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Lucida Intervalla Iuris

  • Author: Peter Ebenhoch
  • Category: Articles
  • Region: Germany
  • Field of law: Legal Informatics, Artificial Intelligence & Law
  • Citation: Peter Ebenhoch, Lucida Intervalla Iuris, in: Jusletter IT 11 September 2014
Der Beitrag zeigt, wie gesellschaftliche und rechtliche Komplexität zusammenhängen, warum die Gesetzesflut weiter zunimmt und Rechtsqualität ein rares Gut bleiben wird und was – mit Bezug zu Lachmayer’s Oeuvre – dennoch dagegen gemacht werden kann, um zu Rechtsklarheit zu gelangen.

Inhaltsverzeichnis

  • 1. Normenflut und Rechtsqualität
  • 2. Gesellschaft und Rechtskomplexität
  • 2.1. Komplexität
  • 2.2. Rechtskomplexität
  • 2.3. Bestandteile der Rechtskomplexität
  • 2.4. Auswirkungen zu hoher Rechtskomplexität
  • 2.5. Rechtskomplexität und Komplexität der Gesellschaft
  • 2.6. Zwingende Zunahme von Rechtsnormen
  • 3. Komplexität und Rechtsqualität
  • 3.1. Arten der Rechtsqualität
  • 3.2. Rechtsqualität als Verständlichkeit und Prägnanz
  • 3.3. Rechtsqualität und Zeitdauer
  • 4. Komplexität und Rechtsfall
  • 4.1. Juristische Unschärfe
  • 4.2. Verlagerung der Unschärfe
  • 4.3. Rechtsqualität und Bindungswirkung
  • 5. Kampf gegen Windmühlen?
  • 6. Lucida Intervalla Iuris
  • 6.1. Rechtsvisualisierung
  • 6.2. Strukturierung und Formalisierung
  • 6.2.1. Automatische Prüfung der Rechtsqualität?
  • 6.3. Semiotik
  • 7. Anwendung und Weiterentwicklung
  • 7.1. Alternative Regelungstechniken zur Komplexitätsreduktion
  • 7.1.1. Complianceorientierte Rechtsnormen und Technische Normung
  • 7.1.2. Weitere komplexitätsreduzierende rechtliche Regelungsmodelle
  • 7.2. Bedürfnisorientierte Rechtsetzung und Entscheidungsfindung
  • 7.3. Regelbasiertes Schreiben und kontrollierte Rechtssprachen
  • 7.4. Alternative Entscheidungsprozesse
  • 8. Literatur

1.

Normenflut und Rechtsqualität ^

[1]

Immer wieder wird die Normenflut unserer Zeit beklagt1: Sie erschwere das Verständnis und die Durchsetzung des Rechts, sei rechtspolitisch bedenklich und bringe selbst professionelle und erfahrene Juristen an ihre Grenzen.

[2]
Mit fast der gleichen Häufigkeit, oft auch in einem Atemzug, wird über mangelnde Rechtsqualität geklagt: Das Recht sei umständlich formuliert, verschachtelt, schwer verständlich und widersprüchlich. Deshalb sei es fast unmöglich, ihm «gerecht» zu werden. Beides, Normenflut und mangelnde Rechtsqualität untergrabe die Wirkmöglichkeiten des Rechtsstaats und damit unserer Demokratie insgesamt. Von Geltungsverlust, Rechtsgewährungsknappheit und einem «selektiven Rechtsstaat» ist die Rede2. Gegenmaßnahmen seien dringend notwendig.
[3]

An Vorschlägen und Empfehlungen, wie denn damit am Besten umzugehen sei, mangelt es wahrlich nicht3; allerdings schon seit über hundert Jahren, ohne dass es offenbar zu Verbesserungen geführt hat4.

[4]
Dieser Aufsatz möchte auf den Spuren des Jubilars diesen unerwünschten Phänomenen nachgehen, Ursachen orten und nach Auswegen suchen, die es einem dennoch ermöglichen, lichte Klarheit in komplexe Rechtsmaterien zu bringen.

2.

Gesellschaft und Rechtskomplexität ^

2.1.

Komplexität ^

[5]
Als komplex wird ein System bezeichnet, bei dem die Summe der Bestandteile und die Mannigfaltigkeit der möglichen Interaktionen zwischen diesen Bestandteilen es nicht mehr oder nur mit sehr hohem Aufwand ermöglichen, verlässliche Vorhersagen über das künftige Verhalten des Systems zu treffen.
[6]
Ein Alltagsbeispiel dafür ist die Wettervorhersage. Obwohl für fast jeden Winkel der Erde zahlreiche Messdaten und Satellitenbilder vorliegen, lässt sich nur mit einer beschränkten Wahrscheinlichkeit vorhersagen, wie denn das Wetter an einem bestimmten Ort und zu einer bestimmten Zeit sein wird. Noch schwieriger ist die Vorhersage über das Auftreten von Staus im Straßenverkehr oder gar von Erdbeben.

2.2.

Rechtskomplexität ^

[7]
Übertragen auf die Komplexität des Rechts bedeutet dies: Selbst wenn ein Sachverhalt konkret feststeht, ist es oft schwierig oder gar unmöglich, Prognosen darüber abzugeben, wie denn eine Behörde oder ein Gericht entscheiden wird.

    Eine hohe Komplexität des Rechts liegt demnach dann vor, wenn viele juristische Akteure vorhanden sind und auf Basis von zahlreichen juristischen Artefakten (insbesondere Rechtsnormen) Entscheidungen treffen, die schwer vorhersehbar sind.

[8]

In der weiteren Darstellung wird der Fokus auf die Menge der Rechtsnormen und auf deren Rechtsqualität gelegt, also die «Rechtsnormquantität» und «Rechtsnormqualität»5 einfach als «Rechtsquantität» und «Rechtsqualität» bezeichnet.

2.3.

Bestandteile der Rechtskomplexität ^

[9]
Rechtskomplexität steigt durch eine Zunahme der Menge der Rechtsnormen und durch eine reduzierte Rechtsqualität und sinkt durch eine Verkleinerung der Rechtsmenge und eine Erhöhung der Rechtsqualität.
[10]
Dies lässt sich in einer semi-formalen Notation so ausdrücken:

k(R) = m / q

[11]

Steigt die Menge der Rechtsnormen m also deutlich und/oder fällt die Qualität der Rechtsnormen q deutlich unter ein bestimmtes Minimum, so steigt die Rechtskomplexität k(R) entsprechend an und es wird immer schwieriger, Vorhersagen über juristische Entscheidungen zu treffen.

2.4.

Auswirkungen zu hoher Rechtskomplexität ^

[12]

Vergegenwärtigt man sich, dass es – zumindest nach der Konzeption von Niklas Luhmann6 – der Zweck von Rechtsnormen ist, Verhaltenserwartungen zu sichern, so muss man der eingangs erwähnten Kritik recht geben: Die mangelnde Vorhersehbarkeit rechtlicher Entscheidungen wird wohl wenig geeignet sein, Verhaltenserwartungen zu sichern und so tatsächlich diese zentrale Funktion einer Rechtsnorm und des Rechts insgesamt untergraben.

