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«Volksbegehren goes online»

  • Author: Robert Stein
  • Category: Articles
  • Region: Austria
  • Field of law: E-Democracy
  • Collection: Tagungsband-IRIS-2013
  • Citation: Robert Stein, «Volksbegehren goes online», in: Jusletter IT 20 February 2013
Die Bundesregierung hat angekündigt, im Rahmen des sog. Direkte-Demokratie-Pakets eine grundlegende Reform des seit den 1960er-Jahren weitgehend unverän-dert gebliebenen Volksbegehrens in die Wege zu leiten. Hierzu ist es notwendig, ne-ben dem seit etwa zehn Jahren bestehenden Zentralen Melderegister eine weitere vom BM.I gehostete zentrale Datenbank, nämlich das «Zentrale Wählerregister» («ZeWaeR» genannt), zunächst in der Rechtsordnung zu implementieren und in der Folge in die Praxis umzusetzen. Mit dem ZeWaeR sollen Bürgerinnen und Bürger, die einem Volksbegehren seine Einleitung ermöglichen wollen oder die dieses mit ihrer Unterschrift unterstützen wollen, in Hinkunft nicht mehr gezwungen sein, deshalb ihre Hauptwohnsitz-Gemeinde aufzusuchen. Vielmehr werden sie – so das Projekt in die Praxis umgesetzt werden kann – diese Vorgänge auf jeder österreichischen Ge-meinde erledigen können. Es soll aber auch möglich sein, ein Volksbegehren online zu unterstützen, wobei mit Blick auf einen größtmöglichen Schutz vor Missbrauch beabsichtigt ist, jegliche Online-Unterstützungen an eine digitale Signatur zu knüp-fen. Somit soll – nach Schaffung der Möglichkeit, eine Europäische Bürgerinitiative via Internet zu unterstützen – erstmals auch ein innerstaatliches Instrument der di-rekten Demokratie «online gehen». Nicht nur, dass das ZeWaeR mannigfache Ver-einfachungen auch für die Behörden mit sich bringen wird, wurde schon bei der Konzipierung auf eine größtmögliche Skalierbarkeit geachtet: Leicht lässt es sich bewerkstelligen, auch andere Instrumente der direkten Demokratie mit einer ZeWa-eR-Unterstützung zu verknüpfen.

Inhaltsverzeichnis

  • 1. Ursprünglicher Zustand
  • 2. «ZWE alt»
  • 3. Wählerevidenz, «powered by ZMR»
  • 4. 20 Jahre Diskussion über «ZWE-neu»
  • 5. Aus «ZWE-neu» wird plötzlich «ZeWaeR»
  • 6. Was soll «ZeWaeR» können?
  • 7. Volksbegehren – alles neu?
  • 8. Ausblick

1.

Ursprünglicher Zustand ^

[1]
Am Beginn der Ersten Republik war noch eine einmalige Registrierung die Voraussetzung für die Eintragung in ein Wählerverzeichnis und in der Folge für die Teilnahme an einer Wahl.1 Mit der großen B-VG-Novelle im Jahr 19292 ging man dazu über, bei den Gemeinden ständig geführte Verzeichnisse, Wählerevidenzen genannt, gesetzlich zu verankern. Eine zentrale Kartei der Wahlberechtigten gab es jedoch nicht. Bei jeder Wahl wurden die Namen der erfassten Personen in ein nur für dieses Ereignis geltendes Wählerverzeichnis übertragen. Kernlösung des Systems waren die so genannten Zuzugsmitteilungen: war eine Person von einem Ort in einen anderen verzogen, so wurde der Name dieser Person erst dann aus der Wählerevidenz der «früheren» Wohnsitzgemeinde gestrichen, wenn von der «neuen» Gemeinde eine Zuzugsmitteilung eingetroffen war. Das System, das in seinen Grundzügen bis heute im geltenden Recht abgebildet ist, war seinerzeit nicht «wasserdicht». Es konnte immer wieder zu Doppeleintragungen kommen (was nicht gleichzusetzen war mit einer erlaubten zweifachen Stimmabgabe, weil eine solche immer mit einer gerichtlichen Strafe bedroht war). Deshalb war (und ist noch immer) im Gesetz eine amtswegige Berichtigung verankert. Vor allem ein mit einem Instanzenzug ausgestattetes Reklamationsverfahren sollte Ungereimtheiten in der Wählerevidenz entgegenwirken.3

2.

