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Geänderte Vergabebehörden, geänderte Transparenz im Vergabeverfahren?

  • Author: Philipp Götzl
  • Category: Articles
  • Region: Austria
  • Field of law: E-Procurement
  • Collection: Tagungsband IRIS 2014
  • Citation: Philipp Götzl, Geänderte Vergabebehörden, geänderte Transparenz im Vergabeverfahren?, in: Jusletter IT 20 February 2014
Mit 1. Januar 2014 haben die Verwaltungsgerichte in Bund und den Ländern die Agenden der bisherigen Vergabekontrollbehörden (UVS, VKS, BVA) übernommen. Doch wie wird das neue Verfahren – gerade in Hinblick auf Transparenz – ablaufen und wie werden die neuen Vergabekontrollbehörden entscheiden? Anhand der Spruchpraxis der bisherigen Vergabekontrollbehörden zu Transparenz und Akteneinsicht werden eine Bestandaufnahme und ein Ausblick zum Stellenwert der Transparenz bei Vergaben in Österreich gegeben.

Inhaltsverzeichnis

  • 1. Ausgangslage
  • 1.1. Verwaltungsreform in Österreich
  • 1.2. Vergaberechtlicher Rechtsschutz auf Grundlage der österreichischen Verwaltungsr
  • 2. Transparenz im Vergabeverfahren
  • 2.1. Transparenz als allgemeiner Grundsatz im Vergabeverfahren
  • 2.2. Transparenz im Vergabenachprüfungsverfahren
  • 3. Ergebnis
  • 4. Schrifttum

1.

Ausgangslage ^

1.1.

Verwaltungsreform in Österreich ^

[1]
Mit 1. Januar 2014 haben in Österreich die im Zuge der aktuellen Verwaltungsreform1 neu geschaffenen Verwaltungsgerichte ihre Tätigkeit aufgenommen. Damit ist der gesamte administrative Instanzenzug in Österreich durch einen einheitlichen, zwei Instanzen umfassenden verwaltungsrechtlichen Rechtsschutz ersetzt worden. Durch diesen grundlegenden Systemwechsel sind die bisherigen Berufungsbehörden (die je nach angesprochener Materie sehr unterschiedlich sein konnten) durch neun Landesverwaltungsgerichte und zwei Bundesverwaltungsgerichte ersetzt worden.
[2]

Im Vergabebereich haben diese Verwaltungsgerichte die bisherigen Agenden der Vergabekontrollbehörden (UVS, VKS, BVA) übernommen. Die bezügliche Zuständigkeit ist eine fakultative, die durch Bundes- oder Landesgesetz (BVergG oder Landesvergaberechtsschutzgesetz) vorgesehen ist. So ist das Verwaltungsgericht über Beschwerden wegen Rechtswidrigkeit eines Verhaltens eines Auftraggebers in den Angelegenheiten des öffentlichen Auftragswesens gemäß Art. 130 Abs. 2 Z 2 B-VG zuständig. Konkret ergibt sich dies bspw. für Vergaben im Bundesbereich aus §§ 2 Z 41, 291–296, 311–319 BVergG 2006 i.d.F. BGBl I 2013/128.

[3]

In der Literatur2 wird i.d.Z. bedauert, dass der Verfassungsgesetzgeber bei dem Grundsatz der Handlungsformorientierung geblieben ist und sich damit auf die bisherigen zentralen Beschwerdegegenstände (Bescheid, Akte unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt, Weisung und Untätigkeit) beschränkt hat. Dem ist aber entgegen zu halten, dass die Zuständigkeit für Beschwerden wegen Rechtswidrigkeit des Verhaltens einer Behörde in Vollziehung der Gesetze gemäß Art. 130 Abs 2 Z 1 B-VG die Möglichkeit vorsieht, auch weitergehende Verwaltungsakte zu bekämpfen.3 Es bleibt abzuwarten, wie diese Möglichkeit in der Praxis auch angenommen wird. Für den hier relevanten Bereich der Anfechtung von Auftraggeberentscheidungen im Vergabeverfahren ist aber festzuhalten, dass sich diese Akte unter die zentralen Beschwerdegegenstände (z.B. Bescheid) gerade nicht einordnen lassen, da der öffentliche Auftraggeber in diesem Bereich nicht mit imperium agiert, sondern privatwirtschaftlich tätig ist. Die Verwaltungsgerichte sind i.d.Z. daher (ausnahmsweise und faktisch) erste und letzte Instanz.

