Jusletter IT

Kooperation und Systemarchetypen

  • Author: Hanna Maria Kreuzbauer
  • Category: Articles
  • Region: Austria
  • Field of law: Co-operation
  • Collection: Conference Proceedings IRIS 2015
  • Citation: Hanna Maria Kreuzbauer, Kooperation und Systemarchetypen, in: Jusletter IT 26 February 2015
Kooperation ist nach wie vor ein gängiges Thema, das auf einer abstrakten Ebene von System-, Spiel- und Evolutionstheorie erforscht wird. Die Autorin dieses Beitrags versucht hier anzuknüpfen und die Frage in eine bestimmte Richtung zu erweitern: Ausgehend von einem kurzen Überblick über die Forschungsgeschichte des Begriffs der Kooperation wird am Beispiel der vom US-amerikanischen Managementvordenker Peter M. Senge vorgeschlagenen Typologie von zehn Systemarchetypen gezeigt, wie sich der Wettbewerb von Unternehmen auf einem Markt modellieren lässt, wenn man davon ausgeht, dass gleichzeitig in jedem dieser Unternehmen auch ein interner Wettbewerb um die richtige Strategie der Unternehmensführung existiert und beide Systeme miteinander interagieren. Dies wird als Beitrag zur Modellierung sozialer Systeme verstanden, was letztlich der besseren Modellierung der Normsetzung dienen soll.

Inhaltsverzeichnis

  • 1. Vorbemerkung
  • 2. Kooperation in der okzidentalen Ideengeschichte
  • 3. Was ist Kooperation?
  • 4. Peter Senges Systemarchetypen und die Kooperation von Systemen
  • 5. Kooperationstheoretische Modellierung von Systemarchetypen
  • 5.1. Teil 1: Strukturmodellierung
  • 5.2. Teil 2: Feedbackfluss-Modellierung
  • 6. Ergebnis
  • 7. Zusammenfassung
  • 8. Literatur

1.

Vorbemerkung ^

[1]

Kooperation1 ist eines der schwierigsten und gleichzeitig interessantesten Themen der modernen Wissenschaft. Empirisch ist ihre Existenz quasi trivial, theoretisch schien es lange Zeit so, als dürfe es sie eigentlich gar nicht geben. Durch ihre Verbindung mit der Evolutionstheorie2 und dem Populationsparadigma3 eröffneten sich Möglichkeiten, von denen man bis vor kurzem nicht einmal zu träumen gewagt hatte, nämlich so etwas ähnliches wie «Naturgesetze» menschlicher Kultur zu finden, viel komplexer freilich als die klassischen Naturgesetze etwa der Physik, aber einfacher, allgemeiner und gleichzeitig gehaltvoller als alles bisher in den Sozial- und Kulturwissenschaften gekannte. Der Kooperationsbegriff ist dabei bis heute nicht befriedigend geschärft und außerdem fehlt nach wie vor ein gründliches Verständnis des Übergangs von der atomistischen Kooperation innerhalb einzelner Kooperationszellen zur Kooperation ganzer Systeme. Da solche jedoch in anderen Zusammenhängen analysiert werden, scheint die Idee der Verbindung beider Ansätze naheliegend, die hier anhand eines der bekanntesten Modelle, nämlich Peter Senges Theorie von den Systemarchetypen4, versucht werden soll. Für die Rechtswissenschaften würde das auf längere Sicht eine neue Modellierung sozialdynamischer Zusammenhänge bedeuten, was für die Erforschung der Normakzeptanz etwa im Bereich der Rechtsinformatik ganz neue Perspektiven eröffnen würde und damit einen Beitrag zur Qualitätssteigerung rechtlicher Steuerungsmaßnahmen darstellen könnte.5 D.h. anders ausgedrückt: um die Normsetzung zu verbessern muss man die Auswirkungen der Tatbestände studieren und dazu muss man vorher die Sachverhalte modellieren können.

2.

Kooperation in der okzidentalen Ideengeschichte ^

[2]

Im wissenschaftlichen Diskurs ist Kooperation als Thema erst spät aufgetaucht. Für die Antike waren weder Kooperation noch ihr Gegenteil – die Defektion – besondere Themen. Für die vorchristlichen, also die klassischen, Bildungseliten war die Welt ohnehin meist eine je nach Schule durch λόγος, νόμος oder lex aeterna bestimmte einzige Wohlgeordnetheit. Für ihre christlichen Nachfolger/-innen stand die Gottesidee im Zentrum, gegenüber der das Kooperieren oder Defektieren von Mensch und Kreatur unbedeutend erscheinen musste. Beide Traditionen teilen sich aber die Vorstellung von einer Welt, die vom Allgemeinen zum Speziellen und/oder von oben nach unten geordnet war und nicht umgekehrt. Augenscheinlich folgte dieses Denken dem rhetorischen Ordo-Paradigma der Unterscheidung zwischen «per generales et speciales quaestiones»6 und räumte der globalen Perspektive Priorität ein. Die Idee der Kooperation wird einem dadurch aber eher verschlossen als eröffnet, weil diese normalerweise die Interaktion lokaler autonomer Entitäten – meist Agenten genannt – und deren Präferenzen und Handlungsstrategien beinhaltet.7 Auch später konnte sich die christliche Philosophie nicht von der globalen Fokussierung im Sinne der von der transzendenten Entität Gott umfassend geordneten Welt lösen. Nachdem Nikolaus Kopernikus (1473 bis 1543), Galileo Galilei (1564 bis 1641) und andere das naturalistische Zeitalter eingeläutet hatten, wurde der Naturbegriff profan und empirisch. Obwohl man vor und nach Isaac Newton (1642 bis 1726) globale – z.B. physikalische – Naturgesetze formulierte, gewann die lokale Ebene immer mehr an Gewicht (was im Grunde bis zum heutigen naturwissenschaftlichen Standardverfahren der modellgeleiteten empirischen Forschung geht). Insbesondere in den biologischen Wissenschaften sind globale Gesetze jedoch dünn meist gestreut, von den Sozial- und Kulturwissenschaften ganz zu schweigen. Der erste bedeutende Philosoph, der Kooperation und Egoismus in unserem Sinne thematisierte, war Thomas Hobbes (1588 bis 1679), und in der Tat nimmt sein «Bellum omnium contra omnes»8 im Grunde alle Zutaten der modernen Spieltheorie bereits vorweg.

