Jusletter IT

Konzeption eines visualisierungszentrierten Cyber-Security-Prozesses für die öffentlichen Verwaltung

  • Authors: Jennifer Stoll / Jasper Siemssen / Rainhard Z. Bengez
  • Category: Articles
  • Region: Germany
  • Field of law: Legal Visualisation, Multisensory Law
  • Collection: Conference Proceedings IRIS 2015
  • Citation: Jennifer Stoll / Jasper Siemssen / Rainhard Z. Bengez, Konzeption eines visualisierungszentrierten Cyber-Security-Prozesses für die öffentlichen Verwaltung, in: Jusletter IT 26 February 2015
Basierend auf drei Kategorien von Visualisierungstools wurde ein Informationsprozess aufgesetzt um es einer Organisation zu ermöglichen zeitnah auf Bedrohungsphänomene zu reagieren.

Inhaltsverzeichnis

  • 1. Einleitung
  • 2. Iteration des entscheidungsbasierten, visuell gestützten Daten- und Informationsmanagements
  • 2.1. Vorbemerkungen
  • 2.2. Was haben wir vorgefunden oder willkommen in der Welt 1.0
  • 2.3. Start des iterativen Konzepts – oder Aufbruch in die Welt 2.0
  • 2.4. Das Organisationskonzept der Welt 2.0
  • 2.5. Konzeptionelle Abbildung der organisatorischen Koevolution – die Welt 2.1
  • 3. Eine kurzer Ausblick
  • 4. Literaturverzeichnis

1.

Einleitung ^

[1]
Es war Peirce1, der die Dreiheit2 des Zeichens erneut aufarbeitete. Doch was, wenn wir über eine Fülle von Zeichen verfügen – wie sollten wir diese und insbesondere auf welche Weise handhaben? Da das Konzept der Dreiheit ein rekursives Abstraktionsschema ist, können wir aus bestehenden immer neue, adaptierte Zeichen generieren. Denn was wäre letztlich kein Zeichen? Oder kann man sich eine zeichenlose (soziale) Welt vorstellen, wenn man schon eine Fülle von Zeichen in Platons Höhle findet?
[2]
Dies lässt aber die Frage nach der Organisation der gegebenen Fülle und der eigentlichen Genese offen. Dieses organisationssemiotische Problem tritt nicht nur in philosophischen Kontexten auf, sondern ist in großen Organisationen ein geläufiges Problem, welches insbesondere dann zutage tritt, wenn (Massen-) Daten analysiert und ihr Kern visuell dargestellt werden soll, um Entscheidungsträgern eine Basis an relevanten, komprimierten und transformierten Daten in schnell verständlicher Form darzubieten. Vorrangig geht es demnach um die kontextbezogene Komplexitätsreduktion. Der Kontext wird hierbei aufgespannt durch die zur Verfügung stehenden Daten, das (minimal gemeinsame) intentionelle Wissen, die spezifischen Wissenswelten der involvierten sozialen Agenten und die vorliegenden Problem- und Entscheidungssphäre mit ihren jeweiligen Handlungsalternativen.
[3]
Unserer Auffassung nach tritt das semiotische Organisationsproblem besonders deutlich bei der Bewältigung und Transformation massenhafter Daten- und Informationsströme auf, die an unterschiedlich qualifizierte Entscheidungsträger adressiert sind. Lessig prägte den Begriff Regulation by Code3 im Kontext der zugangssteuernden Funktion von Software. Doch was sind Visualisierungen anderes als Zugänge in die problemzentrierte, Entscheidungen erzwingende Datensphäre? Solch ein Zugang muss effektiv und in gewisser Weise effizient sein. Um dem gerecht zu werden, bedarf es entsprechender Ausdrucksmittel und angepasster Visualisierungsstrategien.
[4]
In diesem Beitrag stellen wir hauptsächlich die Einführung zweier sich ergänzender Managementkonzepte vor, die dazu dienen, die gewählten Visualisierungselemente, d.h. das visuelle ABC, als Kern der Prozessorientierung zu verwenden. In diesem Artikel konnten wir keine der verwendeten Elemente angeben, da die Genehmigung hierzu noch aussteht. Wir hoffen, dass wir diese bis zum Vortrag auf der IRIS 2015 erhalten und diese somit vorstellen können.