[4]
Grundsätzlich besteht für das Verfahren vor den Verwaltungsgerichten kein Anwaltszwang, was der Transparenz förderlich sein kann.4 Z 4 der Entschließung d NR v 15. Mai 2012, 243/E 24.GP bestimmt dazu: «(…)das verwaltungsgerichtliche Verfahren soll zu keiner Verteuerung für die Bürgerinnen und Bürger führen; insbesondere soll keine Anwaltspflicht vorgesehen werden; für die Erstellung von Gutachten sollen primär Amtssachverständige heranzuziehen sein». Der Systemwechsel im Zuge der Verwaltungsreform ist gerade von diesem Gedanken getragen.

1.2.

Vergaberechtlicher Rechtsschutz auf Grundlage der österreichischen Verwaltungsr ^

[5]

Gemäß Art. 130 Abs. 2 Z 2 B-VG sind die Verwaltungsgerichte berufen, über Beschwerden wegen Rechtswidrigkeit eines Verhaltens eines Auftraggebers in den Angelegenheiten öffentlichen Auftragswesens abzusprechen. Im Ergebnis tritt das Verwaltungsgericht an die Stelle der bisherigen Vergabekontrollbehörde, damit das BundesVwG an die Stelle des BVA5 und die LandesVwG an Stelle der bisherigen UVS bzw. VKS (Wien und Salzburg). Der Wechsel des Rechtsschutzregimes zur neuen Vergabekontrolleinrichtung «Verwaltungsgericht» ist in den §§ 2 Z 41, 291–296, 311–319 BVergG 2006 i.d.F. BGBl I 2013/128 (Bund) und den Landesvergabekontroll- bzw rechtsschutzgesetzen (Länder) geregelt. Die bezüglichen Rechtsschutzvorschriften der §§ 290–296 und 318–319 BVergG 2006 regeln dabei ausschließlich den Bundesbereich. Die Länder haben diese Materien, soweit ersichtlich, den LandesVwG übertragen, ohne von der Möglichkeit Gebrauch zu machen, den Vergaberechtschutz in neu einzurichtenden Landesbehörden zu organisieren (vgl. Art. 130 Abs. 2 Z 2 B-VG).

