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Sachverständige und E-Justice

  • Author: Alexander Schmidt
  • Category: Articles
  • Region: Austria
  • Field of law: E-Justice
  • Citation: Alexander Schmidt, Sachverständige und E-Justice, in: Jusletter IT 19 November 2015
Justiz und Sachverständige haben im Lauf der Jahre im IT-Bereich beeindruckende Projekte umgesetzt, die der österreichischen Justiz und den Gerichtssachverständigen eine weit über die nationalen Grenzen hinausgehende Anerkennung sichern.

Inhaltsverzeichnis

  • 1. Einleitung
  • 1.1. Sachverständige und Justiz
  • 1.2. Sachverständige und EDV (IKT)
  • 2. Projekte
  • 2.1. Liegenschaftsbewertung
  • 2.2. Elektronische Sachverständigen- und Dolmetscherliste
  • 2.3. Chipkarte
  • 2.4. Dokumenteneinbringungsservice
  • 2.5. Elektronische Akteneinsicht
  • 2.6. Big Brother?
  • 3. Martin Schneider

1.

Einleitung ^

[1]
In Österreich gibt es derzeit 9.210 allgemein beeidete und gerichtlich zertifizierte Sachverständige, die nach den Bestimmungen des Sachverständigen- und Dolmetschergesetzes (SDG) in die elektronische Liste der allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen und Dolmetscher («SDG-Liste») eingetragen sind.1 7.625 (etwa 83%) sind auf freiwilliger Basis ordentliche Mitglieder eines Landesverbandes des Hauptverbandes der allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen Österreichs (Hauptverband der Gerichtssachverständigen), der als Dachverband nach seinen Statuten die Interessen der für die Gerichte tätigen Sachverständigen österreichweit wahrnimmt.2
[2]
Aus meiner Tätigkeit als Rechtskonsulent und Syndikus des Verbandes ergeben sich naturgemäß viele Berührungspunkte zur Justiz. Die gemeinsamen Aktivitäten im IT-Bereich sollen hier skizziert werden.

1.1.

Sachverständige und Justiz ^

[3]
Das Verhältnis zwischen der österreichischen Justiz und den für sie tätigen Sachverständigen ist in Europa ohne Beispiel.3 Viele Länder beneiden die österreichischen Gerichtssachverständigen um ihre hervorragende Stellung im Gefüge der Rechtspflege. Das «Geheimnis» dieses Erfolges hat zwei Wurzeln: Optimale Organisation und hervorragende Zusammenarbeit. Der Hauptverband der allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen Österreichs (Hauptverband der Gerichtssachverständigen) und seine vier Landesverbände sind der föderativen Struktur der Justiz nachgebildet. Die Verbände haben sich über all die Jahre als Partner der Justiz verstanden, was zu einer intensiv gelebten Zusammenarbeit geführt hat, die eine weitere wesentliche Voraussetzung der bisher erzielten Erfolge ist.4 Auf die Früchte dieser Zusammenarbeit im IT-Bereich ist hier näher einzugehen.

1.2.

Sachverständige und EDV (IKT) ^

[4]
Die österreichischen Gerichtssachverständigen stehen der Nutzung neuer Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) aufgeschlossen gegenüber. Allerdings ist dabei zu beachten, dass «die Sachverständigen» eine äußerst heterogene Gruppe sind: Die Bandbreite ihrer Wirkungsbereiche erstreckt sich über das gesamte geistes- und naturwissenschaftliche Spektrum menschlichen Wissens, ihr Zugang zur Sache reicht von soliden handwerklichen Erfahrungen bis zur Spitze wissenschaftlicher Forschung und deren praktischer Anwendung. Auch die Bindung an die Justiz ist verschieden stark ausgeprägt: Es gibt nicht wenige Sachverständige, die nur ganz selten Gerichtsgutachten erstatten, daneben gibt es Expertinnen und Experten, die stets zahlreiche Gerichtsaufträge gleichzeitig bearbeiten. Da verwundert es nicht, dass auch die Einstellung zur Anwendung neuer Techniken der Informationsverarbeitung mitunter ganz verschieden ausgeprägt ist. Es ist das Bestreben des Verbandes, auf diese Verschiedenartigkeit der Arbeitsbedingungen seiner Mitglieder Rücksicht zu nehmen und einerseits neue Technologien zu fördern, dabei aber auch jene nicht zu überfordern, die für diese Technologien wenig oder gar keine Verwendung haben. Hohen Stellenwert nimmt daher das Kriterium der Freiwilligkeit ein, das auf dem Grundgedanken aufbaut, dass sich sinnvolle Technologien in der konkreten Marktsituation, in der sich nun einmal auch Gerichtssachverständige befinden, auch durchsetzen werden. Wo den Anliegen der Gerichtssachverständigen in ihrer Gesamtheit oder auch der Justiz als Partnerin der Sachverständigen ein klarer Nutzen erwächst, fördert auch der Hauptverband der Gerichtssachverständigen immer wieder neue Projekte.

