1.
Begriffsdefinitionen Standardsoftware oder Individualsoftware ^
1.1.
Standardsoftware ^
1.2.
Individualsoftware ^
1.3.
Überschneidungen ^
2.
Auswirkungen ^
2.1.
Kaufvertrag oder Werkvertrag ^
Während bei einem Kaufvertrag eine Sache um eine bestimmte Summe Geldes einem Andern überlassen wird1, wird bei einem Werkvertrag die Herstellung eines Werkes gegen Entgelt übernommen2. Eine genaue Unterscheidung zwischen Kaufvertrag oder Werkvertrag würde an dieser Stelle zu weit führen. Eine wesentliche Auswirkung ist, dass für einen Werkvertrag die Sonderregeln über den Handelskauf und damit die Untersuchungs- und Rügepflicht des § 377 Abs. 1 UGB nicht zur Anwendung kommen.
Zwar sieht § 381 Abs. 2 UGB vor, dass diese Sonderregeln auch auf Werkverträge über die Herstellung körperlich beweglicher Sachen Anwendung finden, aber es ist strittig, ob es sich bei Software (insbesondere wenn sie nicht auf Datenträger geliefert wird) um eine körperlich bewegliche Sache handelt. So fehlt – zumindest nach Wissen des Autors – noch OGH-Sprechung, die in diesem Zusammenhang explizit auf das «körperlich» eingeht, auf jeden Fall würde aber der Rechtssatz RIS-Justiz RS01201203 eher dafür sprechen, dass diese Sonderregeln nicht gelten. Der deutsche BGH hat zwar im Zusammenhang mit einem ASP-Vertrag auch ein flüchtiges (stromabhängiges) Speichermedium als Datenträger angesehen4, zitiert dabei aber ausdrücklich Standardsoftware.
2.2.
Steuerliche Auswirkungen ^
Die Umsatzsteuerrichtlinie regelt, dass beim Verkauf von Standard-Software mittels körperlichen Datenträgern eine Lieferung vorliegt5. In diesem Zusammenhang wird auch eine Definition von Standard-Software geliefert:
Bei Überlassung einer individuellen Software liegt hingegen eine sonstige Leistung vor. Diese Unterscheidung zwischen Lieferung und sonstiger Leistungen ist besonders relevant bei einer Lieferung an einen Unternehmer im Ausland. Denn in diesem Fall liegt eine in Österreich steuerbare Lieferung vor, welche unter den Voraussetzungen des § 7 UStG bzw. des Art. 7 BMR steuerfrei gestellt werden kann 6. Insbesondere ist daher für solche Lieferungen auch ein Ausfuhr- oder Beförderungsnachweis und Versendungs- sowie ein Buchnachweis entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen zu erbringen.
Sogar dann, wenn für die Software selbst und die Anpassung – wie normalerweise üblich – getrennte Preise ausgewiesen werden, ist die Unterscheidung nicht eindeutig, da der EuGH, in der Rs. «Levob»7 die Überlassung von (auf Datenträger gespeicherter) Standardsoftware und deren Anpassung, wobei darunter sogar die Installation verstanden wird, als einheitliche Leistung ansah. Dementsprechend ist also entscheidend, welcher Teil der Leistung überwiegt, um die steuerliche Beurteilung vornehmen zu können.
2.3.
Verwertungsrechte ^
3.
OGH und EUGH-Rechtsprechung ^
Der Autor hat eine umfassende Untersuchung der OGH-Urteile zu diesem Thema vorgenommen. Das derzeit vorliegende aktuellste Urteil zu diesem Thema8 behandelt dabei den Verkauf einer Warenwirtschaftssoftware, die an die speziellen Bedürfnisse der Beklagten angepasst wurde und liefert auch umfassende Unterscheidungskriterien:
- Erheblicher Aufwand in Bezug auf Umfang, Kosten oder Dauer
- In dieser Form bisher nicht existierende Software
- Auf besondere Bedürfnisse der Erwerberin zugeschnitten
4.
Fallbeispiele ^
4.1.
Customizing ^
4.2.
Individuelle Programmverbesserungen ^
4.3.
Individuelle «Add-ons» ^
4.4.
Individuelle Anpassungen ^
Gerade dieses Kriterium ist aber ein sehr problematisches, da «erheblich» ein dehnbarer Begriff ist und auch aus den bislang vorliegenden OGH-Urteilen9 zu diesem Thema nicht wirklich ein Maßstab dafür ableitbar ist, wann Änderungen erheblich sind. Wird etwa der Preis herangenommen, sind die individuellen Änderungen oft vielfach teurer als das ERP-Programm selbst. Denn die Änderungen werden zu einem normalen Stundensatz fakturiert, während das ERP-Programm ja oft tausendfach verkauft wird und somit die Entwicklungskosten auch tausendfach geteilt werden können. Das führt auch dazu, dass mittlerweile bei vielen ERP-Softwareeinführungen der Dienstleistungskostenanteil bereits höher als der Lizenzkostenanteil ist.
5.
Schlussfolgerungen ^
Markus Knasmüller
Allgemein beeideter und gerichtlich zertifizierter Sachverständiger sowie Leiter der Software-Entwicklung der BMD Systemhaus GmbH
Sierninger Straße 190, 4400, Steyr, AT
knasmueller@bmd.com; http://www.bmd.com
- 1 §1053 ABGB.
- 2 §1151 (1) ABGB.
- 3 Der Vertrag über die Herstellung und Lieferung von Individualsoftware allein ist kein Werklieferungsvertrag im Sinn des § 381 Abs. 2 HGB, der die Rüge- und Untersuchungsobliegenheit des § 377 Abs. 1 HGB auslösen könnte.
- 4 BGH 15. November 2006, CR 2007, 75 ff., 76.
- 5 UStR 2000 Rz. 587.
- 6 Mayr, Die umsatzsteuerliche Behandlung von Software im Unternehmensbereich, RWP Heft 6/2008, S. 160 (2008).
- 7 EuGH 27. Oktober 2005, C-41/04.
- 8 OGH 23. Oktober 2012, 5 Ob 111/12b.
- 9 OGH 15. Januar 1985, 2 Ob 668/84; OGH 10. April 1991, 2 Ob 625/90; OGH 3. August 2005, 9Ob 81/04h; OGH 2 Oktober 2012, 5 Ob 111/12b.