Jusletter IT

Cheats aus rechtlicher Sicht

  • Author: Michael Sonntag
  • Category: Articles
  • Region: Austria
  • Field of law: IP Law
  • Collection: Tagungsband IRIS 2014
  • Citation: Michael Sonntag, Cheats aus rechtlicher Sicht, in: Jusletter IT 20 February 2014
Computerspiele sind, wie fast alle Spiele, auch ein Betätigungsfeld für Mogler: Wenn man so nicht gut (genug) ist, dann bedient man sich unerlaubter Hilfsmittel. Dies ist vielen Herstellern unerwünscht, insbesondere bei Online-Mehrspieler-Spielen, da diese durch ein zu großes Ausmaß an Schwindeln für andere Spieler unattraktiv und damit finanziell weniger erfolgreich werden. Dieser Beitrag untersucht, welche Varianten von Hilfsmitteln es gibt und wie diese rechtlich einzuordnen sind. Weiters wird dargestellt, wie ein Nachweis des Einsatzes bzw. der konkreten Variante von Schwindelsoftware erfolgen kann.

Inhaltsverzeichnis

  • 1. Einleitung
  • 2. Klassifikation zusätzlicher Elemente im Hinblick auf Computerspiele
  • 3. Cheats, Bots und Hacks
  • 3.1. Account-Sperre wegen Cheating?
  • 3.2. Entwicklung von Cheat-Programmen
  • 3.3. Schutz technischer Maßnahmen
  • 3.4. Untersuchung und Nachweis von Cheat-Software
  • 4. Zusammenfassung

1.

Einleitung ^

[1]

Computerspiele sind ein wichtiger Wirtschaftsfaktor1. Bei allen Spielen, und daher auch Computerspielen, bestand schon immer ein Bedarf, sich zusätzliche nicht vorgesehene Vorteile zu verschaffen. Dies kann einerseits dazu dienen, über Problemstellen hinwegzukommen um bis zum Ende des Spiels zu gelangen (Einzelspieler-Spiele), andererseits aber auch um gegen Andere leichter gewinnen zu können (Mehrspieler-Spiele) oder besseren Erfolge herzeigen zu können (beide Varianten). Bei Offline- bzw. Einzelspieler-Spielen ist dies für den Hersteller/Vertreiber mit keinem technischen Nachteil verbunden und auch im Hinblick auf den Ruf besteht keine große Gefahr. Früher wurden daher entsprechende Programme (anders als Programme zur Entfernung eines Kopierschutzes!) und deren Verteilung ignoriert – sie führten eher zu einer erhöhten Attraktivität des Spiels und damit höherem Absatz.

[2]

Hingegen ist technologisch unterstütztes «Schummeln» bei Mehrspieler- sowie Online-Spielen, und damit besonders bei Online-Mehrspieler-Spielen, ein Problem: Das Spiel wird für «normale» Spieler uninteressant, weil sie trotz bester Bemühungen keine Chance mehr sehen und frustriert das Spiel aufgeben. Dies reduziert Zusatzverkäufe und, über schlechte Presse, auch weitere Verkäufe des Spiels an sich2. Wird das Spiel (zum Teil) durch nachträgliche Käufe finanziert (z.B. free-to-play-Modell), so ist dies sofort mit Umsatzeinbußen verbunden3. Ebenso problematisch sind Cheats beim Einsatz in Computerspiel-Ligen, wo um echtes Geld, teilweise sogar hauptberuflich, gespielt wird4.

[3]
Es ist daher zu untersuchen, welche Arten von Hilfsmitteln legal und welche illegal sind, sowie auf welche Weise ein Nachweis ihres Einsatzes möglich ist. In diesem Beitrag soll hauptsächlich auf die urheberrechtlichen Aspekte eingegangen werden.

2.

Klassifikation zusätzlicher Elemente im Hinblick auf Computerspiele ^

[4]

Im Zusammenhang mit Computerspielen existiert eine Vielzahl an Hilfsmitteln, die dem Hersteller eines Spieles missfallen können und u.U. rechtswidrig sind, die aber durchaus separat einen Markt finden und erfolgreich verkauft werden könn(t)en. Dies sind unter anderem:

