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Bürgerinformationssysteme – Neue Vorstellungen

  • Authors: Andreas Krenmayr / Roland Traunmüller
  • Category: Articles
  • Region: Austria
  • Field of law: E-Government
  • Collection: Conference Proceedings IRIS 2015
  • Citation: Andreas Krenmayr / Roland Traunmüller, Bürgerinformationssysteme – Neue Vorstellungen, in: Jusletter IT 26 February 2015
Bürgerinformation findet sich in zwei Formen: als Online Zugang in der Televerwaltung und im Schalterdienst eines Bürgerbüros. Diese Organisationsformen existieren oft als Erweiterungen, so als Online Onestop Government bzw. als multifunktionale Dienstleistungsläden. Dieser systemischen Betrachtung schließt sich die Darstellung zweier typischer Systeme an: help.gv.at und bestHELP.at. Dabei werden die Stärken und Schwächen der Systeme analysiert. Der Beitrag endet mit der Skizze von Entwicklungslinien und inhaltlicher wie struktureller Verbesserungen.

Inhaltsverzeichnis

  • 1. Bürgerinformation
  • 2. Organisationsformen: Televerwaltung und Bürgerbüro
  • 3. Erweiterungen
  • 4. Benutzerschnittstellen
  • 5. Dialoggestaltung
  • 6. Intelligente Module
  • 7. Multimedialität
  • 8. Literatur

1.

Bürgerinformation ^

[1]
Auskunftssysteme sind eine spezielle Form von Informationssystemen, die der Öffentlichkeit Lösungen für Alltagsprobleme liefern. Im Gegensatz zu einem Informationssystem erteilt ein Auskunftssystem nur Auskünfte, verändert aber keine Daten. Beispiele für Auskunftssysteme sind so etwa Fahrpläne, Wettermeldungen, Einkaufsempfehlungen, Börsendaten oder Bürgerinformationen. Weitere Merkmale sind, dass Auskunftssysteme auf praktisches Wissen zielen und konzeptuell eng gestaltet sind. Darin unterscheiden sie sich sowohl von Expertensystemen und vom Online One-stop Government. Expertensysteme unterstützen bei der Lösung von komplexen Problemen, indem sie Handlungsempfehlungen aus einer Wissensbasis ableiten. Auskunftssysteme unterscheiden sich ebenfalls vom wesentlich komplexeren Online One-stop Government, bei welchem administrative Transaktionen, so etwa Ansuchen, Bescheide, Auszahlungen, zumindest teilweise automatisiert ablaufen. Wir behandeln in diesem Beitrag einen besonderen Sektor der Auskunftsinformationssysteme, nämlich Bürgerinformationssysteme.
[2]
Die technischen Möglichkeiten des Internet machten den Weg frei für öffentliche Dienste in einer neuen Form der Kommunikation zwischen Verwaltung und Bürger. Bürgerinformationssysteme enthalten Informationen und Hilfsmittel, welche das Zurechtfinden im öffentlichen Leben erleichtern. Zusätzlich können Informationen vorhanden sein, welche die demokratische Teilnahme erleichtern. Die wichtigsten Teile solcher Informationssysteme sind: Allgemeine Wegweiser-Funktionen, Anspruchsinformationen über Rechte bzw. Verwaltungsleistungen, Informationen über Pflichten, Struktur- und Planungsinformationen sowie Alltagsinformationen. Man kann sich diese Systeme als eine Art elektronischer Verwaltungslexika vorstellen, mit deren Hilfe einfache Wissensfragen nach Anspruchsarten, Zuständigkeiten, Öffnungszeiten, mitzubringenden Unterlagen etc. leichter zu beantworten sind. Von großer Bedeutung ist, dass sie aus der Sicht der Nachfrager konzipiert sind. Dies heißt, dass solche Systeme nicht einfach vom Informationsangebot aus Sicht der Verwaltung ausgehen können. Vielmehr ist das Bereitstellen von Wegweiser- und Orientierungsinformation die Basis.
[3]
Einige Beispiele mögen zur Illustration dienen. So können Fragen von Bürgern danach, was sie in bestimmten Lebenssituationen als Beihilfen zu erwarten haben, beantwortet werden. Entsprechende Informationssysteme geben Auskunft über Beihilfen und erlauben eine Einschätzung, welche Leistungen zu erwarten sind. Damit kann etwa die Frage beantwortet werden, ob sich ein Gang zur Behörde lohnt. Dies stellt einen wesentlichen Vorteil zu konventionellen Verfahren dar, bei denen verteilte Informationen aus Broschüren zusammengesucht werden müssen. Ein weiterer Vorteil betrifft die erleichterte Teilhabe von Bürgern am lokalen Geschehen. Zu nennen ist etwa die Erschließung der Information in Haushaltsplänen, die einen wesentlichen Beitrag zur Transparenz insbesondere der kommunalen Verwaltung liefern kann.

