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Neue RIS-Anwendungen ab Anfang 2014

  • Author: Helmut Weichsel
  • Category: Articles
  • Region: Austria
  • Field of law: Rechtsinformation & Juristische Suchtechnologien
  • Collection: Tagungsband IRIS 2014
  • Citation: Helmut Weichsel, Neue RIS-Anwendungen ab Anfang 2014, in: Jusletter IT 20 February 2014
Auf Grund der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012 stehen seit Jänner 2014 im Rechtsinformationssystem des Bundes (RIS) neue Anwendungen zur Verfügung. Es handelt sich dabei um die authentische Kundmachung des Landesgesetzblattes von vier Bundesländern und um die Dokumentation der Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts, der neun Landesverwaltungsgerichte, der Datenschutzbehörde und der Personalvertretungsaufsichtsbehörde.

Inhaltsverzeichnis

  • 1. Einleitung
  • 2. Landesgesetzblatt authentisch
  • 3. Verwaltungsgerichte
  • 3.1. Bundesverwaltungsgericht
  • 3.2. Landesverwaltungsgerichte
  • 3.3. Bundesfinanzgericht
  • 4. Datenschutzbehörde
  • 5. Personalvertretungsaufsichtsbehörde
  • 6. Gleichbehandlungskommissionen
  • 7. Zusammenfassung

1.

Einleitung ^

[1]
Mit der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 20121 wurde in Österreich eine umfassende Reform der Verwaltungsgerichtsbarkeit geschaffen. Gleichzeitig wurde den Ländern – verfassungsrechtlich abgesichert – die Option eingeräumt, ihr Landesgesetzblatt im Rahmen des RIS (www.ris.bka.gv.at) rechtsverbindlich kundzumachen.2
[2]
Diese gesetzlichen Änderungen haben auch auf das Rechtsinformationssystem des Bundes (RIS) ihre Auswirkungen, da beschlossen wurde, dass die Entscheidungen der Verwaltungsgerichte, mit Ausnahme jener des Bundesfinanzgerichts, im RIS dokumentiert werden und vier Länder ab 2014 ihr Landesgesetzblatt (LGBl) im RIS kundmachen. Dies soll zur Verbesserung der Transparenz und einer leichteren Verfügbarkeit sowohl von Gerichtsentscheidungen als auch von Landesnormen beitragen.

2.

Landesgesetzblatt authentisch ^

[3]
Mit der erwähnten Novelle wurde auch dem Wunsch der Länder entsprochen, im B-VG eine Bestimmung aufzunehmen, die es ihnen ermöglicht, ihr Landesgesetzblatt im RIS rechtlich verbindlich kundzumachen.
[4]
Vorab haben die Länder
  • Kärnten
  • Steiermark
  • Tirol
  • Wien
[5]
zugestimmt, die Form der Kundmachung zu ändern und ab 1. Jänner 2014 das Landesgesetzblatt nicht mehr rechtsverbindlich in Papierform, sondern elektronisch im Rahmen des RIS authentisch kundzumachen.
[6]

Das Bundeskanzleramt stellt den Ländern ein elektronisches Eingabeformular zur Verfügung, in das die erforderlichen Metadaten, wie beispielsweise das Kundmachungsdatum oder der Titel des LGBl eingetragen werden können. Nach der Erfassung der Metadaten wird das Landesgesetzblatt in zwei Dokumentformaten (docx und ein amtssigniertes pdf-Dokument) hochgeladen. Nach den erforderlichen Verarbeitungsschritten ist das LGBl in der RIS-Anwendung «Landesgesetzblatt authentisch»3 enthalten, wobei nur die elektronisch signierte Fassung rechtlich verbindlich ist.

[7]
Die Bundesländer
  • Burgenland
  • Oberösterreich
  • Vorarlberg
[8]
beabsichtigen, ihr LGBl voraussichtlich ab Anfang 2015 im RIS kundzumachen.
[9]
Eigene Kundmachungsformen bestehen in Niederösterreich und Salzburg: Das Bundesland Niederösterreich hat seit 1972 ein Lose-Blatt-System für die Kundmachung der Landesnormen, das Bundesland Salzburg macht seit April 2005 sein Landesgesetzblatt elektronisch auf www.salzburg.gv.at kund. Bei diesen beiden Ländern ist derzeit ungeklärt, ob sie in Zukunft das RIS als Kundmachungsplattform verwenden werden.

3.