  • Anleitungen, Tricks, Cheatcodes etc.: In Form von Text (PDF, Webseiten, Bücher…) oder Videos. Es werden Anleitungen gegeben, wie man im Spiel am besten vorgeht, was man tun muss, und welche für jeden verfügbaren, aber nicht offiziell dokumentierten Befehle oder Konfigurationsoptionen bestehen (Cheatcodes) etc. Die private Weitergabe der Informationen ist klar legal; ein Verbotsgrund ist nicht ersichtlich. Dies gilt selbst für undokumentierte Funktionen, z.B. um enthaltene Debug-Konsolen (auch in Auslieferungsversionen), easter eggs, Cheatcodes usw. Im gewerblichen Umfeld sind Urheber- und Markenrechte zu beachten, da naturgemäß Teile des Spiels erwähnt bzw. reproduziert werden (Spieltitel als Teil des Publikationstitels, Screenshots etc.). Ein Nachweis des Sachverhalts ist hier durch die Dokumentation der Dateien, Webseiten, Bücher etc. trivial möglich, obwohl die Identifikation der dahinter stehenden Person bei Verteilung/Verkauf über das Internet schwierig sein kann.
  • Auswertungsprogramme: Hierbei handelt es sich um die Berechnung optimaler Strategien, «Trainer» die nur das Spielgeschehen beobachten und dann Tipps geben usw. Gemeinsam ist diesen Programmen, dass sie vollständig passiv zum Spiel sind. Sie greifen nicht aktiv in das Spielgeschehen ein und sind reine Daten-Konsumenten, entweder über laufende manuelle Dateneingabe, permanente Beobachtung des Spielgeschehens (oder sonstiger Elemente, z.B. zugehöriger Webseiten), oder einmaligen Datenexport. Ihre Funktion ist legal, doch die Beschaffung der Daten kann rechtswidrig sein, da u.U. ein Eingriff in das Spiel erfolgt (insb. Online-Spiele und Live-Auswertung; siehe unten in Abschnitt 3 Z 2), bzw. umfangreiche Daten vervielfältigt werden. Handelt es sich bei diesen Informationen um ein Datenbankwerk oder eine geschützte Datenbank5 (eine Vielzahl an Tabellen die das Spiel bestimmen, z.B. An- und Verkaufspreise virtueller Güter), so ist eine Vervielfältigung selbst im Privatbereich urheberrechtlich verboten (§§ 40h Abs. 1, 76d Abs. 3 Z 1 UrhG), erst recht ein Verkauf (auch als Teil eines anderen Produktes). Bei Verkauf oder Zurverfügungstellung sind als Nachweis eine Dokumentation des Programms und die Identifikation des Anbieters erforderlich. Dass die darin enthaltenen Daten dem Spiel entstammen, kann durch einen Vergleich festgestellt werden. Potentiell ist auch eine Inspektion einer Software danach möglich (Daten werden nicht angezeigt sondern nur intern verwendet, sodass ein direkter Vergleich unmöglich ist), da es sich hier um Daten handelt und daher keine Decompilierung (=Anweisungen!) erfolgt6. Im Hinblick auf Online-Spiele und Live-Auswertung ist auf die Ausführungen unten zu Cheats zu verweisen.
  • Lokal gespeicherte Spielstände: Derartige Spielstände dürfen grundsätzlich weitergegeben werden, damit andere von dort aus weiterspielen können. Denn der Spielstand selbst ist kein Computerprogramm – er enthält nur Daten7. Sollte er ein Werk darstellen (z.B. indem im Spiel ein Kunstwerk geschaffen wird welches dann im Spielstand repräsentiert ist), so wäre der Urheber derjenige, der diesen Stand erspielt hat. Ähnliche Elemente des Spieleerstellers sind jedoch gleichfalls denkbar, ebenso wie ein Screenshot des Bildschirms zum Zeitpunkt des Speicherns – hier ist aber zu prüfen ob diese Schöpfungen Werke darstellen. Auch wenn sie im Programm selbst angelegt sind, so könnte der Spielstand dennoch eine Vervielfältigung davon sein8. Mittels eines «Betrachters» (=dem Spiel) kann das Werk auch jederzeit konsumiert werden. Daher können durch Spielstände auch Urheberrechte des Spieleherstellers betroffen sein, was dann zu einem Verbot ihrer gewerblichen Weitergabe führt9. Wettbewerbsrechtlich ist eine Weitergabe nicht zu beanstanden, da der Hersteller/Betreiber des Spieles dadurch keinen erkennbaren Nachteil erleidet und der Vertrieb von Zusatzelementen lauter ist (wobei natürlich auf Herkunftstäuschung und Markenrechte zu achten ist). Ein Tausch zwischen Privatpersonen ist über die Privatkopie (§ 42 Abs. 4 UrhG) legal, nicht jedoch ein ins Internet stellen. Allerdings ist es dem Hersteller möglich und erlaubt, Spielstände an eine bestimmte Programmkopie zu binden, z.B. mittels einer bei der Installation generierten Zufallszahl oder i.V.m. mit einem Online-Account10. Dann ist zwar eine Weitergabe dieses Spielstandes technisch problemlos, jedoch ein erfolgreiches Laden/Importieren unmöglich. Eine Änderung dieser Nummer oder der Verbindung zu einem Account ist nicht zulässig, wenn davon urheberrechtlich geschützte Werke betroffen sind (Beschaffung durch Privatkopie ist zumindest in Österreich möglich, da kein Computerprogramm!) – siehe § 90c UrhG11. Dies ist ähnlich zu sehen wie DRM-geschützte eBooks: Auch wenn ohne das (Ab-)Spielprogramm eine Wiedergabe nicht möglich ist, soll der Schutz dennoch eine Vervielfältigung verhindern. Eine solche Sperre ist nicht als grobe Benachteiligung des Spielers zu sehen und kann daher problemlos eingeführt werden, ebenso wie ein vertragliches Verbot der Weitergabe von Spielständen. Dies insb. i.V.m. mit Online-Profilen, welche dadurch verfälscht werden können (Spiel binnen weniger Minuten komplett durchgespielt, alle besonderen Leistungen erreicht … – sofern dort Offline-Spielstände eingesetzt würden). Der Nachweis der Weitergabe von Spielständen ist wiederum durch eine Dokumentation der Dateien möglich. Das Ersetzen von Account-/Spiel-Bindungen kann durch el Signaturen (Problem: Ableitung des privaten Schlüssels aus der Installation/dem Account ohne Zugriffsmöglichkeit durch den Spieler) oder zusätzliche Prüfsummen/versteckte Kopien abgesichert werden. Bei Online-Spielen ist weiters ein Vergleich mit dem bisherigen Fortschritt möglich – z.B. falls dieser schneller erfolgt als vom Spiel ermöglicht. Ein lokaler Nachweis ist potentiell dadurch zu führen, indem man einen fraglichen Spielstand auf Konsistenz mit älteren manuellen/automatisch erstellen Spielständen untersucht.
  • Server-/Cloud-gespeicherte Spielstände: Grundsätzlich sind diese wie lokale Spielstände zu betrachten. Ein Zugriff darauf muss jedoch auf eine lokale Kopie (die vorher herunter- bzw. später hochgeladen wird; Cloud-Speicher lediglich als Backup), über vorgesehene Verwaltungsprogramme oder durch ein zu einem Spiel kompatibles unabhängig geschriebenes Programm erfolgen. D.h. nicht über ein Hacken des Servers (was klar illegal ist – §§ 118a, 126a StGB) sondern nur über Zugriff auf den eigenen Account. Durch veränderte oder kopierte Spielstände darf der Server nicht «beschädigt» werden (sonst potentiell § 126b StGB), es muss sich daher um korrekte Dateien handeln und der Dienst darf nicht als genereller Online-Dateiablageort missbraucht werden. Darüber hinaus wird es auch möglich sein, vertraglich vorzuschreiben, dass nur selbst erspielte Spielstände hochgeladen werden dürfen, da ansonsten z.B. statistische Auswertungen (Ranglisten) oder Medaillen («Achievements», «Trophies» o.Ä.) verfälscht würden, was die Spieleplattform unattraktiver machen würde. Für veränderte Spielstände gilt gleiches, wobei potentielle Support-Probleme (Beschwerde «Kann nicht geladen werden», …) als Gründe hinzukommen. Ein Nachweis ist inhaltlich wie oben möglich, doch können zusätzlich noch die Zugangsprotokolle überwacht werden (wurde z.B. das Spiel gestartet und ein Spielstand geladen/neues Spiel gestartet bevor ein Spielstand hochgeladen wurde?). Duplikate von Spielständen können auf dem Server durch Dateivergleich, z.B. mittels Prüfsummen, meist12 einfach erkannt werden. Von bloßen Spielständen sind gesamte Benutzer-Accounts zu unterscheiden (welche Spielstände enthalten), bei denen im Fall einer Weitergabe zusätzlich ein Rechtsverhältnis zum Betreiber übergeht (bzw. übergehen müsste13).