2.

Organisationsformen: Televerwaltung und Bürgerbüro ^

[4]
Mit der Verfügbarkeit des Internet stellt Televerwaltung die Kommunikation von Bürger und Verwaltung auf neue technische Grundlagen. Es reicht aus, ein Browserfenster zu einer Online Verwaltungsstelle zu öffnen. Televerwaltung findet ihren Platz zunächst dort, wo ein persönliches Erscheinen von Bürgern nicht erforderlich ist. Eine besondere Pionierleistung ist das System help@gv.at, welches in einem folgenden Teil näher beschrieben wird. Im Vordergrund stehen dabei bestimmte Lebenslagen, die typischerweise häufigen oder dringenden Kontakt mit bestimmten Verwaltungen erfordern. Das System wurde international weit beachtet und ist so zu einem Vorbild für ähnliche Systeme anderer Staaten geworden. 2003 wurde es bei der EU-Ministerialkonferenz in Como mit dem «Europäischen E-Government Award» ausgezeichnet. Zu Como 2003 und den E-Government Awards sei verwiesen auf [Leitner (2003)] sowie auf [Leitner (2008)].
[5]
Die Grundlage von Televerwaltung ist Telekooperation, welche den Austausch von Informationen und gemeinsam zugänglichen Datenbeständen beinhaltet. Dies gestaltet die Dienstleistungsökonomie neu: Telekooperation verändert gleichsam Zusammenarbeit in ihrer bisherigen Struktur von Raum und Zeit. Eine solche Änderung ist, dass Televerwaltung «virtuelle Verwaltungen» schafft. Die Bezeichnung «virtuell» leitet sich von der Tatsache ab, dass Behörden und Stellen einer solchen Verwaltung von außen gesehen als Ganzes erscheinen. Dies entspricht dem Sprachgebrauch der Optik, in der man als «virtuell» Erscheinungen bezeichnet, denen (wie ein Spiegelbild) keine Seinsqualität zukommt. So ist eine Organisation dann als «virtuell» zu bezeichnen, wenn ihre innere Struktur nicht in Erscheinung tritt.
[6]
Eine andere Organisationsform von Bürgerinformation ist die Beratung in Büros, wo Mitarbeiter mit Hilfe des Systems persönlich Auskunft geben. Das Bürgerbüro im Bürgeramt, welches 1984 in der nordrhein-westfälischen Stadt Unna verwirklicht wurde, ist hier als Pionierleistung zu nennen [Tepper (1990)]. Im Wesentlichen bestand das in der Kernstadt angesiedelte Bürgeramt Unna mit seinen drei Außenstellen aus der Zusammenfassung von Meldeamt und Bürgerberatung. Dazu kam die Bereitstellung einiger leicht zu erledigender, aber häufigen Bürgerkontakt erfordernder Dienstleistungen und Verwaltungsvorgänge aus verschiedenen kommunalen Aufgabenbereichen.

3.

