1.
Einleitung ^
2.
Grundsätzliche Möglichkeit der Stimmabgabe im beliebigen Wahlbezirk ^
3.1.
Wahlschein ^
3.2.
Zentrales / dezentrales Wählerverzeichnis ^
3.3.1.
Klassische Identifikation und Authentifikation der Wähler ^
3.3.2.
Elektronisches Wählerverzeichnis ^
Die Wahlberechtigung könnte auch unter Einbindung des neuen Personalausweises (nPA) überprüft werden. Dieser ermöglicht durch seine Datenfelder und insbesondere die eID-Funktion13 eine eindeutige dienstbezogene Online-Authentifikation.14 Der nPA unterstützt eine Altersverifikation, eine Wohnortabfrage und eine Pseudonymisierung (Restricted-ID). Diese Funktionen können zur Wahlberechtigungsprüfung verwendet werden, indem sie mit den Angaben im jeweiligen Wählerverzeichnis verglichen werden. Durch die Restricted-ID Funktion wüsste weder der PC des Wahlvorstandes noch das Wählerverzeichnis für wen die Wahlberechtigung geprüft werden soll. Das Wählerverzeichnis kann die Anfrage, ob diese Restricted-ID (der Wähler) wahlberechtigt ist oder nicht, beantworten, ohne zu wissen wer der konkrete Wähler hinter der Restricted-ID ist. Allerdings kann die Identität des Wählers durch ein Abhören des Netzwerkes aufgedeckt werden, sobald die kryptographischen Algorithmen zur Generierung der Restricted-ID und zur Sicherung der Internetverbindung gebrochen sind, wobei der Angreifer auch den öffentlichen Schlüssel des nPAs und des Wählerverzeichnisses (eID-Server) kennen müsste. Darüber hinaus können Wählerverzeichnis (eID-Server) und Zertifizierungsstelle des nPAs bereits heute die beim Wählerverzeichnis gespeicherten Restricted-IDs den entsprechenden Wählern zuordnen.15 Das dauerhafte Speichern der Restricted-IDs beim Wählerverzeichnis sollte daher verboten und das Löschen vom zuständigen Datenschutzbeauftragten überprüft werden.
4.
Stimmabgabe und Auszählung ^
4.1.
Papierstimmzettel ^
4.2.
Elektronischer Stimmzettel ^
5.
Zusammenfassung und Diskussion ^
Danach muss jeder Bürger die wesentlichen Schritte der Wahlhandlung und Ergebnisermittlung zuverlässig und ohne besondere Sachkenntnis überprüfen können.17 Kryptografie beruht auf mathematischen Vorgängen, die zwar visualisiert, aber bislang noch nicht so dargestellt werden können, dass sie jedermann unabhängig von entsprechenden Spezialkenntnissen verstehen kann. Zwar ist der Grundsatz der Öffentlichkeit der Wahl – wie die geschriebenen Wahlgrundsätze des Art. 38 Abs. 1 Satz 1 GG – zunächst vorbehaltlos gewährleistet. Allerdings bringt es bereits «die Natur der Sache mit sich, dass nicht jeder der verfassungsrechtlich festgelegten Wahlrechtsgrundsätze in voller Reinheit verwirklicht werden kann.»18 Die Einschränkung eines Wahlrechtsgrundsatzes ist damit nicht per se verfassungswidrig, sondern kann gerechtfertigt sein, soweit der Verfassung eine ausreichende Ermächtigung zu entnehmen ist, die Abweichung zur Sicherung staatspolitischer Ziele geboten erscheint oder wenn es nötig ist, einen Wahlrechtsgrundsatz im Interesse eines anderen einzuschränken.19 Durch eine wohnortunabhängige Stimmabgabe könnte der Grundsatz der Allgemeinheit der Wahl deutlich gestärkt werden. Insoweit würde auch jenen Menschen die Möglichkeit zur aktiven Teilnahme an der Wahl gegeben werden, die sich kurzfristig für eine Reise am Wahltag oder ein anderweitig begründetes Fernbleiben vom Wahlbezirk entscheiden. Diesem Anspruch vermag die Briefwahl gerade nicht gerecht zu werden, da sie die vorzeitige Beantragung eines Wahlscheins voraussetzt. Darüber hinaus würde die Stimmabgabe in einem beliebigen Wahlbezirk anders als bei der Briefwahl auch nicht in das private Umfeld des Wahlberechtigten verlagert und einer öffentlichen Kontrolle entzogen werden.20 Bei der wohnortunabhängigen Präsenzwahl wäre die Einhaltung der Wahlrechtsgrundsätze während der Stimmabgabe gewährleistet und durch die Öffentlichkeit kontrollierbar, da jedermann sehen kann, dass der Wähler die Wahlkabine allein betritt und sie anschließend auch wieder allein verlässt. Obgleich die Briefwahl einen unverzichtbaren Wahlkanal für alle Bürger darstellt, die einen Wahlbezirk innerhalb des Wahlgebiets tatsächlich nicht aufsuchen können, liegt angesichts der stetig wachsenden Anzahl von Briefwählern die Vermutung nahe, dass diese Option auch von Menschen wahrgenommen wird, die ihrer gar nicht bedürfen. Um jedoch eine bestmögliche Sicherung der Wahlrechtsgrundsätze zu gewährleisten, sollte die wohnortunabhängige Präsenzwahl als ein zusätzlicher Wahlkanal in Betracht gezogen werden. Dabei sollte auch untersucht werden, ob eine Anwendung auf Landtags- und Kommunalwahlen verfassungskonform realisierbar ist. Insoweit muss jedoch bedacht werden, dass in Deutschland die einzelnen Länder das aktive Wahlrecht regelmäßig an eine bestimmte Bestandsdauer des Wohnsitzes im jeweiligen Land knüpfen.21 Darüber hinaus ist zu bedenken, dass Landtags- und Kommunalwahlen nicht zeitgleich in allen Ländern stattfinden und eine Stimmabgabe außerhalb des eigenen Bundeslandes oder der eigenen Kommune nur mit großem organisatorischem Aufwand realisierbar wäre.