[6]
Inhaltlich ändert sich durch die Neuordnung der Vergabebehörden am Vergaberechtsschutz erster Instanz nichts. Nach wie vor besteht vor Zuschlagserteilung die Möglichkeit, gesondert anfechtbare Entscheidungen des Auftraggebers mittels Nachprüfungsantrag zu überprüfen und die Nichtigkeit der bezüglichen Entscheidungen zu begehren, weiters zur Wahrung des effektiven Rechtsschutzes eine einstweilige Verfügung zu beantragen. Nach Zuschlagserteilung besteht die Möglichkeit der Feststellung von Vergabeverstößen und Nichtigerklärung vergabewidriger Verträge. Auch die verhältnismäßig kurzen Anfechtungsfristen im Vergabebereich sind unverändert bestehen geblieben. Änderungen haben sich nur insofern ergeben, als die Anfechtungsmöglichkeit beim VwGH dadurch eingeschränkt ist, dass die Zulässigkeit einer Revision nun erschwert wurde und vom Vorliegen eine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung abhängig ist.6
[7]
Gleichzeitig ist auf unionsrechtlicher Ebene das neue Vergaberichtlinienpaket7 zu beachten. Dieses sieht nach heutigem Stand (31. Dezember 2013) eine klassische Richtlinie, eine Sektorenrichtlinie und (neu) eine Konzessionsrichtlinie vor, deren vorrangiges Ziel die Schaffung einfacherer und flexiblerer Verfahren für den Auftraggeber ist. Weiters wird die Möglichkeit «sekundäre» Zielsetzungen vorgesehen, wie etwa die Berücksichtigung ökologischer, soziale oder innovativer Aspekte. Es soll ein besserer Zugang zu den Vergabeverfahren geschaffen werden und schließlich sollen neue «Governance»-Regelungen zur Professionalisierung der Vergabe führen.
[8]
IdZ soll nach der Intention der neuen Vergaberichtlinien jedes Vergabeverfahren elektronisch durchgeführt werden, was die Verfahren beschleunigen soll. Fraglich war bisher immer, ob die im Vergaberecht vorgesehenen Erleichterungen durch elektronische Verfahrensteile in der Praxis angenommen werden.8 Nunmehr wird aber die elektronische Durchführung zwingend vorgesehen, damit dem Rechtsanwender kein Spielraum mehr gelassen. Elektronisches Vergabeverfahren bedeutet in diesem Zusammenhang aber lediglich, dass (1.) die Bekanntmachung elektronisch erfolgt und (2.) die Ausschreibungsunterlagen elektronisch zur Verfügung gestellt werden (beide sind auf Grundlage des BVergG 2006 bereits Standard in Österreich). Neu ist allerdings, dass zwingend auch (3.) die Angebote elektronisch abgegeben werden müssen. Diese Möglichkeit bestand zwar auch auf Grundlage des BVergG 2006, wurde aber bisher von der Praxis nicht als Standard übernommen.

2.

Transparenz im Vergabeverfahren ^

2.1.

Transparenz als allgemeiner Grundsatz im Vergabeverfahren ^

[9]
Das primäre Unionsrecht verlangt, dass Vergabeverfahren transparent zu führen sind.9 So schließt nach der Rechtsprechung des EuGH der Gleichbehandlungsgrundsatz und das Verbot der Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit eine Transparenzpflicht mit ein. Danach hat «der Auftraggeber zu Gunsten potenzieller Bieter einen angemessenen Grad von Öffentlichkeit sicher zu stellen, der den Dienstleistungsmarkt dem Wettbewerb öffnet und die Nachprüfung ermöglicht, ob die Vergabeverfahren unparteiisch durchgeführt wurden».10