2.

Projekte ^

2.1.

Liegenschaftsbewertung ^

[5]
Bereits seit 1. Jänner 2002 gibt es in einem wesentlichen Teilbereich der Sachverständigentätigkeit, nämlich bei der Liegenschaftsbewertung im Zwangsversteigerungsverfahren eine eigene Form der elektronischen Kommunikation: Nach § 141 Abs. 4 Exekutionsordnung (EO) hat der Sachverständige dem Gericht das Gutachten sowie eine Kurzfassung davon auch in elektronischer Form zur Verfügung zu stellen.5 Technisch wird dies über einen Einstieg auf einer eigenen Sachverständigenseite im Internet6 unter Verwendung eines Zertifikats abgewickelt. Die Sachverständigen sehen danach die ihnen zugeordneten Verfahren und können ihre Daten hochladen. Der Mehrwert für die Justiz besteht darin, dass die von den Sachverständigen gelieferten Daten Teil des im Internet veröffentlichten Versteigerungsediktes7 werden, sodass eine sehr komfortable Abfragemöglichkeit für Interessenten eröffnet wird, die den Gerichten eine Menge früher immer wieder angeforderter Auskünfte erspart und die die Effizienz der Verkaufsverfahren durch gesteigerte Publizität bedeutend erhöht hat.
[6]
Leider ist nach 12 Jahren (!) die Problematik der Honorierung des den Sachverständigen mit dieser Verfahrensgestaltung verbundenen Mehraufwandes noch immer ungelöst. Es ist ein berechtigtes Anliegen aller mit der Liegenschaftsbewertung befassten Sachverständigen, dass die mit der Umsetzung der EO-Novelle verbundenen zusätzlichen Erfordernisse (Geräte, Mühewaltung, Hilfskräfte usw.) auch entsprechend honoriert werden, was bisher leider nicht geschehen ist.

2.2.

Elektronische Sachverständigen- und Dolmetscherliste ^

[7]

Eine der bahnbrechenden Neuerungen der letzten Zeit war zweifellos die Umstellung der Sachverständigen- und Dolmetscherlisten auf ADV. Die immer wieder von Sachverständigen, aber auch von Richtern, Anwälten und beteiligten Verkehrskreisen erhobene Forderung nach Einrichtung einer entsprechenden Datenbank, deren Nutzen für die Justiz, die Sachverständigen und all jene, die deren Leistungen nachfragen, unbestritten ist, führte im Rahmen der 1998 erfolgten Novelle des SDG zur Einführung entsprechender Bestimmungen für ADV-Sachverständigen- und Dolmetscherlisten, die sich an die Konzeption des Firmenbuchs anlehnten und dem entsprechend auch eine Kostenpflicht für die Abfrage vorsahen (§§ 14a–e SDG i.d.F. BGBI I 1998/168). Bedauerlicher Weise sah die Übergangsbestimmung des § 16b SDG keine Umsetzungsfrist vor; in der Folge wurde von der dort vorgesehenen Möglichkeit der Umstellung auf ADV auch kein Gebrauch gemacht.