2.

Iteration des entscheidungsbasierten, visuell gestützten Daten- und Informationsmanagements ^

2.1.

Vorbemerkungen ^

[5]
Ausgangspunkt dieser Ausarbeitung war der Auftrag der an einen der Autoren in Rahmen einer Sonderberatertätigkeit einer administrativen Institution innerhalb der Europäischen Union erging, den Informationsfluss unter Berücksichtigung der Erhöhung des Mehrwertes als Entscheidungsbasis zu verbessern. Aus Gründen des Geheimnisschutzes werden die initiierten Managementmethoden nicht im Detail wiedergegeben, sondern strukturell ähnliche Verfahren und Prozesse beschrieben, die dennoch in der Lage sind, den Mehrwert integrierter, evolutorischer Systeme wiederzugeben. Die ausgewiesenen Zahlen und Werte wurden einer den tatsächlichen Werten entsprechenden Verteilung entnommen. Hierzu wurden non-parametrische Verteilungen über die gewonnenen quantitativen Auswertungen gelegt. Die dadurch gewonnen Verteilungen wurden normiert. Den hier wiedergegeben numerischen Werten liegen die standardisierten Verteilungsmomente zugrunde. Somit wird die Aussage strukturell äquivalent, aber inhaltlich abweichend sein. Werden Verfahren in dieser Arbeit angegeben, so repräsentieren diese Verfahren, mit denen ähnliche Verteilungen generiert werden können. Die hier dargestellten Verfahren entstammen also der Familie der Verfahren, welche eben jene numerisch-quantitativen Verteilungen erzeugt. Damit ist einerseits der Geheimnis- und Quellenschutz gewahrt, andererseits sind wir in der Lage die Prinzipien unserer Vorgehensweise der Literatur zur Diskussion und gemeinsamen Vertiefung zur Verfügung zu stellen.

2.2.

Was haben wir vorgefunden oder willkommen in der Welt 1.0 ^

[6]
Stellen Sie sich bitte eine administrative Einheit eines Staates in der EU vor. An der Spitze dieser administrativen Einheit stehen ein oder mehrere Entscheidungsträger, deren sachlogische Aufgabe es ist, Entscheidungen zeitnahe zu fällen und zu verantworten. Traditionell sind solche administrativen Einheiten starr hierarchisch und bedingt funktional gegliedert. Ein zeitnahes Reaktionsmanagement ist in so einer Struktur nicht vorgesehen und kann bestenfalls über persönliche Beziehungen und Ignoranz des Dienstweges realisiert werden. Abbildung 1 gibt in etwa die Situation wieder, die in der besagten Institution vorherrschte.

Abbildung 1: Organisation der Institution vor dem Change-Management

Wie der Abbildung 1 zu entnehmen ist, dominieren die mittleren Führungs- und Fachebenen als Filter. So wünschenswert eine solche bürokratische Struktur auch ist, um für einen möglichst kleinen Grad an Korruption und eine große Institutionalisierung zu sorgen, so stellt sie sich doch als extrem hinderlich für einen hohen Durchdringungsgrad zeitintensiver Informationen dar. Problematisch ist auch die zu wählende Darstellungsform. An einer Ergebnispräsentation arbeiten diverse Ebenen mit, so dass diese zwar eine Art Konsens darstellt, eine Vorfilterung der Ergebnisse und doch den letztlichen Entscheidungsträger in seiner Informationsholschuld beschneidet. Die Diffusion ist überwiegend nicht gegeben. Der Entscheidungsträger lebt in einer virtuellen Blase, die von der vorgelagerten Institution geschaffen wurde und wenig mit einer visuellen kontextbezogenen Komprimierung der Daten (und Fakten) gemein hat.
Es ist offensichtlich, dass diese Organisationsstruktur einen gewissen Mangel aufweist, zeitintensiven und neuartigen Phänomenen zu begegnen.

2.3.