3.

Cheats, Bots und Hacks ^

[5]

Dieser Kategorie, der aufgrund ihrer Bedeutung ein eigener Abschnitt gewidmet wird, ist gemeinsam, dass ein Zusatzprogramm gestartet wird, welches, anders als die obigen Hilfsmittel, mit dem Computerspiel-Programm zur Laufzeit interagiert. Dies kann auf unterschiedliche Arten erfolgen:

  1. Reine Fernsteuerung: Ein zusätzliches Programm erzeugt Tastendrücke im Betriebssystem und beobachtet den Bildschirm oder sonstige Ausgaben (z.B. Konsolentexte). Es wird hierbei nicht in das Computerprogramm selbst eingegriffen, sondern nur die vorgesehene Eingabe automatisiert und die normale Ausgabe ausgewertet. Die Umsetzung kann zwischen trivial (Erzeugen von Tastendrücken ohne Berücksichtigung der Ausgabe) und äußerst komplex (Umleitung der Bildschirmausgabe, um den Bildinhalt als Grafik analysieren zu können) erfolgen. Da keinerlei Eingriff in das Programm erfolgt und keinerlei Schutzmaßnahmen umgangen werden (ähnlich der «Analogen Lücke»), ist zumindest die «Bedienung» urheberrechtlich legal. Je nach Art der Analyse der Ausgabe kann jedoch hinsichtlich dieser eine Vervielfältigung vorliegen, z.B. beim Umleiten des Bildes, da hierbei eine zusätzliche Kopie im Speicher eines anderen Prozesses entsteht, die nicht zur normalen Nutzung gehört. Im Gegensatz etwa zu Status-Texten wird es sich hierbei regelmäßig um Werke handeln. Auch wenn diese Vervielfältigung nur äußerst kurz ist, kann nicht von einer flüchtigen Vervielfältigung gesprochen werden, da ihr Zweck gerade nicht eine Übertragung oder rechtmäßige Nutzung ist und sie auch kein integraler und wesentlicher Teil eines technischen Verfahrens ist, sondern eine neue und zusätzliche, wenn auch automatisierte, Nutzung darstellt. Die Privatkopie des § 42 Abs. 4 UrhG kommt jedoch zu Anwendung14. Der Betreiber des Spiels kann derartiges in AGBs verbieten, da der Verwender dadurch einen Vorteil gegenüber anderen Spielern erzielt und dies auch sonst das Spielgeschehen negativ beeinflussen kann: Viele «stumme» Spieler, die repetitive Aufgaben automatisiert erfüllen15, Beeinflussung der Spiel-Wirtschaft durch zu große/einseitige Ressourcenmengen, Verkauf von «höherwertigen» Spielfiguren etc.
  2. Direkter Datenabgriff: Für den Cheat erforderliche Daten werden direkt aus dem Speicher des Spielprogramms ausgelesen, um so einfacher und an genauere oder zusätzliche Informationen zu gelangen. Beispiel: Anstatt zu versuchen, Gegner visuell aus der Bildschirmgrafik zu extrahieren, wird deren Position, Entfernung, Blickrichtung etc. direkt dem Datenspeicher des Programms entnommen. Dieses wird hierbei zwar nicht verändert oder beeinflusst, aber es erfolgt ein Zugriff auf seinen Speicher, was als normale «Bedienung» keinesfalls vorgesehen ist. Bei den gewonnenen Informationen wird es sich regelmäßig nicht um Werke handeln, sodass deren Vervielfältigung urheberrechtlich nicht zu beanstanden ist. Weiters erfolgt keine Veränderung des Programms, sodass auch hier kein Problem entsteht. Man kann dies mit der Betrachtung eines Gemäldes unter Zuhilfenahme einer Lupe oder eines Mikroskops vergleichen. Da lediglich Daten ausgelesen werden und kein Programmcode, liegt, wie bei Spielständen, keine Decompilierung vor. Das Betriebssystem verhindert üblicherweise derartigen Zugriff, doch ist ein solcher mit speziellen Berechtigungen bzw. Vorgehensweise explizit vorgesehen, z.B. für das Debuggen. Diese Trennung dient der Computersicherheit und dazu, dass Abstürze einzelner Programme isoliert bleiben, besitzt jedoch keinen urheberrechtlichen Zweck und kann daher nicht als Schutzmaßnahme im Sinne der §§ 90b, c UrhG gesehen werden. Für spezielle sogenannte Anti-Cheat Programme gilt dies jedoch nicht (siehe unten). Wettbewerbsrechtlich ist ein derartiges Vorgehen m.M. nach sehr problematisch: Durch diesen nicht vorgesehenen Informationsabfluss können sich einzelne Spieler Vorteile verschaffen, die anderen nicht zur Verfügung stehen (anders als bei Auswertung der normalen Ausgabe wie in Punkt 1, die jeder als Grundlage besitzt!16). Bei Online- oder Mehrspieler-Spielen besitzt dies negativen Einfluss auf die Popularität des Spiels. Dies bedeutet daher dass die Erstellung (zum Decompilierungs-Problem dabei siehe unten) sowie der private Einsatz solcher Cheats legal ist, der Verkauf/Vertrieb solcher Software hingegen nicht. Ein Spieleanbieter kann darüber hinaus jeglichen Einsatz davon vertraglich, z.B. per AGB, verbieten. In diesem Fall kommt bei kommerziellem Vertrieb noch eine Verleitung zum Vertragsbruch hinzu17. Der Nachweis, dass ein Programm auf den fremden Speicherbereich zugreift kann über Sandboxes oder einen Start des Cheats mit zu geringen Rechten – und darauf folgendem Fehlschlagen der Datenauswertung – geführt werden (siehe unten).
  3. Programmveränderung: Eine solche kann einerseits dauerhaft stattfinden indem die Programmdateien auf dem Datenträger verändert werden, andererseits vorübergehend durch Modifikation des geladenen Programms (ein zweites Programm wird parallel gestartet und verändert den Programmcode des Spiels im Hauptspeicher)18. Hier liegt eine Änderung (ev. sogar eine Bearbeitung) des Computerprogramms vor, da der ausführbare Code modifiziert wird. Wie dies technisch erfolgt spielt rechtlich keine Rolle. Von einer Werkentstellung (§ 21 Abs. 3 UrhG) kann dabei nur in Ausnahmefällen gesprochen werden, da meist nur kleine Aspekte verändert werden19. Für Modifikationen relevant ist § 21 UrhG, da es sich um eine Werkänderung handelt. Da das veränderte Spiel, auch bei einem Online-Spiel, nicht der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wird (Mogeln erfolgt heimlich!), ist die Verwendung, ebenso wie das Verbreiten des Cheat-Programms (die Modifikation erfolgt erst bei der Ausführung!), nach dem Gesetzestext urheberrechtlich nicht zu beanstanden20. Dies wird in Deutschland anders gesehen21, was aber auf einem differierenden Gesetzeswortlaut beruht: § 69c Abs. 2 dUrhG verbietet «die Übersetzung, die Bearbeitung, das Arrangement und andere Umarbeitungen eines Computerprogramms sowie die Vervielfältigung der erzielten Ergebnisse» (Hervorhebung durch Verf.). Damit ist klar bereits die Veränderung selbst illegal22, wobei das Verbot («andere Umarbeitungen») sehr weit verstanden wird. Dies beruht auf der Software-RL23 der EU, die in Art. 4 Abs. 1 lit. b dem Rechtsinhaber vorbehält «die Übersetzung, die Bearbeitung, das Arrangement und andere Umarbeitungen eines Computerprogramms sowie die Vervielfältigung der erzielten Ergebnisse, …» zu gestatten. Im Sinne einer Richtlinienkonformen Auslegung ist daher das österreichische Recht so zu interpretieren, dass bei Computerprogrammen bereits die Be-/Umarbeitung verboten ist, unabhängig von weiteren Voraussetzungen. Dies könnte u.U. aus § 40d Abs. 2 UrhG geschlossen werden, wenn dieser als Spezialnorm zu § 21 UrhG gesehen würde24: Bearbeitungen sind ausschließlich zur bestimmungsgemäßen Nutzung und Anpassung an die Bedürfnisse erlaubt, aber ansonsten nicht. Dagegen sprechen allerdings die Gesetzes-Erläuterungen sowie die Überschrift: Es geht um freie Werknutzungen. Die bestimmungsgemäße Nutzung soll immer möglich sein, was u.U. auch eine gewisse Bearbeitung erfordern kann, die in diesem Kontext dann auch legal ist25. Dem Gesetzgeber ging es also darum, eine bestimmungsgemäße Nutzung zu ermöglichen, nicht generell Bearbeitungen zu verbieten.

