1.1.
Einleitung ^
2.
Klassische Transparenz nach § 6 Abs. 3 KSchG ^
3.
Rechtsprechung in Österreich ^
3.1.
Zahlscheinentgelt ^
Im Jahr 2000 bestätigte der OGH im Rahmen eines Verbandsverfahrens2 nach § 28 KSchG die Wirksamkeit der Vereinbarung eines Zahlscheinentgeltes in Höhe von damals S 30,00. Der Oberste Gerichtshof führte aus, dass das Einzugsermächtigungsverfahren für alle Beteiligte Vorteile bieten und andere Zahlungsweisen einen Mehraufwand für den Betreiber darstellen. Nach den Ausführungen des Obersten Gerichtshofes sei es daher i.S.d. § 879 Abs. 3 ABGB nicht gröblich benachteiligend, jene Kunden, die Kosten tragen zu lassen, die diesen Mehraufwand verursacht haben.
Im Rahmen des Verbandsverfahrens brachte der Betreiber vor, dass die Auslegung des § 27 Abs. 6 ZaDiG bzw. die gesamte Gesetzesbestimmung unionsrechtswidrig sei. Der Oberste Gerichtshof3 legte vor diesem Hintergrund die Frage dem Europäischen Gerichtshof nach Art. 267 AEUV im Rahmen eines Vorabentscheidungsverfahrens4 vor.
3.2.
Indexanpassungsklauseln ^
Bis zu der Entscheidung 5 R 4/13i des OLG Wien vom 16. Mai 2013 lagen zwei einander widersprechende Entscheidungen des HG Wien vor.5 Nunmehr liegen zwei Entscheidungen des OLG Wien vor, die auch widersprüchlich sind.
Demgegenüber gelangt das HG Wien in der Entscheidung 39 Cg 26/12k-6 vom 25. Oktober 2012 betreffend die AGB eines anderen Mobilfunkbetreibers zu dem Ergebnis, dass die vorgesehene Indexanpassungsklausel eine nicht ausschließlich begünstigende Änderung nach § 25 TKG 2003 darstelle. Das in § 25 TKG 2003 normierte kostenlose Kündigungsrecht und das Prozedere sei daher einzuhalten. Eine nähere Begründung dieser Rechtsansicht geht aus dem erstinstanzlichen Urteil nicht hervor. Dieses Urteil wurde nunmehr vom OLG Wien mit Hinweis auf die Entscheidung des OGH 3 Ob 107/11y vom 6. Juli 2011 zum Zahlungsdienstegesetz (ZaDiG) bestätigt und die Unzulässigkeit der ordentlichen Revision ausgesprochen.
3.3.
Mindestvertragsdauer ^
In der Entscheidung 3 Ob 121/06z vom 30. Mai 20067 setzte sich der Oberste Gerichtshof erstmalig mit der Frage auseinander, ob mit Verbrauchern eine Mindestvertragsdauer von zehn Jahren wirksam in Vertragsformblättern vereinbart werden kann. Gegenstand der genannten Entscheidung war die vorgesehene Mindestvertragsdauer von 120 Monaten bei der Miete einer Telekommunikations-Anlage (Anzumerken ist, dass es sich bei diesem um keinen Vertrag um keinen Telekommunikationsvertrag handelt). Für den Fall einer vorzeitigen Vertragsauflösung waren «Restentgelte» in Höhe der Hälfte des monatlichen Mietzinses vorgesehen. Von der Tatsacheninstanz wurde festgestellt, dass der Vermieter der TK-Anlage erst ab dem 79. Monat eines derartigen Mietverhältnisses einen Gewinn erzielen kann, daher erscheine ein Kündigungsverzicht für einen Zeitraum von 120 Monaten nicht als unangemessen hoch. Weiters wurde im Rahmen des Verfahrens festgestellt, dass der Verbraucher unter mehreren Vertragsvarianten wählen könne. Wähle der Verbraucher eine Variante mit einem niedrigen monatlichen Mietzins so habe er eine entsprechend längere Mindestvertragsdauer in Kauf zu nehmen, damit dem Vermieter nicht nur die Deckung der Investitionen für die Anschaffung der Anlage, sondern auch ein angemessener Gewinn ermöglicht werde. Eine gröbliche Benachteiligung des Vertragspartners liege daher dann nicht vor, wenn dem Vertragspartner eine vertragliche Alternative angeboten wird, bei deren Wahl die Übernahme eines wirtschaftlichen Risikos durch den Anbieter mit einem höheren Preis abgegolten wird, weil es diesfalls an der – von § 879 Abs. 3 ABGB verpönten – «verdünnten Willensfreiheit» und einer besonders gravierenden Ungleichgewichtslage in vertraglich festgelegten Rechtspositionen mangelt.