Start des iterativen Konzepts – oder Aufbruch in die Welt 2.0 ^

[7]

Ein Kernproblem der Welt 1.0 war, dass die hierarchische Struktur nicht die beschleunigte Natur der Ereignisse der externen Welt oder gar der Extremereignisse4 widerspiegelt. Die Diffusionsrate5 und die Reaktionsgeschwindigkeit6 in der Welt 1.0 sind vergleichsweise niedrig. Diese und weitere Parameter, mit denen wir die Organisationseinheit evaluiert haben, können der Tabelle 1 entnommen werden. Ein erstes Anliegen war es die Organisationsstruktur zu modifizieren, um einen optimaleren Informationsfluss der ausgewerteten und visuell aufbereiteten Daten hin zum Entscheidungsträger gewährleisten zu können.

Bearbeitungsdauer
Diffusionsrate
Einbettung der Daten in die Wissenslandschaft
Nutzen der Analyse & Visualisierung für das Entscheidungsproblem
Qualität der Analyse
Qualität der gegeben Daten
Reaktionsgeschwindigkeit
Relevanz der Analyse & Visualisierung für das Entscheidungsproblem
Verständlichkeit der Analyse
Verständlichkeit der Situation
Verständlichkeit der Visualisierung
Verständlichkeit des Problems / Fragestellung

Tabelle 1: Charakteristische Parameter des Informationsprozesses einer Organisationseinheit

Der nachfolgenden Tabelle 2 sind die Skala, Ausprägung und die Art der Evaluierung der jeweiligen Parameter zu entnehmen. Die sog. gemessenen Werte basieren auf technischen Parametern, die Erhobenen auf der Einschätzung der jeweiligen Adressaten. Beispielsweise wurde für den Parameter der Einbettung der ankommenden (neuen) Daten in die bereits bestehende Wissenslandschaft gezählt, wie viele Querverbindungen zu bereits abgelegten Datensätzen mittels SQL oder anderer Abfragesprachen aufgebaut wurden. Hieraus ergaben sich unterschiedliche Verteilungsfunktionen, die über die einfache Entropie-Funktion und die relativen Extremwerte zweifach normiert wurden, um eine Vergleichbarkeit der Parameter sicherzustellen. Um die dominierende Kategorie zu bestimmen haben wir nicht den Mittelwert verwendet, sondern den Modus. Der Modus ist der häufigste Wert. Wurde beispielsweise in einer Bewertung 100-mal rot, 90-mal gelb und 70-mal grün angegeben, so haben wir «rot» als Charakterisierung für den korrespondierenden Parameter gewählt. Wir haben uns auf den Modus als Bewertungskriterium geeinigt, da es sich hierbei um Fragestellung handelte, welche kritische Infrastruktur betraf, d.h. sensible und zeitsensitive Themen. Die Situation ist vergleichbar mit der eines Notfallmediziners. Dieser legt andere Maßstäbe an den Grad der Zeit und der Reaktion als beispielsweise ein Pathologe.

Tabelle 2: Bewertungsskalen der charakteristischen Parameter

Der Umstrukturierung der Welt 1.0 hin zur Welt 2.0 ging eine generelle Evaluierung der Institution hinsichtlich ihrer Reaktion auf zeitsensitive Probleme voraus. Die ermittelten Werte wurden über einen Zeitraum von 18 Monaten gesammelt und ein Durchschnittswert gebildet. Die resultierenden Werte der Vorstudie sind der Tabelle 3 zu entnehmen.

Parameter Ergebnis Bewertung
Reaktionsgeschwindigkeit 0,2831 höher ist besser
Diffusionsrate 0,1273 höher ist besser
Verständlichkeit der Analyse red grün ist das Beste
Verständlichkeit der Visualisierung red grün ist das Beste
Verständlichkeit der Situation / Kontexts yellow grün ist das Beste
Verständlichkeit des Problems / Fragestellung red grün ist das Beste
Qualität der gegeben Daten yellow grün ist das Beste
Einbettung & Vernetzung der Daten in die bestehende Wissenslandschaft 1,33 höher ist besser
Qualität der Analyse yellow grün ist das Beste
Nutzen der Analyse & Visualisierung für das Entscheidungsproblem yellow grün ist das Beste
Relevanz der Analyse & Visualisierung für das Entscheidungsproblem yellow grün ist das Beste
Bearbeitungsdauer 128 niedriger ist besser