3.1.

Account-Sperre wegen Cheating? ^

[6]

Die Konsequenzen für Spieler beschränken sich vielfach auf eine Vertragsverletzung der AGBs, was typischerweise zur permanenten (ev. in leichten Fällen auch nur vorübergehenden) Sperre des Accounts führt26. Dies kann einerseits nur dasjenige Spiel betreffen, in welchem der Cheat eingesetzt wurde, andererseits aber auch den Account als Ganzes, dh alle damit verbundenen Spiele27. Die zweite Konsequenz ist meiner Meinung nach eine überraschende und grobe Benachteiligung, da z.B. der Account Spiele im Gegenwert von hunderten oder sogar tausenden von Euros enthalten kann (und auch falsche Vorwürfe schon vorkamen). Daher darf m.M. nach nur eine Sperre für das Spiel, bei dem ein Cheat eingesetzt wurde, erfolgen, oder höchstens in einem engen Umfeld28, sowie muss das verbotene Verhalten genau definiert werden29.

3.2.

Entwicklung von Cheat-Programmen ^

[7]

Für sich gesehen ist das Erstellen eines Cheat-Programmes legal. Allerdings wird es dabei immer erforderlich sein, das Spielprogramm genauer zu untersuchen (z.B. Decompilieren), bzw. die Funktionalität des Cheats zu erproben – was getrennt vom Programmiervorgang zu beurteilen ist. Für das Decompilieren existieren enge Regeln (§ 40e UrhG), die hier jedoch erfüllt wären – Es geht gerade um die Interoperabilität mit einem anderen Programm. Problematisch ist jedoch § 40e Abs. 2 Z 3 UrhG, wonach die Informationen nicht für das Urheberecht verletzende Handlungen verwenden werden dürfen. Es kommt daher auf die genaue Form des Cheat-Programms (siehe oben) an, ob das Decompilieren, gleich wie das Testen, legal ist oder nicht30. Entwicklungs- oder Decompilierverbote31 in AGBs sind, anders als Verwendungsverbote, nicht beachtlich, da diese nur einschränken können, was mit dem Spiel selbst passiert (die Entwicklung eines anderen Programms kann nicht verboten werden) bzw. sie eine gesetzliche Erlaubnis nicht verbieten können (§ 40e Abs. 3 UrhG).

3.3.

Schutz technischer Maßnahmen ^

[8]

Sollte das Spiel Anti-Cheat Mechanismen enthalten, so könnten die §§ 90b, c UrhG relevant werden, wenn Cheats Maßnahmen gegen diesen Schutz enthalten. § 90b UrhG betrifft Computerprogramme und ist nur bei Besitz zu Erwerbszwecken (hier meist nicht vorliegend) oder In-Verkehr-bringen (z.B. Verkauf, ins Internet stellen) einschlägig. Allerdings müssen die Mittel alleine dazu dienen, Sicherheitsmaßnahmen zu umgehen. Dies ist an sich für Cheats nicht gegeben, da diese anderen Zwecken, der Spielbeeinflussung, dienen. Entsprechende Teile der Cheat-Software besitzen jedoch keinerlei andere Bedeutung32 und ein anderen Einsatzzweck als mit Hilfe der Umgehung das Spiel zu beeinflussen existiert ebenso wenig. Daher kann § 90b UrhG eingesetzt werden, die Verbreitung von Software mit Anti-Cheat-Gegenmaßnahmen zu verhindern.