    Je komplexer das Recht, umso schwieriger wird es, sich daran zu halten bzw. umso eher wird es ignoriert.

[13]
Ein Blick auf Staaten mit einer gering ausgeprägten Rechtsstaatlichkeit legt zudem die Vermutung mehr als nahe, dass eine zunehmende Rechtskomplexität zu gesamtgesellschaftlich unerwünschten Begleiterscheinungen wie Korruption, Konflikten, Zunahme von Kriminalität und Unzufriedenheit bis hin zu gesellschaftlichen Spannungen führt.
[14]
Solche negativen gesellschaftlichen Auswirkungen führen indirekt zu volkswirtschaftlichen Nachteilen. Auch in rein finanzieller Hinsicht täte ein Staat als Volkswirtschaft also gut daran, die Rechtskomplexität auf ein «vernünftiges Maß» zu reduzieren. Ein Argument, dass in Zeiten der Euro-Krise eigentlich umso mehr Gewicht haben sollte.
[15]
Was aber ist ein solches vernünftiges Maß an Rechtskomplexität, was ein überhöhtes?

2.5.

Rechtskomplexität und Komplexität der Gesellschaft ^

[16]

Nehmen wir für einen bestimmten Staat bzw. eine bestimmte Gesellschaft die Komplexität k(G) an.

[17]

Wir gehen davon aus, dass es ein ideales Verhältnis bzw. eine ideale Bandbreite von Qualität q und Menge m von Rechtsnormen gibt, die die Rechtskomplexität in ein solches Verhältnis zur gesellschaftlichen Komplexität stellen, so dass es zu einer Reduktion von Konflikten und Kriminalität und zu einer Verstärkung des Gerechtigkeitsgefühl der Rechtsnormadressaten führt:

k(G) ~ k(R) = m / q

[18]
Eine geringe Rechtskomplexität ist aber kein Wert und kein anzustrebendes Ziel an sich. Ist die Rechtskomplexität wesentlich niedriger als die der Gesellschaft, deren Komplexität sie widerspiegeln und regeln soll, wird sie gleichermaßen wirkungslos wie bei einem deutlich Überhang der Rechtskomplexität über die gesellschaftliche Komplexität, also dem Phänomen, dem wir hier auf der Spur sind.
[19]
Gesellschaftskomplexität und Rechtskomplexität sollten einander also entsprechen.
[20]
In Anlehnung an das Ockham’sche Rasiermesser «Entia non sunt multiplicanda sine necessitate» könnte als gefordert werden: «Leges non sunt dando sine necessitate».
[21]

Gesellschaftliche Komplexität sollte mit der adäquaten Rechtskomplexität geregelt werden, aber nicht mit einer überschießenden. Gesucht wird also das Mindestmaß an Regelungskomplexität, das die gesellschaftliche Komplexität ausreichend kontrolliert7.

[22]
Mit anderen Worten: Wir nehmen an, dass es ein ideales gedachtes Verhältnis der geringstmöglichen Rechtskomplexität als Menge und Qualität der geltenden Rechtsnormen zur zu regelnden Komplexität der Gesellschaft gibt.

2.6.

Zwingende Zunahme von Rechtsnormen ^

[23]

Geht man zudem davon aus, dass die gesellschaftliche Komplexität zunimmt8 und folgt man der These der Ausdifferenzierung des Rechts9, so muss man ernüchtert feststellen, dass die Zahl der Rechtsnormen bei Beibehaltung dieses idealen Verhältnisses von gesellschaftlicher Komplexität und Rechtskomplexität zwangsläufig zunehmen muss.

[24]
Ungeachtet der Sinnhaftigkeit aller Anstrengungen, das Recht zu bereinigen und die Menge von Rechtsnormen zu reduzieren, muss demnach befürchtet werden, dass die Menge der Rechtsnormen dennoch entsprechend der Komplexität der Gesellschaft zunimmt. Dies gilt auch und insbesondere dann, wenn die Rechtsnormen qualitativ optimal gestaltet sind.

3.

Komplexität und Rechtsqualität ^

[25]

Wenn die Rechtsnormen schon unabänderbar zunehmen: Besteht vielleicht aber bei der Rechtsqualität ein Ansatzpunkt, um entsprechend unserer aufgestellten Formel k(R) = m / q die Rechtskomplexität zu senken?

3.1.

Arten der Rechtsqualität ^

[26]
Rechtsqualität kann unter (1) dem Aspekt der inhaltlichen Qualität einer einzelnen Rechtsnorm betrachtet werden («Rechtsnormqualität»), unter (2) dem systematischen Aspekt bezogen auf die gesamte Rechtsordnung («Rechtsstrukturqualität») und unter (3) dem Aspekt der Effektivität und Effizienz des gesamten Rechtssystems («Rechtssystemqualität»).
[27]
Diese drei Qualitäten bauen aufeinander auf: Ist schon die Rechtsnorm schlecht, kann eine optimale Rechtsstruktur und ein effektives und effizientes Rechtssystem diesen Mangel nur mehr mildern, ihn aber nicht egalisieren.

    Es gilt also, dass eine optimale initiale Rechtsnormqualität durch nichts ersetzt werden kann.

3.2.

Rechtsqualität als Verständlichkeit und Prägnanz ^

[28]
Inhaltlich wird Rechtsqualität oft mit Verständlichkeit gleichgesetzt: Eine gute Rechtsnorm ist verständlich, idealerweise auch von einem juristischen Laien. Linguistische Kriterien wie Prägnanz, kein Nominalstil, kein Passiv, einfacher Satzbau, etc. können Anwendung finden.
[29]
Schlechte Rechtsnormen sind unverständlich, kompliziert, zu langatmig, etc.: Es dauert bei schlechten Rechtsnormen länger, bis der eigentliche Inhalt festgestellt werden kann, bzw. kann er gar nicht mehr festgestellt werden, weil er unter lauter Worthülsen begraben ist oder sich nicht auflösbare Widersprüche zu anderen Rechtsnormen ergeben. Hier geht es um die Präzision und Prägnanz einer Rechtsnorm.
[30]
Unweigerlich fällt einem hier das legendäre VfGH-Erkenntnis VfSlg 3130/1956 vom 14. Dezember 1956 ein. In diesem befand der VfGH, dass «eine Vorschrift, zu deren Sinnermittlung subtile verfassungsrechtliche Kenntnisse, qualifizierte juristische Befähigung und Erfahrung und geradezu archivarischer Fleiß von Nöten sind […] keine verbindliche Norm» sei.
[31]
Zwar bezog sich das ganze Erkenntnis auf Kundmachungserfordernisse, die ersten beiden Kriterien zielen aber eher auf die Verständlichkeit der Rechtsnorm, das dritte Kriterium, der archivarische Fleiß hingegen auf die Zeitdauer bzw. den notwendigen Rechercheaufwand.
[32]
Darauf bezog sich der VfGH im Erkenntnis VfSlg 12420/1990 vom 29. Juni 1990 und ergänzte, dass dies nicht nur für die Kundmachung gelte, sondern jede Norm auch inhaltlich solchen rechtsstaatlichen Grundanforderungen entsprechen müsse.
[33]
Bei der gegenständlichen Norm schloss der VfGH nicht aus, dass die Zweifelsfragen, die sie aufwarf, klärbar sein könnten. Allerdings verweigerte er sich dieser Aufgabe mit dem Hinweis, dass nur mit «subtiler Sachkenntnis, außerordentlichen methodischen Fähigkeiten und einer gewissen Lust zum Lösen von Denksport-Aufgaben überhaupt verstanden werden kann, welche Anordnungen hier getroffen werden».
[34]

Aus dem Erkenntnis VfSlg 3130/1956 leitete der VfGH in diesem Erkenntnis weiter ab, «dass der Inhalt eines Gesetzes der breiten Öffentlichkeit in klarer und erschöpfender Weise zur Kenntnis zu bringen ist, weil der Normunterworfene die Möglichkeit haben muss, sich der Norm gemäß zu verhalten»10.