Tabelle 3: Werte der Parameter für die Welt 1.0

Allein diese Untersuchung lässt keine größeren Interpretationen zu, außer, dass sie das generelle Gefühl der Unzufriedenheit der Beteiligten mit der Organisation und ihrer Zeitgemäßheit zum Ausdruck bringen. Da vergleichende Benchmark-Studien fehlen, kann man diese Resultate nicht(!) zum Ausgangspunkt eines Strukturwechsels nehmen. Allerdings bestanden der politische Wille und die Überzeugung der meisten Beteiligten nach einer Anpassung des kritischen Informations- und Visualisierungsprozesses.

2.4.

Das Organisationskonzept der Welt 2.0 ^

[8]
Ein Hauptaugenmerk war es, die Diffusionsrate, die Reaktionsgeschwindigkeit und die Verständlichkeit der Darstellung der Analysen für die Entscheidungsträger maßgeblich zu erhöhen. Um diesem Ansinnen gerecht zu werden, wurde das in Abbildung 2 dargestellte Organisationskonzept für visuell gestützte, auf kritische Entscheidungen avisierte Prozessmodell entworfen und implementiert.

Abbildung 2: Organisationskonzept der Welt 2.0

[9]

Was wurde durch diese Reorganisation erreicht, was bleibt offen? Zum einen wurden die zahllosen Fach- und Führungsfilter und die Abstimmungsrunden durch ein lineares (Stab-)Prozessmodell abgelöst. Die Kernkategorien des Welt 2.0-Modells sind die (institutionelle) Wissensbasis, der Entscheidungsträger, die Daten, die auslösenden Ereignisse und insbesondere die dreigeteilte Ergebnisvisualisierungs- und Analyse-Abteilung. Ein wesentliches Element der Welt 2.0 ist die Regelungs- oder Umschlagmechanik, nach der die eingetroffenen Ereignisse analysiert werden.

Parameter Ergebnis Bewertung
Reaktionsgeschwindigkeit 0,3796 höher ist besser
Diffusionsrate 0,2153 höher ist besser
Verständlichkeit der Analyse yellow grün ist das Beste
Verständlichkeit der Visualisierung yellow grün ist das Beste
Verständlichkeit der Situation / Kontexts yellow grün ist das Beste
Verständlichkeit des Problems / Fragestellung red grün ist das Beste
Qualität der gegeben Daten yellow grün ist das Beste
Einbettung & Vernetzung der Daten in die bestehende Wissenslandschaft 3,75 höher ist besser
Qualität der Analyse yellow grün ist das Beste
Nutzen der Analyse & Visualisierung für das Entscheidungsproblem yellow grün ist das Beste
Relevanz der Analyse & Visualisierung für das Entscheidungsproblem yellow grün ist das Beste
Bearbeitungsdauer97niedriger ist besser