[8]
Schließlich wurde am 1. Januar 2004 eine elektronische Sachverständigen- und Dolmetscherliste eingerichtet, die österreichweit in Form einer Datenbank geführt wird. Darin werden folgende Daten obligatorisch eingetragen (§ 3a Abs. 2 SDG):
  • Vor- und Familienname
  • Geburtsjahr
  • Beruf
  • Zustellanschrift
  • Telefonnummer
  • Fachgruppe und Fachgebiet samt allfälligen Beschränkungen
  • Zertifizierungsdauer
[9]
Fakultativ sind noch folgende Eintragungen möglich (§ 3a Abs. 3 SDG):
  • Spezialisierung innerhalb des Fachgebiets
  • zweite Zustellanschrift
  • weitere Telefon- und Faxnummern
  • E-Mail-Adressen
  • Angaben, die die Erreichbarkeit erleichtern
  • Einschränkung des örtlichen Wirkungsbereichs
[10]
Änderungen der Zustellanschrift, Telefonnummer und fakultativen Daten mit Ausnahme der Spezialisierung können die Sachverständigen unter Verwendung eines geeigneten Zertifikats (§ 2 Z 8 Signaturgesetz [SigG]), das auf ihrer Ausweiskarte vorhanden ist, auch selbstständig eintragen (§ 3a Abs. 4 SDG). Dadurch wird erreicht, dass die Daten möglichst aktuell gehalten werden.
[11]
Weiters besteht eine eigene Präsentationsmöglichkeit für Sachverständige (§ 3a Abs. 5 SDG): In einem eigenen gebührenpflichtigen Bereich (Beitrag von 192€ im ersten, 39€ in jedem weiteren Kalenderjahr) können folgende Daten unter Verwendung eines Zertifikats selbstständig eingetragen werden:
  • Ausbildung und berufliche Laufbahn
  • Infrastruktur
  • Umfang der bisherigen Tätigkeit als Sachverständige (Anzahl der Bestellungen, Gegenstand der Gutachten)
[12]
Weiters ist zur näheren Darstellung dieser Daten ein Link auf eine eigene Sachver-ständigen-Homepage zulässig.
[13]
Durch diese elektronische Sachverständigen- und Dolmetscherliste wurden die von den Gerichtshofpräsidenten in Papier geführten Sachverständigen- und Dolmetscherlisten in eine Datenbank überführt, die im Intranet der Justiz, aber auch im Internet publiziert wird, dort allgemein und kostenlos eingesehen werden kann8 und sich hoher Zugriffszahlen erfreut. Das Projekt kann damit als durchschlagender Erfolg bezeichnet werden.

2.3.

Chipkarte ^

[14]
Dem Sachverständigen ist anlässlich seiner Eintragung in die Liste ein Lichtbildausweis in Kartenform (Chipkarte) auszustellen.9 Er hat folgenden Inhalt (§ 8 Abs. 1 und 2 SDG):
  • zuständiger Gerichtshof
  • Gültigkeitsdauer (bis zum Ende des 5. auf die Ausstellung folgenden Kalenderjahres)
  • Vor- und Familienname
  • Tag der Geburt
  • Fachgruppen, nach Tunlichkeit auch Fachgebiete
[15]
Die Ausweiskarte ist weiters mit einem geeigneten Zertifikat zur Erstellung elektronischer Signaturen (§ 2 Z 8 SigG) zu versehen. Die Kosten für die Karte sind vom Sachverständigen zu tragen (§ 8 Abs. 3 SDG). Bei elektronischen Gutachten ersetzt das Zertifikat die Verwendung des Rundsiegels (§ 8 Abs. 5 SDG).
[16]
In der Praxis hat die Chipkarte folgende Funktionen:
  • Amtlicher Lichtbildausweis
  • Elektronisches Identifikationsmittel gegenüber der Justiz (Datenwartung, Einbringung von Gutachten)
  • Elektronische Unterfertigung von Gutachten
  • Zutritt zu den internen Fachbereichen der Webseite wien.gerichts-sv.at
  • Bürgerkartenfunktion (wenn dafür ausgestattet)
[17]
Der Sachverständige hat die Ausweiskarte bei seiner Tätigkeit bei sich zu führen und auf Verlangen vorzuweisen. Wird er aus der Liste gestrichen, so hat er sie unverzüglich zurückzustellen. Sie ist auch zurückzustellen, wenn eine neue Karte ausgefolgt wird (§ 8 Abs. 4 SDG).
[18]
Während Sachverständige in der ersten Zeit nach Einführung der Chipkarte noch den Wegfall des gewohnten Papierausweises beklagten und verschiedentlich auch keine Rechtfertigung für die zu leistenden Ausstellungs- und Zertifikatsgebühren sahen, setzt sich mittlerweile immer mehr die Ansicht durch, dass die elektronische Komponente der Karte auch den Sachverständigen Vorteile bringt, so etwa, wenn sie nun selbst Änderungen ihrer Daten einfach einpflegen oder Gutachten elektronisch einbringen können (dazu sogleich).

