1.
Mit offener gesellschaftlicher Innovation (OGI) zur eSociety ^
2.
Identifikation «relevanter» Akteure und Analyse der Anforderungen an offene gesellschaftliche Innovation ^
3.
Leuchtturmprojekte für offene gesellschaftliche Innovation ^
Die Evaluierung sowohl der Leuchtturmprojekte aus der Region als auch der Pilotprojekte, die seitens des Forschungsteams durchgeführt wurden, folgte dabei einem einheitlichen Schema, das neben Projektnamen, Dauer, Ziel/Motiv und Einsatzbereich auch mögliche Alternativen erhob, sowie Informationen hinsichtlich der Umsetzung, der geeigneten Innovationsphase und dem Grad der Interaktion Auskunft gibt. Auch mögliche Stärken, Schwächen, Chancen und Risiken eines jeden Projektes wurden erhoben. Darauf aufbauend wurde eine allgemeine Bewertung für OGI-Projekte vorgenommen, aus der schließlich Empfehlungen für die Umsetzung eigener Projekte abgeleitet wurden (Zusammenfassung siehe Tabelle 1):
Wann eignen sich OGI-Projekte? |
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Wann eignen sich OGI-Projekte nicht? |
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Zu beachten/zu berücksichtigen |
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Empfehlung |
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Tabelle 1: Empfehlungen zur Umsetzung von OGI-Projekten
Es lässt sich festhalten, dass sich OGI-Projekte zur Umsetzung immer dann eignen, wenn die Zusammenarbeit zwischen Bürgern und der Verwaltung (oder der Politik) ausdrücklich gewünscht wird und wenn neue Impulse und Ideen eingeholt werden sollen. Weniger empfehlenswert ist eine solche Herangehensweise bei politisch heiklen Themen. Unbedingt abzuraten ist von der Initiierung von Projekten hingegen, wenn eine Ideenumsetzung nicht realisierbar ist (etwa aufgrund absehbar mangelnder Ressourcen), oder wenn die gewonnen Impulse nicht ernst genommen werden. Zudem ist zu berücksichtigen, dass ein Großteil der Ideen personelle und finanzielle Ressourcen binden wird, weshalb rechtzeitig an eine Finanzierung gedacht werden muss, oder besser noch rechtzeitig eine entsprechende Budgetierung in den Haushaltsplänen vorgenommen werden sollte. Die Erfahrungen aus den Projekten zeigte, dass eine erfolgreiche Umsetzung – gerade auf lokaler Ebene – durchaus auch von der Unterstützung der regionalen Presse lebt. Darüber hinaus ist es ratsam, sich mit Impulsgebern und Initiatoren ähnlicher Projekte auszutauschen.
4.
TosiT – The Open Societal Innovation Toolbox ^
Ein weiterer Schwerpunkt der Forschungstätigkeit im Rahmen von «eSociety Bodensee 2020» lag in der strukturierten Erfassung und systematischen Evaluation der Werkzeuge, die offene gesellschaftliche Innovation befördern können. Im Kontext offener Innovation, insbesondere im betrieblichen und privatwirtschaftlichen Umfeld, stehen eine Fülle an Plattformen, Software und Applikationen zur Verfügung. Doch welche davon eignen sich für die Realisierung innovativer Projekte in Politik, Verwaltung und Zivilgesellschaft? Und für welche Aufgaben davon gilt dies ganz besonders? Die Ergebnisse dieser Recherchen wurden zusammengefasst und in einem frei zugänglichen Katalog, der «TosiT» (The Open Societal Innovation Toolbox), die unter http://www.tosit.org bereitgestellt wird.
Akteure aus Politik, Verwaltung, Wirtschaft und Zivilgesellschaft sollen so einen einfachen und strukturierten Zugang auf die Fülle vorhandener Angebote haben, auf die sie für die Umsetzung innovativer Vorhaben zurückzugreifen können. Insgesamt wurden rund 170 Werkzeuge in verschiedenen Kategorien erhoben, die nach unterschiedlichen Klassen und Kategorien gefiltert werden können, etwa nach dem Grad der gewünschten Interaktion (Information, Kommunikation, Koordination oder Kollaboration) oder dem Fortschrittsstand innerhalb eines Vorhabens (Idee, Konzept, Konzeptbewertung und -selektion sowie Umsetzung). Schließlich variiert das Einsatzspektrum für die Werkzeuge in den Phasen der Ideenfindung, der Konzeptentwicklung, der Konzeptbewertung und -selektion sowie der Umsetzung. Das variiert auch, wenn der Wunsch besteht, mit anderen Akteuren zusammenzuarbeiten, sie zu koordinieren oder sie informieren zu wollen. Auch Informationen zur Verfügbarkeit der Werkzeuge, ob als eigens programmierte Software, als Cloud-Lösung oder mit Unterstützung von Intermediären, sowie weiterführende Zusatzinformationen (wie Kurzbeschreibung oder Anwendungsbeispiele) sind zu jedem Dienst hinterlegt.