Tabelle 4: Werte der Parameter für die Welt 2.0

Stellt man nun die gewonnenen Erkenntnisse der beiden Studien gegenüber, so erkennt man (vgl. Tabelle 5), dass durch die Konzeption und Einführung der Welt 2.0 sich die Institution gegenüber der Welt 1.0 bei einigen besonders hervorgehobenen Parametern verbessert hat. Wie zu erwarten war, haben sich insbesondere die Reaktionsgeschwindigkeit und die Diffusionsrate verbessert. Die Entscheidungsträger können in der Welt 2.0 auf zeitsensitive und neuartige Phänomene besser und fundierter informiert reagieren. Ein Bonus ist es, dass sich durch diese strikte Struktur auch die Qualität der visuellen Darstellung verbessert hat. Das kommt nicht von ungefähr. Wurden die drei Analysesektionen doch gerade nach den Kategorien der visuellen Gestaltung gegliedert. Das bedeutet, dass der Welt 2.0 eine Konzeption vorausging, in der die gesamten Gestaltungselemente in drei Kategorien eingeteilt wurden: Standardprobleme und die zu ihrer Analyse und Gestaltung notwendigen visuellen Elemente (Graphen, Mappen, Diagramme, etc.). Standardprobleme zeichnen sich dadurch aus, dass sie bereits institutionalisiert und der Art nach bekannt sind. Das Besondere an ihnen ist lediglich die Ausformung, der sog. spezielle Fall. Die zweite Kategorie umfasst die sog. kritischen und zeitsensitiven Probleme. Darunter fallen alle neueren und dringlichen Probleme und die Elemente der Darstellung, die notwendig sind, diese in kurzer Zeit prägnant und mit zielgerichteter Information angereichert an den Entscheidungsträger zu adressieren. Die letzte Kategorie ist das Sammelbecken der neuartigen, aber weniger zeitintensiven Phänomene, die sog. seltsamen oder eigenartigen Phänomene. Alle drei Kategorien sind durch eine starre Austauschmechanik verbunden. Zur Illustration stellen wir uns vor, dass zu einem Zeitpunkt t0 n unterschiedliche Phänomene zu untersuchen sind. Diese kommen in den Briefkasten der Abteilung 1 (= Kategorie 1). Nach einer gewissen Zeitspanne z ist ein Teil der Aufgaben erledigt und kann direkt dem Entscheidungsträger übergeben werden. Die aussortierten Aufgaben werden dann zum Zeitpunkt t1 zu jeweils 50% an die Kategorien 2 und Kategorien 3 weitergereicht. Die Leitidee, die dem zugrunde liegt ist, dass nach der ersten Aussortierung durch die Standardabteilung nur die kritischen Probleme und Fragestellungen übrigbleiben. Dass die Standardabteilung vorgeschaltet ist, liegt darin begründet, dass die überwiegende Mehrzahl der zu bearbeitenden Fälle bereits institutionalisiert ist. Aus den Kategorien 2 und 3 werden ebenfalls die Analysen, die nach einer Zeitspanne z abgearbeitet wurden, an den Entscheidungsträger unmittelbar weitergereicht. Aus der Kategorie 2 werden die Aussortierten an die Kategorie 3 weitergereicht. Alle die Aufgaben, die nach der Zeitspanne z in der Kategorie 3 nicht bearbeitet worden sind, gehen jeweils zu 50% an die Kategorie 2 und an die Kategorie 1.

Innerhalb der Abteilungen arbeiten die Analysten und Visualisierer nach spezifischen agilen Methoden. Von außen vorgegeben wird nur der Zeitparameter z, der eine wesentliche Steuerungsgröße darstellt und festlegt, wie lange im Durchschnitt ein Fall in jeder Abteilung analysiert, visualisiert und ergebnisfixiert an den Entscheidungsträger weitergereicht werden muss. Der Parameter z wird so klein gehalten, dass die problematischen Fälle schnell rotieren können. Durch die erhöhte Umlaufgeschwindigkeit gehen die Phänomene durch entsprechend viele Hände, so dass in den Begleitdokumenten genügend Hinweise gesammelt werden können und entsprechende Sachbearbeiter identifiziert werden.

Parameter Welt 2.0 Welt 1.0
Reaktionsgeschwindigkeit 0,3796 0,2831
Diffusionsrate 0,2153 0,1273
Verständlichkeit der Analyse yellow red
Verständlichkeit der Visualisierung yellow fed
Verständlichkeit der Situation / Kontexts yellow yellow
Verständlichkeit des Problems / Fragestellung red red
Qualität der gegeben Daten yellow yellow
Einbettung & Vernetzung der Daten in die bestehende Wissenslandschaft 3,75 1,33
Qualität der Analyse yellow yellow
Nutzen der Analyse & Visualisierung für das Entscheidungsproblem yellow yellow
Relevanz der Analyse & Visualisierung für das Entscheidungsproblem yellow yellow
Bearbeitungsdauer 97 128