[3]
Die erste wichtige Idee kam aber aus einer anderen Richtung, und zwar von Adam Smith9 (1723 bis 1790). Dieser war zwar nicht der erste, aber der einflussreichste, der beschrieb, wie durch die egoistischen Handlungen einzelner wirtschaftlicher Akteure insgesamt allgemeiner Wohlstand entstünde. Bis heute ist diese Idee bekanntlich eine sehr wirkmächtige Rechtfertigung der Defektion, ja des Egoismus. Jedenfalls findet sich hier zum ersten Mal an prominenter Stelle die Idee vertreten, dass die Summe lokaler Phänomene eine globale Eigenschaft des Gesamtsystems produziert.
[4]

Der zweite Akt – und insgesamt wahrscheinlich überhaupt die wichtigste Revolution der europäischen Wissenschaftsgeschichte – war Charles R. Darwins (1809 bis 1882) Evolutionstheorie.10 Diese begründet bzw. folgt über weite Strecken das/dem Populationsdenken11, d.h. dem Paradigma, in dessen Zentrum die eben genannte Idee steht, globale Phänomene – bzw. Phänomensattribute – als durch Systeme lokaler Phänomene verursacht zu betrachten. Die zunächst auf die «Entstehung der Arten» angewandte Evolutionstheorie wird heute in vielen Bereichen verwendet und mit der Idee der Kooperation verbunden.12 Den Mechanismus der Evolution stellt man sich heute etwa so vor: Ausgangspunkt ist eine bestimmte Population von im Detail nicht völlig gleichartigen lebens- und fortpflanzungsfähigen und -willigen Agenten und eine so weit ressourcenknappe Umwelt, dass nicht alle Agenten überleben und zur Fortpflanzung kommen, was zu einem Wettbewerb zwischen den Agenten führt. Bestimmte Merkmale der – wie gesagt unterschiedlichen – Agenten erweisen sich dabei als vorteilhaft, weshalb sich diese Agenten tendenzmäßig eher fortpflanzen und diese Merkmale damit an ihre Nachkommen weiter vererben. Mit der Zeit bzw. über Generationen verändern sich die Lebewesen dadurch. Wenn man nun geografische und anderen Grenzen annimmt erklärt dies völlig ohne transzendenten Eingriff die Verschiedenheit der biologischen Arten auf der Erde. In dieser einfachen Form erklärt die Evolutionstheorie aber nicht die Kooperation, sondern im Gegenteil, lässt der im Zentrum stehende Wettbewerb eher an defektierendes, ja rücksichtslos egoistisches Verhalten denken. Das Ergebnis der Versuche, darauf Moral bzw. politische Ideologie aufzubauen, ist hinreichend bekannt.