3.4.

Untersuchung und Nachweis von Cheat-Software ^

[9]

Ob eine das Spiel beeinflussende Cheat-Software vorliegt kann meistens sehr einfach nachgewiesen werden, indem das Spiel ohne sowie mit dem fraglichen Programm betrieben und die Ausgabe verglichen wird33. Abgesehen von einer ev. Benutzerschnittstelle (zusätzliche Menüpunkte/Anzeigen/…) wird sich auch das Spielgeschehen verändern. Hier kann eine exakte Aufzeichnung erforderlich sein: Meistens sind Veränderungen augenfällig (Ressourcenmengen bleiben trotz Verbrauchs gleich oder erhöhen sich automatisch, nicht vorhandene/freigespielte Funktionen können eingesetzt werden etc.), doch manchmal auch versteckt und nur durch genauere Analyse, z.B. Zeitlupe, erkennbar (Hilfe beim Zielen, wobei nur kleine Fehler korrigiert werden bzw. geringfügige Verbesserungen erfolgen – dies ist insb. bei Profi-Spielern relevant da offensichtliches Cheaten dort sofort bemerkt würde). Probleme beim Vergleich produzieren typischerweise Zufallsgeneratoren sowie andere menschliche Mitspieler, da dann ein identischer Ablauf in beiden Programmläufen nicht hergestellt werden kann und mit Näherungen34 gearbeitet werden muss.

[10]

Sehr viel problematischer kann der Nachweis sein, wie eine solche Beeinflussung erfolgt. Hier ist es hilfreich, eines der Programme (meist das Cheat-Programm) in einer Sandbox auszuführen, welche jeden Aufruf einer Betriebssystem-Funktion, jeden Datei-/ und Netzwerkszugriff, … mitprotokolliert. Diese Liste kann anschließend durchsucht werden, ob ein Zugriff auf das Spielprogramm erfolgt, und falls ja in welcher Weise. Damit lässt sich feststellen, ob lediglich eine Eingabe simuliert wird (keine direkte Interaktion der Programme, aber vielfache Tastendrücke ohne Benutzereingabe) oder ob ein direkter Zugriff auf den Speicher des Spielprogramms erfolgt (Suchen eines bestimmten Prozesses, öffnen desselben etc.). Eine genaue Feststellung der dort durchgeführten Zugriffe oder Veränderungen ist auf diese Weise jedoch nicht möglich35.

[11]

Details hierüber erfordern genauere Untersuchungen durch ein Decompilieren des Cheats oder ein Debuggen (des Spiels und/oder des Cheats während des Betriebs). In beiden Fällen wird der Programmcode in (s)eine Quellform zurückübersetzt, wobei jedoch, im Gegensatz zur Entwicklung des Cheats (siehe oben), die gesetzliche Ausnahme des § 40e UrhG nicht angewendet werden kann, da hier keine Interoperabilität hergestellt werden soll. Die Suche nach Beweisen ist daher rechtlich schlechter gestellt als das Entwickeln eines u.U. rechtsverletzenden Programms. Weiters wird in vielen Fällen auch eine Modifikation des Quellcodes erforderlich sein, z.B. um Vermutungen zu bestätigen oder um Sicherheitsmaßnahmen zu umgehen. Letzteres deshalb, da sowohl Spiele (insb. die gerade besonders gefährdeten Online-Spiele) wie auch Cheats Anti-Debugging-Techniken einsetzen. Erstere um das Erstellen von Cheats zu behindern, letztere um ihre Erkennung durch Anti-Cheat-Software zu verhindern oder zumindest eine Analyse zu behindern. In der Praxis können derartige Prüfungen nicht sinnvoll umgangen werden: Prüft ein Programm z.B. ob es innerhalb eines Debuggers läuft, so kann das Ergebnis der Prüfung nicht jedes Mal verändert werden (bei jedem einzelnen Durchlauf müsste an dieser Stelle zum passenden Augenblick der Speicher verändert werden). Deshalb erfolgt die Umgehung in der Praxis durch «Ausblenden» der Prüfung, indem ein oder mehrere Befehle verändert werden. Damit erfolgt eine Umarbeitung des Programms, welche rechtlich problematisch ist36. Da eine solche Untersuchung meist im Auftrag des Spieleherstellers erfolgt, kann in Bezug auf dessen Programm von einer Zustimmung ausgegangen werden. Dies gilt jedoch nicht für das Cheat-Programm37.

[12]

Sollte die Untersuchung in einem Gerichtsverfahren stattfinden, so könnte § 41 UrhG Anwendung finden: Unter «Benutzung» ließe sich wohl auch die erforderliche Decompilierung bzw. die kleinen Umarbeitungen subsumieren38. Der Dreistufentest des Art. 5 der InfoRL würde hier wohl erfolgreich sein: Es handelt sich um einen Sonderfall, der die normale Verwertung des Werkes nicht beeinträchtigt (vorübergehende kurzfristige Änderung nur für die Untersuchung im Rahmen des Verfahrens) und die berechtigten (hier fraglich – Cheat-Hersteller!) Interessen des Rechtsinhabers nicht ungebührlich verletzt39. Nach Ciresa40 soll allerdings die Bearbeitung bei § 41 UrhG ausgeschlossen bleiben. Dies erscheint als Wertungswiderspruch, da eine (vorübergehende – ein Computerprogramm ist kein Originalstück!) Bearbeitung, die dann in veränderter Version nicht öffentlich verbreitet wird (höchstens Erläuterung/Vorführung vor Gericht), weit weniger schwer in das Recht des Urhebers eingreift als z.B. die Verwendung eines Bildes als Steckbrief mit enormer Vervielfältigung/Verbreitung/öffentlicher Zurverfügungstellung. Dass der Cheat u.U. vom Gericht als illegal angesehen wird und damit dessen Verkauf schwieriger wird ist zwar potentiell ein schwerer Nachteil, doch entsteht dieser nicht aus der Bearbeitung (die hierfür nur den Sachverhalt klärt), sondern aus den gesetzlichen Regeln.

4.