2.4.

Dokumenteneinbringungsservice ^

[19]
Seit 1. Oktober 2010 besteht für alle Sachverständigen die Möglichkeit zur elektronischen Übermittlung von Gutachten an die Justiz. Mit dieser Dokumenteneinbringungsservice (DES) genannten Anwendung, die in Fortentwicklung des für die Sachverständigen für Liegenschaftsbewertung bereits bestehenden Zuganges entwickelt wurde, kann man erstellte Gutachten nicht mehr nur im Postweg, sondern auch elektronisch an das Gericht oder die Staatsanwaltschaft übermitteln. 10
[20]
Voraussetzungen:
  • Kartenleser
  • Sachverständigenausweis mit gültigem Zertifikat
[21]

Abwicklung:

 

Der Zugang erfolgt über eine eigens dafür eingerichtete Internetseite.11 Dort findet man nähere Informationen sowie einen Testbereich, in dem man die Anwendung auch ausprobieren kann, ohne dass Daten gesendet werden.

[22]
Die elektronische Einbringung von Gutachten funktioniert folgendermaßen: Nach Eingabe des vierstelligen Geheimhaltungs-Pins kann die Sendung erfasst und abgefertigt werden. Dabei ist das Gericht auszuwählen, Aktenzeichen und ein Ordnungsbegriff (meist die Rechtssache) anzugeben, fakultativ kann auch ein Begleittext eingegeben werden. Danach werden die zu sendenden Dateien (Gutachten, Gebührennote, allfällige Beilagen) hochgeladen. Zur Übermittlung eignen sich nur signierte Dateien im Format PDF, das Gesamtvolumen ist derzeit mit 10 MB begrenzt. Größere Dateimengen können in mehreren Sendungen übermittelt werden.
[23]
Schon bei der Eingabe wird überprüft, ob ein gültiges Aktenzeichen eingegeben wurde und ob Dateiformat und -volumen passen. Nach dem erfolgreich ausgeführten Sendebefehl wird ein Sendungsprotokoll übermittelt. Weiters wird in der Folge die Übernahme der Sendung durch die Verfahrensautomation Justiz bestätigt.
[24]
Alle Sendungen werden in Form einer Tabelle dargestellt und können darüber leicht gefunden und angesehen werden. Nach einem Jahr werden diese Eintragungen archiviert.
[25]
Diese neu eingerichtete Übertragungsform ersetzt die Übersendung des Gutachtens in Papierform mit Rundsiegel (§ 8 Abs. 5 SDG) und ist eine zulässige Form des elektronischen Rechtsverkehrs (§ 1 Abs. 1b der Verordnung der Bundesministerin für Justiz über den elektronischen Rechtsverkehr [ERV 2006]).
[26]
Das Dokumenteneinbringungsservice kann nicht nur zur Übermittlung von Gutachten, sondern auch für sonstige Korrespondenz mit dem Gericht oder der Staatsanwaltschaft genutzt werden. Neben der Gebührennote ist daher etwa auch die Übermittlung folgender Schriftstücke denkbar:
  • Gebührenwarnung
  • Antrag auf Gebührenvorschuss
  • Ersuchen um Fristverlängerung
  • Stellungnahme zu einem Ablehnungsantrag
  • Rekurs oder Beschwerde gegen die Gebührenbestimmung
  • Urgenz der Gebührenauszahlung
[27]
Die neue Übermittlungsform bringt der Justiz vor allem durch die Möglichkeit der elektronischen Zustellung von Gutachten an die Parteienvertreter bedeutende Vorteile. Sie kann auch für Sachverständige, die ihre Gutachten weitgehend EDV-unterstützt erstellen, durchaus zweckmäßig sein, weil zusätzliche Ausdrucke und Postmanipulation entfallen. Allerdings schließt es die oben unter 1.2 dargestellte heterogene Interessenlage der Gerichtssachverständigen wohl aus, sie als Personengruppe einer entsprechenden Verpflichtung zur Nutzung zu unterwerfen, wie diese etwa beim elektronischen Rechtsverkehr (ERV) für die Rechtsberufe und staatliche oder staatsnahe Einrichtungen vorgesehen ist. Martin Schneider hat dies in einer Arbeitsgruppe einmal sehr treffend umschrieben, als er die von ihm gewünschte weitere Zukunft dieser Kommunikationsform als «sanftes Obligatorium mit Ausnahmen» ansprach.