[10]
Das Transparenzgebot fordert damit, dass die Zuschlagskriterien und die zu erbringende Leistung so klar wie möglich definiert sein müssen.11 Dem entspricht eine Ausschreibung nicht, wenn das Erfordernis der Leistungserbringung erst durch den Leistungsabruf im Bedarfsfall – ohne Mindestleistungsmenge – begründet wird.12 Es muss für einen Bieter eindeutig sein, auf welche Leistung und welchen Leistungsumfang sich der Angebotspreis bezieht. Die Ausschreibungsunterlagen haben alle für die Berechnung des Angebots wesentlichen Parameter zu enthalten.13 So ist die notwendige Transparenz nicht gegeben, wenn die Auswahlkriterien nur mit Worthülsen und allgemeinen Begriffen ohne besonderen Sprachgebrauch umschrieben sind. Damit ist es für Interessenten vorab nicht erkennbar, nach welchen Aspekten die Auftraggeberin etwa die architektonische Qualität der Referenzprojekte14 bewerten möchte. Wird es also reine Glückssache, ob ein Bieter zufällig das maßgebliche Kriterium erfüllt, entspricht dies nicht den Anforderungen an die Objektivität und Transparenz des Vergabeverfahrens.15 Die Ausschreibung ist dann mangels Konkretisierung des Kriteriums rechtswidrig. «Insbesondere bei der Bewerberauswahl in einem Verhandlungsverfahren sind der Gleichbehandlungsgrundsatz und der Grundsatz der Transparenz strengstens einzuhalten, damit alle Betroffenen bei der Abfassung ihrer Teilnahmeanträge oder Angebote über die gleichen Chancen verfügen.»16
[11]
Die Transparenz des Vergabeverfahrens soll auch allfällige Diskriminierungen hintanhalten, indem der Zugang zu Informationen gemeinschaftsweit in gleichem Maße gesichert wird. So setzt auch der Gleichbehandlungsgrundsatz eine Verpflichtung zur Transparenz voraus; sonst könnte nicht geprüft werden, ob er beachtet worden ist.17
[12]
Zentrales Mittel zur Erfüllung des primärrechtlichen Transparenzgebotes für öffentliche Ausschreibungen ist die Bekanntmachung (vgl. § 46 BVergG).18 Dabei soll der Bieter anhand der Angaben in der Bekanntmachung darüber informiert werden, zu prüfen, ob ein bestimmtes Vergabeverfahren für ihn von Interesse ist. Die Publizitätsregeln haben das Ziel, die Durchführung eines echten Wettbewerbes im Vergabebereich sicherzustellen. Das Unterbleiben einer Bekanntmachung beeinträchtigt dort wo sie verpflichtend vorgesehen ist, den Wettbewerb unwiederbringlich und fundamental und verletzt die Vergabevorschriften wesentlich.19 Hat der öffentliche Auftraggeber bspw. im Voraus Regeln für die Gewichtung der Kriterien für die Auswahl der Bewerber, die zur Abgabe eines Angebots aufgefordert werden, aufgestellt, so ist er verpflichtet, diese Regeln in der Auftragsbekanntmachung oder in den Ausschreibungsunterlagen anzugeben. Nur eine solche Auslegung ist nämlich geeignet, ein angemessenes Transparenzniveau und damit die Einhaltung des Gleichbehandlungsgrundsatzes in den Vergabeverfahren zu gewährleisten.20