Erweiterungen ^

[7]
One-stop Government: Allgemein kann man eine Entwicklung feststellen, in der von Bürgerinformation zu komplexeren Kommunikationsformen fortgeschritten wird. So werden zahlreiche Funktionen in der jeweiligen Beziehung von Bürgern zur Verwaltung unterstützt. Dies reicht von einer Verbesserung der Interaktion bis zu vollständigen Transaktionen: Informationsphase – Bildung der Absicht – Vereinbarungsphase – Abwicklung (inkl. Zahlungen) – Nachsorge. Die EU-Dienstleistungsrichtlinie hat dies stark gefördert, da sie etwa einen einheitlichen Ansprechpartners zwingend vorschreibt. Für die öffentlichen Verwaltungen bedeutet eine einheitliche Anlaufstelle in Kombination mit elektronischer Abwicklung und Unabhängigkeit vom Bearbeitungsort eine wichtige Neuerung. One-stop Government stellt eine grundlegende Änderung der Prozesse dar, in denen öffentliche Dienstleistungen erstellt werden. One-stop Government verändert somit sämtliche Beziehungen, in denen öffentliche Organisationen zueinander und mit ihrer Umwelt stehen. Dies birgt ein enormes Potenzial zur Verbesserung der Leistung von öffentlichen Institutionen. Für die umfangreichen Rahmenbedingungen von Online One-stop Government sei verwiesen auf [Traunmüller (2005)].
[8]
Reduzierte Leistungstiefe: Telekooperation ermöglicht die Aufspaltung von Prozessen auf unterschiedliche Bearbeitungsinstanzen ohne übermäßigen zusätzlichen Koordinationsaufwand. Dies macht es vor allem möglich, auch Teile von Prozessketten leichter auszulagern. So kann die «Leistungstiefe» von Verwaltungsorganisationen verringert werden. Dies entspricht einer Reduzierung der Tätigkeit von Verwaltungsträgern auf sogenannte Gewährleistungsverwaltungen, nach dem Motto «Nicht mehr rudern, sondern nur noch steuern».
[9]
Multifunktionale Läden: Eine mögliche Weiterentwicklung von Bürgerinformation stellt die Koppelung von öffentlichen und privaten Dienstleistungen dar. Diese Organisationsform ist vor allem für den ländlichen Raum wichtig, wo sich die Zahl der Dienstleistungsanbieter insgesamt verringert. Die entstandenen Lücken könnten multifunktionale Serviceläden füllen – als Bündelung des Zugangs ganz unterschiedlicher Dienstleistungen in räumlich gut erreichbaren Vertriebsstellen. So ist eine Zusammenlegung von Bürgerkontaktstellen mit Banken, Poststellen, Reisebüros und Tabaktrafiken (die ihrerseits bereits lange als Annahmestellen für Toto und Lotto fungieren) möglich. In einem multifunktionalen Serviceladen wird auch eine Kraftfahrzeugzulassung vorgenommen oder Kontakt zum Arbeitsamt und zu sozialen Diensten hergestellt. Im Wesentlichen entstehen Marktplätze, die öffentliche und private Belange zusammenfassen.

4.

Benutzerschnittstellen ^

[10]
Im Folgenden werden Benutzerschnittstellen von österreichischen Bürgerinformationssystemen analysiert und typische Muster und Schwächen aufgezeigt werden. Als Gegenstand der Analyse soll ein maßgebliches Bürgerinformationssystem dienen, das stellvertretend für die österreichische E-Government-Landschaft angesehen werden kann. Diskutiert werden soll die Online-Plattform help.gv.at (in der Folge mit seiner Kurzform «HELP» bezeichnet) dienen. HELP liefert Bürgern Informationen zu Behördenwegen aller Art. Die Plattform wurde 1997 vom Bundesministerium für Finanzen lanciert und hat sich nach beständiger Weiterentwicklung zur wichtigsten Drehscheibe der österreichischen E-Administration entwickelt. Warum ist HELP maßgeblich? Anzuführen sind vor allem folgende, hervorstechende Merkmale des Systems:
  • Die große Fülle an Informationen: HELP verfolgt einen ganzheitlichen Ansatz und bietet so etwa Zugriff auf mehr als 1000 Formulare, von denen etwa 350 im Sinne des One-Stop-Prinzips online bearbeitet werden können. Hervorzuheben ist zudem die Gliederung der zur Verfügung gestellten Contents in 140 Themenbereiche, die als «Lebenslagen» bezeichnet werden (Lebenslagenprinzip, siehe unten). Ein Begriffslexikon mit 600 Einträgen erläutert Begriffe, Phrasen und Ausdrücke der Behördenwelt.
  • Internationalisierung: Informationen werden prinzipiell in Deutsch und Englisch angeboten.
  • Barrierefreiheit: HELP orientiert sich an den Richtlinien WCAG 2.0 des WAI/W3C. Gebärdenvideos werden für ausgewählte Inhalte angeboten, geräteunabhängige Bedienung wird unterstützt.
  • Einbindung von Services der österreichischen E-Government-Strategie: Hervorzuheben ist vor allem das Konzept der «Bürgerkarte», das einen sicheren Zugang zur Abwicklung von Online-Behördenwegen erlaubt.
  • Breite Akzeptanz durch Bürger und Gemeinden: Im Jahre 2013 wurden monatlich durchschnittlich mehr als 3.000.000 Seitenaufrufe registriert – dies in einem Land mit einer Bevölkerung von 8,5 Millionen Menschen. Jede zweite Gemeinde integriert in ihrem Webauftritt mittels Content Syndizierung Inhalte von HELP. HELP ist Träger zahlreicher Preise, u.a. des eEurope Awards 2003 in der Kategorie «A better life for European citizens» [www.help.gv.at/Portal.Node/hlpd/public/content/impressum/Seite.730100.html].
[11]
Die große Herausforderung bei einem Projekt, das eine derartige Fülle von unterschiedlichen Informationen bereitstellen muss, ist den Benutzer in sinnvoller und intuitiver Weise zu den benötigten Contents zu führen. Welche Interaktionsmöglichkeiten, die den Benutzer zu den gesuchten Informationen führen sollen, bietet HELP?

