Marktbeschaffenheit des «Unternehmens BRZ» sehr klar umrissen ist, das wiederum determinierend auf den Einsatz von Kommunikationsprozessen über Social Media wirken kann. Effizienzsteigerung stand so im Vordergrund, z.B. beim Recruiting oder auch beim kollektiven Wissensmanagement.

2.1.

Strategie und Ziele ^

[3]
Der Einsatz von Social Media muss die Erreichung strategischer Ziele des Unternehmens unterstützen. Die Analyse der Ziele mit Anwendungsfeldern von Social Media ergab, dass jedem strategischen Ziel zumindest eine Komponente bei Sozialen Medien zugeordnet werden konnte. Demgegenüber fiel die Analyse der einzelnen Einflussfaktoren bezüglich Aufwand- und Erlösfaktoren nicht eindeutig aus. Daraus konnte geschlossen werden, dass der Einsatz von Social Media-Anwendungen einer begleitenden und konsequenten Erfolgsmessung unterliegen muss, um nicht in den «negativen» Bereich des Aufwands abzurutschen, was in weiterer Folge die Erreichung der strategischen Ziele gefährden könnte. Aus diesem Grund wurde in der Studie ein Kapitel mit der Bestimmung von Erfolgsfaktoren, als Basis einer systematischen Zielerreichungsmessung, eingefügt (siehe 2.5).

2.2.

Kontextualisierung und Wirkungsbereiche ^

[4]
In diesem Bereich wurden die einzelnen Sichten auf Social Media aufgeführt und auf ihre Anwendbarkeit untersucht. Diese unterschiedlichen Sichten zu identifizieren war aufgrund der Vielfalt der potentiellen Anwendungen besonders wichtig - die Wirkweisen einzelner Anwendungen sind teils sehr verschieden, unterliegen sowohl technisch wie organisatorisch ähnlichen bis hin zu gänzlich unterschiedlichen Prozessen.
[5]
In der «Organisationssicht» wurde die Frage nach den Typen von Organisationen (organisch, strukturiert, koordiniert) gestellt und das BRZ hinsichtlich des passenden Organisationstyps identifiziert.
[6]

In der «Beziehungssicht» wurden Faktoren wie die innerbetriebliche Zusammenarbeit, Möglichkeiten der Beziehungsoptimierung (z.B. zu Kunden und Partnern) wie auch der Umgang mit verteilten Prozessen evaluiert.

[7]
Die «Kommunikationssicht» befasste sich mit den spezifischen Phänomenen, die sich bei Kommunikation, Zusammenarbeiten bis hin zur Kollektiven Innovation ergeben.
[8]
Die «Informationssicht» beschäftigte sich mit der Generierung von Information, deren Verteilung und dem Umgang mit erhöhter Informationsdichte.
[9]
Die abschließende «Implementierungssicht» griff das «Implementation Framework» nach Dawson1 auf und hinterfragte die Bereiche Umfeld, Regelwerk, Initiative und Verfestigung von Technologien im Unternehmen.

2.3.

Stakeholder-Befragung und Good-Practice-Analyse (intern/extern) ^

[10]
Im Sinne einer Zusammenfassung von Social Media-Wissen, wurden Good-Practice-Beispiele konkreter Anwendungen analysiert und auf dieser Basis unternehmensinterne Wissensträger (Gruppen) sowie externe Experten konsultiert. Als externe Wissensträger wurde die Donau Universität und das Social Media Unternehmen «Digital Affairs» eingeladen, zusammen mit dem Studienteam in Workshops konkrete Handlungsfelder für das BRZ zu identifizieren. Das daraus gewonnene Wissen wurde in die einzelnen Stakeholder-Gruppen des Unternehmens transportiert und von dort eine BRZ-Sicht eingeholt. Die internen Wissens-Carrier fanden sich in allen Ebenen des Unternehmens, der Geschäftsführung, der Bereichsleiter, der Kulturbotschafter, dem Betriebsrat und als größtes Gremium dem «MitarbeiterInnen-Gremium». Die Ergebnisse aus der Zusammenführung der einzelnen Ansichten ergaben wichtige Erkenntnisse für die Evaluierung der einzelnen Anwendungen und deren Priorisierung.