Verwaltungsgerichte ^

[10]
Kern der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012 war vor allem die Schaffung von elf Verwaltungsgerichten erster Instanz – neun Verwaltungsgerichten in den Ländern (LVwGs), einem Bundesverwaltungsgericht (BVwG) und einem Bundesfinanzgericht (BFG) –, die mit 1. Jänner 2014 ihre Arbeit aufgenommen haben.

3.1.

Bundesverwaltungsgericht ^

[11]

Das Bundesverwaltungsgericht4 ist das größte Verwaltungsgericht Österreichs. Auf Grund der vielen Rechtsmaterien5, für die das BVwG zuständig ist, nimmt man an, dass es bis zu 40.000 Entscheidungen pro Jahr geben wird. § 20 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz bestimmt, dass Erkenntnisse und Beschlüsse, die nicht bloß verfahrensleitend sind, in anonymisierter Form im RIS zu veröffentlichen sind.

3.2.

Landesverwaltungsgerichte ^

[12]

Die LVwG haben nunmehr u.a. die Kompetenzen der vormaligen Unabhängigen Verwaltungssenate in den Ländern übernommen. Dementsprechend musste eine neue Applikation «Judikaturdokumentation der Landesverwaltungsgerichte (LVwG)»6 eingerichtet werden; die RIS-Anwendung «Judikaturdokumentation der Unabhängigen Verwaltungssenate (UVS)»7 wird allerdings weiterhin im RIS verbleiben.

[13]
Die Befüllung der neuen Applikation ist jedoch von der Regelung in den einzelnen Landesverwaltungsgerichtsgesetzen abhängig. So ist i.d.R. in den Landesverwaltungsgerichtsgesetzen aller Bundesländer normiert, dass Entscheidungen von grundsätzlicher Bedeutung zu veröffentlichen sind. Die Veröffentlichungsplattform ist aber in den meisten Fällen nicht rechtlich festgelegt, sodass beispielsweise eine Publikation auf der Homepage des jeweiligen LVwG, als auch eine im RIS zulässig ist. Das Oberösterreichische und das Steiermärkische Landesverwaltungsgerichtsgesetz legen explizit fest, dass Entscheidungen des LVwG von grundsätzlicher Bedeutung in anonymisierter Form im RIS kundzumachen sind.8
[14]
Die anderen sieben Landesverwaltungsgerichte haben jedoch ihre Bereitschaft erklärt, die Entscheidungen im RIS zu dokumentieren. Es ist davon auszugehen, dass eine analoge Vorgangsweise wie bei der Dokumentation von Entscheidungen der Unabhängigen Verwaltungssenate gewählt werden wird, nämlich, dass nicht sämtliche, sondern nur Grundsatzentscheidungen abrufbar sein werden.
[15]
Den Landesverwaltungsgerichten wurde ebenfalls ein elektronisches Eingabeformular zu Verfügung gestellt, in das die erforderlichen Metadaten, wie beispielsweise das Entscheidungsdatum oder die Geschäftszahl der Entscheidung eingetragen werden können und die Dokumente in den Dateiformaten docx und pdf hochgeladen werden. Analog zu den anderen Judikaturdokumentationen im RIS werden Rechtssatz- und Textdokumente vorhanden sein.

3.3.

Bundesfinanzgericht ^

[16]

Die Entscheidungen des Bundesfinanzgerichts, als «Nachfolger» des Unabhängigen Finanzsenates, werden in der Anwendung «Finkdok»9 des BM für Finanzen veröffentlicht. Ob sie zusätzlich auch im RIS abfragbar sein werden, ist derzeit noch ungeklärt.

4.

Datenschutzbehörde ^

[17]
Mit der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012 wurden viele unabhängige Verwaltungsbehörden abgeschafft. Darunter fällt auch die Datenschutzkommission, die ihre Tätigkeit mit 31. Dezember 2013 eingestellt hat.
[18]

Mit einer Novelle des Datenschutzgesetzes (DSG) 200010 wurde die Datenschutzbehörde eingerichtet, die mit 1. Jänner 2014 ihre Arbeit begonnen hat. Die Entscheidungen der Datenschutzbehörde werden in die bestehende RIS-Anwendung «Judikatur der Datenschutzkommission»11 eingegliedert, die nun die neue Bezeichnung «Datenschutzbehörde (vor 2014: Datenschutzkommission)» hat. Für die Dateneinbringung ist eine Eingabemaske, analog zum LVwG, verfügbar.