2.2.

Transparenz im Vergabenachprüfungsverfahren ^

[13]
Vergaberechtlich ist vorgesehen, dass gesondert anfechtbare Entscheidungen des Auftraggebers vor der Zuschlagserteilung innerhalb kurzer Fristen angefochten werden können. Dabei ist der Antragssteller oft auf Vermutungen über Vergabewidrigkeiten angewiesen, was im Sinne des Transparenzgebotes für das laufende Vergabeverfahren problematisch ist. Im günstigsten Fall hält er die vollständigen Ausschreibungsunterlagen und die Bekanntmachung in Händen, nicht jedoch die anderen Angebote der Bieter und ist somit auch nicht in die Angebotsprüfung eingebunden.
[14]
Soweit nun ein Bieter die Verletzung in seinen Rechten behauptet, kann ihm im Zuge des Vergabenachprüfungsverfahrens Akteneinsicht in weitergehende Aktenteile gewährt werden.
[15]
Jedenfalls hat der Bieter ein Recht, auch in ein allfälliges Öffnungsprotokoll (§ 118 BVergG) und zumindest in die ihn betreffenden Teile des Prüfberichts Einsicht zu nehmen, ggf. in Teile der Angebote anderer Bieter, soweit damit seine Wettbewerbsstellung nicht berührt wird. Tatsächlich ist hier eine Interessenskollision zu orten, einerseits zwischen dem Interesse des Bieters auf vollständige Transparenz, beinhaltend auch alle Informationen über die im Wettbewerb stehenden anderen Bieter, anderseits natürlich die Interessen des jeweils betroffenen Bieters, seine Geschäftsgeheimnisse nicht offenbaren zu müssen. IdS wurde bisher der Antrag auf Gewährung von Akteneinsicht wegen der durch die Akteneinsicht zu befürchtenden Schädigung von Interessen des Unternehmens i.d.R. abgewiesen.21
[16]
Bis zum 31. Dezember 2013 war durch die Vergabekontrollbehörden (BVA bzw. Vergabekontrollsenat in den Ländern, also UVS oder VKS), idZ noch primär das AVG anzuwenden, nun gilt es lediglich subsidiär. Die Akteneinsicht wird in § 17 AVG geregelt. Danach können die Parteien bei den Behörden die Sache betreffend Akteneinsicht nehmen oder sich von Akten oder Aktenteilen an Ort und Stelle Abschriften selbst anfertigen oder auf eigene Kosten Kopien oder Ausdrucke erstellen lassen. Nach § 17 Abs. 3 AVG waren und sind lediglich diejenigen Aktenbestandteile von der Akteneinsicht ausgenommen, deren Einsichtnahme eine Schädigung berechtigter Interessen einer Partei oder dritter Personen oder eine Gefährdung der Aufgaben der Behörden herbeiführen oder den Zweck des Verfahrens beeinträchtigen würde.
[17]
Seit 1. Januar 2014 sind die Verwaltungsagenden nun an das Bundesverwaltungsgericht bzw. Landesgericht übergegangen, die das neue VwGVG22 anzuwenden haben. Die Akteneinsicht ist nun allgemein in § 21 VwGVG und speziell im Vergabenachprüfungsverfahren in § 314 BVergG 2006 (bzw. den entsprechenden Ländervergabekontrollbestimmungen) geregelt. Dabei sind Aktenbestandteile die im Verwaltungsverfahren zu einer Akteneinsicht ausgenommen waren (§ 17 AVG) auch im Verfahren vor den Gerichtshöfen von der Akteneinsicht ausgenommen, wobei die Behörde die in Betracht kommenden Aktenbestandteile bei der Vorlage der Akten zu bezeichnen hat.
[18]
Inhaltlich hat sich durch die Neuregelung zur bisherigen Regelung auch deshalb nichts geändert, da für die Akteneinsicht vor dem VwG allgemein, soweit § 21 VwGVG nichts anderes bestimmt, § 17 AVG sinngemäß anzuwenden ist (vgl. § 17 VwGVG).23 § 314 BVergG 2006 spricht hingegen speziell den Vorgang der Vorlage von Unterlagen an das BundesVwG und die damit verbundene Möglichkeit des Ausschlusses von bezeichneten Urkunden an. Von einer Partei des Verfahrens kann daher wie bisher begehrt werden, dass bestimmte Aktenteile wegen Schädigung ihrer berechtigten Interessen von der Akteneinsicht ausgenommen werden. Aus § 17 AVG oder § 314 BVergG 2006 ist allerdings kein Recht einer Partei abzuleiten, den gesamten Akt in Kopie von der Behörde zugesandt zu erhalten.24 Die Akteneinsicht ist daher grs. beim Verwaltungsgericht vorzunehmen.25
[19]
§ 21 Abs 2 erster Satz VwGVG und § 314 BVergG regeln nun zusätzlich den Fall, dass die Behörde im öffentlichen Interesse bestimmte Aktenbestandteile im Beschwerdeverfahren vor dem Verwaltungsgericht von der Akteneinsicht ausschließen möchte. Auch dies ist nunmehr zulässig. Die Behörde kann in diesem Fall bei der Vorlage der Akten an das Verwaltungsgericht verlangen, dass bestimmte Akten oder Aktenbestandteile ausgenommen werden, muss diese nur bestimmt bezeichnen. Aus den Transparenzgedanken heraus interessant ist idZ, dass auch nach rechtskräftiger Beendigung des Verfahrens vor dem Verwaltungsgericht für die Parteien das Recht auf Akteneinsicht besteht.26 Für den Vergabebereich ist die neue Sondervorschrift des § 314 BVergG 2006 in ihrem Anwendungsbereich als lex specialis zu § 21 VwGVG zu betrachten, die im Ergebnis aber keine Änderung zur alten Rechtslage (ausschließlich § 17 Abs 3 AVG) bringt. In § 314 BVergG 2006 wird nun lediglich ausdrücklich normiert, dass Parteien und Beteiligte bei der Vorlage von Unterlagen an das BundesVwG verlangen können, dass bestimmte Unterlagen oder Bestandteile von Unterlagen aus zwingenden Gründen eines Allgemeininteresses oder zum Schutz von technischen oder handelsbezogenen Betriebsgeheimnissein von der Akteneinsicht ausgenommen werden. Die in Betracht kommenden Unterlagen oder Bestandteile von Unterlagen sind bei ihrer Vorlage zu bezeichnen, was nun lediglich die bisherigen Usancen der Vergabekontrollbehörden festgeschrieben hat.

