Jusletter IT

Die IT-Schulungszentren

  • Author: Klaus Mayerhofer
  • Category: Articles
  • Region: Austria
  • Field of law: E-Justice
  • Citation: Klaus Mayerhofer, Die IT-Schulungszentren, in: Jusletter IT 19 November 2015
Die österreichische Justiz nimmt international eine führende Rolle im Einsatz von Anwendungen im Bereich der Informations- und Kommunikationstechnik ein. Die IT-Schulungszentren sollen allen MitarbeiterInnen die für die Erfüllung Ihrer Aufgaben erforderlichen Kenntnisse in den Anwendungen vermitteln.

Inhaltsverzeichnis

  • 1. IT-Organisation bei den Oberlandesgerichten
  • 2. Aufbau der IT-Schulungszentren
  • 3. Geschichte der IT-Schulungszentren
  • 4. Aufgaben der IT-Schulungszentren
  • 4.1. Aus- und Fortbildung im IT-Bereich
  • 4.2. Aus- und Fortbildungsstatistik
  • 4.3. Serviceleistung
  • 4.4. VJ-Helpline
  • 4.5. Weiterentwicklung der IT-Applikationen
  • 4.6. Verwaltung von Berechtigungen
  • 5. Personaleinsatz
  • 6. Tagungen der IT-Schulungszentren
  • 7. Schlussfolgerungen

1.

IT-Organisation bei den Oberlandesgerichten ^

[1]

Sämtliche Agenden im Bereich der Informations- und Kommunikationstechnik (IKT) werden bei den Gerichten und Staatsanwaltschaften von den IT-Schulungszentren, den IT-Administrationen und den IT-Leitbedienern ausgeübt. Für den Sprengel der Oberlandesgerichte und den Sprengel der Oberstaatsanwaltschaften werden Aufgaben im Bereich der IT-Infrastruktur (Ausstattung, Netzwerk) von den IT-Administrationen, die Aus- und Fortbildung von den IT-Schulungszentren wahrgenommen. Die Betreuung der Infrastruktur bei den Dienststellen vor Ort obliegt den IT-LeitbedienerInnen.1

[2]

Schwieriger ist die Abgrenzung der Zuständigkeit von IT-Administration und IT-Schulungszentrum bei der Unterstützung der AnwenderInnen (User-Support). Fragen und Aufgaben, die der Infrastruktur zuzuordnen sind, werden primär von den IT-Administrationen wahrgenommen. Die Betreuung der AnwenderInnen in den IKT-Anwendungen der Justiz obliegt den IT-Schulungszentren. Bei nicht eindeutig zuordenbaren Fragestellungen wird oftmals die Zusammenarbeit beider Einheiten erforderlich.

2.

Aufbau der IT-Schulungszentren ^

[3]

Gemäß dem Justizschulstatut 1998, JMZ 41850/3/III1/98 (nunmehr Statut über die Justizbildungszentren, JMZ 41850/2/Pr6/04) und IT-Schulungserlass vom 12. Oktober 1998, JMZ 6128/172-Pr 5198, geändert am 23. Dezember 2005 durch BMJ-Pr6128/0009-Pr 5/2005 sind die IT-Schulungszentren von den PräsidentInnen der Oberlandesgerichte einzurichten.

[4]

Die IT-Schulungszentren sind keine eigenständigen Dienststellen, sondern üben die in den genannten Erlässen übertragenen Aufgaben für den/die Präsidenten/in des jeweiligen Oberlandesgerichtes aus. Die PräsidentInnen haben mit der Leitung eine/n Bedienstete/n des Gehobenen Dienstes zu bestellen, der/die über praktische Erfahrungen als Vortragende/r im Bereich der Aus- und Fortbildung sowie über besondere Kenntnisse auf dem Gebiet der Informationstechnik verfügt.

[5]

Zur Abhaltung und Leitung der einzelnen Aus- und Fortbildungsveranstaltungen sind für die jeweiligen IT-Anwendungen Personen als Vortragende einzusetzen, die über die nötigen Kenntnisse und Fertigkeiten verfügen. Vortragende sind von den PräsidentInnen der Oberlandesgerichte über Vorschlag der LeiterInnen der IT-Schulungszentren zu bestellen, wobei nach Möglichkeit besonderes Augenmerk darauf zu legen ist, dass Vortragende den zu unterrichtenden Gegenstand in der Praxis auch ausüben.

[6]

Die PräsidentInnen der Oberlandesgerichte haben nach den vorstehend genannten erlassmäßigen Grundlagen für die Unterstützung der IT-Schulungszentren zu sorgen und diesen für die Abhaltung der Workshops geeignete Räumlichkeiten sowie infrastrukturelle Einrichtungen zuzuweisen. Wenn dies aus funktionellen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten geboten ist, können mit Zustimmung des Bundesministeriums für Justiz Schulungsräumlichkeiten zusätzlich zum Sitz des IT-Schulungszentrums im Oberlandesgerichtssprengel als IT-Schulungsstelle eingerichtet werden.

[7]

Neben den vier IT-Schulungszentren

  • ITSchulungszentrum des OLG Wien im Justizzentrum Wien Mitte
  • IT-Schulungszentrum des OLG Graz beim OLG Graz
  • IT-Schulungszentrum des OLG Linz beim OLG Linz
  • IT-Schulungszentrum des OLG Innsbruck beim OLG Innsbruck

sind derzeit nachfolgende IT-Schulungsstellen eingerichtet:

  • IT-Schulungsstelle beim Justizbildungszentrum Schwechat
  • IT-Schulungsstelle beim BG Graz Ost
  • IT-Schulungsstelle beim LG Leoben
  • IT-Schulungsstelle beim LG Klagenfurt
  • IT-Schulungsstelle beim LG Salzburg
  • IT-Schulungsstelle beim Justizbildungszentrum Kitzbühel
  • IT-Schulungsstelle beim Landesgericht Feldkirch

3.

Geschichte der IT-Schulungszentren ^

[8]
Die Geschichte der IT-Schulungszentren ist eng mit den Entwicklungen des Einsatzes von Informationstechnologie in der österreichischen Justiz verbunden.
[9]
Im Zuge der Umstellung der händisch geführten Grundbücher auf die elektronische Grundbuchsdatenbank waren von 1980 bis 1992 noch vorwiegend eigene Teams bestehend aus RechtspflegerInnen und DatatypistInnen2 bei Gerichten vor Ort im Einsatz. Der Ursprung der heutigen IT-Schulungszentren ist in der Umstellung auf das automationsunterstützte Mahnverfahren ab dem Jahre 1986 zu finden. Zur Einschulung der mit Mahnsachen betrauten Kanzleibediensteten wurden bei jedem Oberlandesgericht Schulungsteams gebildet, die damals noch als «Instruktoren für das Mahnverfahren» bezeichnet wurden. Zur Einschulung der AnwenderInnen wurden erstmalig ADV3Schulungsräume eingerichtet. Die flächendeckende Umstellung auf das automationsunterstützte Mahnverfahren ausgehend vom Bezirksgericht Innere Stadt Wien dauerte bis in das Jahr 1992.
[10]
Die automationsunterstützte Abwicklung von Verfahren war die «Geburtsstunde» der Verfahrensautomation Justiz (VJ).4 Die Entwicklung der VJ schritt in den Folgejahren rasant voran. Mit der Umstellung weiterer Verfahrensarten hatte die Bezeichnung «Instruktoren für das Mahnverfahren» ausgedient und wurde durch «ADVSchulungszentrum» ersetzt. Zudem wurde im Jahre 1990 der elektronische Rechtsverkehr (ERV)5 eingeführt. Den TeilnehmerInnen am ERV war es ab diesem Zeitpunkt möglich, Mahnklagen bei Gericht auf elektronischem Wege einzubringen. Bis 1996 konnten nicht zuletzt durch den Einsatz der für die ADVSchulungszentren tätigen Vortragenden sämtliche Verfahren bei den Bezirks- und Landesgerichten, den Staatsanwaltschaften sowie die Rechtsmittelverfahren in Zivilsachen in der VJ umgestellt werden. Davon ausgenommen waren nur die Strafverfahren bei den Landesgerichten.
[11]
Parallel zu den Entwicklungen in der VJ wurden in den Jahren 1990 bis 1994 die damaligen auf Papier geführten Handelsregister auf eine zentrale Firmenbuchdatenbank umgestellt.
[12]
Mit den steigenden Anforderungen hat das Bundesministerium für Justiz mit dem IT-Schulungserlass vom 12. Oktober 1998, JMZ 6128/172Pr 5198, erstmalig strukturelle Vorgaben über die Organisation und die Aufgaben der IT-Schulungszentren6 getroffen.
[13]
Aufgrund der fortschreitenden Entwicklungen war die damals noch bildschirmmaskenorientierte Technologie der VJ, bekannt unter dem Begriff «3270Emulation»,7 in die Jahre gekommen. Um mit den allgemeinen technischen Standards Schritt zu halten, wurde diese Anwendung von 1997 bis 2002 im Rahmen des Projektes «Redesign» auf Basis der Programmiersprache Java mit modernen Standards wie beispielsweise einer graphischen Oberfläche komplett erneuert. Standen die Jahre 1997 bis 1999 primär im Zeichen der Entwicklung, so erforderte die schrittweise Umstellung der in der VJ geführten Verfahren von 2000 bis einschließlich 2002 die bislang intensivste Phase der Schulung einer Justizanwendung.
[14]

Es würde den Rahmen sprengen, den Umfang der Entwicklungen in den Folgejahren näher zu beschreiben. Die VJ wurde jedes Jahr mehrfach mit sogenannten Releases8 um neue Verfahren und zahlreiche Funktionalitäten erweitert. In den Jahren 2005 und 2006 erfolgte die Erneuerung der Firmenbuchanwendung. Von 2008 bis 2012 wurde das Grundbuch in zwei großen Umstellungsphasen gänzlich erneuert. Zudem wurde der ERV von 2007 bis 2009 auf eine neue Webtechnologie9 umgestellt und steht heute neben der VJ auch im Grund- und Firmenbuch zur Verfügung. Parallel zu den Entwicklungen in der VJ, dem Grund- und dem Firmenbuch wurde eine Vielzahl neuer IKT-Anwendungen eingeführt, die die IT-Landschaft in der Justiz innerhalb weniger Jahre maßgeblich verändert haben. Ungeachtet des Stellenwerts jeder einzelnen Justizanwendung seien nachfolgend jene aufgelistet, die gegenwärtig im Hinblick auf den Zeit- und Verwaltungsaufwand im Mittelpunkt der Tätigkeiten der IT-Schulungszentren stehen.

  • VJ
  • Grundbuch
  • Firmenbuch
  • ERV
  • Statistikdatenbank und DWH10
  • Ediktsdatei11
  • EliAS12
  • e-Learning
  • Intranet/Internet
  • Benutzer- und Rechteverwaltung
  • Spracherkennung
  • Textverarbeitung OpenOffice.org Writer mit Justizerweiterungen13
[15]
Jede Umstellung oder Einführung einer qualitativ noch so hochwertigen Anwendung geht in der Regel mit Anfangsschwierigkeiten einher, die für die MitarbeiterInnen der IT-Schulungszentren und die Vortragenden eine besondere Herausforderung bei der Schulung und Betreuung der AnwenderInnen darstellt.
[16]
Mit der Neuauflage des IT-Schulungserlasses vom 23. Dezember 2005, BMJPr6128/0009Pr 5/2005, hat das Bundesministerium für Justiz die Aufgaben der IT-Schulungszentren an die veränderten Anforderungen in der IKT angepasst.

4.

Aufgaben der IT-Schulungszentren ^

[17]

Die zentrale Aufgabe der IT-Schulungszentren bei den Oberlandesgerichten ist die Qualitätssicherung durch Aus- und Fortbildung aller JustizmitarbeiterInnen in den IKT-Anwendungen der Justiz.

[18]
Darüber hinaus sind den IT-Schulungszentren zahlreiche Aufgaben sowie Serviceleistungen bei den Gerichten und Staatsanwaltschaften im Zusammenhang mit den IKT-Anwendungen im Dienstbetrieb übertragen.
[19]

Mit dem IT-Schulungserlass vom 12. Oktober 1998, JMZ 6128/172-Pr 5198, geändert am 23. Dezember 2005 durch BMJ-Pr6128/0009-Pr 5/2005, wurden Regeln getroffen, die eine bundesweit einheitliche Aus- und Fortbildung garantieren sowie die Aufgaben der IT-Schulungszentren festlegen.

4.1.

Aus- und Fortbildung im IT-Bereich ^

[20]

In Form von Workshops sollen allen MitarbeiterInnen die für die Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlichen Kenntnisse in den IKT-Anwendungen vermittelt werden. Punkt 2. des IT-Schulungserlasses idgF sieht die regelmäßige Durchführung nachfolgender Workshops vor:

  • IT-Grundschulungen im Rahmen der Ausbildungsverordnung BGBl II Nr 124/2005; geändert durch BGBl II Nr 374/2012
    Durch die stetig wachsenden Anforderungen für Kanzleibedienstete im IT-Bereich, allen voran in der VJ, wurde mit dieser Verordnung im Jahr 2005 erstmalig die Schulung der IKT-Anwendungen in die Grundausbildung integriert. In der Grundausbildung für den Kanzleidienst sind (von insgesamt 120 Stunden Lehrstoff) 56 Stunden, im Kanzleifachdienst (von insgesamt 248 Stunden) 48 Stunden ausschließlich der Informations- und Kommunikationstechnik gewidmet.
  • IT-Spartenworkshops für MitarbeiterInnen, die im Kanzleidienst tätig sind
    Für MitarbeiterInnen, die im Kanzleidienst tätig sind und deren Teilnahme an einem Kanzleifachdienstkurs in einem absehbaren Zeitraum nicht vorgesehen ist, sollen auf ihren Tätigkeitsbereich abgestimmte IT-Workshops abgehalten werden.
  • IT-Fortbildungsworkshops bei Änderungen oder Ergänzungen der IT-Anwendungen, soweit diese Änderungen oder Ergänzungen einen eigenen Workshop erfordern.
    Durch die laufende Einführung neuer Anwendungen und die erforderliche Anpassung an aktuelle rechtliche und technische Standards nehmen diese Workshops einen maßgeblichen Anteil im gesamten IT-Schulungsbetrieb ein. Derartige Fortbildungsveranstaltungen erfordern hohe Flexibilität im Rahmen der Organisation, weil eine Planung über einen längerfristigen Zeitraum oft nicht möglich ist, die Schulung im Regelfall aber zeitgleich mit der Auslieferung einer Anwendung zu erfolgen hat. Die Schulung neuer IKT-Anwendungen stellt meist auch für KurslehrerInnen aufgrund noch fehlender Erfahrungen im Einsatz in der Praxis eine besondere Herausforderung dar.
  • IT-Auffrischungsworkshops, insbesondere aufgrund von Neuerungen bei den in der Justiz verwendeten IT-Applikationen und aufgrund längerer Dienstabwesenheit von MitarbeiterInnen
    Diese Workshops sollen sicherstellen, dass alle MitarbeiterInnen mit dem jeweils aktuellen Stand der IKT-Anwendungen, soweit dies für ihr Aufgabengebiet erforderlich ist, vertraut sind. Die Teilnahme an einem IT-Auffrischungsworkshop ist für alle MitarbeiterInnen in den Kanzleien zumindest alle drei Jahre vorgesehen. Darüber hinaus haben MitarbeiterInnen in den Kanzleien einen IT-Auffrischungsworkshop bei Rückkehr nach einer längeren (zumindest einjährigen) Dienstabwesenheit oder bei Neuerungen in den IKT-Anwendungen zu besuchen, soweit sie an keinem IT-Fortbildungsworkshop teilgenommen haben.
  • IT-Spezialworkshops, deren Schwerpunkte an den Tätigkeitsbereich der TeilnehmerInnen angepasst sind
    Primäres Ziel der IT-Spezialworkshops ist die Vermittlung der für den jeweiligen Aufgabenbereich erforderlichen Kenntnisse. Demnach ergeben sich abhängig von der Verwendung auch unterschiedliche Anforderungen. Die IT-Spezialworkshops ermöglichen daher in der Fortbildung im IT-Bereich ein Eingehen auf die spezifische Zielgruppe und die jeweils aktuellen Anforderungen und Entwicklungen. Auf die unterschiedlichen IT-Fortbildungsworkshops soll hier nur beispielhaft eingegangen werden; so werden regelmäßig Workshops für RichterInnen, Staatsanwälte/innen, RichteramtsanwärterInnen, DiplomrechtspflegerInnen, Verwaltungsassistenten/innen und Verwaltungspraktikanten/innen veranstaltet.
[21]
Waren in den Anfängen Schulungen vorwiegend auf die Aufgaben im Kanzleibereich ausgerichtet, so ist heute sichergestellt, dass jede/r in den Justizdienst eintretende Bedienstete/r an einem für seinen/ihren Tätigkeitsbereich ausgelegten Grundausbildungskurs oder Workshop teilnimmt und auch später jederzeit die Möglichkeit vorfindet, die Kenntnisse im Rahmen einer Fortbildungsveranstaltung zu vertiefen.

4.2.

Aus- und Fortbildungsstatistik ^

[22]
Die Leiter der IT-Schulungszentren haben dem/r Präsidenten/in des Oberlandesgerichtes jährlich über die Aus- und Fortbildung sowie über die Führung der Verwaltungsaufgaben zu berichten. Diese Berichte sind vom/von der Präsidenten/in des jeweiligen Oberlandesgerichtes dem/der Bundesminister/in für Justiz vorzulegen.
[23]
Die nachfolgenden Zahlen über die im Jahr 2012 in den IT-Schulungszentren durchgeführten Veranstaltungen sollen einen Überblick über die Leistungen in der Aus- und Fortbildung verschaffen.
2012 Graz Innsbruck Linz Wien bundesweit
Anzahl der Veranstaltungen 91 87 107 114 399
[24]
Bedingt durch die erheblich unterschiedliche Dauer einer Veranstaltung von einem halben Tag bis zu vier Wochen sind jedoch Vergleiche in Bezug auf TeilnehmerInnen aussagekräftiger als in Bezug auf die Anzahl der Veranstaltungen. Die nachfolgende Grafik für den Bereich jedes IT-Schulungszentrums dokumentiert einerseits die Anzahl der TeilnehmerInnen insgesamt sowie die Kurstage, die sich daraus in Zusammenhang mit der Dauer eines Workshops in Tagen errechnen.

4.3.

Serviceleistung ^

[25]
Die IT-Schulungszentren haben die Gerichte und Staatsanwaltschaften bei Neuerungen oder Änderungen in den Anwendungen sowie deren Integration in den Dienstbetrieb durch Hilfestellungen aller Art zu unterstützen. In der Praxis erfolgen Hilfestellungen am häufigsten entweder telefonisch oder schriftlich via Email, ist die Unterstützung aber unmittelbar in der Anwendung erforderlich, kann mit einer Remote-Software14 der Computer eines/r Anwenders/in an einem entfernten Standort auch gesteuert werden. Bei Vorliegen außergewöhnlicher Umstände kann auch eine Unterstützung vor Ort erfolgen. Darüber hinaus haben die MitarbeiterInnen der IT-Schulungszentren bei Schwierigkeiten im Echtbetrieb Hilfestellung zu leisten. Probleme, die nicht im eigenen Bereich gelöst werden können oder von allgemeinem Interesse sind, sind dem Bundesministerium für Justiz zu berichten.

4.4.

VJ-Helpline ^

[26]

Das Bundesministerium für Justiz hat mit Erlass vom 6. Dezember 2001, JMZ 5800/33-Pr5/01, die VJ-Helpline eingeführt. Diese ist ein bei jedem IT-Schulungszentrum eingerichteter Helpdesk, der erste Ansprechstelle bei Fragen und Problemen mit IKT-Anwendungen ist. Die IT-Schulungszentren haben für die Betreuung und Unterstützung der VJHelpline Sorge zu tragen. Die VJ-Helpline nimmt für die AnwenderInnen in der Praxis eine unverzichtbare Stellung ein. Da der VJ-Helpline in dieser Festschrift ohnedies ein eigener Beitrag gewidmet ist, wird ihre bedeutende Aufgabe bei den IT-Schulungszentren hier nicht näher erläutert.

4.5.

Weiterentwicklung der IT-Applikationen ^

[27]

Im Bereich der Aus- und Fortbildung, der Serviceleistung bei den Gerichten und Staatsanwaltschaften und der Anfragen bei der VJ-Helpline bilden die IT-Schulungszentren eine Schnittstelle zwischen dem/der Anwender/in und dem Bundesministerium für Justiz bzw der Entwicklung im Bundesrechenzentrum. Daraus resultiert eine zentrale Stellung der IT-Schulungszentren bei der Weiterentwicklung von IKT-Anwendungen, indem einerseits Verbesserungsvorschläge transportiert werden und andererseits durch die besonderen Kenntnisse in den IKT-Anwendungen Fachwissen bei der Analyse zur Entwicklung oder Erweiterung von Anwendungen eingebracht wird.

4.6.

Verwaltung von Berechtigungen ^

[28]

Im IT-Schulungserlass vom 23. Dezember 2005, BMJ-Pr6128/0009-Pr 5/2005, wurde den Leitern der IT-Schulungszentren die Vergabe und Wartung der Bedienerkennzeichen und Berechtigungen für die Verfahrensautomation Justiz übertragen und die Befugnis erteilt, diese Funktion zu delegieren: «Die Leiter der IT-Schulungszentren haben für den jeweiligen OLG- bzw. OStA-Sprengel im Sinne des VJ-Online-Handbuchs (§ 80 Abs 3 GOG) Teil «Verfahrensautomation Justiz (VJ)» die Bedienerkennzeichen und Berechtigungen für die VJ zu vergeben und zu warten. Bei Bedarf kann diese Befugnis an Kurslehrer und Mitarbeiter der VJ-Helpline übertragen werden, wenn diese über die dafür nötigen Kenntnisse und Fertigkeiten verfügen. Beendet einer der befugten Bediensteten diese Funktion, so hat der Leiter des IT-Schulungszentrums die Berechtigung zu sistieren.» Diese Aufgabe, die sich im Erlass ausschließlich auf die Benutzerberechtigung der VJ bezieht, ist heute sinngemäß für nahezu sämtliche Justizanwendungen zu verstehen, die zur Qualitätssicherung und – soweit in den Anwendungen personenbezogene Daten gespeichert werden – zur Sicherung des Datenschutzes, ein Berechtigungskonzept erfordern. Die Verwaltung der unterschiedlichen Benutzerrechte erfordert in der täglichen Arbeit in den IT-Schulungszentren mittlerweile einen maßgeblichen Zeit- und Verwaltungsaufwand, der sich in Zukunft aufgrund der Einführung neuer Anwendungen noch weiter erhöhen wird.

5.

Personaleinsatz ^

[29]

Die Organisation und Durchführung der unter Punkt 4. beschriebenen Aufgaben obliegt den LeiterInnen der IT-Schulungszentren, wobei für die Aufgaben der VJHelpline bei jedem IT-Schulungszentrum eine eigene Planstelle eingerichtet wurde. Abhängig von der Anzahl der zu betreuenden Personen im Sprengel des Oberlandesgerichtes und der jeweiligen Oberstaatsanwaltschaft können zur Erfüllung der Verwaltungsaufgaben im IT-Schulungszentrum weitere MitarbeiterInnen eingesetzt werden, über die der/die jeweilige Leiter/in des IT-Schulungszentrums die unmittelbare Dienst- und Fachaufsicht ausübt. Die im Rahmen der Aus- und Fortbildung tätigen Vortragenden üben ihre Vortragstätigkeit als Nebentätigkeit aus und zählen somit nicht zum Personalstand der jeweiligen IT-Schulungszentren.

[30]

Die nachfolgenden Zahlen über den aktuellen Personalstand bei den IT-Schulungszentren in Bezug auf die Anzahl der zu betreuenden Personen sowie die im Jahr 2012 eingesetzten Vortragenden verdeutlichen, dass nur eine moderne und ökonomische Führung der IT-Schulungszentren Aufgaben in derartiger Größenordnung mit geringen Personalressourcen bewältigen kann.

  Graz Innsbruck Linz Wien bundesweit
Vollzeitkräfte15 (inkl. LeiterIn und VJ-Helpline) 2 2 1,8 4,4 10,2
Anzahl zu betreuender Personen(Sprengel OLG und OSTA zusammen)16 1.469 1.003 1.554 3.563 7.589
Vortragende 2012 13 18 26 38 95
[31]
Darüber hinaus übernimmt das IT-Schulungszentrum des OLG Wien zum Teil auch für das Bundesministerium für Justiz, den Obersten Gerichtshof und die Generalprokuratur Aufgaben, soweit diese nicht von eigenen Bediensteten wahrgenommen werden.17

6.

Tagungen der IT-Schulungszentren ^

[32]

Die Aufrechterhaltung eines hohen Standards von IKT-Anwendungen in der österreichischen Justiz erfordert einen ständigen Informationsaustausch zwischen dem Bundesministerium für Justiz, den Entwicklungsabteilungen im Bundesrechenzentrum und den IT-Schulungszentren. Eine besondere Form dieses Informationsaustausches stellen die mehrtägigen Fachtagungen der IT-Schulungszentren unter der Leitung des Jubilars dar. Im Rahmen dieser Veranstaltungen werden den Vertretern der IT-Schulungszentren neue IT-Projekte und Vorhaben des Bundesministeriums für Justiz vorgestellt und der jeweils aktuelle Stand der Entwicklungen in den IKT-Anwendungen präsentiert. In konstruktiver Zusammenarbeit werden die Wahrnehmungen der IT-Schulungszentren aus der Praxis erörtert. Gemeinsam werden Erweiterungs- und Verbesserungsvorschläge erarbeitet, die nach Maßgabe der budgetären Mittel und Priorität bei Umsetzungen Berücksichtigung finden.

[33]

Anlässlich der unter Punkt 3. erläuterten Einführung des automationsunterstützten Mahnverfahrens fand im Justizbildungszentrum Kitzbühel 1986 die erste dieser Tagungen noch unter dem Titel «Fortbildungsveranstaltung für Mahnverfahrens1nstruktoren» in der Dauer von zwei Arbeitstagen statt. Aufgrund der konstruktiven Ergebnisse machte Dr. Martin Schneider diese Veranstaltung in den Folgejahren von 1987 bis 1997 einmal jährlich zu einem fixen Bestandteil des Erfahrungsaustausches mit der Praxis. Mit der fortschreitenden automationsunterstützten Verfahrensführung wurden diese Zusammenkünfte in kürzeren Abständen erforderlich. Ab dem Jahre 1998 wurden jeweils zwei Tagungen veranstaltet. Diese fanden (im Frühjahr und im Herbst) abwechselnd im Justizbildungszentrum Kitzbühel und im Justizbildungszentrum Schwechat bzw später auch im Schulungszentrum des OLG Wien, Gebäude Landesgericht für Strafsachen Wien statt. Seit dem Jahr 2009 wurden die Tagungsorte auf die Oberlandesgerichtssprengel Graz und Linz erweitert. Die Tagung findet seither abwechselnd in jedem Oberlandesgerichtssprengel statt. Im September 2013 fand bereits die 42. Tagung der IT-Schulungszentren statt, dies erstmalig außerhalb einer Justizeinrichtung, nämlich in Steinbach am Attersee.

[34]

In der folgenden Abbildung wird das Programm der ersten Tagung im Jahr 1986 der 42. Tagung im Jahr 2013 gegenübergestellt. Waren die Themen der ersten Tagung noch vom Schwerpunkt der Umstellung auf das automationsunterstützte Mahnverfahren geprägt, so ist das Programm heute neben der VJ auf eine Vielzahl von Anwendungen ausgerichtet, die die mehr als dreißigjährige Erfolgsgeschichte «IKT-Einsatz in der österreichischen Justiz» wiederspiegelt.

Fortbildungsveranstaltung
für
Mahnverfahrensinstruktoren

7.–8. August 1986

Justizschule Kitzbühel

 

42. Tagung der IT-Schulungszentren 

«IT-Anwendungen der Justiz» 

18.–20. September 2013

Steinbach am Attersee

 

Agenda Agenda

Einleitung

Stand der Umstellung

  • Grundbuch
  • DDP
  • Mahnverfahren
  • Drittschuldneranfrage
Mahnverfahren
  • Eingabe der Geschäftsverteilung
  • Statistik
  • Datenaustausch mit ÖRAK
  • Anschriften- und Anwaltscodes (SO und RO-Codes)
Schulungsunterlagen
  • ADV-Handbuch Justiz (Neuauflage, Änderungen, Anregungen, Verteilung)
  • Handbuch Drittschuldneranfrage (Auszug aus dem ADV-Handbuch Justiz)
  • MV-News (Frequenz, Verteilung)
ADV-Drittschuldneranfrage
  • Rechtliche Grundlagen
  • Einschulung
  • Statistik
  • Einbringungsstellen

Entwurf eines Erlasses über Einschulung, Umstellung von Gerichten und Vergabe von Berechtigungen (Schulungserlass ADVM)

Erfahrungsaustausch

Katastrophenvorsorge

Netzwerkerweiterungen

Künftige Vorhaben

  • Klagszurückweisung
  • Zurückweisung des Einspruchs
  • Verständigung von der Konkurseröffnung
  • Ladungen
  • Ausdruck C-Register
  • Ausdruck Namensverzeichnis
  • Abstreichen im Register (Verbesserungsauftrag, Fehlbericht, …)
  • Zentrale Anschriftencodes
  • Datenaustausch mit Klägern
Abschluss

Justiz 3.0

Host-Migration

ERV4ALL

VJ-Handbuch und VJ Info neu

Hybrider Rückscheinbrief

ALMA (Ausfolgungsanwendung)

Elektronische integrierte Assistenz

Staatsanwaltschaft

ELSA (insb. Einsatz bei der Einbringungsstelle)

AVS (insb. Einsatz beim Bundesfinanzgericht)

Edikte et al.

DWH (insb. Datenwürfel, Prüfliste-Sprengelbericht)

MOFA (MeineOpenOfficeFormularAnwendung)

Verfahrensautomation Justiz (insb.

  • Hostmigration
  • Feedback der SZ zur neuen SV-Anfrage und zum Revisorenregister
  • VJ-Themen nach Hostmigration:
    • Neue Verfahren in der VJ (OLG und OGH)
    • IBAN-Pflicht ab 1. Februar 2014
    • Gerichtsauflösungen per 1. Januar 2014
    • Sperre von veralteten Schritten im Besonderen…)

Gemeinsames Rahmenprogramm

Grundbuch (insb. Release 1.6 und Konsolidierung)

Infrastruktur

Schulung, VJ-Helplines + Reaktionen

7.

Schlussfolgerungen ^

[35]

Jede qualitativ hochwertige IKT-Anwendung kann letztendlich ihrer zentralen Aufgabe, nämlich die personellen und wirtschaftlichen Ressourcen durch die Automatisierung der Arbeitsschritte sinnvoll und ökonomisch zu nutzen, nur dann gerecht werden, wenn auch die AnwenderInnen über die dafür erforderlichen Kenntnisse verfügen. Dem Jubilar war vom Beginn der Automatisierung von Verfahrensabläufen an klar, dass ein moderner und ökonomischer Einsatz von Anwendungen nur mit der entsprechenden Aus- und Fortbildung in der Praxis einhergehen kann. Seinem Weitblick war es aber auch zu verdanken, dass der Einsatz von IKT-Anwendungen in der Justiz neben der Aus- und Fortbildung auch von der permanenten Betreuung der Benutzer begleitet wird. Zur Erfüllung dieser Aufgabe hat das Bundesministerium für Justiz den IT-Schulungszentren für die Einrichtung der VJHelplines die erforderlichen Planstellen zur Verfügung gestellt. Die permanente Betreuung der AnwenderInnen ist zum Selbstverständnis in der Justiz geworden.

[36]

Durch den ständigen Kontakt mit den AnwenderInnen nehmen die IT-Schulungszentren im Hinblick auf Erweiterungen und Verbesserungen von Anwendungen eine unverzichtbare Stellung ein. Ungeachtet der Wichtigkeit von neuen Projekten darf daher an LStA Dr. Schneider als Leiter der Präsidialabteilung 5 des BMJ der Wunsch geäußert werden, auch weiterhin für Konsolidierung und Verbesserung von bestehenden Anwendungen nach Maßgabe der Möglichkeiten die erforderlichen budgetären und personellen Ressourcen zur Verfügung zu stellen. Als kritischer Ansatz soll daher auch erwähnt werden, dass der Erfolg einer Anwendung auch davon abhängt, ob sie auf breiter Basis ihre Zustimmung findet und dass die BenutzerInnen in die Lage versetzt werden, mit der Geschwindigkeit bei der Umsetzung neuer Anwendungen Schritt zu halten. Erfahrungen zeigen zudem, dass die rechtzeitige Einbindung der Praxis in neue Vorhaben ein wesentlicher Erfolgsgarant ist. Vor Auslieferung einer IKT-Anwendung hat sich die Einplanung einer umfangreichen Test- und Pilotphase bewährt.

[37]

Abschließend möchte ich darauf hinweisen, dass jede Einführung einer neuen IKT-Anwendung den Aufgabenbereich der IT-Schulungszentren durch zusätzlich erforderliche Schulungsmaßnahmen, den täglichen Support, Rechteverwaltung etc. erweitert und somit über längere Sicht auch personelle Aufstockungen erfordern wird.

[38]

Dr. Martin Schneider gilt Dank für die hervorragende Zusammenarbeit, dafür, dass er wie bei so vielen anderen Projekten durch die frühe Einrichtung der IT-Schulungszentren eine wichtige und richtige strategische Entscheidung getroffen hat sowie dafür, dass die IT-Schulungszentren bei ihm stets Gehör für ihre Anliegen gefunden haben.


 

Klaus Mayerhofer, Leiter des IT-Schulungszentrums des Oberlandesgerichtes Wien, Justizzentrum Wien Mitte, Marxergasse 1a, 1030 Wien, Österreich, klaus.mayerhofer@justiz.gv.at.

  1. 1 Die IT-Administrationen sind den IT-LeitbedienerInnen übergeordnet. Bestimmte Aufgaben im Bereich des Netzwerks oder beispielsweise die Zuweisung von Hard- und Software sind den IT-Administrationen vorbehalten.
  2. 2 Funktionsbezeichnung für die mit der Nacherfassung der Daten betrauten Bediensteten.
  3. 3 Automationsunterstützte Datenverarbeitung.
  4. 4 Die Verfahrensautomation Justiz ist die zentrale Anwendung der Justiz, die heute sämtliche Gerichte und Staatsanwaltschaften bei der Registerführung von mehr als 50 verschiedenen Verfahren unterstützt.
  5. 5 Der elektronische Rechtsverkehr (ERV) ist die strukturierte Kommunikation zwischen Parteien und Gerichten bzw Staatsanwaltschaften auf elektronischem Wege.
  6. 6 Im IT-Schulungserlass wurde erstmalig anstelle von «ADV-Schulungszentrum» die Bezeichnung «IT-Schulungszentrum» verwendet.
  7. 7 3270 ist die Bezeichnung für eine Serie von Terminals der Firma IBM (Quelle Wikipedia).
  8. 8 Version eines Softwarepaketes, das freigegeben wird.
  9. 9 Internettechnologie, der ERV wird daher auch als WebERV bezeichnet.
  10. 10 Ein Data-Warehouse (DWH) ist eine Datenbank, in der Daten aus unterschiedlichen Quellen in einem einheitlichen Format zusammengefasst werden (Quelle Wikipedia).
  11. 11 Beispielsweise Insolvenzdatei, Liegenschaftsversteigerungen, Edikte im Verlassenschaftsverfahren, Kundmachungen und Aufgebote.
  12. 12 Elektronische integrierte Assistenz bei den Staatsanwaltschaften (ELiAS); IKT-Anwendung für Verfahren nach unbekannten Tätern bei den Staatsanwaltschaften.
  13. 13 Zusatzfunktionen für Justizdokumente, die es beispielsweise ermöglichen, Verfahrensdaten aus der VJ in ein Textverarbeitungsdokument zu übernehmen.
  14. 14 Software zur Fernsteuerung entfernter Computer.
  15. 15 Arbeitskapazität in dieser Funktion ausgehend von einer Vollbeschäftigung.
  16. 16 Stand zum Stichtag 1. Januar 2013.
  17. 17 Da das IT-Schulungszentrum des OLG Wien hier nicht im vollen Ausmaß tätig wird, wurden diese Dienststellen bei der Anzahl der zu betreuenden Personen nicht mitberücksichtigt.