[5]
Bis etwa zur Mitte des 20. Jahrhunderts gab es damit zwei sehr erfolgreiche und robuste Theorien, in deren Zentrum defektierendes und nicht kooperatives Verhalten stand: den Kapitalismus und die Evolutionstheorie. Abgesehen davon, dass dies der moralischen Intuition vieler Menschen wiedersprach, entstanden auch fachlich immer mehr Zweifel an diesem Bild, da Kooperation in der Natur zweifellos vorkommt, wobei Insektenstaaten, lebenslang monogame Vögel, jagende Wolfsrudel, Sexualität und die kameradschaftlichen Erlebnisse, die die Männer aus dem Kriege mitbrachten, insgesamt nur die wichtigsten Beispiele sind. Wissenschaftler/-innen wie Konrad Lorenz (1903 bis 1989) halfen sich mit der Annahme einer natürlichen Beißhemmung, was heute in dieser Form nicht mehr vertreten wird.
[6]
Der nächste wichtige Schritt folgte auf die Frage, wer eigentlich der Agent der biologischen Evolution ist. Wir haben damit die Vereinigung von Evolutionstheorie und Vererbungslehre bzw. Genetik ausgelassen, müssen aber doch auf eine in diesem Zusammenhang sehr berühmte Entdeckung hinweisen, und zwar auf die der DNA durch James D. Watson (*1928) und Francis Crick (1916 bis 2004) und damit auch der Interpretation der Gene als deren vererbungsrelevanten Abschnitten, was die Evolutionstheorie nebenbei etwas näher an ihre biochemische Basis rückte. Richard Dawkins (*1941) wies nun mit seiner populären Metapher vom «egoistischen Gen»13 den Weg. Für die Kooperation war dabei am wichtigsten, dass, wenn das Gen der egoistische Agent im Evolutionsprozess war, der defektierte wann immer es im passte, das einzelne Lebewesen nicht mehr egoistisch sein musste. Man sprach damals davon, dass das Lebewesen die Replikationsmaschine des Gens sei, und es war leicht einzusehen, dass sich das egoistische Gen aus völlig egoistischen Motiven auch eine kooperative Replikationsmaschine zulegen konnte, wenn das seinen Nutzen besser beförderte. Die Idee vom (auch) kooperativen Meta-Agent wird übrigens vom großen Konkurrent der Evolutionstheorie, der neoklassischen Wirtschaftswissenschaft, bis heute – zumindest im Mainstream – teils wütend bekämpft.
[7]
In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts schließlich, kam die moderne Spieltheorie auf14, die Evolutionstheorie und Kooperation miteinander verknüpfte15. Im Zentrum der sich dieses Paradimas bedienenden Kooperationsforschung stehen Kooperationsdilemmas16, von denen das berühmteste das so genannte Gefangenendilemma ist, für das es viele motivierende Interpretationen gibt. Nach einer gängigen verbüßen zwei Gefangene bereits eine längere Haftstrafe, werden aber noch eines anderen Verbrechens verdächtigt und getrennt voneinander gefragt, ob sie gestehen, zusammen dieses andere Verbrechen begangen zu haben. Wenn einer gesteht und der andere nicht, belohnt die Justiz das Geständnis und verurteilt den anderen aber umso härter. Wenn keiner gesteht gewinnen sie ein beträchtliches Ausmaß an Jahren außerhalb des Gefängnisses, wenn beide gestehen, bewegt sich die Strafe auf mittlerem Niveau. Dass bedeutet, dass sich jeder Gefangene bei entsprechendem Verhalten eine unterschiedliche Menge an Gefängnisjahren erspart und damit – um positive Punkte vergeben zu können – Freiheitsjahre gewinnt. Die genaue Punkteanzahl hängt jedoch stets auch vom Verhalten des anderen ab und außerdem wird ein Geständnis als Verrat am anderen Gefangenen interpretiert und damit als Defektion (D) gewertet, das nicht Gestehen als Kooperation (C). Das heißt, die Spieloptionen sind: Kooperieren oder Defektieren, eine neutrale Option gibt es nicht17 und eine dazu passende Auszahlungsmatrix18, die die zu gewinnenden Freiheitsjahre als positive Punkte verteilt, wäre:
[8]
Das Dilemma ergibt sich aus den unterschiedlichen Zahlenverhältnissen, wobei die exakte Belegung unerheblich ist. Für den Gefangenen A gilt: D/C > C/C > D/D > C/D bzw. T > R > P > S19, für den Gefangene B: C/D > C/C > D/D > D/C und global: C/C > (CD v D/C) > (D/D). Man beachte, dass alle drei Bewertungsvarianten von einander abweichen. Abgesehen davon ist für jeden Gefangenen Defektion des kooperierenden anderen Gefangenen die beste Option, dann kommt beidseitige Kooperation, dann beidseitig Defektion und dann Kooperation bei gleichzeitiger Defektion des anderen. Da 5 mehr als 4 ist und 2 mehr als 1, ist Defektion die bessere Strategie und damit eine so genannte dominante Strategie.
[9]

Manche halten die Zahlenverhältnisse für willkürlich, was aber nicht der Realität entspricht, weil damit genau das Dilemma des Vertrauens auf andere Agenten abgebildet wird. Das Gefangenendilemma ist die stringenteste Form eines Kooperationsdilemmas.20 Durch Variation der Zahlenverhältnisse lassen jedoch auch schwächere Formen modellieren.21 Alleine durch diese Eigenschaft ist das Gefangenendilemma für viele Wissenschaften, wie etwa Soziologie, Ökonomie, Internationale Beziehungen, Ethik und Rechtsphilosophie sehr fertil, was mit Abstrichen sogar dann gilt, wenn man die mathematischen Aspekte beiseite lässt, d.h. das Dilemma nur so oberflächlich verwendet, dass man eigentlich schon von einer Metapher sprechen müsste. Wissenschaftlich richtig interessant wird die Sache aber erst dann, wenn man das Gefangenendilemma mehrfach hintereinander spielt, was man iteriertes Gefangenendilemma nennt und was auch gut durch Computerprogramme simuliert werden kann. Damit kann man unterschiedliche Strategien und deren Interaktionen/Kooperationen simulieren. Wenn man ganze Populationen von Strategien miteinander spielen lässt und den Gewinn in «Nachkommen» auszahlt, kann man auch die Evolution simulieren. Dies wird seit mehreren Jahrzehnten gemacht und damit konnte die Frage geklärt werden, warum Kooperation trotz der Tatsache, dass Defektieren eine dominante Strategie darstellt, evolvieren kann: die Dominanz der Defektion stellt für die Kooperation zwar eine Eingangsschwelle dar, wenn die Spieler es aber aus welchem Grund auch immer einmal geschafft haben zu kooperieren, lohnt sich das langfristig. D.h. dass sie auf lange Sicht mit Kooperation am besten fahren. Es stellt sich die Frage, welche Strategie beim iterierten Gefangenendilemma die erfolgreichste ist, was relativ bald geklärt wurde: Es muss eine Strategie sein, die möglichst gut mit den anderen Spielern kooperiert und sich gleichzeitig nicht ausnutzen lässt. In der Tat war TFT (=Tit for Tat) dabei eine der ersten sehr erfolgreichen Varianten, weil sie trotz bestimmter mittlerweile gut dokumentierter Schwächen relativ robuste Kooperationen aufbauen konnte.