Zusammenfassung ^

[13]
Nicht alle unerwünschten Hilfsmittel bei Computerspielen sind legal. Problematisch sind einerseits Änderungen am Computerspiel selbst (wobei hier die österreichische Rechtslage nicht vollständig klar ist und je nach Interpretation ev. nicht exakt mit dem Europarecht übereinstimmt) sowie die Verteilung/Verkauf derartiger Software. Besonders zu berücksichtigen sind AGBs, die bei Online-Spielen zusätzliche Einschränkungen festlegen können. Im Hinblick auf den Nachweis von Cheatsoftware kann einerseits auf deren Effekt abgestellt werden (rechtlich kaum ein Problem), andererseits auf eine detaillierte Untersuchung. Letztere bringt jedoch rechtliche Fragen mit sich, sofern sie nicht im Auftrag eines Gerichts erfolgt.

 

Michael Sonntag

Institut für Informationsverarbeitung und Mikroprozessortechnik (FIM)

Johannes Kepler Universität Linz

Altenbergerstr. 69, 4040 Linz, AT

sonntag@fim.uni-linz.ac.at; http://www.fim.uni-linz.ac.at/

 


  1. 1 Für 2013 werden in Deutschland Umsätze von 1,9 Milliarden Euro erwartet (http://www.biu-online.de/de/presse/newsroom/newsroom-detail/datum/2013/08/13/deutscher-markt-fuer-computer-und-videospiele-prognose-fuer-2013-bei-35-prozent-umsatzwachstum.html). Österreich: 113 Millionen Euro Umsatz im Quartal 4/2011 (http://www.ovus.at/pressemitteilung/beitrag/oesterreichs-computerspiele-markt-2011-mit-fantastischem-q42011.html).
  2. 2 Dazu LG Hamburg 19. Juli 2012, 312 O 322/12: Normal nicht oder nur gegen zusätzliches Entgelt verfügbare Funktionen eines Spiels durch Zusatzsoftware einzubauen (=Cheatsoftware) ist wettbewerbswidrig gegenüber dem Betreiber des Online-Spiels.
  3. 3 Diese kostenpflichtigen Zusatzleistungen können entweder rein «dekorativ» sein oder das Spielen unterstützen: Im zweiten Fall stehen sie sogar in direkter Konkurrenz zu unerlaubten (=nicht autorisierten) Hilfsmitteln.
  4. 4 Als Überblick siehe http://de.wikipedia.org/wiki/E-Sport (17. Dezember 2013).
  5. 5 Erscheint eher unwahrscheinlich, da die Datenbank speziell für das Spiel geschaffen wurde und damit keine separate Investition in Beschaffung, Darstellung oder Überprüfung vorliegt. Handelt es sich jedoch um externe Datenbanken (z.B. nicht die Preise von Waren direkt im Spiel sondern Statistiken über die auf einer Handelsplattform erzielten), so kann dies vorkommen.
  6. 6 Vergleiche LG Frankfurt/Main 6. September 2006, 2-6 O 224/06 (GPL): Identifikation durch Vergleich von in beiden Versionen vorkommenden Strings (=Texten).
  7. 7 OLG Düsseldorf, 12. Juli 1999, 20 U 40/99 «Siedler III».
  8. 8 Siehe auch OLG Hamburg, 12. März 1998, 3 U 226/97, OLG Düsseldorf, 12. Juli 1999, 20 U 40/99 «Siedler III», wo ähnliches (Graphiken als Werke der bildenden Kunst und/oder als Lichtbildwerke) allerdings unzulässigerweise erst in der zweiten Instanz behauptet und daher nicht darüber entschieden wurde. Andererseits könnte der Spielstand auch quasi lediglich einen Schlüssel zum Raum darstellen, in dem das Bild aufgehängt ist – Es kommt daher darauf an, ob ein Werk im Spielstand enthalten ist und vom Spielprogramm dargestellt wird, oder lediglich ein «Schalter» im Spielstand bestimmt, ob das im Spiel vorhandene Werk angezeigt wird oder nicht. Dies kann zur Beurteilung detaillierte Untersuchungen des Aufbaus der gespeicherten Spielstände erfordern.
  9. 9 Vergleiche dazu LG München I, Urteil vom 14. Oktober 2009, 21 O 22196/08: Befindet sich auf einem Adapter, mit dem illegal kopierte Spiele auf Computerspielkonsolen ausgeführt werden können, das Firmenlogo in elektronischer Form (als «Kopierschutz» – keine technische Wirkung, lediglich Vorhandensein und Integrität werden geprüft!), so wäre dies eine Markenverletzung (letztlich nicht entscheidungserheblich, daher nicht im Endurteil enthalten). Ähnliches gilt daher auch für in Spielstände (=Adapter) eingebettete Werke (=Logo), da dann eine Vervielfältigung bzw. öffentliche Zurverfügungstellung vorliegt, selbst wenn es technisch für das Wiederherstellen des Spielstandes irrelevant ist (das Logo wurde allerdings beim Adapter auch angezeigt). Siehe zu einem ähnlichen Problem die Chips in Drucker-Verbrauchsmaterialien.
  10. 10 Beispiel: PlayStation 3 Spielstände sind an den Benutzeraccount gebunden. Fremde Spielstände können zwar kopiert und geladen, aber keine Trophäen damit erreicht werden (Idee wie in der Einleitung: «Ruhm» soll nur durch eigene Leistungen erreicht werden können, um eine «Inflationierung» zu vermeiden). In Einzelfällen scheint auch das Laden verunmöglicht sein. Siehe http://www.ps3trophies.org/forum/ps3-discussion/62819-ps3ts-official-locked-saves-other-info-thread.html (17. Dezember 2013).
  11. 11 Der Spielstand (oder zumindest Teile davon) kann bei solcher Personalisierung als «Zugangscode» gesehen werden, der im Spiel vorhandene Werke freischaltet und zugänglich macht, sodass eine Weitergabe/Änderung nicht erlaubt ist.
  12. 12 Außer Spielstände sind so trivial, dass selbst bei normalem Spiel Duplikate entstehen. Dies ist besonders im Hinblick auf «Unmittelbar nach Spielstart» sowie automatisches Speichern an bestimmten Punkten in Betracht zu ziehen.