[35]
Mehrdeutigkeit und Unauflösbarkeit einer Rechtsnorm sind demnach klare Negativkriterien, die an der Rechts(norm)qualität zweifeln lassen, (rasche) Handlungsbefähigung hingegen ein klares Positivkriterium.

3.3.

Rechtsqualität und Zeitdauer ^

[36]
Komplexität bezogen auf die Zeitdauer kann durch die Menge der Rechtsnormen entstehen, die auf einen bestimmten Sachverhalt anwendbar sind bzw. deren Anwendbarkeit geprüft werden muss.
[37]

Das oben erwähnte Argument «archivarischer Fleiß» deutet in diese Richtung. Zwar schaut archivarischer Fleiß im Jahr 2013 anders aus als 1956, aber im Zeitalter des Internets und der überall verfügbaren Möglichkeiten von elektronischen Datenbanken mit Volltextsuche stehen leistungsfähige technische Hilfsmittel zur Verfügung11. Manuelle Suchaufwände in großen Archiven sind weitgehend Geschichte. Die Menge der Rechtsnormen und deren komplexe Bezogenheit aufeinander hat sich aber gleichermaßen erhöht und verdichtet. Gerade die europäische Gemeinschaftsbildung und die Globalisierung haben dazu in einem früher schwer vorstellbaren Maß beigetragen.

[38]

Die Zeitdauer hängt, aus Sicht eines außenstehenden Beobachters, nicht nur von der Menge der Rechtsnormen ab, sondern auch von der Dauer, bis es (endlich) zu einer Entscheidung kommt. Indirekt hängt diese Dauer natürlich von der Menge der Rechtsnormen und der Rechtsqualität ab, also der Rechtskomplexität k(R) insgesamt.

4.

Komplexität und Rechtsfall ^

[39]
Angesichts eines konkreten Rechtsfalls interessiert die gesellschaftliche und die rechtliche Gesamtkomplexität sowie eine Statistik über die Dauer von Verfahren allerdings wenig. Die allgemein aufgezeigte Komplexitätsbetrachtung muss deshalb um eine spezifische ergänzt werden, die der inneren Perspektive Betroffener entspricht.

4.1.

Juristische Unschärfe ^

[40]
Erstmals mit einem konkreten Rechtsfall konfrontiert, hat ein juristisch geschulter Mensch rasch eine Ahnung, wie er oder sie diesen einordnen muss und wie weiter vorzugehen ist, um zu einer Lösung zu kommen.
[41]
Das weitere Vorgehen kann sich freilich einfach oder aufwändig gestalten: Es können sich erwartbare oder unerwartete Unklarheiten einstellen, die weiteren Recherche- bzw. Abklärungsaufwand nach sich ziehen oder sich schlimmstenfalls gar nicht ausreichend klären lassen.
[42]
Dieser Aufwand hängt zunächst vom Aufwand zur Klärung des realen Sachverhalts ab. Aber schon diese Feststellung rechtsrelevanter Tatsachen hängt in starkem Umfang vom Maß der rechtlichen Unschärfe der anwendbaren Rechtsnormen ∆R(f) ab: Je höher die juristische Unschärfe ∆R, desto höher der Aufwand zur Lösung des Rechtsfalls. Rechtskomplexität führt also im Einzelfall durch rechtliche Unschärfe zu einer Handlungsverzögerung oder – schlimmstenfalls – gar zu einer Handlungsvereitlung.
[43]
Trifft der Rechtsfall auf eine hohe fallbezogene Rechtskomplexität, so ist die Unschärfe als Aufwand zur Lösung des Rechtsfalls höher, wobei der Aufwand zur Lösung des Rechtsfalls eher exponentiell ansteigt als linear. Auf die Alltagsebene umgelegt: Schon wenn sich ein Rechtsfall wegen hoher Recherche- oder Interpretationsaufwände nicht innerhalb eines Arbeitstags lösen lässt, so entsteht für einen Juristen bzw. eine Juristin ein Mehraufwand, um am nächsten oder übernächsten Tag wieder daran anzuschließen12.
[44]
Ist die Mitwirkung und Abstimmung mit weiteren Fachjuristen oder Fachexperten notwendig, vielleicht sogar im internationalen Kontext, so steigt der Aufwand durch die notwendige Kommunikation k und den benötigten Zeitaufwand z gleichfalls erheblich an13.

↑∆R(f)⇒ ↑(z× k)

[45]
Da sich diese Aufwände direkt in Zeit und Kosten niederschlagen, führen sie nicht selten dazu, die weitere Rechtsverfolgung trotz zunächst offensichtlicher guter Aussichten einzustellen oder von der Abdeckung durch eine Rechtsschutzversicherung abhängig zu machen. Die genannten volkswirtschaftlichen Nachteile hoher Rechtskomplexität schlagen also gewissermaßen betriebswirtschaftlich durch.

4.2.

Verlagerung der Unschärfe ^

[46]

Die juristische Unschärfe eines Rechtfalls ∆R(f) kann nie wirklich aufgelöst, sondern nur verlagert werden. Trotz des skizzierten hohen zeitlichen, intellektuellen und letztendlich finanziellen Aufwands führt eine gerichtliche oder behördliche «Klärung» einer juristisch unscharfen Ausgangssituation nämlich nur zu einer Einzelfallentscheidung. Die juristische Unschärfe wird also auch für weitere ähnliche gelagerte Fälle nicht aufgelöst, sondern bestenfalls gemildert.

[47]
Mangelnde Rechtsqualität führt demnach zu hoher Rechtskomplexität und diese korreliert im Einzelfall mit dem Ausmaß der juristischen Unschärfe, die – einmal entstanden – im Rechtssystem nur weiter wandern kann, aber letztendlich nie aufgelöst wird:

↓q(R) ⇒↑k(R) ~ ↑∆R(f).

[48]
Zumindest so lange, bis eine initiale Klarheit durch eine verbesserte Rechtsnorm geschaffen wird.

    Auch hier gilt also, dass initiale Rechtsqualität und damit einhergehende juristische Klarheit durch nichts ersetzt werden kann.

4.3.