Darüber hinaus wurden Werkzeuge in acht Kategorien erhoben, nach denen ebenfalls sortiert werden kann. Zur Unterstützung von Innovationsprozessen sind sowohl innerbetriebswirtschaftlich wie verwaltungstechnisch zahlreiche Werkzeuge des Innovationsmanagements bekannt. Diese waren jedoch nicht Gegenstand der Untersuchung. Der Fokus lag vielmehr auf jenen IKT-Werkzeugen, die den besonderen Aspekt der Offenheit sowie des gesellschaftlichen Mehrwerts gleichermaßen berücksichtigten. Sie entstanden in einem iterativen Prozess nachstehende acht Werkzeugklassen, die hier nur kurz beschrieben werden sollen3. Tabelle 2 bietet einen Überblick zu den OGI-Werkzeugklassen, eine kurze Beschreibung des Einsatzgebietes sowie ausgewählte Anwendungsbeispiele.
Erfasst wurden erstens Werkzeuge zur Sammlung und Bewertung von Ideen und Vorschlägen. Hierzu zählen Software, Cloud-Plattformen und mobile Apps zum Ideenmanagement, zum kooperativen Mindmapping und zum gemeinsamen Brainstorming. In der zweiten Kategorie finden sich Werkzeuge, die das Sammeln von Problemen, Anliegen und Beschwerden erleichtern. Dazu zählen etwa Mängelmelder und Schlaglochmelder. Drittens wurden Angebote erfasst, die das gemeinsame Lösen konkreter Probleme erleichtern. In diesem Zusammenhang sind Kollaborationsplattformen, Expertengemeinschaften, Ehrenamtsportale und Freiwilligenbörsen zu erwähnen. Viertens wurden Werkzeuge zur gemeinsamen Gestaltung von Objekten und Artefakten zusammengetragen. Im Prinzip geht es dabei um die kreative Gestaltung von Inhalten, Beiträgen, Logos und sonstigen Objekten, die entweder kollaborativ oder im Wettbewerb angelegt sind. Hierzu zählen etwa Ideenplattformen, Designplattformen und Designwettbewerbe. Zur fünften Gruppe gehören Werkzeuge, die den gesamten Innovationsprozess organisieren und diesen professionell unterstützen, von der Ideenfindung über Bewertung und Selektion der Ideen bis zur Umsetzung. Die nächste Kategorie umfasst Plattformen zur Speicherung von offenen Daten, öffentlichen Informationen und freier Software. Hierbei handelt es sich um Register, Datenkataloge, Datenbanken, Datenportale, kollaborative Textverarbeitungen, Dokumentensafes, kollaborative Geoinformationssysteme, Software-Repositories und Open Source-Portale, die auch im Kontext von Big Data, Linked Data und Open Data eingesetzt werden können. In der siebten Kategorie «Zukunftsfragen» werden Werkzeuge zur gemeinsamen Erstellung von Prognosen oder Trends zusammengefasst, etwa Foresight-Prozesse und das Social Forecasting, bei denen das Wissen einer Gruppe genutzt wird, um künftige Entscheidungen und Ereignisse gedanklich vorwegzunehmen und Organisationen in ihren strategischen Entwicklungen zu unterstützen. Darüber hinaus sind in der TosiT-Datenbank auch die gängigen Web 2.0-Plattformen erfasst, die sich durch einfache Erweiterungen oder gezieltem Einsatz auch zu Durchführung von offenen gesellschaftlichen Innovationsprozessen eignen. Denkbar wären zum Beispiel Foto- oder Kurzfilmwettbewerbe über entsprechende Bild- oder Videoplattformen (etwa Flickr, Pinterest oder Youtube). Add-ons und Plug-ins über Facebook ermöglichen Wettbewerbe und unterstützen Organisatoren in der Evaluierung der Einreichungen.
Werkzeugklasse | Kurzbeschreibung | Anwendungsbeispiele |
Ideen |
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Problemsammlung |
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Problemlösung |
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Design |
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Innovationsmanagement |
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Daten |
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Zukunftsfragen |
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Soziale Medien |
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Tabelle 2: OGI-Werkzeugklassen, Beschreibung & Anwendungsbeispiele
5.
Resümee und Ausblick: Offene gesellschaftliche Innovation für die eSociety ^
Offene gesellschaftliche Innovation bietet eine Reihe an Chancen und Stärken, die möglichen Schwächen und Risiken gegenübergestellt werden müssen und an dieser Stelle nur kurz andiskutiert werden können. Grundsätzlich eignet sich OGI immer dann, wenn neue Impulse und/oder neue Impulsgeber gesucht werden und deren Ideen und Vorschläge auch umgesetzt werden können. Offenheit und Zusammenarbeit bei Problemfindung und -lösung sind zentrale Stärken.