2.5.

Elektronische Akteneinsicht ^

[28]
Nach § 89i Gerichtsorganisationsgesetz (GOG) kann den Parteien auch elektronische Einsicht in sämtliche zugängliche, ihre Sache betreffende Daten, die in der Verfahrensautomation Justiz gespeichert sind, nach Maßgabe der technischen Möglichkeiten sowie unter Bedachtnahme auf eine einfache und sparsame Verwaltung und eine ausreichende Sicherung vor Missbrauch durch dritte Personen ermöglicht werden.
[29]
Diese Form der elektronischen Kommunikation steht somit den Parteien eines Verfahrens, aber auch den Parteienvertretern offen. Sie wird derzeit in Form einer kostenpflichtigen online-Abfrage angeboten, die in Zivilverfahren, arbeits- und sozialgerichtlichen Verfahren, Exekutions- und Verlassenschaftsverfahren eine Einsicht in die elektronischen Geschäftsregister und Verfahrensdaten ermöglicht.
[30]
Gerichtssachverständige genießen eine besondere Vertrauensstellung. Sehr illustrativ wird das in § 170 Abs. 2 der Geschäftsordnung für die Gerichte I. und II. Instanz (Geo) ausgedrückt: «Sachverständigen, die dem Gericht als verlässlich bekannt sind, können Akten für bestimmte Zeit anvertraut werden.» Für die Zukunft wäre daher zu überlegen, auch der Personengruppe der Sachverständigen die elektronische Akteneinsicht zu ermöglichen. Entsprechend der schon beschriebenen Interessenlage, die doch sehr von der eines Parteienvertreters abweicht, sollte dies aber ebenfalls nur auf freiwilliger Basis erfolgen.

2.6.

Big Brother? ^

[31]

Der zunehmende IT-Einsatz, der auch vor den Sachverständigen nicht haltmacht, hat auch gewisse Schattenseiten: So lassen sich aus der Verfahrensautomation Justiz, in der die bestellten Sachverständigen in jedem Verfahren als Verfahrensbeteiligte erfasst werden, im Zusammenhang mit den dort festgehaltenen Zeitpunkten der Bestellung und der Ablieferung des Gutachtens oder der sonstigen Beendigung der Tätigkeit ohne viel Aufwand Statistiken erstellen, aus denen jeweils hervorgeht, wie viele Gutachtensaufträge eine Sachverständige gleichzeitig bearbeitet oder wie lange ein Sachverständiger für die Bearbeitung eines Falles braucht. Natürlich kann man auch ausweisen, welche Sachverständigen sich des Dokumenteinbringungsservices (DES) bedienen und damit zarten (?) Druck auf jene ausüben, die aus verschiedensten Gründen davon nicht so ganz begeistert sind. All diese Instrumente sind – sinnvoll angewendet – zweifellos wichtige Hilfen zur Steigerung von Raschheit und Effizienz der Sachverständigenarbeit. Ihnen wohnt aber auch die Tendenz inne, über rein formalen Aussagen das wichtige Anliegen der Qualität in den Hintergrund treten zu lassen und die heterogene Gruppe der Gerichtssachverständigen, die oft auch nur mit geringer IT-Unterstützung arbeiten, in ihrer Arbeitsweise zu sehr einzuschränken. Im Hinblick auf die traditionell gute Zusammenarbeit mit dem Bundesministerium für Justiz ist aber auch hier zu hoffen, dass so wie bisher im Dialog für beide Seiten zufriedenstellende Lösungen gefunden werden können.

3.