Tabelle 5:Werte der Parameter für die Welt 1.0 und Welt 2.0 im Vergleich

Es lässt sich zeigen, dass diese Prozessorganisation zu einem theoretischen Konvergenzverhalten führt, die mit dem goldenen Schnitt assoziiert ist. Dieses theoretische Verhalten ist äußerst aufschlussreich für die Bedeutung der visuellen Elemente zur Darstellung und Kommunikation der Inhalte (tool boxes), die überwiegend zum Einsatz kommen. In anderen Worten, die visuellen Elemente, welche dem Fundus der zeitsensitiven, kritischen Kategorien zugrunde liegen, dominieren in der Verwendung und das, obwohl die kritischen Fragestellungen und Analysen lediglich zehn bis 20 Prozent der Gesamtmasse darstellen. Der Grund hierfür mag darin begründet sein, dass die hierbei verwendeten Elemente die Informationen am eingängigsten für die Entscheidungsträger darstellen. Kurz gesagt, wenigen ausdrucksmächtigen visuellen Elementen ist der Vorzug vor allzu großer Kunstfertigkeit oder Technik- und Detaillastigkeit zu geben. Doch das ist Gegenstand einer anderen Untersuchung.
[10]
Wie könnte es nun weiter gehen, wenn dieses flache Konzept der agilen Rotation und Wissensakkumulation basierend auf den Kategorien der visuellen Gestaltungselemente schon solche guten Erfolge aufweist?

2.5.

Konzeptionelle Abbildung der organisatorischen Koevolution – die Welt 2.1 ^

[11]
Die Welt außerhalb der Institution wie auch ihre Mitglieder verändert sich. In welcher Weise kann die Organisation und der aufgesetzte Welt 2.0 Prozess davon profitieren? Das Stichwort hier ist: Ko-Evolution und Adaption. Auf dieselbe Weise wie die Welt, in der die Organisation eingebettet ist, sich verändert, muss diese Änderung möglichst zeitnah sich in den Abläufen und insbesondere in den Analysen und Darstellung, sprich in den Entscheidungen widerspiegeln. Ein wesentlicher Aspekt der Welt 2.0 ist das Konzept der Wissensakkumulation und der Rotation (Prinzip der vielen Hände oder des Expertenschwarms). Somit ist es möglich institutionell von dem individuellen Wissensschatz zu profitieren. Doch wie könnte man diese Änderungen in den visuellen Elementen (tool boxes), die den Kategorien zugrunde liegen, initiieren, oder wie kann die Ebene der Adressaten der Analysen und Visualisierungen (Entscheidungsträger) konstruktives Feedback geben?
[12]
Das war die Ausgangssituation in der Zwischenevaluierung der Welt 2.0, der Ausgangspunkt für eine Restrukturierung war, die der Abbildung 3 zu entnehmen ist. Wir haben die Welt 2.0 angereichert, indem eine Art Marktplatz eingerichtet worden ist, in welchem die Abnehmer der Analysen, d.h. die Entscheidungsträger, die Güte der Visualisierung, etc. bewerten und ggf. Kommentare hinterlassen können. Diese Kommentare sind von allen einsehbar. Dadurch können einzelne Darstellungen und Analysten gezielt bevorzugt werden. Der wünschenswerte Effekt ist Transparenz und zeitnahe Koevolution der Organisation. Eine detailliertere Analyse der Welt 2.1 würde ergeben, dass es sich hierbei um ein sog. Bayes’sches Spiel handelt. Eine Aufgabe, die wir für eine andere Ausarbeitung aufschieben.

Abbildung 3: Evolutionskern der Welt 2.1

3.

Eine kurzer Ausblick ^

[13]
In dieser Ausarbeitung haben wir eine Studie und Konzeptionierung vorgestellt, die einen Projektumfang von 3*18 Monaten und ca. 48 Mio. Euro umfasst und bei der ca. 150 Personen involviert waren und einer der Co-Autoren dieser Ausarbeitung die Rolle des projektverantwortlichen Leiters und Koordinators innehatte. Wir konnten nachweisen, dass eine Informationsprozess-Orientierung an visuellen Gestaltungselementen (den Alphabeten) eine effektive Steigerung der Informationsverbreitung und Evolution sowie Reaktion der Institution befördert. Das ganze Konzept stellt eine Mischform zwischen linearen und agilen Managementkonzepten dar. Offen geblieben sind die spieltheoretische Ausarbeitung und genauere Evaluierung der Distributionsmechanik. Ferner stellt sich die Frage nach einzelnen besonders hervorzuhebenden Visualisierungselementen und strukturellen Ansätzen, die beispielsweise in [Stoll, 2015] und den dort vorhandenen Literaturverweisen diskutiert werden.