Rechtsqualität und Bindungswirkung ^

[49]
Eine Rechtsnorm erzeugt, wenn sie wirkt, kontrafaktisch stabilisierte Verhaltenserwartungen und damit Vertrauen. Auf vertraglich oder gar notariell oder per Grundbuch verbüchertes Recht kann man sich im Einzelfall verlassen, im Unterschied zu flüchtigen mündlichen Zusagen oder zu sonstigen Versprechen im Alltag.
[50]
Eine Voraussetzung für dieses Vertrauen ist, dass Klarheit darüber besteht, was gemeint ist. Es wird untergraben von juristischer Unschärfe. Juristische Unschärfe verhindert also, dass juristisches Vertrauen entsteht.
[51]

Je unklarer es in einem konkreten Fall ist, was rechtens ist, umso mehr sinkt die gefühlte Verpflichtung, sich an das Recht zu halten. Kein Wunder: Schließlich weiß ja keiner mehr, was eben recht ist. Wie soll man sich denn an etwas halten, was man nicht vermittelt bekommt und mit angemessenem Aufwand in Erfahrung bringen kann, selbst eine beste Absicht vorausgesetzt?14

5.

Kampf gegen Windmühlen? ^

[52]
Die Frage, die sich aufdrängt ist folgende: Warum wird der Mangel an Verständlichkeit, Prägnanz und der überbordenden Zahl von Rechtsnormen zwar laufend diskutiert, ohne dass es zu irgendeiner Verbesserung kommt? Warum werden gelegentlich Initiativen durchgeführt (Rechtsbereinigung, Verwaltungsreform, etc.), ohne dass sich ein nachhaltiges Ergebnis zeigt?
[53]
Eine mögliche Antwort liegt in der oben unter 2.6 aufgestellten These, dass die Komplexität der Gesellschaft ständig zunimmt und deshalb ein laufend erhöhter Regelungsbedarf entsteht. Dadurch nähme die Zahl der Rechtsnormen zwangsläufig zu.
[54]
Ließe sich aber nicht wenigstens die Qualität der Rechtsnormen entsprechend steigern, um die gesamte Rechtskomplexität im Griff zu behalten?
[55]
Rechtsnormen entstehen in unserem demokratischen Rechtsstaat entsprechend dem vordefinierten Rechtssetzungsprozess: Die legislativen, exekutiven und auch die judikativen Kräfte handeln entsprechend der Bundesverfassung und der Gewaltenteilung im Bundes-, Landes- oder Gemeindekontext juristisch autonom, sind aber faktisch eingebunden in konkrete politische Spannungsfelder.
[56]
Dies gilt sowohl für den Fall einer Einparteienregierung mit entsprechender absoluter Mehrheit als auch für den Fall einer Koalitionsregierung. Die divergenten Interessen, die auf den Rechtssetzungsprozess einwirken, ermöglichen im Rechtssetzungsprozess häufig eine demokratische Einigung, allerdings nicht selten auf Kosten einer erhöhten sprachliche Ungenauigkeit. Der Grad der Übereinstimmung steigt, wenn der Inhalt der Übereinstimmung unklarer formuliert wird.

    So gesehen führt also eine (bewusst oder unbewusst) reduzierte Rechtsqualität zu einer erhöhten formaldemokratischen Integrationskraft.

[57]
Diese führt allerdings zu keiner qualitativen, argumentativ gestärkten Einigung, sondern nur zu einer formalen. Auch und gerade wegen der Notwendigkeit, die mangelnde Rechtsqualität in Form einer bewussten Unschärfe einzusetzen, bleibt es eine formaldemokratische Einigung.
[58]

Sprachliche Klarheit und Prägnanz sind im Rechtsbereich demnach zwar erwünscht. Sie treten aber im Fall des Aufeinandertreffens verschiedener Interessen gegenüber dem Ziel, überhaupt eine Einigung zu erzielen und damit einen Machterhalt zu sichern bzw. den Einflussbereich zu erhöhen, zurück15,16. Sprachliche Unschärfe vergrößert so den formalen Konsensbereich, den Einigungskorridor und erhöht die formale Integrationskraft, allerdings auf Kosten von sprachlicher Klarheit, Präzision und inhaltlicher Stärke.

[59]
Mit anderen Worten lässt sich folgendes Dilemma postulieren:

    Die formaldemokratische Integrationskraft steigt durch eine sinkende Rechtsqualität und erhält bzw. vergrößert so den Machtbereich, allerdings auf Kosten der Rechtsnormqualität.

6.

Lucida Intervalla Iuris ^

[60]
Diese Erkenntnis lässt ein schales Gefühl zurück und es stellt sich die Frage, wie man damit am besten umgehen soll. Gibt es keinen Ausweg oder andere Möglichkeiten mit Rechtskomplexität umzugehen und es wieder lebendig und durchschaubar handzuhaben?
[61]
Wer jemals die analytische Präsenz von Prof. Dr. Friedrich Lachmayer «live» erlebt hat, der weiß, dass er Recht immer als Spiegelbild realer, faktischer Verhältnisse und Prozesse verstanden und die dahinter stehenden Zusammenhänge veranschaulicht und transzendiert hat, von der systemischen, über die sprachliche bis hin zur situativen Ebene, in denen sich Recht manifestiert.
[62]

Sein Anliegen ist stets, die dem Recht inhärente Macht wahrnehmbar zu machen und durch diese Transparenz die Grundlagen des Rechtsstaats und der Demokratie zu stärken17.

[63]
Dabei bedient sich Lachmayer eines Bündels von rechtsmethodischen Techniken und hat diese mit Bezug zu anderen wissenschaftlichen bzw. wissenschaftstheoretischen Forschungsfeldern weiter entwickelt und geprägt.
[64]
Vor dem Hintergrund des Oeuvre von Lachmayer wird im abgesteckten Themenbereich «Normenflut», «Rechtsqualität» und «Rechtskomplexität» im Folgenden schwerpunktartig nach möglichen Auswegen aus dem geschilderten Dilemma gesucht, die zu einer «lichteren» d.h. klareren Erkenntnis des Rechts führen können.

6.1.

Rechtsvisualisierung ^

[65]
Wenn es notwendig wäre, das charakteristische Thema, gewissermaßen den Grundbaustein von Lachmayer’s Aktivitäten herauszugreifen, so wäre dies mit einer sehr hohen Treffsicherheit die juristische Visualisierung18.
[66]

Schon 1978 hat Lachmayer mit Computergraphik und Rechtsdidaktik19 theoretische Grundlagen vorgestellt und die praktische Umsetzbarkeit im Lehrbuch Österreichische Verfassungsgeschichte20 in zahlreichen Auflagen bewiesen.

[67]

Die Mächtigkeit von Visualisierung zur einfachen und unmittelbaren Kommunikation spricht eine seinsmäßige Grundbefindlichkeit des Menschen an, über kulturelle und über Sprachgrenzen hinweg21. Dieses Potenzial wird im professionellen juristischen Bereich22 nach wie vor stark unterschätzt23 bzw. gelegentlich sogar herablassend betrachtet.