[10]
TFT war ein typisches Beispiel für direkte Reziprozität. Martin A. Nowak (*1965), einer der führenden Forscher in diesem Bereich, unterscheidet jedoch zwischen insgesamt fünf Mechanismen der Evolution von Kooperation:
[11]
Direkte Reziprozität (direct reciprocity)22: Ist der einfachste Mechanismus um Kooperation evolvieren zu lassen. Das Prinzip besteht darin, auf das Verhalten anderer Strategien ähnlich zu reagieren. TFT beispielsweise kooperiert mit allen Strategien, die auch kooperieren, kann aber zu keiner stabilen Kooperation führen, weil es gegenüber ALLC (immer kooperieren) neutral ist und daher in bestimmten Fällen verdrängt werden kann.23 ALLC wiederum kann dann durch ALLD (immer defektieren) besiegt werden.24
[12]
Indirekte Reziprozität (indirect reciprocity)25: Bei dieser Art der Reziprozität geht es um Reputation. Man kann es sich wie das eBay-Reputationssystem26 vorstellen. Erfolgreich kooperierende Strategien häufen Reputation an, die dann via Kommunikation mitgeteilt wird.27 Rationale kooperative Strategien würden dann bevorzugt mit solchen kooperieren, die bereits eine entsprechende Reputation angehäuft haben.
[13]
Räumliche Selektion (spatial selection)28: Bei den bisher betrachteten Spielen interagiert jede Strategie grundsätzlich in jeder Runde mit jeder anderen. Das ist in der Natur aber unwahrscheinlich, wobei etwa der triviale Umstand eine Rolle spielt, dass man mit Nachbarn natürlich öfter interagiert als mit weiter entfernten Agenten. Räumliche Selektion bildet «Kooperationscluster» und etabliert damit Kooperation gemäß dem Motto «Nachbarn helfen sich gegenseitig».29
[14]
Multi-level Selektion (multi-level selection)30: Diese bringt einen weiteren neuen Aspekt ein, und zwar dass Selektion nicht nur auf Ebene der interagierenden Agenten sondern auf vielen Ebenen gleichzeitig stattfinden kann, wobei hier insb. auch Gruppenselektion31 eine Rolle spielt. Diese Variante war bis vor wenigen Jahren sehr umstritten, heute geht man jedoch davon aus, dass es in der Tat auch zwischen Gruppen einen evolutionären Wettbewerb gibt, der zu bestimmten Attributen der Gruppe führt sowie der Ausbildung der dafür förderlichen Attribute der beteiligten Individuen. Eine Fußballmannschaft beispielsweise besteht aus individuellen Spielern, der Zusammenhalt der Mannschaft ist aber ein Attribut, der sinnvollerweise der gesamten Mannschaft zugeschrieben wird und nicht einem oder der Summe der Spieler, wiewohl die individuellen Spieler ganz bestimmte Bereitschaften dazu haben müssen, damit sich der Zusammenhalt auch einstellt. Auch wenn man – so wie die Autorin – über keinerlei persönliche Erfahrung in diesem Metier verfügt, fällt es einem nicht allzu schwer, sich einen evolutionären Wettbewerb zwischen Fußballmannschaften vorzustellen. Dies kommt dann eine Gruppenselektion gleich, die Bestandteil einer Multi-level-Selektion sein könnte, und zu entsprechenden Kooperationsformen führen könnte.
[15]

Verwandtenselektion (kin selection)32: Hier besteht die leitende Idee darin, Verwandte zu erkennen und mit ihnen bevorzugt zu kooperieren. Man denke etwa an die – auch hier verfügt Autorin allerdings über keinerlei persönliche Erfahrung – Strukturen von Mafiaclans. Auf der genetischen Ebene ist das übrigens sehr sinnvoll, da man hier zumindest größtmögliche Teile seines Erbguts weitergeben kann.

3.

Was ist Kooperation? ^

[16]
Bei Kooperationsspielen wie dem Gefangenendilemma stellen Kooperation und Defektion die Primitives dar und der Begriff der Kooperation wird rekursiv definiert: Für A sind R und S kooperative Strategien und T und P defektive, für B sind R und T kooperative und S und P defektive Strategien dar. Die Frage nach dem Grund dafür, dass sich in der Wissenschaft ausgerechnet diese Zuordnungen etabliert haben, weist den Weg zu den Grundlagen der Kooperation. Kooperation dreht das oben bereits genannte rhetorische Ordo-Prinzip «per generales et speciales quaestiones» um: Ausgehend von den Primitives, also lokalen Phänomenen, und deren Kombination wird ein Segment der Welt global erklärt. Anders wie etwa in Physik und Chemie ist die Kombination hier nicht durch die Naturgesetze determiniert, denn naturgesetzlich ist alleine – wenn überhaupt – der Mechanismus, der aber nur einen globalen, nicht aber lokalen, Zusammenhang beschreibt.
[17]
Grundvoraussetzung der Kooperation ist die Existenz von Agenten und einer Umwelt. Agenten sind Systeme, die hinreichend autonom für die Produktion eigenen Verhaltens sind. Wenn ein Agent außerdem dazu in der Lage ist, Präferenzen zu bilden und sein Verhalten auf die Befriedigung seiner Präferenzen hin hinreichend auszurichten, kann er sich egoistisch verhalten. Wenn er bei seinem Verhalten Rückkoppelungen durch die Umwelt berechnen kann, kann er mit anderen Agenten interagieren. Wenn er zusätzlich dazu noch die Präferenzen anderer erkennen kann, kann er auch diese zu befriedigen suchen oder nicht, und damit kooperieren und defektieren – abgesehen davon, dass auch neutrales Handeln, also solches, das den Zustand der anderen nicht verändert, möglich bleibts. Die Umwelt der Agenten muss als Minimalbedingung zumindest das Verhalten und Interagieren der Agenten zulassen. Beim Begriff der Kooperation muss man zwischen zwei Versionen unterscheiden:
[18]
KooperationiwS bedeutet, das eigene Verhalten mit dem Verhalten anderer Agenten zu koordinieren, bzw. sogar in ein System damit zu stellen, was bedeutet, dass man die Auswirkungen beider Verhalte auf beide Agenten berechnen können muss. Die Intention ist dabei meist ein höherer Gewinn, die Intention der Befriedigung der Präferenzen anderer ist keine notwendige Bedingung.
[19]
KooperationieS bedeutet dass man – aus welchen Gründen auch immer – intendiert, die Präferenzen anderer zu befriedigen.
[20]
Mit beiden Formen der Kooperation können egoistische ebenso wie altruistische Ziele verfolgt werden, was normalerweise nur eine Frage zeitlich lokaler oder globaler Betrachtungsweise ist. Wir werden den Begriff in diesem Beitrag grundsätzlich im ersten Sinne verwenden.