  13. 13 Näheres dazu Fritz, Übertragbarkeit von Accounts in Online-Spielen in: Schweighofer/Kummer, Europäische Projektkultur als Beitrag zur Rationalisierung des Rechts, 129.
  14. 14 Wichtig z.B. für die Aufzeichnung eines Spielverlaufs, die damit (zumindest im privaten Bereich) legal ist.
  15. 15 Eine Überprüfung darauf erfolgt z.B. durch Ansprechen der Spielfigur innerhalb des Spiels durch Administratoren – keine Antwort bedeutet dass kein Mensch vor der Tastatur sitzt (kommerzielle Anbieter derartiger Dienste implementieren jedoch entsprechende Weiterleitungen & Alarme, sodass sie sich bei Bedarf in genau diesem der vielen gleichzeitig betreuten Accounts jemand meldet).Siehe auch AG Charlottenburg 4. Mai 2012, 208 C-42/11: Stupides Versuchen, durch plötzlich im Weg erscheinende Gegenstände durchzulaufen, wurde als Beweis für einen Bot akzeptiert.
  16. 16 Beispiel: Das Spiel vermerkt in internen Datenstrukturen wo Gegner stehen, auch wenn diese im Augenblick am Bildschirm nicht sichtbar sind.
  17. 17 Siehe LG Hamburg, Beschluss vom 9. Juli 2009, 308 O 332/09. Dort allerdings für Gratis-Browsergames, die durch kostenpflichtige Zusatzfunktionen finanziert werden. Zusätzlich wurde dort noch eine Rufausbeutung durch «Einschieben in eine fremde Serie» gesehen. Das gilt wohl nur für dieses Geschäftsmodell, während bei Abonnement-Gebühren nur die Anleitung zum Vertragsbruch übrig bleibt. Über das «virtuelle Hausrecht» wurde nicht abgesprochen, doch würde dies wohl ebenso möglich sein (zu viel Betrug kann zum «Tod» eines Spieles durch Unattraktivität führen). Gleichartig LG Hamburg 19. Juli 2012, 312 O 322/12.
  18. 18 Drei Haupttechniken werden hierfür verwendet: Direktes Ersetzen des Codes, z.B. Prüfungen auf bestimmte Werte mit «NOP» (=No OPeration; Ein Befehl der exakt nichts bewirkt) überschreiben, Ersetzen von Code durch den Aufruf einer zusätzlichen Prozedur die etwas anderes macht (und die überschriebenen Befehle am Ende ausführt), oder Ersetzen des Aufrufs einer Funktion durch eine eigene Funktion (und optionalem Aufruf des Originals). In allen Fällen bedeutet dies, den Programmcode eines «fremden» Prozesses zu verändern bzw. zusätzlichen Code in diesen einzuschleusen.
  19. 19 Große Änderungen (neue Levels, andere Grafik etc.) kommen zwar ebenfalls vor, sind aber wohl nicht als Cheat anzusehen und werden hier nicht untersucht. Beispiele für Entstellungen könnten z.B. Wallhacks (entfernen aller Wände & Böden) oder überragende Waffenreichweite (Nahkampfangriff aus beliebiger Entfernung) sein.
  20. 20 So, wenn auch allgemein und nicht speziell zu Software, Grubinger in Kucsko, urheber.recht § 21 4.1 Es handelt sich dabei nicht um ein Werk bildender Kunst (§ 21 Abs. 2 UrhG). Eine schwere Beeinträchtigung der geistigen Interessen kann in Einzelfällen jedoch vorliegen, wenn der Cheat das Spiel (=uA ein Filmwerk!) zu stark verändert (vgl. Fn. 19).
  21. 21 OLG Hamburg 13. April 2012, 5 U 11/11. Hier ist jedoch anzufügen, dass Absatz 73 m.M. nach verfehlt ist: Die §§ 96d, e dUrhG werden als Rechtfertigung für das Verändern des Programms ausgeschlossen. Das Ersetzen von Befehlen im Speicher ist niemals eine Sicherungskopie oder eine Decompilierung sondern eben «bloß» eine Umarbeitung.
  22. 22 Siehe Kaboth in Beck’scher Online-Kommentar Urheberrecht, § 69c Rn. 9.
  23. 23 Richtlinie 2009/24/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2009 über den Rechtsschutz von Computerprogrammen http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=OJ:L:2009:111:0016:0022:DE:PDF.
  24. 24 In den Erklärungen zur Regierungsvorlage zur UrhG-Novelle 1993, mit der diese Bestimmungen eingeführt wurden, ist darüber nichts zu finden. Dort wird nur erwähnt, dass die Ausnahmen über freie Werknutzungen in der RL abschließend gemeint sind und diese auf Vereinbarkeit mit dem UrhG untersucht. Bearbeitungen werden nicht angesprochen. Lediglich im Rahmen des Urheberpersönlichkeitsrechts wird erwähnt, dass die §§ 19 bis 22 UrhG auch für Computerprogramme gelten, was gegen eine vollständige Verdrängung spricht. Ebenso wird § 40d Abs. 2 UrhG explizit als Entsprechung für Art. 5 der RL (und dem darin enthaltenen Verweis auf Art. 4 Abs. 1 lit. a, b – allerdings eben nur für die bestimmungsgemäße Nutzung!) erwähnt.
  25. 25 Siehe dazu aber Blocher in Jahnel/Mader/Staudegger, IT-Recht3, 236: Dies widerspricht der Software-RL Art. 5 Abs. 1, die lediglich Fehlerberichtigung erlaubt. Für Cheats ist dadurch jedoch nichts gewonnen, da Eingriffe von Cheats weder den im redlichen Verkehr geltenden Gewohnheiten und Gebräuchen entsprechen, noch sie durch die Art oder den Zweck der erlaubten Werknutzung gefordert werden oder eine Anpassung an die Bedürfnisse des Benutzers darstellen (wie z.B. geänderte Steuer- oder Gebührensätze; Wiebe in Kucsko, urheber.recht § 40d 3.2).
  26. 26 Vergleiche LG Berlin 24. August 2010, 15 O 354/10, wo zwar nicht die streitgegenständlichen «Bannwellen» bewiesen wurden, aber sehr wohl, dass es solche gab.