3.

Ergebnis ^

[20]
Aufgrund der Verwaltungsreform in Österreich haben die Verwaltungsgerichte in Bund und den Ländern die Agenden der bisherigen Vergabekontrollbehörden (UVS, VKS, BVA) mit 1. Januar 2014 übernommen. Gleichzeitig ist ein neues unionsrechtliches Vergaberichtlinienpaket zu berücksichtigen, das für Vergabeverfahren keine Änderung des unionsrechtlich vorgegebenen Transparenzgebots mit sich bringen wird. Auch die Transparenz im Vergabenachprüfungsverfahren im Zuge der Akteneinsicht bleibt in Österreich, wie bisher, unter Beachtung einer notwendigen Interessenabwägung zwischen den Interessen des Antragstellers und den des präsumtiven Zuschlagsempfängers – gerade hinsichtlich einer möglichen Verletzung von Geschäftsgeheimnissen der beteiligten Unternehmer – ausreichend gewahrt.

4.

Schrifttum ^

Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte, Praxiskommentar zum VwGVG, VwGG und VwGbk-ÜG (2013);

Faber, Administrative Rechtsmittel und Rechtsbehelfe unterhalb der Verwaltungsgerichtsbarkeit, in: Holoubek/Lang, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit erster Instanz (2013), 299;

Faber, Verwaltungsgerichtsbarkeit, Kommentar (2013);

Fister/Fuchs/Sachs, Das neue Verwaltungsgerichtsverfahren, VwGVG, VwGbk-ÜG und BVwGG, Taschenkommentar (2013);

Götzl, Aspekte zu den Konkretisierungserfordernissen einer Ausschreibung, RPA 2006/1, 6–16.

Heid/Schiefer, Handbuch Vergaberecht3 (2010);

Hauer, Die Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte, in: Janko/Leeb, Verwaltungsgerichtsbarkeit erster Instanz, Entstehung und verfassungsrechtliche Grundlagen (2013), 27;

Holoubek, Kognitionsbefugnis, Beschwerdelegitimation und Beschwerdegegenstand der Verwaltungsgerichte, in: Holoubek/Lang, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit erster Instanz (2013), 127;

Holoubek, Der Beschwerdegegenstand vor dem Verwaltungsgericht erster Instanz, in: Holoubek/Lang, Die Schaffung der Verwaltungsgerichtsbarkeit erster Instanz (2008), 213;

Janko/Leeb, Verwaltungsgerichtsbarkeit erster Instanz, Entstehung und verfassungsrechtliche Grundlagen (2013);

Kneihs/Urtz, Verwaltungsgerichtliche Verfahren, Rechtslage ab 1. Januar 2014, Kurzlehrbuch (2013);

Reisner/Lehner, Die Begutachtungsentwürfe 2011, RPA 2011, 245

Wiederin, Das Bundesverwaltungsgericht: Zuständigkeiten und Aufgabenbesorgung, in: Holoubek/Lang, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit erster Instanz (2013), 29.


 

Philipp Götzl

Rechtsanwalt/Partner, Götzl Thiele Eurolawyer® Rechtsanwälte

Imbergstraße 19, 5020 Salzburg, AT

philipp.goetzl@vergabekanzlei.at; www.vergabekanzlei.at

 