Stärken | Schwächen |
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Chancen | Risiken |
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Tabelle 3: Bewertung von offener gesellschaftlicher Innovation
Hinsichtlich der Risiken ist festzuhalten, dass die Gefahr besteht, dass bisherige Politakteure eine Schwächung ihrer Position fürchten. Das stellt einen zentralen Nachteil dieser Form von Innovation dar. Im Gespräch mit Initiatoren vieler Initiativen zeigte sich, dass sich die meisten Projekte nur umsetzen lassen, wenn der politische Wille diesbezüglich bereits artikuliert wurde und entsprechende Ressourcen bereitgestellt werden. Und der Aufwand bei der Umsetzung von OGI-Projekten ist mitunter groß und bindet personelle wie finanzielle Ressourcen. Das beginnt bereits bei der Bewertung und Selektion der Vorschläge bis hin zur eigentlichen Umsetzung der Ideen, insbesondere dann, wenn eine Masse und Vielfalt an Vorschlägen, Empfehlungen oder gar Forderungen seitens externer Akteure eingebracht werden. Dabei können auch eine einseitige Instrumentalisierung und ein Missbrauch durch organisierte Interessengruppen drohen. Im Gegenzug bietet OGI allerdings die Möglichkeit eben genau jene Bürger einzubinden, die sich für politische Prozesse und Entscheidungen interessieren. Dies kann längerfristig zum Abbau von Politikverdrossenheit führen. OGI birgt das Potential echte Innovationen anzuregen, ausgewogene Meinungsbildung durch Integration vielfältigster Akteure zu schaffen und durch die gemeinsame Gestaltung von Lösungen auch für mehr Akzeptanz von politischen Entscheidungen führen. So kann OGI zur Lösungen für gesellschaftliche Herausforderungen werden. OGI-Werkzeuge ermöglichen dabei die Kooperation zwischen Politik, Verwaltung und Zivilgesellschaft.
6.
Literatur ^
Raffl, Celina/von Lucke, Jörn/Müller, Oliver/Zimmermann, Hans-Dieter/vom Brocke, Jan, TosiT – The Open Societal Innovation Toolbox. Werkzeuge für offene gesellschaftliche Innovation, TOGI-Schriftenreihe, Band 10, ePubli, Berlin (2014a). ISBN: 978-3-7375-1657-0.
Celina Raffl, Akademische Mitarbeiterin, Zeppelin Universität, The Open Government Institute (TOGI), Am Seemooser Horn 20, 88045 Friedrichshafen, DE, celina.raffl@zu.de; http://togi.zu.de
Jörn von Lucke, Professor, Zeppelin Universität, Direktor des The Open Government Institute (TOGI), Am Seemooser Horn 20, 88045 Friedrichshafen, DE, joern.vonlucke@zu.de; http://togi.zu.de
Gefördert wurde das Projekt aus Mitteln der Internationalen Bodensee-Hochschule (IBH). In einem grenzüberschreitenden Forschungsteam arbeiteten die Projektpartner der Zeppelin Universität rund um Prof. Dr. Jörn von Lucke (Projektleitung) und Mag. Celina Raffl (Projektkoordination und -durchführung), unterstützt von bis zu sieben wissenschaftlichen Hilfskräften, zusammen mit Dr. Oliver Müller und Prof. Dr. Jan vom Brocke von der Universität Liechtenstein sowie Dr. Hans-Dieter Zimmermann von der Hochschule für angewandte Wissenschaften in St. Gallen (FHS St. Gallen).
Bei dem vorliegenden Beitrag handelt es sich um eine Zusammenfassung der Projektergebnisse des Forschungsprojektes «eSociety Bodensee 2020 – Offene gesellschaftliche Innovation in der Bodensee-Region». Eine Übersicht der verwendeten Literatur der Kapitel und Abschnitte findet sich in den Abschlussberichten [Raffl et al. (2014a;b)].
- 1 Die EIdG ist inzwischen abgeschlossen und die Inhalte sind archiviert. Für weitere Informationen siehe http://webarchiv.bundestag.de.
- 2 Auf eine ausführliche Vorstellung und Evaluierung der einzelnen Projekte wird an dieser Stelle zugunsten einer gemeinsamen Evaluierung von offenen gesellschaftlichen Innovationsprojekten verzichtet. Diese kann im «Handbuch für offene gesellschaftliche Innovation» [Raffl et al. (2014b)] nachgelesen werden.
- 3 Eine genaue Erklärung der einzelnen Werkzeugklassen sowie die Beschreibung ausgewählter Anwendungsbeispiele sind im «Handbuch für offene gesellschaftliche Innovation» [Raffl et al. (2014b)] nachzulesen.