2.4.

Evaluierung von Anwendungen und Priorisierung ^

[11]
In diesem Teil der Studie wurden einzelne Anwendungsfelder identifiziert, die sich in den Gesprächen mit den Stakeholdern und aus der Analyse der strategischen Ziele des Unternehmens als prioritär ergeben haben. Dabei wurde in «interne» wie «externe» Social Media-Anwendungen unterschieden. Darunter teilten sich die einzelnen Anwendungen der einfacheren Zuordnung halber in mehrere Bereiche auf, wie z.B. «Wissensplattformen», «Crowdsourcing und Social Networking», «Kommunikationsdienste» bis hin zu «Governance»-Maßnahmen. Bereits bestehende Anwendungen und Prozesse, wie z.B. die bestehenden Mitarbeiterbeteiligungs-Instrumente der BRZ, wurden integriert. Social Media lassen sich zudem immer schwerer als isolierte Anwendungsbereiche betrachten. Schnittmengen zu anderen «E»-Bereichen, wie zum Beispiel den elektronischen Demokratieanwendungen (E-Demokratie) und dem Open Government, sind vorhanden, wie auch zu verteilten Organisationssystemen, wie z.B. der «Software Foundation».
[12]
Die nachfolgende Priorisierung der einzelnen Anwendungen orientierte sich nachfolgend an dieser Systematik:
  • HOHE Priorität: Vorarbeit vorhanden [und/oder] geringe Komplexität der Umsetzung [und/oder] hoher Wirkungsgrad auf Zielerreichung
  • MITTLERE Priorität: Vorarbeit teilweise vorhanden [und/oder] mittlere Komplexität der Umsetzung [und/oder] mittlerer Wirkungsgrad auf Zielerreichung
  • NIEDERE Priorität: Vorarbeit nicht vorhanden [und/oder] hohe Komplexität der Umsetzung [und/oder] niedriger Wirkungsgrad auf Zielerreichung

2.5.

Definition Erfolgsmessung ^

[13]

Soziale Medien haben die Schaffung von Mehrwert zu unterstützen. Gemäß dieser Vorgabe ist es notwendig, die einzelnen Anwendungen mit Messkriterien zu hinterlegen. Bei der Erstellung der Metriken wurde auf die Ausgewogenheit von betriebswirtschaftlichen (harten) und sozialen (weichen) Faktoren geachtet. Als Methode zur Bestimmung der Zielerreichungsfaktoren wurde SMART angewandt: Spezifisch, Messbar, Akzeptiert, Realistisch, Zeitbezogen.

[14]

Im Folgenden sollen einige Messkriterien dargestellt werden:

  • Spezifisch
    • An den Unternehmenszielen (strategischen Zielen) orientiert
    • An den konkreten Instrumenten für Soziale Medien orientiert
    • Dem konkreten Arbeitsauftrag/Aufgabengebiet spezifische Nutzen stiftend
  • Messbar
    • Mit konkreten Zahlen hinterlegbar
    • Dem konkreten Instrument für Social Media zuordenbar
  • Akzeptiert
    • Von Kunden und Partner des BRZ akzeptiert
    • Vom Management des BRZ akzeptiert
    • Von Mitarbeiter/innen des BRZ akzeptiert
    • Funktional niederschwellig und integriert verwendbar
  • Realistisch
    • Von den Mitarbeiter/innen fachlich erreichbar
    • Von der Social Media-Anwendung leistbar
  • Zeitbezogen:
    • An einer Steigerung von Effizienz orientiert
    • Von den Mitarbeiter/innen zeitlich leistbar
[15]