4.

Peter Senges Systemarchetypen und die Kooperation von Systemen ^

[21]

In der Spieltheorie werden die einzelnen Ebenen und Varianten der Kooperation meist abstrahiert, systematisiert und mathematisch modelliert. Um wirtschaftliche und rechtliche Zusammenhänge abzubilden, wie z.B. einen Streit unter Nachbarn, kann bzw. muss man die Zusammenhänge jedoch neu systematisieren, und zwar sozusagen lebenspraktisch, wobei sich hier das Clustern anbietet, so wie es oben bereits bei der räumlichen Selektion angesprochen wurde. Ein sehr bekannter Ansatz stammt dabei vom US-amerikanischen «Managementvordenker» Peter M. Senge (*1947), der wahrscheinlich weniger als Wissenschaftler als als Managementberater – um nicht zu sagen als «Managementguru» – eine Systematik von zehn so genannten Systemarchetypen33 ausgearbeitet hat, die nach Kenntnis der Autorin bisher noch nicht vor dem Hintergrund von Kooperation und Defektion diskutiert wurden, was hier also versucht werden soll. Senge hat seine Systemarchetypen zur Modellierung von typischen Managementproblemen von Unternehmen ausgearbeitet, die sich in Konkurrenz mit anderen Unternehmen auf einem Markt behaupten müssen. Man beachte daher, dass das Ganze auch bewusst komplexitätsreduziert wurde. Senges Systemarchetypen werden durch vier Faktoren wesentlich beeinflusst. Der erste Faktor ist die Frage des Ziels, wobei Senge zwischen dem Ziel der Erreichung eines höheren Standards und dem Ziel der Lösung eines konkreten Problems unterscheidet. Den zweiten Faktor stellt eine Reihe von Regelkreisen dar, die in zwei Varianten der Rückkopplung vorkommen, nämlich in verstärkender und in balancierender (=abschwächender) Form, und ein Feedback für die ursprüngliche Aktion liefern. Manche Systemarchetypen besitzen nur einen einfachen Regelkreis, andere mehrere miteinander verschachtelte. Als dritten Faktor berücksichtigt Senge etwaige Zeitverzögerungen zwischen Aktion und Feedback. Viertens schließlich gibt es eine Restklasse mit weiteren, hier nicht zu vertiefenden Details von minderer Relevanz. Damit kommt Senge auf folgende zehn Systemarchetypen:

  1. Gleichgewichtsprozess mit Verzögerung34: Dies ist das einfachste Modell. Ein Unternehmen will ein Ziel erreichen und ist einer balancierenden Rückkopplung ausgesetzt, die aber zeitverzögert auftritt.
  2. Grenzen des Wachstums35: Bei diesem Systemarchetyp ist ein verstärkender Regelkreis mit einem balancierenden verbunden, z.B. wenn das Wachstum eines Unternehmen bestimmte Ressourcen aufzehrt, bis diese komplett aufgebraucht sind und das Wachstum stoppen.
  3. Problemverschiebung36: Dabei geht es darum, dass sich bedingt durch die Lösung eines Problems ein anderes Problem auftut. Ein klassisches Beispiel wäre, wenn man bei Hunger das eigene Saatgut isst.
  4. Sonderfall: Verschiebung des Problems auf den Intervenierenden37: Auch hier geht es um eine Problemverschiebung, bei der zusätzlich noch der Intervenierende zum eigentlichen Problem wird, denn er löst das Problem so erfolgreich, dass die ursprünglich Betroffenen selbst verlernen, solche Probleme zu lösen.
  5. Erodierende Ziele38: Das bedeutet, dass die Ziele, die man offenbar nicht erreicht, im Prozess herabgesetzt werden.
  6. Eskalation39: Das Ziel ist egal, aber die Rückkoppelungen der Aktionen von zwei Unternehmen verstärken sich derart, dass keines der beiden mehr aussteigen kann (bis die Situation irgendwann einmal explodiert).
  7. Erfolg den Erfolgreichen40: Wenn ein Unternehmen A einen höheren Standard erreichen will, kann es zu verstärkender Rückkopplung durch ein Unternehmen B kommen, das durch diese Belastung selbst aber geschwächt wird. Der Erfolg von A geht also gewissermaßen zu Lasten von B.
  8. Tragödie der Gemeingüter41: Dazu kommt es, wenn Einzelne eine für alle verfügbare aber begrenzte Ressource nutzen. Laut Senge kommt es dann im Verlauf zu rückgängigen Gewinnen, worauf die Nutzer mit größeren Anstrengungen reagieren, bis die Ressource völlig aufgebraucht ist.42
  9. Fehlkorrekturen43: Die Korrektur eines Problems hat unbeabsichtigte Nebenfolgen, die weitere Korrekturen erfordern.
  10. Wachstum und Unterinvestition44: Wenn das Wachstum an seine Grenzen stößt, wird in zusätzliches Kapazität investiert. Allerdings nicht in ausreichendem Ausmaß, weshalb man dann häufig die Ziele oder Leistungsstandards senkt.

5.