  1. 1 Vgl. Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012, BGBl I 2012/51; Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz BGBl I 2013/33 i.d.F. BGBl I 2013/122; Verwaltungsgerichtsbarkeits-Überleitungsgesetz BGBl I 2013/33 idF BGBl I 2013/122; zur Vertiefung: Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte, Praxiskommentar zum VwGVG, VwGG und VwGbk-ÜG (2013) Faber, Verwaltungsgerichtsbarkeit, Kommentar (2013); Fister/Fuchs/Sachs, Das neue Verwaltungsgerichtsverfahren, VwGVG, VwGbk-ÜG und BVwGG, Taschenkommentar (2013);Hauer, Die Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte, in: Janko/Leeb, Verwaltungsgerichtsbarkeit erster Instanz, Entstehung und verfassungsrechtliche Grundlagen (2013), 27; Kneihs/Urtz, Verwaltungsgerichtliche Verfahren, Rechtslage ab 1. Januar 2014, Kurzlehrbuch (2013); Wiederin, Das Bundesverwaltungsgericht: Zuständigkeiten und Aufgabenbesorgung, in: Holoubek/Lang, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit erster Instanz (2013), 29.
  2. 2 Hauer, in: Janko/Leeb, Verwaltungsgerichtsbarkeit erster Instanz, 28; Wiederin, in: Holoubek/Lang, Verwaltungsgerichtsbarkeit, 33.
  3. 3 AA Hauer, in: Janko/Leeb, Verwaltungsgerichtsbarkeit erster Instanz, 28; im Ergebnis zustimmend Holoubek, in: Holoubek/Lang, Verwaltungsgerichtsbarkeit, 141 f, der auf die Durchbrechung des Typenzwangs durch Art. 130 Abs. 2 B-VG hinweist.
  4. 4 Kneihs/Urtz, Verwaltungsgerichtliche Verfahren Rz 82; Faber, Verwaltungsgerichtsbarkeit Rz 5 zu Art. 132 B-VG.
  5. 5 Vgl EB Verw-Nov 2012; Hauer in Janko/Leeb, Verwaltungsgerichtsbarkeit, 37.
  6. 6 Vgl. Art. 133 Abs. 4 B-VG u § 25 a Abs. 1 VwGG;Faber, Verwaltungsgerichtbarkeit Rz 4 zu Art. 133 B-VG).
  7. 7 Beschluss d. Committee of Permanent Representatives (COREPER) vom 17. Juli 2013.
  8. 8 Reisner/Lehner, Die Begutachtungsentwürfe 2011, RPA 2011, 245.
  9. 9 EuGH 20. September 1988, RsC-31/87, Beentjes; 17. September 2002, Rs C-513/99, Concordia/Stadt Helsinki; 24. November 2005, Rs C-331/04, ATI EAC ua.
  10. 10 EuGH 07. November 2000, Rs C-324/98, Telaustria; 27. Januar 2005, Rs C-231/03 Coname; 13. Oktober 2005 Rs C-458/03, Parking Brixen; Heid/Schiefer, Handbuch Vergaberecht3, Rz 325, mwN.
  11. 11 Götzl, Aspekte zu den Konkretisierungserfordernissen einer Ausschreibung, RPA 2006/1, 10.
  12. 12 BVA 25. September 2004, 15N-69/04-21; BVA 28.10.1997, N-21/97-17.
  13. 13 B-VKK 10. September 1997, S-71/97-11.
  14. 14 BVA 13. April 2004, 15N-06/04-29.
  15. 15 EuGH 12. Dezember 2002, RsC-470/99, Universale-Bau.
  16. 16 BVA 13. April 2004, 15N-06/04-29.
  17. 17 EuGH 18. November 1999, RsC-275/98, Unitron Scandinavia; 18. Oktober 2001, Rs C-19/00, SIAC Construction; 18. Juni 2002, Rs C-92/00, HI/Stadt Wien.
  18. 18 EuGH 7. Dezember 2000, RsC- 324/98, Telaustria.
  19. 19 EuGH 24. Januar 1995, Rs C- 359/93, Kommission/Niederlande; 21. Juli 2005, Rs C- 231/03; Coname.
  20. 20 EuGH 12. Dezember 2002, RsC-470/99, Universale-Bau.
  21. 21 VwGH 15. September 2004, 2004/04/0032.
  22. 22 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz BGBl I 2013/33 idF BGBl I 2013/122.
  23. 23 Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte, K 1 zu § 21.
  24. 24 VwGH 25. November 2004, 2004/03/0107; VwGH 24. September 1997, 97/03/0096.
  25. 25 Vgl. Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte, K 4 zu § 21 VwGVG.
  26. 26 Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte, K 10 zu § 22: