1.
Einleitung ^
3.
Praktische Erfahrungen ^
Der erste Strafhäftling wurde am 15. September 2010 in Salzburg in den eüH übernommen. Bis Ende Oktober 2010 befanden sich österreichweit bereits 25 Personen im eüH, bis 31. Dezember 2010 war die Zahl auf 73 angestiegen. Zum 1. Jahrestag waren 131 Personen im eüH angehalten, was rund 2% der laufend etwa 6.000 Strafhäftlinge entsprach. Zum 2. Jahrestag befanden sich 202 Insassinnen und Insassen in dieser Vollzugsform und seinen 3. Geburtstag feierte der eüH nach Höchstwerten bis 250 im Frühjahr 2013 mit 226 in dieser Form Angehaltenen.
Abbildung 1: Zum Stichtag 1. September 2013 waren insgesamt 226 Personen im eüH angehalten, davon 2 in Untersuchungshaft und 224 in Strafhaft (Quelle: IVV, Stichtagsstatistik).
Abbildung 2: Gegenüberstellung von Insassenstand (Gesamtzahl aller nominell in Haft oder sonstiger Anhaltung befindlichen Personen) und dem Belag (vereinfacht alle Insassen, die auch tatsächlich ein Bett in der Anstalt benötigen) bzw. dem fiktiven Belag, gäbe es den eüH nicht (Quelle: IVV, Stichtagsstatistik).
4.
Wem wurde elektronisch überwachter Hausarrest bewilligt? ^
Abbildung 3: Verhältnis der dominierenden Deliktgruppen bei im und nicht im eüH angehaltenen Personen (Quelle: IVV, Prävalenzstatistik).
5.
Regionale Unterschiede ^
Abbildung 4: Anzahl der in Strafhaft im eüH angehaltenen Personen; zum Stichtag 1. September 2013 hatten die Justizanstalten Wien-Simmering (56), Klagenfurt (33) und Graz-Jakomini (28) die größten Gruppen im elektronisch überwachten Hausarrest (Quelle: IVV, Stichtagsstatistik).
Abbildung 5: Bei den kürzeren Freiheitsstrafen erreicht der eüH zuletzt österreichweit bereits einen «Marktanteil» von bis zu 13% der in den einzelnen Strafdauerklassen verbüßten Hafttage (Quelle: IVV, Prävalenzstatistik).
Abbildung 6: Bei Freiheitsstrafen bis zu einem Jahr erreicht der eüH einen Anteil von 3 bis 25% (Quelle: IVV, Prävalenzstatistik).
Abbildung 7: Bei den Freiheitsstrafen bis zu einem Jahr verbüßenden Personen lag der Österreicheranteil im 3. Bestandsjahr des eüH insgesamt bei 59%. Die Hälfte aller Insassen in kurzen Freiheitstrafen war erstmals in Haft (Quelle: IVV, Prävalenzstatistik).
Abbildung 8: Bei den ÖsterreicherInnen in kurzen Freiheitsstrafen liegt der Anteil des eüH bei z.T. freilich kleinen absoluten Zahlen bei 8% bis 56% aller insoweit verbüßten Hafttage (Quelle: IVV, Prävalenzstatistik).
Abbildung 9: Hier beträgt der Anteil des eüH als Haftform zuletzt 16% aller von erstmals in Verbüßung kurzer Freiheitsstrafen in den betrachteten Anstalten Haft befindlichen Personen (Quelle: IVV, Prävalenzstatistik).
Abbildung 10: Bei ÖsterreicherInnen in kurzen Freiheitsstrafen ohne Vorhaften liegt der Anteil des eüH in den betrachteten Anstalten bei insgesamt 33% – freilich bei zum Teil sehr kleinen absoluten Zahlen (Quelle: IVV, Prävalenzstatistik).
Im Ergebnis hat sich diese Vollzugsform bei den betrachteten Anstalten und Freiheitstrafen bis zu einem Jahr im dritten Jahr am stärksten bei ÖsterreicherInnen ohne inländische Vorhaft durchgesetzt (33%), während EU-Bürger weitgehend unabhängig von ihrer inländischen Vorhaftenbelastung statistisch betrachtet nur 2% ihrer Hafttage auf diese Art verbüßen können. Nur bei ÖsterreicherInnen macht es übrigens einen signifikanten Unterschied, ob eine inländische Vorhaft vorliegt oder nicht (15% gegenüber 33%), bei NichtösterreicherInnen sind die Anteile mit und ohne inländische Vorhaft jeweils etwa gleich hoch (2% bzw. 6–7%):
6.
Dauer der Anhaltung ^
Der weit überwiegende Teil der im elektronisch überwachten Hausarrest angehaltenen InsassInnen hat sehr kurze Freiheitsstrafen zu verbüßen, rund 63% befinden sich in Freiheitsstrafen von nicht mehr als sechs Monaten:
Abbildung 12: Verteilung der InsassInnen des eüH auf die verschiedenen Strafdauerklassen (Quelle: IVV, Prävalenzstatistik).
7.
Vorzeitige Beendigungen ^
8.
Bilanz ^
Gerhard Nogratnig, Lt. StA Mag. Gerhard Nogratnig, LL. M. Eur., von Juni 2010 bis Oktober 2013 Leiter der Abteilung Strafvollzug im Bundesministerium für Justiz, Museumstraße 7, 1070 Wien, Österreich, gerhard.nogratnig@bmj.gv.at, http://www.justiz.gv.at.
- 1 BGBl I Nr. 64/2010.
- 2 Ausführlich Nogratnig, Gefangen in der eigenen Wohnung – Elektronisch überwachter Hausarrest (eüH), in BMJ (Hrsg.), 39. Ottensteiner Fortbildungseminar aus Strafrecht und Kriminologie, Schriftenreihe des Bundesministeriums für Justiz, Band 150 (2011), 67ff.
- 3 Mit dem Systembruch der Ermöglichung eines temporären Ausschlusses dieser Vollzugsform durch das Gericht im Wege eines Ausspruchs gemäß § 266 Strafprozessordnung (StPO).
- 4 Dazu wird der Insasse, dessen Photo aufliegt, aufgefordert, kameraüberwacht in einen in die Überwachungsstation integrierten Alkomaten zu blasen.
- 5 Etwa, wenn die während der Abwesenheit zu verrichtende Tätigkeit örtlich unbestimmt ist und/oder der Arbeitgeber nicht in den Überwachungsprozess eingebunden werden kann, nicht aber, wenn von einem erhöhten Risiko ausgegangen werden muss, bringt doch auch die GPS-Überwachung keine «Sicherheit».
- 6 Man denke nur an Gebäudeinnere oder etwa U-Bahntunnel.
- 7 Die Definition von ein- und Ausschlusszonen in diesem Zusammenhang ist jedenfalls unter dem Aspekt des Opferschutzes nur sinnvoll, wenn das potentielle Opfer und sein Aufenthaltsort bekannt sind. Wenn allerdings eine konkrete Gefahr vom Verurteilten ausgeht, wird seine Anhaltung im eüH a priori nicht in Betracht kommen.
- 8 Zu den Wirkungen des eüH auf die darin Angehaltenen vgl. die vom Institut für Rechts- und Kriminalsoziologie durchgeführte Studie «Evaluation des Elektronisch Überwachten Hausarrests 2011 (EÜH)», 95ff. (veröffentlicht unter http://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXIV/III/III_00364/imfname_272933.pdf).
- 9 So etwa Vollzugskammer Wien, 24. April 2012, 1 Vk 15/12; Linz, 15. Januar 2011, Vk 213/10; 25. Mai 2011, Vk 70/11; Vollzugskammer Innsbruck, 29. April 2011, Vk 8/11.
- 10 Siehe etwa VwGH 26. Januar 2012, Zl. 2011/01/0243; 15. März 2012, Zl. 2011/01/0226; 19. April 2012, Zl. 2011/01/0258; 11. Oktober 2012, Zl. 2012/01/0119; 29. Mai 2013, Zl. 2013/01/0266.
- 11 ZB VwGH 1. August 2012, Zl. 2012/01/0050.
- 12 Mehrfachzählungen möglich, rund 1645 verschiedene Personen.
- 13 Daten der IVV; die von der Überwachungszentrale geführte Statistik weist sowohl bei den betroffenen Personen als auch bei den Hafttagen geringfügig niedrigere Werte auf.
- 14 BGBl. I Nr. 2/2013, siehe zum Themenbereich Nogratnig, Sexualstraftäter und elektronisch überwachter Hausarrest, in: Loderbauer (Hrsg.), Kriminalität, Gesellschaft und Recht (2013), 149 ff.
- 15 Erweitert um Garsten für den Sprengel des LG Steyr und Simmering für den Sprengel des LGSt Wien an Stelle der Justizanstalt Wien-Josefstadt, wobei zu beachten ist, dass in Garsten Anhaltungen in kurzen Freiheitsstrafen nur ausnahmsweise, etwa im Rahmen des eüH erfolgen.
- 16 Zur Vermeidung von Missverständnissen ist darauf hinzuweisen, dass die Inländereigenschaft kein Kriterium für die Gewährung des eüH ist, jedoch ÖsterreicherInnen die – mit zunehmender Integration freilich in ihrer EU-Konformität zunehmend zu hinterfragenden – gesetzlichen Kriterien der Unterkunft und der Beschäftigung im Inland eher erfüllen werden.
- 17 In der IVV werden nur inländische Vorhaften (unabhängig vom Haftgrund) seit Einrichtung der IVV erfasst; daher ist das Kriterium «inländische Vorhaft» nicht identisch mit dem Kriterium «Vorstrafe», entfaltet allerdings doch eine Indizwirkung in diesem Sinne.
- 18 Bis zur Beendigung, die auch durch Abbruch erfolgt sein kann.
- 19 Wird die ursprünglich angenommene Haftzeit von längstens einem Jahr überschritten, so ist dies für sich genommen noch kein Grund, den eüH zu widerrufen, § 156 Abs. 4 i.V.m. § 145 Abs. 3 StVG.
- 20 Wobei natürlich Ursache und Wirkung nicht verwechselt werden dürfen: Bedingt entlassen werden ja gerade jene, denen man ein geringeres Rückfallrisiko beimisst, und diese mit der bedingten Entlassung zum Ausdruck kommende Erwartung erfüllt sich dann – hoffentlich – auch, ohne dass dies Folge der bedingten Entlassung wäre; vielmehr ist letztere Vorwirkung der positiven Prognose.
- 21 Für die nachstehende Auswertung danke ich Staatsanwältin Mag. Teresa Hauser.
- 22 Die Statistik der Überwachungszentrale weist 99 «Abbrüche» aus, wovon sich allerdings bei näherer Betrachtung zumindest zwei Sachverhalte als irrtümlich hier erfasst erweisen.