Jurlind Budurushi, Doktorand, TU Darmstadt / CASED, Fachbereich Informatik, SecUSo – Security, Usability and Society.
Maria Henning, Doktorandin, Universität Kassel, Institut für Wirtschaftsrecht, Fachgebiet Öffentliches Recht, Projektgruppe verfassungsverträgliche Technikgestaltung (provet).
Melanie Volkamer, Juniorprofessorin, TU Darmstadt / CASED, Fachbereich Informatik, SecUSo – Security, Usability and Society.
- 1 Bundesgesetzblatt Teil 1, Nr. 21 v. 9.6.1956, 383, 388.
- 2 http://www.bundeswahlleiter.de/de/glossar/texte/Briefwahl.html.
- 3 Richter, Briefwahl für alle? Die Freigabe der Fernwahl und der Grundsatz der Öffentlichkeit der Wahl, DÖV, 606-610 (2010).
- 4 Schreiber, Bundeswahlgesetz, Kommentar, Carl Heymanns Verlag, Köln, § 2, Rn. 5 (2009).
- 5 Die nachfolgenden Ausführungen gelten unabhängig davon, ob der Wähler sein Wahlrecht im eigenen oder in einem fremden Wahlbezirk ausübt.
- 6 Schreiber, Bundeswahlgesetz, Kommentar, Carl Heymanns Verlag, Köln, § 17, Rn. 15 (2009).
- 7 Bundesgesetzblatt, Teil 1, Nr. 26 v. 26.04.2002, 1342-1350.
- 8 Bundestags Drucksache 17/10158.
- 9 http://philipbanse.de/docs/Referenenentwurf_Meldegesetz.pdf.
- 10 Grundlage für die Aufstellung der Wählerverzeichnisse sind heute die Melderegister der Meldebehörden. Hieraus werden der Familienname, der Vorname, das Geburtsdatum und die Wohnadresse der Wahlberechtigten übertragen.
- 11 Schreiber, Bundeswahlgesetz, Kommentar, Carl Heymanns Verlag, Köln, § 14, Rn. 9 (2009).
- 12 Schreiber, Bundeswahlgesetz, Kommentar, Carl Heymanns Verlag, Köln, Einf., Rn. 43 (2009).
- 13 BSI. Advanced Security Mechanism for Machine Readable Travel Documents. Technische Richtlinie, V 2.10 (2012).
- 14 Bräunlich/Kasten/Grimm, Der neue Personal Ausweis zur Authentifizierung bei elektronischen Wahlen. In: Sicher in die digitale Welt von morgen, S. 211-225 (2011).
- 15 Bräunlich et. al., Der neue Personalausweis zur Authentifizierung von Wählern bei Onlinewahlen, Universität Koblenz-Landau, Nr. 11, Arbeitsberichte aus den Fachbereich Informatik (2011).
- 16 BVerfGE 59, 119 (125).
- 17 BVerfGE 123, 39.
- 18 BVerfGE 59, 119 (124).
- 19 BVerfGE 95, 335 (369).
- 20 Dies kritisiert Richter, Briefwahl für alle? Die Freigabe der Fernwahl und der Grundsatz der Öffentlichkeit der Wahl, DÖV, 606-610 (2010).
- 21 Z. B. § 2 Abs. 1 Nr. 3 Gesetz über die Wahlen zum Landtag des Landes Hessen.