«ZWE alt» ^

[2]

Im Jahr 1985 floss erstmals der Begriff «Zentrale Wählerevidenz» in die Rechtsordnung ein.4 Dabei handelte und handelt es sich jedoch nicht um eine «tagesaktuelle» Datenbank mit Clearingfunktion. Vielmehr stand hinter diesem Hilfsmittel – angesiedelt, wie damals üblich, im Großrechnerwesen – eine primitive Aggregierung der Daten von Wahlberechtigen jener – immer mehr werdenden – Gemeinden, die ihre lokale Wählerevidenz elektronisch geführt haben. Die Übermittlung der Daten von den Gemeinden in das Rechenzentrum des BM.I erfolgte und erfolgt immer noch ohne Zwischenschaltung einer übergeordneten Behörde auf direktem Weg. Außer der Art der Datenübertragung (früher Disketten, jetzt online) hat sich bezüglich der Übertragung nichts geändert. Immer wieder wurde kritisiert, dass die Datenqualität sehr zu wünschen übrig lässt, von diakritischen Zeichen angefangen, endend bei irrtümlich übermittelten Jahrgängen von Personen, die noch gar nicht in der Wählerevidenz zu erfassen gewesen wären. Die «ZWE» hat und hatte einen einzigen Zweck: zwei Mal jährlich erhielten die im Parlament vertretenen Parteien einen Datenträger mit den ZWE-Daten zu einem bestimmten Stichtag. Gedacht war die Übermittlung wohl dafür, dass die Parteien die Daten überprüfen können, in der Praxis wurden die Daten insbesondere zum Zweck der Wahlwerbung herangezogen.

3.

Wählerevidenz, «powered by ZMR» ^

[3]
Ohne dass das Wählerevidenzgesetz 1973 zunächst überhaupt geändert wurde, hatte die Einführung des Zentralen Melderegisters (ZMR)5 im Jahr 2002 einen wesentlichen Einfluss auf die örtlichen Wählerevidenzen. In der Praxis waren die Gemeinden jetzt für eine korrekte Führung der Wählerevidenzen nicht mehr auf die Zuzugsmitteilungen anderer Gemeinden angewiesen, vielmehr waren sie in der Lage, den Wohnsitzstatus jeder aus der Gemeinde verzogenen Person nachzuverfolgen. Der Gesetzgeber ließ nicht allzu lange auf sich warten und definierte elektronische Vorgänge im ZMR als rechtsgültige Zuzugsmitteilungen in der Wählerevidenz.6

4.

20 Jahre Diskussion über «ZWE-neu» ^

[4]

Die Verknüpfung von Vorgängen im ZWE mit den örtlichen Wählerevidenzen ist die Hauptursache, dass die seit etwa 20 Jahren von verschiedenen Seiten (Gemeinden, Ländern, Auslandsösterreicherinnen und Auslandsösterreichern) erhobene Forderung nach der Schaffung einer tagesaktuellen Zentralen Wählerevidenz («ZWE-neu») in den letzten Jahren eher wieder abgeebbt ist. Defizite bei der Datenqualität waren allenfalls gelegentlich bei Auslandsösterreicherinnen und Auslandsösterreichern zu verzeichnen, einem Personenkreis der – das liegt in der Natur der Sache – im ZWE nicht erfasst ist. Einen weiteren Motivationsschub, ein «ZWE-neu» zu schaffen, lieferte mit Sicherheit das Wahlrechtsänderungsgesetz 20117, mit dem der Personenkreis der wahlberechtigten, aber inhaftierten Personen wesentlich erweitert wurde, aber – verankert im novellierten Art. 6 Abs. 4 B-VG8 – bei diesem Personenkreis nicht mehr auf die Justizanstalt, sondern auf den letzten Wohnsitz vor der Einlieferung in eine solche abgestellt wird. Die Schuldenkrise war aber ein Grund, die Einführung einer «ZWE-neu» immer wieder zu verschieben, funktionierte und funktioniert das «alte» System doch leidlich gut, ohne allzu große Kosten zu verursachen. Dennoch: wahlberechtigte Bürgerinnen und Bürger müssen nach wie vor in allen wahlrechtlichen Angelegenheiten (sei es die Unterstützung eines Volksbegehrens, die Beantragung einer Wahlkarte oder die Einsicht in die Wählerevidenz) ihre Hauptwohnsitz-Gemeinde aufsuchen, da nur dort die Wählerevidenz geführt wird bzw. einsehbar ist.9 Auslandsösterreicher(innen) haben derzeit keinerlei Möglichkeit, ein Volksbegehren zu unterstützen.10

5.