Kooperationstheoretische Modellierung von Systemarchetypen ^

[22]
Wie bereits erwähnt begreifen sich die hier angestellten Überlegungen als Beitrag zur Qualitätssteigerung rechtlicher Steuerungsmaßnahmen, für die die Modellierung von Sachverhalten notwendig ist. Ein interessanter Ansatz besteht nun offenkundig in der Verbindung von Senges Modell mit der klassischen Spieltheorie, und zwar so, dass sich die Interaktionen von Unternehmen in einem marktwirtschaftlichen System evolutionstheoretisch und gleichzeitig praxisbezogen modellieren lassen. So etwas ist natürlich keine neue Idee, allerdings wurde es nach Kenntnis der Autorin mit Senges System bis dato noch nicht beschrieben. Bevor wir dem nachgehen ist die Einschränkung zu machen, dass die Autorin dabei nur eine erste Darstellung und keine mathematische Modellierung bieten kann. Unschärfen müssen gerade auch in Anbetracht des begrenzten Platzes bewusst in Kauf genommen werden. Angestrebt wird jedoch, das System so weit zu präzisieren, dass die spätere Mathematisierungsmöglichkeit erhalten bleibt.
[23]
Die Grundidee besteht darin, alles bisher Gesagte dazu zu verwenden, gleichzeitig die Mikroebene (~das Management des Unternehmens) und die Makroebene (dessen Verhalten am Markt) in Bezug auf Kooperationsparameter zu modellieren und die beiden Ebenen miteinander durch Aktionen und Feedbackschleifen (=Senges Regelkreise) interagieren zu lassen. Dies lässt sich relativ zwanglos durch ein Zwei-Ebenen-Spiel erreichen, das hier in zwei Teilen beschrieben wird. Teil 1 betrifft dabei die Struktur und Teil 2 die Feedbackflüsse, wobei die Struktur nach dem Vorbild eines Kooperationsdilemmas und die Feedbackflüsse nach dem Vorbild von Senges Systemarchetypen modelliert werden.

5.1.

Teil 1: Strukturmodellierung ^

[24]

Wie beschrieben ist zwischen der Mikro- und der Makroebene zu unterscheiden. Die Mikroebene, wird unter analoger Verwendung des Gefangenendilemmas modelliert, d.h. dass dasselbe Kooperationsspiel, d.h. dieselbe Auszahlungsmatrix, dieselben Strategien, dieselbe iterierte Spielweise etc., Verwendung findet, aber abgelöst vom motivierenden Bild des Gefangenendilemmas. Das Spiel wird also neu interpretiert, und zwar als Wettbewerb von Unternehmensphilosophien (~Strategien) innerhalb eines Unternehmen, also gewissermaßen den Wettbewerb der Stakeholder um Einfluss auf das Unternehmen. Strategien, die sich besser vermehren (~mehr Anhänger gewinnen), erlangen dadurch auch mehr Einfluss auf das Unternehmen.

[25]

Es wird als gegeben angenommen, dass das interne Verhältnis aus Kooperation und Defektion dann auch die Philosophie (~Strategie) des Unternehmens am Markt beeinflusst. Dies ist die Makroebene, die als ein Spiel mehrerer Unternehmen miteinander modelliert wird. Als Vereinfachung soll wie angedeutet festgelegt werden, dass die externe Strategie die interne spiegelt, d.h. dass beispielsweise ein intern sehr defektierendes Unternehmen auch am Markt als «Haifisch» auftritt, d.h. etwa ALLD häufig verwenden würde, während ein intern sehr kooperatives Unternehmen etwa ALLC spielte. Im externen Spiel werden die Punkte allerdings nicht als Nachkommen ausgezahlt sondern als Marktanteile. Bis hier entspricht das ganze System einem Test der Korrelation zwischen «Unternehmenskultur» und «Marktperformance».

5.2.

Teil 2: Feedbackfluss-Modellierung ^

[26]

Der erste Teil inkludierte einen Informationsfluss von der internen auf die externe Ebene, aber noch keinen in die Gegenrichtung, womit man bei der Modellierung von Senges Feedbackschleifen angelangt ist. Die Feedbackinformation wird dabei als Korrekturfaktor in das interne Spiel eingespeist, was bedeutet, dass beispielsweise, wenn ein Unternehmen mit der Strategie TFT am Markt erfolgreich spielt, die internen Spieler für TFT einen Bonus bekommen, der die Zahl ihrer Nachkommen erhöht, denn es entspricht der Intuition, Erfolg einer externen Strategie auf die Vermehrung derselben Strategie auf der inneren Ebene abzubilden. Zu denken ist etwa an einen Korrekturfaktor von 1,25, d.h. dass man für einen Erfolg von TFT am Markt alle internen TFT-Spieler mit einem Viertel mehr zusätzlichen Nachkommen belohnt. Bei Misserfolg gibt es keine Intuition, denn Verstärkung, Abschwächung und Wechsel zu einer alternativen Strategie sind ebenso möglich wie gar keine Reaktion. Dies wird weiter unten als eigener Parameter diskutiert werden. Insgesamt werden folgende Parameter modelliert:

