Jusletter IT

Alltagsszenen in intuitionistische Logik gefasst

  • Author: Lothar Philipps
  • Category: Articles
  • Region: Austria
  • Field of law: Legal Theory
  • Collection: Conference Proceedings IRIS 2015
  • Citation: Lothar Philipps, Alltagsszenen in intuitionistische Logik gefasst, in: Jusletter IT 26 February 2015
... diese Worte sollten nicht in einem philosophischen, sondern im alltäglichen Sinne genommen werden.
Arend Heying

Inhaltsverzeichnis

  • 1. Einleitung
  • 2. Anmerkung
  • 3. Literaturverzeichnis

1.

Einleitung ^

[1]
Ein Rechtssatz kann weder wahr noch falsch sein. Er mag gerecht oder ungerecht, zweckmäßig oder unzweckmäßig, klar oder unklar sein – aber wahr oder falsch ist er nicht. Deshalb liegt es nahe, dem entweder wahr oder falsch des Satzes vom ausgeschlossenen Dritten die Verbindlichkeit für das Recht abzusprechen.
[2]
Der Verzicht auf diesen Satz läuft auf die «intuitionistische» Logik hinaus. Entwickelt wurde diese von Mathematikern; denn auch in der Mathematik können Sätze auftreten, die weder wahr noch falsch sind. Die Texte zu dieser Logik sind freilich oft so schwer zugänglich, wie man es von reinen Mathematikern erwartet. Aus der Natur der Sache ergibt sich das aber nicht, sondern aus einem Schlenker der Wissenschaftsgeschichte. Der holländische Mathematiker Arend Heyting, der die Syntax der intuitionistischen Logik axiomatisiert hat (1930), hatte ganz andere Erwartungen an ihre Zukunft:

«Meiner Meinung nach hat er [der Intuitionismus] mehr Aussichten, in der Philosophie, den Geschichts- und Sozialwissenschaften von Wert zu sein ...»

[3]
Dazu passt, dass der russische Mathematiker Andrey Kolmogorov eine einleuchtende semantische Interpretation vorgestellt hat.
[4]
Der folgende Text skizziert in alltäglicher Sprache die Grundzüge dieser Logik. […]

2.

Anmerkung ^

[5]

Leider konnte Lothar Philipps selbst diesen Text nicht mehr vollenden. Viel zu früh ist er am 28. November 2014 friedlich entschlafen. Der Text sollte als Gegenstand die Intuitionistische Logik und das Recht haben. Eine Thematik, die Lothar Philipps seit seiner Dissertation immer wieder beschäftigte und für die er auch gegen viele Widersacher eingestanden ist. Die Intuitionistische Logik ist etwas anders als die sog. klassische oder philosophische Logik. Die IL akzeptiert keine Widerspruchsbeweise und keine Existenzbeweis, die nicht durch konstruktive Verfahren abgedeckt sind. Formal unterscheidet sie sich durch ein anderes Verständnis des Existenzquantors, des logischen Oder und durch den Verzicht auf Widerspruchsbeweise von der klassischen, d.h. gängigen Logik. In diesem Beitrag wollte Lothar Philipps abermals darauf hinweisen, dass die IL kein artifizielles Konstrukt ist, sondern im juristischen Alltag häufig anzutreffen ist, gerade wegen der rechtsschöpferischen Tätigkeit des Richters und der sich ändernden Interpretation gegebener Normen.

[6]

Vielleicht wird es uns möglich sein, aus den Fragmenten seines Nachlasses den einen oder anderen neuen Aufsatz zu rekonstruieren. Derweil möchten wir auf das schöne Buch «Endliche Rechtsbegriffe mit unendlichen Grenzen» verweisen, welches Lothar Philipps zusammen mit dem Verlag Editions Weblaw, Bern 2012, herausgegeben hat. Auf den Seiten 49–57 findet sich dort der Aufsatz Rechtliche Regelungen und formale Logik, der einen guten Eindruck von der Thematik gibt sowie als Einführung verstanden werden kann. Die elektronische Originalversion sowie zahlreiche weitere Beiträge sind in der Online-Zeitschrift Jusletter IT (http://www.jusletter-it.eu) zu finden.

3.

Literaturverzeichnis ^

Philipps, Lothar, Endliche Rechtsbegriffe mit unendlichen Grenzen, Editions Weblaw, Bern (2012).


 

Lothar Philipps, Prof. emer. in Criminal Law, Legal Informatics & Legal Philosophy, LMU München, Germany, Faculty of Law: Arcisstr. 21, D80333 München, DE, loth@jura.uni-muenchen.de; http://www.rechtstheorie.org