[68]
Ein Grund dafür mag die oben formulierte These sein, dass Klarheit und Prägnanz im Rechtssetzungsprozess zwar grundsätzlich erwünscht sind, aber sprachliche Unklarheiten den Einigungsspielraum der am Rechtssetzungsprozess beteiligten Parteien und Interessensvertretern vergrößern. Rechtsqualität wäre demnach ein scheues Reh.
[69]

Die Klarheit, die Visualisierung an dieser Stelle ermöglicht24, würde demnach Interessenkonflikte oder absichtliche Unklarheiten explizit machen und so möglicherweise den legislativen Abstimmungsprozess erschweren. Sprachliche Unklarheit wird hier nicht als Schwäche, sondern als Methode zur einfacheren formalen Einigung genutzt.

[70]

Die Chancen im Bereich der Rechtsdidaktik und der Rechtsvermittlung sind davon aber unbenommen: Im Gegenteil, je schlechter die Rechtsnormqualität umso mächtiger und notwendiger wird es, die Visualisierung im Bereich der Rechtsdidaktik einzusetzen25. Ein weiteres aktuelles Anwendungsgebiet sind Visualisierungen als Mittel der anwaltlichen Argumentation, bis hin zu Animationen und Videos.

6.2.

Strukturierung und Formalisierung ^

[71]

Strukturierung und Formalisierung sind die beiden zentralen Methoden der Rechtsinformatik, um für Klarheit und Übersichtlichkeit zu sorgen und diese zu generieren26.

[72]
Entsprechende informatische Methoden und Konzepte wie die Unified Modeling Language (UML), die Extensible Markup Language (XML) und die Möglichkeit, Abläufe mit Hilfe der Business Process Modeling Language (BPML) formalisiert und visuell darzustellen, sind nicht nur das gängige Werkzeug für allgemeine Softwareprojekte, sondern wurden auch in zahlreichen Rechtsinformatik-Projekten mit großem Erfolg angewendet.
[73]

Die schon 1973 im von Lang/Bock herausgegebenen Sammelband «Wiener Beiträge zur elektronischen Erschließung der Information im Recht» erhofften Ansätze, konnten weitgehend erfüllt werden, wenn auch nicht in so spektakulären Projekten, wie sie anfangs z.B. im Bereich der künstlichen Intelligenz erhofft worden waren27.

6.2.1.

Automatische Prüfung der Rechtsqualität? ^

[74]
Mit Hilfe sogenannter computerlinguistischer Checker (CLC) lassen sich im Bereich technischer Fachkommunikation sprachliche Kriterien festlegen, die für die Qualität einer bestimmten Fachsprache maßgeblich sind.
[75]
Eine solche Fachsprache kann branchen- oder unternehmensweit festgelegt werden. In der Luftfahrts-Branche hat sich z.B. «Simplified English» durchgesetzt. Englisch ist in der Luftfahrt sowieso fix gesetzt. Sicherheit ist in der Luftfahrt aus verständlichen Gründen oberstes Gebot. Verständlichkeit ist hier Pflicht, keine Kür wie im Bereich des Rechts. «Simplified English» schränkt Grammatik und Wortschatz ein, um so weltweit ein hohes Maß an Verständlichkeit und Kommunikationssicherheit sicher zu stellen, z.B. um ein sehr hohes Niveau für die weltweite Wartung von Flugzeugen zu garantieren.
[76]
Einem solchen Qualitätsdruck, bei dem mangelnde Textqualität direkt zum Verlust von Menschenleben führen können, sind Rechtsnormen (leider bzw. zum Glück) nicht ausgesetzt. Sie haben im übertragenen Sinn, wie Lachmayer einmal formuliert einen «Goldrand»: Ihre Normativität «glänzt» immer, auch wenn sie inhaltlich schlecht sein mögen.
[77]
Einer Anwendung dieser Werkzeuge auf Rechtstexte steht grundsätzlich aber überhaupt nichts entgegen.

6.3.

Semiotik ^

[78]

Rechtsnormen werden weitgehend sprachlich vermittelt28. Die Rechtssemiotik beschäftigt sich damit, wie Sprache im Rechtskontext eingesetzt wird und funktioniert29.

[79]
Während juristische Rhetorik nur zögerlich und vor allem in den USA wieder den Weg in die universitäre Rechtsausbildung fand, bildet sie in Kontinentaleuropa nur eine Nebenrolle.
[80]

Die klassischen Bestandteile einer klassischen Gerichtsrede – exordium (Einstieg), narratio (Sachverhaltsdarstellung), propositio (Redegegenstand) und argumentatio (Argumentation) sowie conclusio (Abschluss) werden heute höchstens methodisch unreflektiert «on the job» gelernt und nicht im universitären Kontext.>

[81]
Das mag auch eine banale Ursache für mangelnde Rechtsqualität sein, einfach das fehlende Bewusstsein für Sprachqualität im professionellen Umfeld30.

7.

Anwendung und Weiterentwicklung ^

[82]
Sind neben den mächtigen Werkzeuge, denen Lachmayer zahlreiche Publikationen gewidmet hatte, weitere denkbar?
[83]
Muss das vermutete Paradoxon hingenommen werden, dass rechtliche Unschärfe demokratische Einigungskraft erhöht? Oder kann es aufgelöst werden?
[84]
Zum Abschluss sollen einige Ansätze präsentiert werden, wie auf den Spuren von Lachmayer möglicherweise methodische Ansätze entwickelt werden könnten, um diesem Dilemma zu entgehen.

7.1.

Alternative Regelungstechniken zur Komplexitätsreduktion ^

7.1.1.

Complianceorientierte Rechtsnormen und Technische Normung ^

[85]
Recht nur als komplexitätserzeugend anzusehen, greift zu kurz.
[86]
Das Recht hat immer schon selber versucht, Regelungen zu schaffen, die keine autoritäre Ansage darstellen, sondern vorhandene außerrechtliche Regelungskompetenz einbezieht.
[87]

Ein klassisches Regelungsmuster dazu ist das der finalen Programmierung das heute als «Erwirkungsnorm» in Form complianceorientierter Regelungen sehr starke Verbreitung gefunden hat31.

[88]

Ein historischer Ausgangspunkt dazu war die Einsicht der Juristen, dass es zu Beginn der industriellen Revolution an fachlicher Einsicht fehlte, um die entstehenden technischen Geräte und Maschinen rechtsnormativ sicher zu gestalten32. Heute ist dies in Form des New Approach in der EU das seit 1985 fest etablierte Kombinationsmodell von rechtlicher und technischer Regelung33.

[89]
Seit der Wirtschaftskrise erfährt dieses Modell complianceorientierter Rechtsnormen eine starke weitere Verbreitung im Finanzsektor, da es rechtliche Steuerung ermöglicht, die individuelle Ausgestaltung und Überwachung aber den Rechtsadressaten überlässt und die Gesetzgebung – im Unterschied zu herkömmlicher Gesetzgebung – so stark entlastet.

7.1.2.

Weitere komplexitätsreduzierende rechtliche Regelungsmodelle ^

[90]

Zu weiteren komplexitätsreduzierenden rechtlichen Regelungsmodellen zählen das Subsidiaritätsprinzip, die Mediation zur außergerichtlichen Streitbeilegung sowie die in FN 14 schon erwähnten neuen Begegnungszonen in der StVO.