Martin Schneider ^

[32]
Wer einen Namen als Kapitelüberschrift wählt, muss zwangsläufig persönlich werden. Für mich als Rechtskonsulent des Hauptverbandes der Gerichtssachverständigen, aber auch als Vorsitzender der ADV-Kommission der Vereinigung der österreichischen Richterinnen und Richter ist Martin Schneider in allen IT-Angelegenheiten seit vielen Jahren ein wichtiger Ansprechpartner im Bundesministerium für Justiz. Seine Verdienste um die Verbesserung der Arbeitsabläufe bei den Gerichten, Staatsanwaltschaften und Verwaltungseinheiten des Justizressorts durch Einsatz moderner Informationstechnologien wurden und werden völlig zur Recht vielerorts gewürdigt und haben auch in zahlreichen Auszeichnungen die gebührende Anerkennung gefunden.
[33]
Was mir persönlich wichtig ist: In Martin Schneider habe ich immer einen aufmerksamen Zuhörer gehabt, der mit hoher Fachkompetenz auf Argumente eingeht und sich bemüht, sie zu verstehen und nachzuvollziehen. Natürlich kommt es bei Vertretung gegenläufiger Interessen immer wieder zu Differenzen, zu Auffassungsunterschieden und mitunter auch zu Konflikten. Aber genauso wie der Sachverständigenverband und die Justiz schon über viele Jahre eine überaus konstruktive Partnerschaft leben, war es auch für mich immer wieder angenehm, mit dem Leiter der Abteilung Rechtsinformatik im Bundesministerium für Justiz eine offene, freundschaftliche Gesprächsbasis zu haben, in der so manches sinnvolle Projekt nicht nur besprochen, sondern auch zum Wohl der Sachverständigen und der Justiz umgesetzt wurde. Für diese ausgezeichnete Zusammenarbeit, die ich auch in Zukunft nicht missen möchte, darf ich mich herzlich bedanken.

 

Alexander Schmidt, Vizepräsident des Handelsgerichtes Wien, Syndikus des Hauptverbandes der Gerichtssachverständigen, Doblhoffgasse 3/5, 1010 Wien, Österreich, schmidt.rechtskonsulent@gerichts-sv.at, http://www.gerichts-sv.at/.

  1. 1 http://sdgliste.justiz.gv.at.
  2. 2 http://gerichts-sv.at.
  3. 3 Vgl. nur die Beiträge von Fellner und Floter in der in Fn. 4 zitierten Festschrift.
  4. 4 Einen guten Eindruck von der Vielfalt und den Ergebnissen dieser Zusammenarbeit bietet die vom Hauptverband der Gerichtssachverständigen herausgegebene Festschrift «Sachverständige in Österreich – Festschrift 100 Jahre Hauptverband der Gerichtssachverständigen» (2012), zu beziehen unter http://www.gerichts-sv.at/bestellungen.html. Aus Anlass des Jubiläums ist auch 2012 eine Sonderausgabe der Zeitschrift «Sachverständige» erschienen.
  5. 5 Schmidt, Die Umsetzung der EO-Novelle 2000 im Bereich der Liegenschaftsschätzung, SV 2001/1, 14; Schmidt, Liegenschaftsbewertung nach der EO-Novelle 2000 – vom Probebetrieb zum Echtbetrieb, SV 2001/4, 153; Schmidt, Elektronische Kommunikation mit dem Gericht, SV 2004/4, 182.
  6. 6 http://sv.justiz.gv.at.
  7. 7 http://edikte.justiz.gv.at.
  8. 8 http://sdgliste.justiz.gv.at.
  9. 9 Dazu eingehend Schmidt, Elektronische Sachverständigenliste und Chipkarte – Entwurf des BMJ, SV 2003/3, 125; Schmidt, Gerichtssachverständigenliste und Chipkarte – praktische Umsetzung, SV 2004/3, 125; Schmidt, Elektronische Kommunikation mit dem Gericht, SV 2004/4, 182; Schmidt, Sachverständigenausweis als Chipkarte, SV 2009/4, 181. Vgl. auch die Hinweise auf http://www.sv.justiz.gv.at unter «Informationen zum elektronischen Sachverständigen- und Dolmetscherausweis».
  10. 10 Schmidt, Elektronische Gutachtensübermittlung – neue Kommunikationsform in Erprobung, SV 2010/3, 122; Schmidt/Zheden, Interview: Dokumenteneinbringungsservice – erste Erfahrungen, SV 2010/4, 183; Zoubek, Dokumenteneinbringungsservice – Anwendungsdetails und Hintergrundinformationen, SV 2011/2, 91; Liebhart, Dokumenteneinbringungsservice – Kommt der elektronische Akt? RZ 2011, 216. Siehe auch den Beitrag von Aufner in der in Fn. 4 zitierten Festschrift.
  11. 11 http://des.justiz.gv.at.