Abbildung 4.1: Startseite von help.gv.at

[12]
Interessant ist zunächst der Aufbau der Navigation auf der Startseite. Wie in Abbildung 4.1 zu erkennen, besteht diese aus zwei Teilen. Auf der horizontalen Achse hat ein Benutzer die Möglichkeit, zu globalen Inhalten, wie zu einer Behörden- oder Formularverzeichnis zu navigieren. Die horizontale Navigation ist statisch und von jeder Unterseite aus sichtbar. Insofern entspricht der Aufbau einer konventionellen Webseite.
[13]
Auf eine vertikale Navigationsleiste wurde verzichtet. An ihre Stelle tritt eine tabellarische Übersicht, die den Hauptteil des Startschirms einnimmt (Sektion B). Sie stellt, in Analogie zu Kapitelüberschriften eines Fachbuches, Lebenslagen eines Bürgers vor (vgl. Lebenslagenprinzip), so etwa «Arbeit» oder «Bauen und Wohnen». Mit einem Mausklick auf den betreffenden Link wird der Benutzer zu weiterführender Information geführt (vgl. Abb. 4.2, Sektion A) – man könnte, um bei der obigen Analogie zu bleiben, von Unterkapiteln sprechen.

Abbildung 4.2: Unterseite von help.gv.at

[14]

Diese Form der Benutzerführung ist zwar intuitiv, hat aber den Nachteil, dass ab einer gewissen Abstraktionsstufe der Contents beim Navigieren durch die Untermenüs rasch die Übersicht verloren geht. Zudem verfügt HELP über keine sprechenden URLs, vgl. (Abb. 4.2, Sektion B). Eine URL in Form etwa von «help.gv.at/Arbeit/» wäre für den Benutzer nachvollziehbarer. Abgefedert wird der Nachteil durch die Bereitstellung von «Breadcrumbs» (Abb. 4.2, Sektion C). Breadcrumbs stellen ergänzend zur Navigation eine wertvolle Orientierungshilfe innerhalb hierarchisch strukturierter Seiten dar – ihre Funktion ist intuitiv zu erfassen und sie nehmen wenig Platz ein (vgl. etwa [Krug (2006), S. 76 ff.]).

[15]
Eine dritte Form der Benutzerinteraktion bietet die Suchfunktion (vgl. Abb. 4.1, Sektion C). Sie wird über ein Textfeld realisiert, in welchem ein oder mehrere Suchbegriffe eingegeben werden können. Contents, die mit dem Suchparameter indiziert sind, können so gefunden werden. Die Bereitstellung einer internen Suchmaschine kann eine wertvolle Hilfe zur Auffindung von Informationen sein, hat aber ab einer gewissen Mächtigkeit der potentiellen Zielmenge auch Nachteile: So kam eine Suche nach dem generisch gewählten Suchbegriff «Jobsuche» zu 366 Ergebnissen. Die Fülle der Informationen im Hintergrund erweist sich hier als hinderlich bei der Auffindung einer spezifischen Information. Die Merkmale der vorgestellten Interaktionsmöglichkeiten mit dem System HELP sind eine vollständige Automatisierung des Informationsfindungsprozesses, Benutzerführung und Niederschwelligkeit.
[16]
Einen anderen Ansatz für die Auffindung von Informationen verfolgt das Online-Portal bestHELP.at. BestHELP.at ist ein Sammelportal von 15 qualifizierten Berufsgruppen aus den Bereichen Therapie, Beratung und Training. Das Portal wird, anders als HELP, nicht von einer staatlichen Stelle betrieben, sondern von einem privaten Unternehmen.
[17]
Ein spezielles Service für Benutzer, die Online-Anfragen, wurde im Jahr 2005 eingeführt (vgl. Abb. 4.3). Benutzer können hier in einem Freitextfeld eine Anfrage in natürlicher Sprache stellen. Zusätzlich kann u.a. spezifiziert werden, von welcher beratenden Berufsgruppe Antworten gewünscht werden – diese Angabe ist wohlgemerkt optional, wodurch ein Anfragender a priori nicht wissen muss, welche Berufsgruppe für sein Problem zuständig ist. Wissen über etwaige Fachbegriffe ist nicht notwendig.
[18]
Nach einer redaktionellen Prüfung werden die Anfragen an eine Auswahl von über tausend Experten aus unterschiedlichen Fachbereichen wie etwa Medizin oder Recht weitergeleitet, welche im besten Fall die Anfrage zur Zufriedenheit des Fragenden beantworten können. Nach einer erneuten redaktionellen Prüfung der Antwort wird diese für den Fragenden freigeschaltet. Das Service ist kostenlos und wird auf Wunsch anonym angeboten. Seit 2005 wurden insgesamt etwa 40‘000 Online-Anfragen bearbeitet. Die Merkmale dieses Ansatzes sind die Verwendung von natürlicher Sprache, Personalisierung und die Etablierung einer vermittelnden Instanz.
[19]
Die Nachteile des Ansatzes von bestHELP.at sind vor allem in der begrenzten Automatisierbarkeit des Informationsfindungsprozesses zu suchen, welche in der benötigten Anzahl von Stakeholdern begründet liegt. Zudem ist eine objektive Quantifizierbarkeit des Prozesserfolges nur eingeschränkt möglich. In der Folge werden Ansätze diskutiert, die eine Synthese der beiden Ansätze möglich machen könnten.

Abbildung 4.3: Online-Anfragen auf bestHELP.at

5.

Dialoggestaltung ^

[20]
Verbesserungen müssen vor allem bei der Gestaltung der Dialoge ansetzen. Benutzerfreundlichkeit ist ein bestimmender Faktor, der bereits im Stadium der der Systemplanung sein muss. So sollen Dialoge den Erwartungen der Benutzer entsprechen, wie sie diese aus den Erfahrungen mit bisherigen Arbeitsabläufen mitbringen. Allgemein tritt beim Dialog über den Rechner (verglichen mit der üblichen Zusammenarbeit «von Angesicht zu Angesicht») eine Verengung der Kommunikation auf. So vermag der Bildschirm den üblichen räumlichen Eindruck nur zum Teil zu ersetzen und bietet daher weniger Übersicht. Allzu oft ist das Dialogsystem so angelegt, dass der Benutzer sich der Technik anpassen muss. Ein typisches Beispiel ist, dass Menüs und Funktionstasten zu bedienen sind und über Artefakte kommuniziert wird. All dies kann verwirrend wirken, obwohl manche Surrogate klug gewählt sein können: Man denke nur an Bilder bekannter Bedeutung (z.B. Schere) oder Blinkzeichen als Warnsymbole und Farben als Hinweise.

6.