Aus «ZWE-neu» wird plötzlich «ZeWaeR» ^

[5]
Auslösendes Moment, die Gegebenheit der dezentral geführten Wählerevidenzen in naher Zukunft grundlegend umzustellen, war der Umstand, dass die Bundesregierung – übrigens parallel zu den Parlamentsklubs – über eine Reform der Instrumente der direkten Demokratie im Jahr 2012 eine intensive, teilweise von Dissens geprägte Diskussion führte. Im September 2012 kristallisierte sich als «kleinster gemeinsamer Nenner» eine umfangreiche Reform des Volksbegehrens sowie die Einführung einer – ausschließlich elektronisch unterstützten – parlamentarischen Bürgeranfrage heraus.11 Von Anfang an war klar, dass die Maßnahmen in der von der Bundesregierung geplanten Form mit der aufgrund der geltenden Rechtslage zur Verfügung stehenden Infrastruktur schlichtweg undurchführbar wären. Daher wurde das Grobkonzept einer neuen im Gesetz zu verankernden Datenbank- und Webapplikation-Lösung erarbeitet, das in der Folge in einen Initiativantrag der Regierungsparteien eingeflossen ist. Um zum Ausdruck zu bringen, dass es sich bei der geplanten Datenbank um ein «neutrales» Hilfsmittel handelt, erhielt die Datenbank nun die Bezeichnung «Zentrales Wählerregister» (ZeWaeR).

6.

Was soll «ZeWaeR» können? ^

[6]
Beim ZeWaeR handelt es sich nach den Vorstellungen der Bundesregierung um eine durch Bundesgesetz eingerichtete Datenbank-Applikation, mit Hilfe welcher die Gemeinden die örtlichen Wählerevidenzen sowie die örtlichen Europawählerevidenzen ab 2014 zu administrieren haben werden. Aus datenverarbeitungstechnischer Sicht erscheint es naheliegend, das ZeWaeR im Umfeld des ZMR anzusiedeln, werden doch – wie schon oben erwähnt – auch die örtlichen Wählerevidenzen auf Basis eines Abgleichs mit dem ZMR generiert. Das ZeWaeR soll – durchaus analog zum ZMR – ein weiteres vom Bund bereitgestelltes Werkzeug für die Gemeinden darstellen, um insbesondere Vorgänge im Zusammenhang mit der Administration von Volksbegehren (sowohl im Einleitungsverfahren als auch im Eintragungsverfahren) vornehmen zu können. Darüber hinaus sollen mit dem ZeWaeR bei der neuen parlamentarischen Bürgeranfrage Verifizierungs- und Priorierungsvorgänge abgebildet werden. Schließlich soll mit dem neuen ZeWaeR die faktische Berücksichtigung des Art. 6 Abs. 4 B-VG (Zuordnung von wahlberechtigten Häftlingen zur verfassungskonform zuständigen Gemeinde, siehe oben) wesentlich verbessert werden.
[7]

Weiters soll das ZeWaeR ein Werkzeug für das Bundesministerium für Inneres sein, um bestehende Aufgaben, wie z.B. die Weitergabe von Daten der «ZWE-alt»12, die Weitergabe der Daten der Unionsbürgerinnen und -bürger entsprechend der Richtlinie 93/109/EG (bisherige «Zentrale Europa-Wählerevidenz») und neue Aufgaben (insb. Administration eines Volksbegehrens mit der Möglichkeit der Online-Unterstützung) zu bewerkstelligen.