5.

Personalvertretungsaufsichtsbehörde ^

[19]
Auch die Personalvertretungs-Aufsichtskommission hat ihre Arbeit mit 31. Dezember 2013 beendet.
[20]

Mit einer Änderung des Bundes-Personalvertretungsgesetzes (PVG)12 wurde die Personalvertretungsaufsichtsbehörde geschaffen, die mit 1. Jänner 2014 ihre Tätigkeit aufgenommen hat. Gemäß § 41e PVG13 sind rechtskräftige Bescheide, Beschlüsse, die nicht bloß verfahrensleitend sind, und Ergebnisse von Prüfungen gemäß § 41 Abs. 4 leg. cit. unverzüglich in anonymisierter Form im RIS zu veröffentlichen.

[21]

Auch die Entscheidungen der Personalvertretungsaufsichtsbehörde werden in eine bereits bestehende RIS-Anwendung14 eingegliedert, die nun die Bezeichnung «Personalvertretungsaufsichtsbehörde (vor 2014: Personalvertretungs-Aufsichtskommission)» hat.

6.

Gleichbehandlungskommissionen ^

[22]

Derzeit werden die Entscheidungen der Bundes-Gleichbehandlungskommission (Senate I und II) und der Gleichbehandlungskommission für die Privatwirtschaft (Senate I, II und III) auf der Homepage der Bundesministerin für Frauen und Öffentlichen Dienst in Form von PDF-Dokumenten veröffentlicht.15

[23]
Diese Form der Veröffentlichung hat jedoch den Nachteil, dass weder nach den Inhalten der Entscheidungen gesucht werden kann, noch Metadaten verfügbar sind. Daher ist eine Aufnahme dieser Dokumente in das RIS für das erste Quartal 2014 vorgesehen.

7.

Zusammenfassung ^

[24]
Die Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012 brachte es mit sich, dass neue Anwendungen in das RIS aufzunehmen (BVwG, LVwG, LGBl authentisch) bzw. bestehende Anwendungen (Datenschutzkommission, Personalvertretungs-Aufsichtskommission) zu erweitern waren. Damit konnte die Positionierung des RIS als anerkanntes, offen zugängliches und weithin genutztes Rechtsinformations- und kundmachungsportal im Sinne der Transparenz weiter ausgebaut werden.
[25]
Besonders erfreulich und hervorzuheben ist an dieser Stelle auch, dass sich – nach dem Bundesgesetzblatt, das seit 2004 erfolgreich im RIS authentisch kundgemacht wird –, vorab vier Bundesländer (Kärnten, Steiermark, Tirol, Wien) dafür entschieden haben, ihr Landesgesetzblatt ab 1. Jänner 2014 rechtlich verbindlich im RIS kundzumachen.

 

Helmut Weichsel

Bundeskanzleramt, e-Government – Pogramm- und Projektmanagement (Abt. I/13)

Ballhausplatz 2, 1014 Wien, AT

helmut.weichsel@bka.gv.at, http://www.bka.gv.at

 


  1. 1 BGBl I 2012/51.
  2. 2 Siehe Art. 101a B-VG i.d.F. BGBl I 2012/51.
  3. 3 Siehe http://www.ris.bka.gv.at/LgblAuth/ (6. Januar 2014).
  4. 4 Siehe http://www.bvwg.gv.at/ (6. Januar 2014).
  5. 5 Näheres siehe http://www.bvwg.gv.at/fachbereiche/start_fb.html (6. Januar 2014).
  6. 6 Siehe http://www.ris.bka.gv.at/Lvwg/ (6. Januar 2014).
  7. 7 Siehe http://www.ris.bka.gv.at/Uvs/ (6. Januar 2014).
  8. 8 Siehe § 29 StLVwGG sowie § 11 Abs 7 Oö. LVwGG.
  9. 9 Siehe https://findok.bmf.gv.at/findok/?BFG_Suche=1 (6. Januar 2014).
  10. 10 DSG-Novelle 2014, BGBl I 2013/83.
  11. 11 Siehe http://www.ris.bka.gv.at/Dsk/ (6. Januar 2014).
  12. 12 Siehe BGBl I 2013/82.
  13. 13 I.d.F. BGBl I 2013/82.
  14. 14 Siehe http://www.ris.bka.gv.at/Pvak/ (6. Januar 2014).
  15. 15 Siehe http://www.frauen.bka.gv.at/site/5555/default.aspx (6. Januar 2014).