In der Entscheidung 4 Ob 91/08y8 vom 10. Juni 2009 prüfte der Oberste Gerichtshof, ob die im Anmeldeformular eines Mobilfunkbetreibers vorgesehene Bindungsfrist von 24 Monaten im Zusammenhang mit dem Erwerb eines preisgestützten Endgerätes § 6 Abs. 1 Z 1 KSchG («unangemessen lange Frist, […] während derer der Verbraucher an den Vertrag gebunden ist») verletzt. Die zu beurteilende Klausel lautete wie folgt: «24 Monate Mindestvertragsdauer im Zusammenhang mit dem Erwerb eines preisgestützten Endgerätes.» Der Oberste Gerichtshof bestätigte die Wirksamkeit dieser Klausel und führte aus, dass der Teilnehmer die Möglichkeit hätte, auch einen Vertrag ohne Mindestvertragsdauer abzuschließen, wenn er ein Endgerät ohne Subvention erwerben würde. Im Gegensatz zur Entscheidung 3 Ob 121/06z vom 30. Mai 2006 hat der OGH die sachgerechte Kalkulation, unter Berücksichtigung des Wertes des Endgerätes, nicht geprüft. Inwiefern eine sachgerechte Kalkulation tatsächlich in jedem Fall gegeben sein muss, ist daher bis jetzt noch nicht beantwortet worden. Im Mobilfunkbereich ist ein gestütztes Endgerät in der Regel ein Mobiltelefon, das sich der Kunde aussucht. Für Mobiltelefone ist die Preisspanne sehr groß. Ein günstiges Mobiltelefon ist bereits jedenfalls ab ca. € 13,00 zu erwerben. Smartphones hingehen können mehrere hundert Euro kosten. Handelt es sich bei dem «gestützten Endgerät» um ein günstiges Mobiltelefon, so scheint angesichts der in der Entscheidung 3 Ob 121/06z dargestellten Grundsätze fraglich, ob dadurch eine Mindestvertragsdauer von 24 Monaten tatsächlich gerechtfertigt werden kann.
Der Mobilfunkbetreiber führte aus, dass sich aus § 25d TKG 2003 ergeben würde, dass mit Verbrauchern i.S.d. KSchG jedenfalls eine Mindestvertragsdauer von 24 Monaten wirksam vereinbart werden kann, ohne dass weitere Voraussetzungen erfüllt sein müssten. Die Telekom-Control-Kommission teilte auf Grund des klaren Wortlautes der Erläuternden Bemerkungen zu § 25d TKG 2003 die vom Mobilfunkbetreiber vertretene Rechtsansicht nicht. Die Erläuternden Bemerkungen zu § 25d TKG 2003 sehen vor, dass die Judikatur des Obersten Gerichtshofes zur Frage der Verhältnismäßigkeit bei langen Vertragsbindungen zu berücksichtigen ist. Durch § 25d TKG 2003 wurde nach Ansicht der Telekom-Control-Kommission lediglich eine maximale Obergrenze für die anfängliche Mindestvertragsdauer für Verträge, die mit Verbrauchern abgeschlossen werden, eingezogen. Steinmaurer/Polster9 vertreten die Ansicht, dass es sich bei § 25d Abs. 1 TKG 2003 um eine lex specialis gegenüber § 6 Abs. 1 Z 1 KSchG handle, begründen diese Ansicht jedoch nicht. Weiters indiziere ihrer Ansicht nach die Festlegung der 24-Monatsfrist, dass der Gesetzgeber bei Ausnutzung dieser Frist keinen besonderen Vorteil für den Verbraucher zur Bedingung dafür macht. Auf die Ausführungen in den EB zum § 25d TKG 2003 nehmen Steinmaurer/Polster keinen Bezug.
4.
Verordnungsvorschlag zum digitalen Binnenmarkt (DSM) ^
Der Verordnungsvorschlag11 des Europäischen Parlaments und des Rates über Maßnahmen zum europäischen Binnenmarkt der elektronischen Kommunikation vom 12. September 2013 sieht im Endnutzerbereich eine Vollharmonisierung vor. Vollharmonisierung bedeutet, dass es Mitgliedstaaten untersagt ist, abweichende innerstaatliche Rechtsvorschriften aufrecht zu erhalten oder einzuführen, auch wenn es sich dabei um strengere Rechtsvorschriften zur Gewährung eines höheren Niveaus handelt. Im Zusammenhang mit dem Harmonisierungsgrad ist auch immer der durch einen Rechtsakt harmonisierte Bereich relevant. Unter dem «harmonisierten Bereich» versteht man die Menge jener Rechtsfragen, die durch den Rechtsakt (Verordnung) in Europa zu einem gewissen Grad vereinheitlicht werden sollen. Welche Rechtsfragen es genau sind, ist der zukünftigen Verordnung und ihren einzelnen Vorschriften im Wege der Auslegung zu entnehmen. Dabei ist zu untersuchen, welchen Harmonisierungsanspruch eine bestimmte Vorschrift in sachlicher und inhaltlicher Hinsicht hat.12
«Artikel 28 – Vertragsbeendigung
(1) Verträge zwischen Verbrauchern und Anbietern öffentlicher elektronischer Kommunikation dürfen keine Mindestvertragslaufzeit beinhalten, die 24 Monate überschreitet. Anbieter öffentlicher elektronischer Kommunikation müssen Endnutzern die Möglichkeit anbieten, einen Vertrag mit einer Höchstlaufzeit von 12 Monaten abzuschließen.