[91]
Auch hier wird – in unterschiedlicher Ausgestaltung – Komplexität nicht vom Recht selber geregelt, sondern jeweils wieder an das zu regelnde Umfeld zurückgegeben34.

7.2.

Bedürfnisorientierte Rechtsetzung und Entscheidungsfindung ^

[92]

Nach dem Konzept der «Gewaltfreien Konzeption» von Marshall Rosenberg35 lassen sich Konflikte vermeiden, wenn Fakten, Gefühle, dahinterstehende Bedürfnisse (Werte) und Bitten (als Verhaltenserwartungen) ganz klar auseinandergehalten werden. Rosenberg beruft sich dabei sowohl auf die gesprächsorientierten Ansätze von Carl Rogers36 als auch auf die Bedürfnispyramide von Maslow37.

[93]
Während in emotional aufgeladenen Konflikt- und Streitsituationen nahezu jede Formulierung als weiterer Angriff verstanden bzw. schlichtweg missverstanden wird, erweitert der Bezug auf die dahinterstehenden Bedürfnisse und Werte, die eigentlich maßgeblich sind, den Handlungsspielraum erheblich.
[94]
Für die Frage der Rechtsnormqualität lässt sich daraus etwas gewinnen, wenn im Rahmen des Gesetzgebungsprozesses auseinandergehalten werden könnte, was eine Rechtsnorm faktisch aussagt und welche dahinterstehenden Werte damit verfolgt werden.
[95]
Im Zuge des legislativen Prozesses könnte jede Partei angeben, welchen Wert sie verfolgt und weshalb sie deshalb diese oder jene Regelung in der konkreten Formulierung anstrebt.
[96]
Das hört sich utopisch an, findet aber im betriebswirtschaftlichen Kontext seit einiger Zeit schon in ähnlicher Form eine breite und erfolgreiche Umsetzungserfahrung. Schon Balanced Score Cards erlauben die Einführung nicht nur quantitativer Kennzahlen sondern auch qualitativer Maßstäbe, um strategische Maßnahmen für ein ganzes Unternehmen (!) zu erarbeiten. Analog könnten Rechtsnormen als Maßnahmen zur Erreichung von Werten verstanden werden.
[97]
Solche Werte müssten dabei vorweg festgelegt, idealerweise auf internationaler Ebene, so dass auf einen allgemein verständlichen Kanon referenziert wird. Ein allgemeiner, internationaler Katalog von Werten, die grundsätzlich mit Rechtsnormen verfolgt werden?
[98]
Das hört sich noch utopischer an. In ähnlicher Weise gibt es allerdings seit kurzer Zeit zur qualitativen Ergänzung der herkömmlichen kaufmännischen bzw. steuerrechtlichen Bilanz das Konzept einer Wissensbilanz38 bzw. die sogenannte Gemeinwohlbilanz39.
[99]
Diese im Unterschied zu den vorgeschriebenen handels- und steuerrechtlichen Bilanzen «qualitativ orientierten» Bilanzen basieren dabei auf einem vorweg definierten Katalog qualitativer Kriterien, die nach einem Punkteschema bewertet werden.

7.3.

Regelbasiertes Schreiben und kontrollierte Rechtssprachen ^

[100]
Regelbasiertes Schreiben und kontrollierte Fachsprachen sind im Bereich technischer Kommunikation seit Jahrzehnten bewährte Techniken, um die Verständlichkeit und Informationsqualität zu erhöhen. Dazu gibt es Methoden zur Einführung (wie das Funktionsdesign oder Information Mapping) und Methoden zur automatisierten Überprüfung von Textqualität.
[101]
Lachmayer hat hier elementare Grundlagenforschung betrieben und den Weg bereitet, um auch solche Ansätze im Rechtsbereich einzuführen.
[102]

So könnten z.B. die legistischen Richtlinien des Bundeskanzleramts40 in eine formalisiertere Darstellung überführt werden.

[103]
Ob ein solches Regelwerk, das zwangsläufig zu einer hohen Rechtsqualität führt, bei den Betroffenen allerdings auf Akzeptanz stößt, ist fraglich. Schließlich erzwingt eine solche kontrollierte Rechtssprache eben genau die Klarheit, die im Rahmen der Rechtsentstehung häufig unerwünscht ist.

7.4.

Alternative Entscheidungsprozesse ^

[104]
Ein anderer Ansatz besteht darin, demokratische Entscheidungsprozesse so zu modifizieren, dass sie mehr Spielraum ermöglichen. Nicht zwingend muss von der Vorgabe abgerückt werden, dass eine Entscheidung immer eine Mehrheit benötigt.
[105]
Ein erster Ansatz besteht darin, eine Mindermeinung zuzulassen und zu veröffentlichen. Dadurch wird der Entscheidungsprozess transparent und ein Blick auf dahinterliegende Entscheidungsgründe möglich, auf die bei künftigen Entscheidungen Bezug genommen werden kann, die so im Rechtssystem Eingang finden.
[106]
Eine andere Option bestünde darin, die Anforderungen an eine Entscheidungsfindung zu reduzieren. Soziokratische Abstimmungsverfahren fordern z. B. keine Zustimmung, sondern nur, dass alle Beteiligten «mit der Entscheidung leben können», also kein begründetes Veto äußern. Erleichtert wird dies durch die Rahmenbedingung, dass Entscheidungen auch in kürzeren Abständen revidiert werden können.
[107]
Durch dieses Aufweichen des Zustimmungsgrads könnten also (eindeutigere) Entscheidungen getroffen werden, denen zwar niemals alle aktiv zustimmen würden, gegen die aber kein Teilnehmer einen substanziellen Einwand äußert, mit der er oder sie also für die Zeitdauer der Geltung gut leben kann.
[108]
Gewonnen wäre dadurch an zwei «Fronten»: Einerseits müssten Meinungsunterschiede weniger in Rechtstexten versteckt werden, andererseits wäre sichergestellt, dass alle die Entscheidung im Wesentlichen mittragen.
[109]
Ein solches partizipatives Entscheidungsfindungsmodell propagiert die Soziokratie bereits seit längerem. Um eine «Diktatur» der Mehrheit zu vermeiden, wird dabei bei jeder Entscheidungsfindung Wert auf die Mitwirkung aller Beteiligten gelegt. Für eine gültige Entscheidungsfindung wird nicht die Zustimmung aller benötigt, sie kommt aber nur zustande, wenn keine/r sein bzw. ihr Veto einlegt.
[110]
Hier wird der Zustimmungskorridor also nicht durch eine Reduktion sprachlicher Präzision vergrößert, sondern durch eine Reduktion des Zustimmungserfordernisses: Es fällt einem leichter, etwas einmal zu tolerieren, als es voll zu unterstützen.
[111]
Durch die Senkung des geforderten individuellen Zustimmungsgrades (bei einer Ausweitung der Zustimmungsberechtigten) ließe sich also auch der Einigungskorridor vergrößern und die Ergebnisqualität steigern41.
[112]
Daraus ergibt sich: Durch Senkung der Zustimmungsintensität, wie z.B. bei soziokratischen Entscheidungsprozessen, kann die Rechtsnormqualität als sprachliche Prägnanz und Präzision bei einer erhöhten allgemeinen Akzeptanz gesteigert werden.