  1. Lateralität: Das meint die Unterscheidung in unilaterales Feedback, also solches, das nur ein Unternehmen und dessen Performance betrifft, und bi- bzw. multilaterales Feedback, also solches, das mehr als ein Unternehmen betrifft, wobei wir uns hier auf die bilaterale Variante beschränken werden.
  2. Marktperformance: Einige von Senges Systemarchetypen gehen von Zielerreichung aus, andere von Zielverfehlung. Hier wird nur ein Ziel implementiert und zwar, einen bestimmten Marktanteil zu erobern, d.h. eine bestimmte Punkteanzahl zu bekommen und zu halten.
  3. Reaktion auf Zielverfehlung: Wie bereits beschrieben sind unterschiedliche Reaktionsstrategien von Unternehmen auf Zielverfehlung, und zwar Reaktionslosigkeit, Verstärkung, Abschwächung oder Strategiewechsel, zu berücksichtigen. Dies ist ein frei wählbarer Parameter, der zu unterschiedlichen Spielvarianten führt. Da dies auf dieser Ebene zu komplex ist, soll nur eine Variante gewählt werden, und zwar wird angenommen, dass alle Unternehmen gleichmäßig durch Strategieänderungen reagieren, und zwar in der Form, dass sie ihre Strategie zur Mitte hin ändern, d.h. dass stark kooperierende Unternehmen weniger kooperieren und stark defektierende stärker. Dies ist durch einen Korrekturfaktor von z.B. 0,75 einfach umzusetzen, was bedeutet, dass eine auf der Makroebene erfolglose Strategie auf der Mikroebene in der nächsten Runde um ein Viertel weniger Nachkommen erhält.
  4. Negative Nebenfolgen: Zu Recht sieht Senge den Fall vor, dass ein Unternehmen zwar seine Ziele erreicht, gleichzeitig aber negativen Nebenfolgen (z.B. die völlige Vernichtung von Ressourcen) zu gewärtigen hat, die die Erreichung des Ziels gewissermaßen in den Schatten stellen. Es gibt mehrere Möglichkeiten, das zu integrieren. Zunächst ist klarzustellen, dass die Folgen aus dem Spiel, also der Verlust von Marktanteilen keine Nebenfolgen sind, und damit natürlich nicht modelliert werden. Wenn man Nebenfolgen nicht via Zufallsgenerator auftreten lassen möchte, stellt sich also die Frage, für welche Ereignisse man die Nebenfolgen auftreten lassen will. In einem komplexeren Setting würde das als eigenes Spiel modelliert, hier wird es als Folge spezieller Sequenzen von Spielschritten interpretiert. Z.B. kann man annehmen, dass ein Unternehmen, das ein anderes nach einer längeren Phase der Kooperation defektiert, eine Art «Rache» des anderen riskiert, was sich in Form eines Korrekturfaktors in das Spiel integrieren lässt. Auch hier wäre an einen Korrekturfaktor von 0,75 zu denken.
  5. Ressourcenverbrauch und damit Effizienz kann durch das Zählen der Spielschritte modelliert werden. Das heißt, dass man ein Unternehmen, das in weniger Schritten einen bestimmten Marktanteil erreicht als effizienter interpretieren würde, als ein solche, das mehr dafür benötigt, was auch der Intuition entspricht. Der Ressourcenverbraucht wird in den Faktor «Negative Nebenfolgen» eingepreist.
[27]
Auf die Modellierung der Parameter der zeitlichen Verzögerung des Feedbacks und Verschachtelung der Feedbackschleifen muss aus Gründen der Komplexität verzichtet werden.

6.

Ergebnis ^

[28]

Das Modell ergibt nun ein System mit folgenden Parametern: (1) Lateralität: Unternehmen A bis N (für N ≥ 2), (2) Marktperformance (=Zielerreichung) für jedes Unternehmen: ja/nein und (3) negative Nebenfolgen (inkl. Ressourcenverbrauch) für jedes Unternehmen: ja/nein. Die Reaktion auf Zielverfehlung stellt hier keine zusätzliche Variante dar und ist daher nicht zu erwähnen. Dies ergibt bei 2 Unternehmen 24 = 16 Möglichkeiten, wobei hier nur die sinnvollen Möglichkeiten dargestellt werden:

  1. Beide Unternehmen erreichen ihr Ziel ohne negative Nebenfolgen: Das Feedback lautet damit auf Weitermachen und dies kann zu einer Ressourcenerschöpfung führen, was Senges Systemarchetypen «Eskalation» und/oder «Grenzen des Wachstums» modelliert.
  2. Beide Unternehmen erreichen ihr Ziel aber eines davon ist von negativen Nebenfolgen betroffen: Hier geht der Erfolg zu Lasten des zweiten Unternehmen. Das erfolgreiche Unternehmen wird die Strategie beibehalten, während das belastete Unternehmen sie ändern wird, bis sich der Spielverlauf ändert. Dies entspricht dem Systemarchetyp «Erfolg den Erfolgreichen».
  3. Beide Unternehmen erreichen ihr Ziel, haben aber negative Nebenfolgen zu beklagen: Das Spiel führt sofort zu einer Strategieänderung bei beiden und somit zu einer Änderung im Spielverlauf. Je nach Verlauf modelliert das die Systemarchetypen «Problemverschiebung», «Erodierende Ziele» und «Fehlkorrektur».
  4. Ein Unternehmen erreicht sein Ziel ohne negative Nebenfolgen, während das andere sein Ziel nicht erreicht: Dieser Fall wird von Senge nicht erfasst. Es scheint intuitiv, dies als das freie Spiel der Marktkräfte zu interpretieren.
  5. Ein Unternehmen erreicht sein Ziel mit negativen Nebenfolgen, während das andere sein Ziel nicht erreicht: Der erste Teil modelliert partiell Senges Systemarchetyp «Gleichgewichtsprozess mit zeitlicher Verzögerung». Beide Unternehmen werden ihre Strategien ändern.
  6. Keines der Unternehmen erreicht seine Ziele: Egal ob mit oder ohne Nebenfolgen führt dies zu Strategieänderungen und damit zu Änderungen im Spielverlauf. Analog zu Punkt 3 modelliert das je nach Verlauf die Systemarchetypen «Problemverschiebung», «Erodierende Ziele» und «Fehlkorrektur».
[29]
Nicht modellieren lassen sich in dieser Ausbaustufe die Systemarchetypen: «Verschiebung des Problems auf den Intervenierenden, «Tragödie der Gemeingüter» und «Wachstum und Unterinvestition».