[8]

Die Schaffung des geplanten ZeWaeR hat konkret folgende Ziele:

  • Möglichkeit, Unterstützungserklärungen und Eintragungen für Volksbegehren in Papierform in jeder Gemeinde zu tätigen.
  • Möglichkeit, online (mittels qualifizierter digitaler Signatur, auch Handysignatur) Unterstützungserklärungen und Eintragungen für Volksbegehren zu tätigen.
  • Möglichkeit, dass Auslandsösterreicher(innen) online (mittels qualifizierter digitaler Signatur) Unterstützungserklärungen und Eintragungen für Volksbegehren tätigen könnten.
  • Möglichkeit des «Clearings» aller Wahlberechtigten, insbesondere im Hinblick auf allfällige Doppelregistrierung von vermeintlichen Auslandsösterreichern (Auslandsösterreicherinnen).
  • Wegfall des Erfordernisses der Datenübermittlung an das Bundesministerium für Inneres, sowohl für die bestehende Zentrale Wählerevidenz (zur Weitergabe an die im Nationalrat vertretenen Parteien) als auch für die Zentrale Europa-Wählerevidenz (zur Weitergabe an andere Mitgliedstaaten der EU).
  • Verbesserte Datenqualität bei der Weitergabe der Wählerevidenz-Daten an die im Natio-nalrat vertretenen Parteien.
  • Zielsichere Zuordnung von Häftlingen zu einer Wählerevidenz während einer Haft (im Sinne des Art. 6 Abs. 4 B-VG).
  • Stark vereinfachte Beauskunftung anderer EU-Mitgliedstaaten im Sinne der Richtlinie 93/109/EG bezüglich wahlberechtigter Unionsbürgerinnen und Unionsbürger bei Europa-wahlen.
  • Wegfall des bestehenden Verfahrens für die Ermittlung des Ergebnisses von Volksbegehren (Niederschriften, Sofortmeldungen und dergleichen wären obsolet).
  • Wesentliche Vereinfachungen für Gemeinden bei Amtshandlungen im Zusammenhang mit der Wählerevidenz und der Europa-Wählerevidenz.
[9]
Sämtliche – in die einschlägigen Materien (bundesweite Wahlereignisse, Volksbegehren) hineinragenden – Grundfunktionen der Wählerevidenz, um die sich die Gemeinden derzeit selbst zu kümmern haben oder bezüglich welcher sie sich Providern zu bedienen haben, sollen in Form von gesetzlich definierten use cases durch das ZeWaeR erfüllt werden. Darunter fallen Vorgänge des Reklamationsverfahrens ebenso wie das Erstellen von Wählerverzeichnissen und die Vornahme von Vormerkungen nach dem geplanten neuen Volksbegehrengesetz 2013. Spezielle gemeindespezifische Erfordernisse (z.B. das Erstellen der amtlichen Wahlinformationen in einer ortsüblichen Form) sollen durch eine Export-Schnittstelle des ZeWaeR unterstützt werden.

7.

Volksbegehren – alles neu? ^

[10]

Das neue Volksbegehrengesetz 2013 wird nach den Plänen der Bundesregierung sowie der Parlamentsklubs der Regierungsparteien hinsichtlich des Fristengefüges und der erforderlichen Unterstützungen 1 : 1 auf das geltende Recht aufbauen.13 Hingegen soll das work flow mit Blick auf das Erfordernis, dass für Volksbegehren von jeder Gemeinde aus und darüber hinaus auch online sowohl Unterstützungserklärungen getätigt werden, als auch Unterschriften geleistet werden sollen, einer grundlegenden Reform unterzogen werden:

[11]

Das Erfordernis der Möglichkeit zur Online-Unterstützung würde eine Registrierung des Volksbegehrens unerlässlich machen. Die Schwelle für eine Registrierung soll niedriger als für die Einbringung eines Einleitungsantrags sein. Aus Gründen der Rechtssicherheit müsste – nicht zuletzt mit Blick auf die jüngste VfGH-Judikatur14 – aber bereits bei der Registrierung der Text des Volksbegehrens feststehen. Analog zur Europäischen Bürgerinitiative soll eine Begrenzung der Anzahl der Zeichen festgelegt werden. Um ein Anliegen ausführlich zu dokumentieren, bliebe es den Proponentinnen und Proponenten eines Volksbegehrens aber – wie bisher – unbenommen, eine mengenmäßig nicht begrenzte Begründung zum Volksbegehren anzubieten. Als Übereilungsschutz ist für die Registrierung eines Volksbegehrens eine geringfügige Gebühr ins Auge gefasst. Um diesen Betrag würde sich allerdings der zu entrichtende Druckkostenbeitrag, der bei der Einbringung des Einleitungsantrags fällig wird, reduzieren, so dass die Einbringung eines Volksbegehrens sich insgesamt nicht verteuern würde.