8.

Literatur ^

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Dr. Peter Ebenhoch, PMP, Geschäftsführer, Schmeling und Consultants GmbH, Unternehmensberatung, Deutschland.

  1. 1 Stellvertretend für viele weitere: Holtschneider, Normenflut und Rechtsversagen: Wie wirksam sind rechtliche Regelungen? Nomos: Baden-Baden 1992; Giger, Wirtschaft und Recht im Würgegriff der Regulierer: Normenflut als Resultat einer verfehlten Gesetzgebungspolitik, Orell Füssli: Zürich 1996; Gericke, Möglichkeiten und Grenzen eines Abbaus der Verrechtlichung, Shaker, Herzogenrath, 2004; Frenzel, Jenseits der Metaphorik von «Normenflut» und «Gesetzeslawine», www.jurawelt.com/sunrise/ media/mediafiles/13644/normenflut.pdf .
  2. 2 Aktuell: «Das Rechtsstaatsprinzip bröckelt gewaltig», Interview von Reinhard Jellen mit Jürgen Roth, http://www.heise.de/tp/artikel/ 38/38830/1.html (abgerufen am 12. April 2013).
  3. 3 Auch hier stellvertretend für viele weitere: Mayer-Maly, Rechtskenntnis und Gesetzesflut, Anton Pustet: München 1969; Schönherr, Sprache und Recht (1985), Kubeš, Theorie der Gesetzgebung, Verlag Österreich: Wien 1987; Blum, Band I: Gutachten / Teil I – Abteilung Gesetzgebung: Wege zu besserer Gesetzgebung – sachverständige Beratung, Begründung, Folgeabschätzung und Wirkungskontrolle. Verhandlungen des 65. Deutschen Juristentages 2004, Bonn; Smeddinck, Integrierte Gesetzesproduktion: Der Beitrag der Rechtswissenschaft zur Gesetzgebung in interdisziplinärer Perspektive, Wissenschafts-Verlag: Berlin 2006.
  4. 4 Emmenegger, Gute Gesetzgebung als Gegenstand einer legislativen Methodenbewegung in der Rechtswissenschaft um 1900, Mohr Siebeck: Tübingen 2006.
  5. 5 Diese Rechtsnormqualität kann von der Rechtsstrukturqualität und der Rechtssystemqualität unterschieden werden kann. Die Einbeziehung der juristischen Akteure eröffnete eine weitere Analysedimension, die an dieser Stelle nicht geleistet werden kann. Siehe dazu auch unten in 3.1.
  6. 6 Luhmann, Das Recht der Gesellschaft5, Suhrkamp: Frankfurt a. M. 1995, S. 134.
  7. 7 Vgl. auch die Anmerkung von Mach, Die ökonomische Natur der physikalischen Forschung, K.K. Hof- und Staatsdruckerei, Wien, 1882 über die Naturwissenschaft, die den «sparsamsten, einfachsten begrifflichen Ausdruck der Tatsachen» als ihr Ziel erkennt. Zitiert nach und mit weiteren Nachweisen und Diskussion: Schuhr, Die Rechtsdogmatik als Wissenschaft, Duncker & Humblot: Berlin 2006, S. 199 f.
  8. 8 Elias, Über den Prozess der Zivilisation26, Suhrkamp: Frankfurt a. M. 1976, lässt sich wohl so verstehen.
  9. 9 Luhmann, Ausdifferenzierung des Rechts1, Suhrkamp: Frankfurt a. M. 1999.
  10. 10 «Nur allzuoft bleibt der Adressat schon bei der rein grammatikalischen Dechiffrierungsphase hoffnungslos stecken.» Lachmayer: Legistische Chiffrierung. In: Bundesministerium für Justiz (Hrsg.): Sozialintegrierte Gesetzgebung, 1979, 59–77, S. 65.
  11. 11 Grundlegend: Lachmayer, Normentheorie und Legislatorik., in: Lang, Friedrich / Bock, Friedrich (Hrsg.), Wiener Beiträge zur elektronischen Erschließung der Information im Recht, IBM Österreich: Wien 1973, 59–72, S. 59.
  12. 12 Ein einschlägiger Fachbegriff dazu lautet: «cognitive reorientation costs».
  13. 13 Die Zahl der Kommunikationswege nimmt bei jedem weiteren Beteiligten ja nicht einfach um eins zu, sondern nach der Formel (n*(n-1))/2, wobei n für die Anzahl der Beteiligten steht. Im Alltag wird einem die Bedeutung der Formel rasch klar, wenn E-Mails mit vielen CC-Empfängern jeweils von mehreren Empfängern an alle beantwortet werden…
  14. 14 Interessant die neuen Begegnungszonen in der StVO, eingeführt durch die 25. StVO-Novelle vom 31. Januar 2013: Hier werden Rahmenbedingungen (wie z. B. reduzierte Höchstgeschwindigkeit) eingeführt und in diesen der rechtliche Freiraum vergrößert, so dass das Recht de facto auf die situative Abstimmung der Beteiligten vertraut. Das Recht gibt hier einen Verhaltenskontext vor und nimmt sich dann praktisch selber zurück. Die Bindungswirkung wird quasi durch Verweis auf eigenverantwortliches Verhalten an die Rechtsadressaten zurückgespiegelt. So dürfen z. B. nach § 76c Abs 3 auch Fußgänger die gesamte Fahrbahn benutzen, sie dürfen «den Fahrzeugverkehr jedoch nicht mutwillig behindern». Siehe mehr zu solchen komplexitätsreduzierenden, alternativen Regelungstechniken unten in 7.1.
  15. 15 Aus den gleichen Gründen, nämlich dem Erhalt von Macht und Einflußbereich stoßen wohl auch einschlägige Verbesserungsvorschläge wie ein von Frenzel, Jenseits der Metaphorik, a.a.O., S. 11, erwähnter Vorschlag des ehemaligen dt. Bundesverfassungsrichters Kirchhof zur Einführung einer Prüfungsstelle bei den gesetzgebenden Instanzen auf taube Ohren: Er formuliert höflich, dass offenbar «eher auf eine strukturelle Abschottung Wert» gelegt werde und resümiert, dass Wissenschaft und Praxis wohl «noch einige Jahre damit beschäftigt sein [werden], auf diesem Gebiet zu gemeinsamen Ergebnissen zu kommen.»
  16. 16 In diesem Zusammenhang erwähnenswert ist die Aussage von Angela Merkel zur «marktkonformen Demokratie», die offenbar nicht nur die Rechtssprache sondern die ganze parlamentarische Mitbestimmung als disponibles Gestaltungsinstrument zur Erreichung von Marktkonformität betrachtet: [Wir werden] «Wege finden, die parlamentarische Mitbestimmung so zu gestalten, dass sie trotzdem auch marktkonform ist», http://www.bundesregierung.de/Content/DE/Mitschrift/Pressekonferenzen/2011/09/ 2011-09-01-merkel-coelho.html (abgerufen am 15. April 2013).