7.

Zusammenfassung ^

[30]
Auch durch ein solches verhältnismäßig einfaches Modell scheinen sich marktwirtschaftliche Zusammenhänge mit den Techniken der Spieltheorie relativ unproblematisch modellieren zu lassen. Das vorgeschlagene Modell verbindet dabei die Mikro- mit der Makroperspektive und kann damit die innere Dynamik eines Unternehmens mit dessen Marktperformance verknüpfen. Am Ende geht es dabei um die Modellierung der Dynamik der Interaktion sozialer Systeme. Die stellt gewissermaßen die Modellierung von Sachverhalten dar, um darauf in Zukunft auch die Normsetzung modellieren zu können, also gewissermaßen die Modellierung der Tatbestände.

8.

Literatur ^

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Baird, Douglas G./Gertner, Robert H./Picker, Randal C., Game Theory and the Law. Harvard University Press, Cambridge (MA) (1998).

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Darwin, Charles, The Origin of Species by Means of Natural Selection or the Preservation of Favoured Races in the Struggle for Life. Penguin, London (1985).

Darwin, Charles, The Descent of Man, and Selection in Relation to Sex. Penguin, London (2004).

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Hanna Maria Kreuzbauer, Assistenzprofessorin, Universität Salzburg, Fachbereich Sozial- und Wirtschaftswissenschaften, Churfürststr. 1, 5020 Salzburg, AT, hannamaria.kreuzbauer@sbg.ac.at

  1. 1 Grundlegend dazu Sterelny, Joyce, Calcott & Fraser 2013, Nowak 2006a, Nowak 2006b, Nowak & Highfield 2013; als nach wie vor eine der besten Kurzeinführungen vgl. Nowak, May & Sigmund 1995.
  2. 2 Vgl. für viele Schurz 2011.
  3. 3 Grundlegend dazu Boyd & Richerson 2005 sowie Richerson &Boyd 2005.
  4. 4 Vgl. insbesondere Senge 2006 aber auch Senge, Kleiner, Roberts, Ross & Smith 2007.
  5. 5 Für einen Überblick über spieltheoretische Modellierung in diesen Bereichen vgl. Kreps 1990, sowie Halfteck 2008, 665 ff. Für einen Überblick über andere aber verwandte Ansätze im Recht vgl. Schweighofer 1999.
  6. 6 Vgl. Lausberg 1990, 246.
  7. 7 Wir folgen hier dem nicht-militärischen Gebrauch und werden nicht zwischen einer taktischen, operativen und strategischen Ebene unterscheiden, sondern für alle Handlungspläne den Begriff der Strategie verwenden.
  8. 8 Vgl. Ganslandt 1980.
  9. 9 Vgl. dazu insb. Smith 1991.
  10. 10 Vgl. Darwin 1985 und Darwin 2004.
  11. 11 Siehe Fn. 3.
  12. 12 Evolutionäre Prozesse geben übrigens auch zu der Frage Anlass, ob es sich dabei nicht nur um einen Zweig einer größeren Familie von Prozessen handelt, wofür die Autorin den Ausdruck «natürliche Algorithmen» bevorzugt, was ausdrücken soll, dass es natürliche Prozesse gibt, die sich so hinreichend ähnlich sind, dass man sagen kann, dass sie sich wie Algorithmen «wiederholen», was eine große wissenschaftspraktische Vereinfachung ist. Neben den Zyklen der Evolution sind etwa die Meereswellen an einem Strand ein gutes Beispiel dafür.
  13. 13 Vgl. Dawkins 1994.
  14. 14 Einführend dazu Rasmussen 2006; für die rechtlichen bzw. rechtsphilosophischen Aspekte vgl. grundlegend Baird, Gertner & Picker 1998, sowie ferner Duxbury 1997, Danielson 1998, Kreuzbauer 2001, Krimphofe 2004 und Ross 2013.
  15. 15 Vgl. Axelrod 1991.
  16. 16 Nowak 2012, 1.
  17. 17 Vgl. dazu jedoch Nowak 2012, 2.
  18. 18 Die Punkte werden jeweils für beide Gefangenen, als A und B, angegeben, in der Klammer steht die Gesamtsumme, «R», «S», «T» und «P» sind Namen für die Felder.
  19. 19 Nowak 2012, 1.
  20. 20 Nowak 2012, 1.
  21. 21 Nowak 2012, 1.
  22. 22 Nowak 2012, 2.
  23. 23 Nowak 2012, 2.
  24. 24 Nowak 2012, 2.
  25. 25 Nowak 2012, 2 f.
  26. 26 Vgl. Kreuzbauer 2003.
  27. 27 Nowak 2012, 2.
  28. 28 Nowak 2012, 3.
  29. 29 Nowak 2012, 3.
  30. 30 Nowak 2012, 3.
  31. 31 Nowak 2011, 103 ff.
  32. 32 Nowak 2012, 3 f.
  33. 33 Senge 2006, 455 ff. sowie Senge, Kleiner, Roberts, Ross & Smith 2007, 121 ff., insb. 149 f.
  34. 34 Senge 2006, 455 f.
  35. 35 Senge 2006, 456 ff.
  36. 36 Senge 2006, 458 f.
  37. 37 Senge 2006, 460 f.
  38. 38 Senge 2006, 462 f.
  39. 39 Senge 2006, 463 f.
  40. 40 Senge 2006, 465 f.
  41. 41 Senge 2006, 467 f.
  42. 42 Senge 2006, 467.
  43. 43 Senge 2006, 469 f.
  44. 44 Senge 2006, 470 f.