[12]
Mit der erfolgten Registrierung könnten – werden die Pläne der Regierungsparteien umgesetzt – Unterstützungserklärungen für ein Volksbegehren getätigt werden. Dies könnte entweder online oder vor einem Organwalter (einer Organwalterin) einer beliebigen Gemeinde geschehen. In beiden Fällen soll die Tätigung einer Unterstützungserklärung zu einer – für ZeWaeR-Benutzungsberechtigte in anderen Gemeinden grundsätzlich nicht sichtbaren – Vormerkung führen. Für die Tätigung einer Online-Unterstützungserklärung soll die Abgabe einer digitalen Signatur (mittels Chipkarte oder mittels Handysignatur) zwingend sein. Bei Tätigung in einer Gemeinde sollen mittels der ZeWaeR-Applikation – nachdem der Organwalter bzw. die Organwalterin die Identität der unterstützungswilligen Person festgestellt hat und durch die Applikation keine Ablehnung wegen einer bereits vorhandenen Vormerkung angezeigt wird – zwei Ausdrucke generiert werden, nämlich die Unterstützungserklärung und eine Bestätigung hierüber. Der (die) Unterstützungswillige hätte eine Unterschrift zu leisten (die Bestätigung dient lediglich zu Beweiszwecken und verbleibt bei der Gemeinde), der (die) Unterstützungswillige soll eine vom Organwalter (von der Organwalterin) unterfertigte Bestätigung (ebenfalls lediglich zu Beweiszwecken) erhalten. Die Proponentinnen und Proponenten – wie auch das BM.I – könnten sich über die Zahl der bislang getätigten Unterstützungserklärungen jederzeit – online, mit entsprechenden Zugangsberechtigungen – informieren.
[13]
Wäre eine ausreichende Zahl an Unterstützungserklärungen getätigt, so könnten die Proponentinnen und Proponenten eines Volksbegehrens jederzeit einen Einleitungsantrag einbringen. Danach wäre die Möglichkeit, weitere Unterstützungserklärungen zu tätigen, automatisch gesperrt. Wie nach geltendem Recht soll der Bundesminister für Inneres (die Bundesministerin für Inneres) auch weiterhin einen Eintragungszeitraum festlegen. Das Fristengefüge bliebe an sich unverändert; mit Blick auf die Möglichkeit, für das Volksbegehren online eine Unterschrift zu leisten, soll lediglich auf das obligate Offenhalten des Eintragungslokales am Sonntag verzichtet werden.
[14]
Während des Eintragungszeitraums sollen Unterschriften in gleicher Weise geleistet werden können, wie dies für Unterstützungserklärungen unter Punkt 2 beschrieben ist. Auch das Abfragen der Zahl der geleisteten Unterschriften wäre in gleicher Weise jederzeit möglich.
[15]
Unmittelbar nach Ende des Eintragungszeitraums könnte im BM.I die vorläufige Zahl der Unterstützungserklärungen «auf Knopfdruck» ermittelt werden. Den Bezirkswahlbehörden käme hierbei keine Rolle mehr zu. Die Feststellung des amtlichen Ergebnisses soll wie bisher von der Bundeswahlbehörde vorgenommen werden, etwa drei Wochen nach Ende des Eintragungszeitraums. Die Proponentinnen und Proponenten hätten in der diesbezüglichen Sitzung – wie bisher – Parteistellung und könnten ggf. Unzukömmlichkeiten bei der Administration des Volksbegehrens ins Treffen bringen. Allenfalls könnte die Bundeswahlbehörde um stichprobenweise Vorlage von Bestätigungen und um Vorlage von unterschriebenen Formularen ersuchen.
[16]
Weiterhin soll ein Volksbegehren einer nachprüfenden Kontrolle durch den Verfassungsgerichtshof unterliegen.15 Wird das Verfahren nicht angefochten, so würde ein ausreichend unterstütztes Volksbegehren – wie bisher – dem Nationalrat zu weiteren Behandlung zugeführt.