  17. 17 Siehe z.B. Lachmayer, Legistische Chiffrierung., a.a.O., S. 64 ff.
  18. 18 Siehe auch http://www.legalvisualization.com.
  19. 19 Garnitschnig / Lachmayer, Computergraphik und Rechtsdidaktik, Manz: Wien 1979.
  20. 20 Brauneder / Lachmayer, Österreichische Verfassungsgeschichte5, Manz: Wien 1989.
  21. 21 Horn, Visual Language, MacroVU, Bainbridge Island: Wash 1998.
  22. 22 Im Unterschied zum wirtschaftlichen Kontext, vergleiche nur z.B. die beiden Bücher Roam, Auf der Serviette erklärt, Redline: München 2009 und Roam, Bla Bla Bla, Redline: München 2012.
  23. 23 Vgl. Röhl / Ulbrich, Recht anschaulich, Halem, Köln, 2007; unermüdlich: Kahli: Restrukturierung des Rechtsgebäudes mit formalen Mitteln. Seminar aus Rechtsinformatik. Innsbruck, 30. Mai 2008. und Heindl / Kahlig / Stingl, Mietrecht, Wohn- und Immobilien-Steuerrecht anschaulich, Manz: Wien 2007.
  24. 24 Zur Visualisierung von Argumenten vgl.: Kreuzbauer, Visualisierung juristischer Argumentation, in: Hilgendorf, Eric (Hrsg.), Beiträge zur Rechtsvisualisierung, Logos-Verlag: Berlin 2005, 189–216.
  25. 25 Dieser «demonstrativen» Visualisierung für didaktische Zwecke, die komplexitätsreduzierend zeigt, was vorhanden ist, steht das Konzept einer «konstitutiven Visualisierung» als Formalisierung gegenüber. Auf Basis einer formalisierten (dazu gleich mehr) Rechtssprache könnten Rechtsnormen mit einem visuellen Editor mit höchstes Qualität «assembliert» werden. Wenngleich technisch umsetzbar, ist offenbar, dass dies unter den geschilderten Aspekten auf höchste Ablehnung stoßen würde. Dazu ausführlich Cyras, Distinguishing between knowledge visualization and knowledge representation in legal informatics, http://www.rwi.uzh.ch/oe/zrf/abtrv/brunschwig/konferenzen/2008/muenchen/DistinguishingbetweenCyras.pdf – 14. April 2013 sowie Ebenhoch, Visualisierung und Formalisierung regulierter Selbstregulierung im Wirtschaftsrecht. Innsbruck, 2009, 89 f. und Ebenhoch, Visualisierung im Recht, in: Semiotische Berichte: Bildsprache, Visualisierung, Diagrammatik 20 (1996) Nr. 2–4, S. 139–152.
  26. 26 Zu den Vorteilen der Formalisierung ausführlich, Ebenhoch, Visualisierung und Formalisierung, a.a.O., S. 153 ff., sowie Ebenhoch, Legal knowledge representation using the resource descriptionframework (RDF), in: Tjoa, A. Min, / Wagner, Roland (Hrsg.), 2th International Workshop on Database and Expert Systems Applications, IEEE: München 2001, 369–373; grundlegend schon Reisinger, Strukturwissenschaftliche Grundlagen der Rechtsinformatik, Leykam: Graz-Wien 1987.
  27. 27 Zu den Grenzen der Formalisierung siehe Ebenhoch, Visualisierung und Formalisierung, a.a.O., S. 159 ff., sowie schon Reisinger, Probleme der Formalisierung und Symbolisierung im Recht, in: Winkler (Hrsg.), Rechtstheorie und Rechtsinformatik, Springer: Wien-New York 1975, 22–50.
  28. 28 Pfeiffer, Zur Rolle der Sprache in der Gesetzgebung, in: Becker, Georg / Lachmayer, Friedrich / Oberleitner, Günter (Hrsg.), Gesetzgebung zwischen Politik und Bürokratie – gewidmet Hedwig Rathmeier-Wit, ÖBV, Pädagogischer Verlag: Wien 1994, 54–61.
  29. 29 Ballweg, Phronetik, Semiotik und Rhetorik, in: Ballweg, Ottmar / Seibert, Thomas-Michael / Viehweg, Theodor (Hrsg.), Rhetorische Rechtstheorie – zum 75. Geburtstag von Theodor Viehweg, Alber: Freiburg 1982, 27–71.
  30. 30 Handwerklich umso bestechender die entwickelte sprachliche Fertigkeit mancher Anwälte und Richter, die komplexe Schriftsätze unmittelbar mit dem Diktiergerät entwerfen und gleichzeitig ausformulieren können.
  31. 31 Ausführlich dazu Ebenhoch, Visualisierung und Formalisierung, a.a.O., S. 17 ff.
  32. 32 Dazu Ebenhoch, Visualisierung und Formalisierung, a.a.O., S. 33 ff. sowie Vec, Recht und Normierung in der industriellen Revolution, Klostermann: Frankfurt a. M. 2006.
  33. 33 Ebenhoch, Visualisierung und Formalisierung, a.a.O., S. 51 ff.
  34. 34 Eine wissenschaftliche Diskussion vor dem Hintergrund der komplexitätsreduzierenden Wirkung wäre eine lohnenswerte Aufgabe.
  35. 35 Rosenberg, Gewaltfreie Kommunikation – eine Sprache des Lebens10, Junfermann: Paderborn 2012. Da der Umkehrschluss unterstellte, dass sämtliche «normale» Kommunikation gewaltbehaftet ist, wird stattdessen häufig von wertschätzender Kommunikation gesprochen.
  36. 36 Mit Werken wie Rogers, Die nicht-direktive Beratung: Counseling and Psychotherapy, Fischer: 2010 und Rogers, Die klientenzentrierte Gesprächspsychotherapie19, Fischer: 2012.
  37. 37 Maslow, Motivation und Persönlichkeit12, rororo: Reinbek 1981.
  38. 38 Siehe dazu http://www.akwissensbilanz.org sowie http://de.wikipedia. org/wiki/Wissensbilanz.
  39. 39 Im Unterschied zum inhaltlich teilweise (noch?) recht undifferenzierten Konzept der Gemeinwohlökonomie ist die Gemeinwohlbilanz, wie es sich für eine Bilanz gehört, recht konkret festgelegt. Qualitative Attribute werden dabei mit Hilfe eines Punktesystems quantifizierbar gemacht. Dieses Regelungsmodell verdient in diesem Zusammenhang Interesse, unabhängig davon, ob jemand die damit verfolgten Ziele umfassend begrüßt oder als zu ideologisch ablehnt.
  40. 40 Lachmayer / Stöger, Die österreichischen legistischen Richtlinien 1990, in: Becker, Georg / Lachmayer, Friedrich / Oberleitner, Günter (Hrsg.), Gesetzgebung zwischen Politik und Bürokratie – gewidmet Hedwig Rathmeier-Wit, ÖBV, Pädagogischer Verlag: Wien 1994, 62–66.
  41. 41 Allgemein zu einfach anwendbaren partizipativen Entscheidungsmethoden: Kaner / Lind, Facilitators Guide to Participatory Decision-Making2, Jossey-Bass: San Francisco 2007, S. 283 ff.