4.

Literaturverzeichnis ^

Lessig, Lawrence, Code and other Laws of Cyberspace. Basic Books, New York (1999).

Peirce, Charles Sanders, Collected Papers. Harvard University Press, Cambridge (1931–1935).

Stoll, Jennifer & Bengez, Rainhard, Visualisation of Cyber Security Policy. In: Proceedings of the NATO Cyber Security Task Force, S. 107–129 (2015).


 

Jennifer Stoll, Visiting Professor in Cyber Security Management & Visualization Management, TU München, MCTS – Munich Center for Technology in Society, Arcisstr. 21, 80333 München, DE, j.stoll@tum.de


Jasper Siemssen, Head of Analytics, DePauli AG, Gutenbergstr. 3a, 85748 Garching, DE, j.siemssen@depauli.com; http://www.herrenausstatter.de


Rainhard Z. Bengez, Prof. in Mathematics, Legal Informatics & Legal Philosophy, Kansai University, Osaka, Japan & TU München, Germany, Faculty of Law & Faculty of Mathematics & MCTS – Munich Center for Technology in Society, German address: Arcisstr. 21, 80333 München, DE, bengez@web.de; bengez@tum.de; http://www.philosophyofdata.org; http://www.rechtstheorie.org

  1. 1 «I am, as far as I know, a pioneer, or rather a backwoodsman, in th work of clearing and opening up what I call semiotic, that is, the doctrine oft he essential nature and fundamental varietes of possible semiosis […]». Peirce, Collected Papers, (book 5, p. 488, 1934). In (book 2, p. 227, 1932) bezeichnet er diese Semiotik auch als Logik. Damit interpretiert er die Leibnizsche mathesis universalis, in Anlehung an Leibniz das Zeichen, eine universelle Maschine. Er geht damit aber nicht über Leibniz hinaus, sondern nimmt dessen Erkenntnisontologie, die Monadologie, ernst. Er sieht diese in dem Zeichen als Träger der allgemeinen Repräsentation des Seins verwirklicht. Das Zeichen, die Semiosis ist somit die ontische Realität einer tieferliegenden Ontologie. Peirce offenbart sich somit als ein Vertreter der Leibniz’schen Erkenntnistheorie.
  2. 2 In (book 5, p. 484, 1934) beschreibt er dann die Dreiheit des Zeichens: «an action, an influence, which is, or involves, a cooperation of three subjects, such as a sign, its object, and its interpretant, this thri-relativ influence not being in any way resolvabe into actions between pairs».
  3. 3 Vgl. Lessig, Code and Other Laws of Cyberspace (1999).
  4. 4 Das sind Ereignisse, die zwar äußerst selten, d.h. sehr unwahrscheinlich sind, aber bei ihrem Eintreten extrem hohe bis nicht tragbare Kosten verursachen. Im extremsten Fall mag man sich darunter einen fall out vorstellen, oder Überschwemmungen, die das flache Festland der BRD von Hamburg bis Berlin betreffen oder ähnliches wie den Ausfall der IT-Steuerungsanlage in einer kritischen Infrastruktur während gleichzeitig eine Sicherung bei dem Notaggregat durchbrennt. Letzteres ist nur scheinbar ein konstruiertes Beispiel.
  5. 5 Damit ist gemeint, wie schnell sich eine Neuigkeit innerhalb der Organisation ausbreitet, d.h. wie schnell beispielsweise neues Wissen allgemein verfügbar ist.
  6. 6 Hiermit wird die allgemeine Fähigkeit einer Organisation bezeichnet, auf neu einzutreffende Daten (u.a. kritische Informationen) zu reagieren. Allgemein gilt, dass Organisationen eine gewisse Trägheit inhärent ist. Zwischen dem Ereignis, der Wissensverarbeitung und der tätigen Reaktion darauf vergeht eine gewisse Zeit.