8.

Ausblick ^

[17]
Die Pläne der Bundesregierung müssen als sehr ambitioniert betrachtet werden. Es besteht die Absicht, nachdem im Lauf des Jahres 2013 die Webapplikation im BM.I entwickelt und getestet werden soll, dass bereits Anfang 2014 das «ZeWaeR» funktionstüchtig zur Verfügung steht. Die Nationalratswahl im Herbst 2013 soll noch nach der bestehenden Rechtslage abgewickelt werden. Bei der Europawahl im Frühjahr 2014 sollen die Daten der Unionsbürgerinnen und -bürger mit den anderen (dann) 27 Mitgliedstaaten bereits unter Zuhilfenahme der neuen Datenbank-Applikation ausgetauscht werden, was eine wesentliche Vereinfachung für die die Europa-Wählerevidenzen administrierenden Gemeinden, aber auch für die Länder, nach sich ziehen würde. Die wesentlichste Auswirkung der beschriebenen administrativen Reform wird jedoch bei der Abwicklung der Volksbegehren zu suchen sein. Österreicherinnen und Österreicher könnten dann erstmals bei einem innerstaatlichen Instrument der direkten Demokratie online – zur Wahrung des Prinzips «one man, one vote» aber nur mittels digitaler Signatur (darunter fällt auch die Handysignatur) – ihre Stimme abgeben, auch aus dem Ausland. Aber auch für Bürgerinnen und Bürger, die dazu technisch noch nicht in der Lage sind, wird es viel leichter sein, ein Volksbegehren zu unterstützen, und zwar sowohl in der Phase des Sammelns von Unterstützungserklärungen, als auch in der Eintragungswoche, wird man doch in Zukunft hierzu nicht mehr die Wohnsitzgemeinde, sondern das Gemeindeamt irgendeiner Gemeinde aufsuchen können.

 


 

Robert Stein, Leiter der Abteilung für Wahlangelegenheiten im Bundesministerium für Inneres.

 


 

  1. 1 StGBl. Nr. 115/1918.
  2. 2 B-VG Novelle 1929, BGBl. Nr. 292/1929.
  3. 3 Stein/Vogl/Wenda NRWO³ (2010) Anm. zu § 22ff NRWO.
  4. 4 § 3 Abs. 4 des Wählerevidenzgesetzes 1973 idF. der Meldegesetznovelle 1985, BGBl. Nr. 427/1985.
  5. 5 Novelle zum Meldegesetz, BGBl I Nr. 28/2001.
  6. 6 § 2 Abs. 2 letzter Satz des Wählerevidenzgesetzes 1973 idF. des Wahlrechtsänderungsgesetzes 2007 lautet: «Die Verständigungen können entfallen, wenn der jeweils zugrundeliegende Vorgang durch einen Vorgang im Zentralen Melderegister belegt ist.»
  7. 7 § 22 der Nationalrats-Wahlordnung 1992 idF. BGBl I Nr. 43/2011.
  8. 8 IdF. BGBl I Nr. 43/2011.
  9. 9 § 4 und 10 des Volksbegehrensgesetzes 1973, BGBl. Nr. 1973/344.
  10. 10 Art. 41 Abs. 2 2. Satz B-VG: «Stimmberechtigt bei Volksbegehren ist, wer am letzten Tag des Eintragungszeitraums das Wahlrecht zum Nationalrat besitzt und in einer Gemeinde des Bundesgebietes den Hauptwohnsitz hat.»
  11. 11 Vgl. OTS von BM Spindelegger vom 11. September 2012: «Mehr Bürgernähe durch zentrales Wählerregister».
  12. 12 Siehe oben, Anm. 4.
  13. 13 Stein/Vogl/Wenda NRWO³ (2010) Anm. zu § 5 des Volksbegehrengesetzes 1973.
  14. 14 Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes B 191/12-10 vom 20. Juni 2012.
  15. 15 § 18 des Volksbegehrengesetzes 1973.