  27. 27 Beispiel Steam: «Valve ist berechtigt, Ihr Benutzerkonto oder ein bestimmtes Ihrer Abonnements aufgrund eines Verhaltens oder einer Handlung Ihrerseits zu kündigen, bezüglich derer Valve der Ansicht ist, dass es sich um ein rechtswidriges Verhalten handelt, dass dieses Verhalten den Tatbestand der Verwendung eines Mogelwerkzeugs erfüllt oder dass es in sonstiger Weise die Nutzung der Steam-Plattform durch andere Abonnenten negativ beeinflusst.» (Hervorhebungen durch Verfasser) http://store.steampowered.com/subscriber_agreement/german/ (17. Dezember 2013). Diese enorm weitgehenden Befugnisse (bloße Ansicht von Steam einer negativen Beeinflussung – ein kritischer Post zu einem Spiel in einem Diskussionsforum könnte hier schon ausreichen – andere Spieler werden abgeschreckt!) sind keinesfalls rechtlich gedeckt und daher in dieser Breite jedenfalls unwirksam.
  28. 28 Siehe Valve Anti-Cheat (VAC) als Beispiel: Das Konto des Spielers wird für alle Server gesperrt, auf denen VAC verwendet wird und dieselbe Spielengine eingesetzt wird. Dies können mehrere stark unterschiedliche Spiele sein. http://de.wikipedia.org/wiki/Valve_Anti-Cheat (17. Dezember 2013).
  29. 29 Ferner, Spielerecht – Cheats, Bots & Co, http://www.ferner-alsdorf.de/?p=7442 (17. Dezember 2013).
  30. 30 Auch für die sonst «harmlose» Variante des bloßen Datenabgriffs wird oft ein Decompilieren erforderlich sein um herauszufinden, an welcher Adresse im Speicher welche Daten in welchem Format stehen.
  31. 31 Beispiel im Abschnitt G 2: «Der Benutzer wird insbesondere auch * keinerlei Versuche unternehmen, die auf ‹GameTwist› bzw. in den GameTwist Apps verwendete Spielesoftware zu dekompilieren bzw. nachzubauen, in sonstiger Weise in diese einzugreifen oder Software zu entwickeln, die in die auf ‹GameTwist›, in den GameTwist Apps verwendete Spielesoftware und Client-Server-Kommunikation eingreift; […]» http://www.gametwist.at/web/Help?id_article=4462&xpf=agb (17. Dezember 2013).
  32. 32 Vergleiche ein DVD-Kopierprogramm: Zweck ist Kopieren, nicht Beseitigung des Kopierschutzes. Allerdings geht es in diesem Beispiel um eine urheberrechtlich vorbehaltene Handlung, was bei Cheats nicht notwendigerweise der Fall ist. Im Gegensatz zu § 90c UrhG verlangt § 90b UrhG jedoch nur, dass der Mechanismus dem Schutz des Programms dient und nicht, dass er eine Urheberrechtsverletzung verhindern soll (Nemetz in Kucsko, urheber.recht § 90b, 4). So schon Wieduwilt, Cheatbots in Onlinespielen – eine Urheberrechtsverletzung? MMR 11/2008, 715, 718, der jedoch eine Verletzung verneint, wenn die Anti-Cheat Maßnahme nicht zu einer sofortigen Beendigung der Spiels/Account-Sperre führt, was m.M. nach falsch ist, da auch eine spätere Sperre zumindest einen Teil der verbotenen Handlungen verhindert und eine Sicherheitsschwelle – nicht jedes Ansprechen des Schutzes muss auf Cheat-Software zurückzuführen sein – Teil jeder benutzerfreundlichen Schutzmaßnahme ist.
  33. 33 Spielergebnis, Videoaufnahme und Vergleich (z.B. Neben-/Übereinander) etc.
  34. 34 Z.B. ein spezieller «Gegenspieler», der mit dem Untersuchenden zusammenarbeitet.
  35. 35 Das Betriebssystem stellt lediglich die Zugriffsmöglichkeit zur Verfügung – nur diese kann protokolliert werden. Ob/auf welche Adressen des Spiels zugegriffen wird, sowie was deren Bedeutung ist, kann nur durch Debugging erschlossen werden.
  36. 36 Siehe zu einer technisch ähnlichen Konstellation (verbotene Bearbeitung einer Software, sodass diese das Vorhandensein eines Dongles nicht mehr überprüft) OLG Düsseldorf 27. März 1997, 20 U 51/96.
  37. 37 Siehe Koch, Handbuch Software- und Datenbank-Recht, 679: Entfernen von Programmsperren, wie etwa einer Dongle-Abfrage ist eine verbotene Umarbeitung. Ebenso Hoeren, IT-Recht (Stand Oktober 2011), 74: Keine Decompilierung zur Beschaffung von Beweisen in einem Verletzungsprozess. Eine Verweigerung der Einwilligung würde als Rechtsvereitelung anzusehen sein. Das kann nur für einen tatsächlichen Prozess gelten, nicht für eine vorherige Untersuchung, ob überhaupt eine Verletzung vorliegt (oft wird eine vorherige Anfrage um Erlaubnis strategisch unerwünscht sein). Für eine solche Maßnahme sind dem Gericht jedoch Anhaltspunkte zu präsentieren (Erläuterungen zur Einführung des § 69e dUrhG), wobei hier insbesondere der veränderte Spielablauf sowie das Verhalten in einer Sandbox relevant sind. Vergleiche dazu LG Frankfurt/Main 6. September 2006, 2-6 O 224/06 (GPL), wo explizit festgehalten wurde, dass die Analyse nicht durch Decompilieren sondern Beobachten des Bootvorgangs erfolgte und deshalb legal war. Für Computerspiele: OLG Köln, 26. Januar 2010, 19 W 2/10: Anhaltspunkte für den Einsatz von Cheats sind anzuführen, wobei konkrete mögliche Gegenerklärungen beachtlich sind und genauer untersucht werden müssen.
  38. 38 Vergleiche Thiele in Kucsko, urheber.recht § 41 1.1 sowie 4.1: Diese Bestimmung ist analogiefähig.
  39. 39 Das «auskommentieren» von Schutzfunktionen ist zwar gefährlich wenn die genauen Umstände allgemein bekannt werden bzw. das nun ungeschützte Werk weiterverbreitet wird, doch hier erfolgt dies ausschließlich während einer nicht-öffentlichen Untersuchung. Details darüber (wo welche Änderungen nötig sind) dürften jedoch wohl nicht veröffentlicht werden (potentiell problematisch wenn ein Gutachten Teil eines Strafverfahrens ist).
  40. 40 Ciresa in Ciresa/Büchele/Guggenbichler, UrhG § 41 Rz. 8.