(2) Sofern nichts anderes vereinbart wurde, haben Verbraucher und andere Endnutzer das Recht, einen Vertrag unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von einem Monat zu kündigen, wenn seit Vertragsschluss mindestens sechs Monate vergangen sind. Außer dem Restwert verbilligter Endgeräte, die bei Vertragsschluss an den Vertrag geknüpft waren, und einer zeitanteiligen Rückzahlung anderer Angebotsvorteile, die bei Vertragsschluss als solche beworben worden waren, darf keine weitere Entschädigung verlangt werden. Spätestens bei Zahlung einer solchen Entschädigung muss der Anbieter alle Beschränkungen der Nutzung der Endgeräte in anderen Netzen kostenlos aufheben. […]
(4) Bei Bekanntgabe von Änderungen der Vertragsbedingungen, die der Anbieter öffentlicher elektronischer Kommunikation vorschlägt, haben Endnutzer das Recht, ihren Vertrag ohne Kosten zu kündigen, sofern die vorgeschlagenen Änderungen nicht ausschließlich zum Vorteil des Endnutzers sind. Anbieter müssen Endnutzern solche Änderungen mit ausreichender Frist, und zwar mindestens einen Monat zuvor, bekanntmachen und sie gleichzeitig auf ihr Recht hinweisen, den Vertrag ohne Kosten zu kündigen, wenn sie die neuen Bedingungen nicht annehmen. Absatz 2 gilt entsprechend.»
5.
Schlussfolgerungen ^
6.
Literatur ^
Ertl, Die AGB-Kontrolle nach § 25 TKG 2003, MR 2005, 139 [141 f.].
Feiel/Lehofer, Telekommunikationsgesetzt 2003, Verlag Medien & Recht, (2004), [94].
Forizs, jusIT 2013/42.
Hasberger, Gestaltung von Mietverträgen über TK-Anlagen mit Verbrauchern, MR 2006, [288].
Langer in Kosesnik-Wehrle, KSchG3, (2010) § 6 [Rz. 110 ff.].
Max Leitner, Das Transparenzgebot, MANZ, (2005).
Pichler, Erneut unzulässig AGB in Mobilfunkverträge, ecolex, 2008, [100].
Steinmaurer/Polster in Stratil (Hrsg.), TKG 20034, MANZ, (2013) [101].
Wendehorst in Jud/Wendehorst (Hrsg.), Neurodnung des Verbraucherprivatrechts in Europa (2009) [162 ff.].
Susanne Forizs
Juristin, Rundfunk und Telekom Regulierungs-GmbH, Mitarbeiterin der Rechtsabteilung
Mariahilfer Straße 77-79,. 1060 Wien, AT
susanne.forizs@rtr.at; http://www.rtr.at
- 1 Max Leitner, Das Transparenzgebot, MANZ, (2005).
- 2 4 Ob 50/00g vom 14. März 2000.
- 3 OGH 10 Ob 31/11y; 8. November 2011.
- 4 C-616/11.
- 5 Zur Ausgangslage siehe Forizs, jusIT 2013/42.
- 6 Max Stefan Ertl, Die AGB-Kontrolle nach § 25 TKG 2003, MR 2005, 139 [141 f.].
- 7 Siehe auch Hasberger, Gestaltung von Mietverträgen über TK-Anlagen mit Verbrauchern, MR 2006, 288.
- 8 Siehe auch Pichler, Erneut unzulässig AGB in Mobilfunkverträge, ecolex, 2008, 1001.
- 9 Steinmaurer/Polster in Stratil (Hrsg.), TKG 20034, MANZ, (2013) [101].
- 10 https://www.rtr.at/de/tk/G_133_12/Bescheid_G_133_12-6.pdf.
- 11 Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über Maßnahmen zum europäischen Binnenmarkt der elektronischen Kommunikation und zur Verwirklichung des vernetzten Kontinents und zur Änderung der Richtlinien 2002/20/EG, 2002/21/EG und 2002/22/EG und der Verordnungen (EG) Nr. 1211/2009 und (EU) Nr. 531/2012.
- 12 Siehe Wendehorst in Jud/Wendehorst (Hrsg.), Neurodnung des Verbraucherprivatrechts in Europa (2009) [162 ff.].