Intelligente Module ^

[21]
Smarte Systeme erleichtern das Arbeiten. Hier vorab zwei Punkte, die den Einsatz intelligenter Module verlangen. Es sind dies das Routen der Anfragen und die Übersetzungsaufgabe. Das System arbeitet mit dem administrativ-rechtlichen Jargon, der Anwender denkt in Kategorien des Alltags. Eine Übersetzung in beide Richtungen – Anfrage und Beantwortung – ist notwendig. Beim Routing soll eine bestimmte Stelle für eine Serviceleistung über Datennetze erreicht werden. Meist erfolgt die Antwort über einen Dialog mit der Datenbank, manchmal agiert eine Betreuungsperson zur Bearbeitung oder zur Auskunftserteilung. Der Betreuer wird sich seinerseits vielfach des Datennetzes bedienen, um eine Aufgabe zu lösen oder zu einem anderen Betreuer weiterzuschalten. So können komplexe Situationen entstehen – gleichsam ein Mensch-Maschine-Tandem der Beratung in einem Netz von menschlichen und maschinellen Akteuren.
[22]
Allgemein betrachtet ist der Einsatz von Wissenselementen in der Systemgestaltung ein breites Thema, das sich je nach betrachteter Ebene manifestiert: Auf der Megaebene wird Wissen in erster Linie als Ressource begriffen, während auf der Mesoebene Wissen und Organisationsgestaltung betrachtet werden. Die Mikroebene sieht Wissen als Hintergrund von Entscheidungen. Smarte Dialoggestaltung wird vor allem hier ansetzen. Methodisch basiert dies auf Wissensbanken. Diese enthalten Wissen über die Anwendungsdomäne in Form von Daten und Regeln. Weiteres Wissen liegt implizit in der Datenbank vor, so etwa Beziehungen und Randbedingungen. Die Power intelligenter Module kommt oft in Synergien zum Tragen, wozu in etwa Soziale Medien, Schwarmintelligenz, Verwendung kurzer Apps oder Lokalisation gehören.

7.

Multimedialität ^

[23]

Multimedialität kann einigen Schwächen konventioneller Interaktion über enge, rein auf lexikalische Daten ausgelegte Informationskanäle begegnen. Mit dem Einsatz von Audio und Video erhöht Multimedia die Informationsbandbreite (vgl. [Steinmetz (2000), S. 812]) und kann somit zur erfolgreichen Abwicklung einer Kommunikation beitragen. Wie bei vielen Techniken der Fall, erfolgt die Assimilation dabei punktuell und schrittweise. Allgemein sind die Erfolge schön: so kommt Multimedia etwa jährlich in 3‘000 österreichischen Gerichtsverfahren zur Anwendung. Es ist zu beachten, dass wie bei vielen technischen Neuerungen diese nach kurzer Zeit als selbstverständlich betrachtet werden und dann kaum noch disputiert werden. Einschränkungen für eine stärkere Verbreitung von Multimedia in den öffentlichen Verwaltungen liegen in noch bestehenden technischen Mängeln. Insbesondere können in wenig aufwendigen Anordnungen Verzögerungen und Bildverzerrungen auftreten, woraus eine schlechte Wiedergabe von Mimik und Gestik resultiert.

8.

Literatur ^

Leitner, Christine, eGovernment in Europe: The State of Affairs. Report presented at the eGovernment 2003 Conference Como, Italy, 7–8 July, European Institute of Public Administration, Maastricht (2003).

Leitner, Christine, Traunmüller, Roland, Haase, Maria, The State of Affairs of e-Government in the European Union, In: Makolm, Josef, Leitner, Christine, Orthofer, Gertraud, Traunmüller, Roland (Hrsg.), Eastern European e|Gov Days 2008: Tangible Results and New Perspectives, Conference Proceedings 2008, S. 391–400 (2008).

Krug, Steve, Don't make me think, New Riders Publishing, Berkeley (2006).

Steinmetz, Ralf, Multimedia-Technologie: Grundlagen, Komponenten und Systeme, Springer, Berlin (2000).

Tepper, August, Das Bürgeramt Unna – Modell für eine sozialverträgliche Gestaltung der Kommunalverwaltung?, In: Archiv für Kommunalverwaltung Jg. 29 Hbd. 1, S. 117–123 (1990).

Traunmüller, Roland, Wimmer, Maria, Online one-stop Government. In: Wirtschaftsinformatik 47, Heft 5, S. 383–386 (2005).


 

Andreas Krenmayr, Dissertant, Universität Linz, FAW, Altenbergerstraße 69, 4040 Linz-Auhof, AT, andreas.krenmayr@gmail.com

 

Roland Traunmüller, Emeritierter Professor, Universität Linz, FAW, Altenbergerstraße 69, 4040 Linz-Auhof, AT, traunm@ifs.uni-linz.ac.at