Basierend auf diesen Bereichen konnten «Key-Performance»-Indikatoren entwickelt werden, die in weiterer Folge dem Messinstrument der Zielerreichung hinzugefügt werden können. Anfangswerte konnten noch nicht hinzugefügt werden, diese sind im jeweiligen Implementierungsprojekt pro Social Media-Anwendung spezifisch zu definieren. Folgende Messbereiche können beispielgebend für zwei hoch priorisierte Anwendungsbereiche angeführt werden:

  • Unternehmensweite soziale Wissensplattform:
    • Steigerung der Anzahl der Beiträge (formal)
    • Steigerung der Anzahl der Beiträge nach definierten Strukturelementen
  • Social Media für den Personalbereich:
    • Anzahl der interessierten Personen auf den eingesetzten Anwendungen
    • Anzahl der Bewerbungen die sich über Soziale Anwendungen generieren

2.6.

Erstellung eines Vorgehensmodells ^

[16]

Abgeschlossen wurde die Studie durch ein Vorgehensmodell, in dem der Ausbau der einzelnen beschlossenen Maßnahme von der Planung bis zum Roll-Out in Phasen unterteilt werden kann. Von besonderer Wichtigkeit war hierbei die unterschiedliche Komplexität der Services, deren Aufwände bei der Implementierung, Pilotierung und dem Prozessmanagement teils sehr divergieren. Hinzu kam, dass das BRZ eine eigene Sicht auf Shared Services für die öffentliche Verwaltung aufweist. Wie sich am Fall des Beratungshandbuchs des österreichischen Bundessozialamts zeigte, werden Social Media-Anwendungen bereits vom BRZ für Kunden betrieben.2 Folgende Phasen wurden identifiziert und in das Umsetzungsmodell eingefügt:

  • Erstellung der grundlegenden Studie
  • Vorbereitungsprojekte, inkl. Pilotierung und Evaluierung
  • Roll Out als Services
  • Bildung eines Portfolios
  • Umsetzung ausgewählter Services in eines Produktstrategie

3.

Zusammenfassung ^

[17]
Die Ergebnisse der Studie fielen teils überraschend aus. Die hoch priorisierten Maßnahmen hatten meist gemeinsam, die zeit- und ortsunabhängige Zusammenarbeit der Beteiligten über Social Media zu ermöglichen. Die meisten Nutzen konnten in der Verstärkung einer wissensorientierten Organisation gefunden werden, gefolgt von der Stärkung der Effizienz bei der Leistungserbringung. Unter den priorisierten Maßnahmen finden sich daher vor allem wissensintensive Anwendungen wie ein Unternehmens-WIKI in Form von konkreten Themenportalen und der verstärkte Einsatz Sozialer Medien beim Personal-Recruiting. Diese Maßnahmen können dazu dienen, den/die einzelne(n) Mitarbeiter/in bei ihrer Tätigkeit größtmöglich zu unterstützen und dadurch einen Mehrwert für die Kunden zu erreichen. Die meisten priorisierten Anwendungen von Social Media besitzen zudem die Perspektive, zukünftig als «Shared Service» eingesetzt zu werden.

4.

Literatur ^

Bundesrechenzentrum GmbH: Bundessozialamt: Wissen ist … WIKI! (BRZ-Newzletter 2/2012)

Dawson, Ross: Implementing Enterprise 2.0 (Advanced Human Technologies, 2009)

Piswanger, Carl-Markus: Soziale Medien (Enterprise 2.0) im BRZ, Potenziale und Vorgehen (Studie, 2012)

 


 

Kurt Fleck, E-Government, BRZ GmbH.

 

Carl-Markus Piswanger, E-Government, BRZ GmbH.

 


 

  1. 1 vgl. dazu: Dawson, Ross (2009).
  2. 2 siehe: BRZ-Newzletter (2/2012).