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Rechtssätze als kooperative Textsorte

  • Author: Meinrad Handstanger
  • Category: Articles
  • Region: Austria
  • Field of law: Legal Theory
  • Collection: Conference Proceedings IRIS 2015
  • Citation: Meinrad Handstanger, Rechtssätze als kooperative Textsorte, in: Jusletter IT 26 February 2015
Rechtssätze manifestieren Anwendungsfälle von Gesetze. Sie beinhalten die Kernaussagen juristischer Entscheidungen und stellen klar, dass eine bestimmte Sachverhaltskonstellation unter das Gesetz fällt. Intermediär positioniert zwischen Gesetz und Einzelfall erleichtern und stabilisieren sie die gleichmäßige Gesetzesanwendung in anderen Fällen. Rechtssätze werden kooperativ in Verfahren von Parteien und Gerichten entwickelt. Die ständige Rechtsprechung verkörpernde Rechtssätze von Höchstgerichten bestimmen maßgeblich den Norminhalt von Gesetzen. Rechtsinformatisch aufbereitete Rechtssätze erleichtern nicht nur den professionellen Zugang zum Recht, sie können bei entsprechender Aufbereitung auch eine automatisierte Entscheidungstexterstellung unterstützen, was für die Fusion beider Ansätze spricht.

Inhaltsverzeichnis

  • 1. Der Mehrwert von Rechtssätzen: rationell und rational
  • 2. Zum Inhalt des Rechtssatzes
  • 3. Rechtssätze aus rechtsinformatischer Perspektive
  • 4. Rechtssatzfindung als kooperatives judizielles Geschehen
  • 5. Die Anwendung von Rechtssätzen
  • 6. Rechtssätze und Leitlinien
  • 7. Rechtssatz als Träger des Norminhalts – textuelle Kooperation zwischen Rechtssatz und Gesetz

1.

Der Mehrwert von Rechtssätzen: rationell und rational ^

[1]
Rechtssätze werden in Fallentscheidungen gewonnen1. Dabei wird eine bestimmte tatsächliche bzw. rechtliche Konstellation (der «Fall» i.S. eines weiten Verständnisses) anhand eines Gesetzes beurteilt und die dabei bestehenden Fragen (insbesondere die sich konfliktartig zwischen Beteiligten entfaltenden) entschieden2. Rechtssätze umfassen grundsätzlich die zentralen Aussagen aus der Begründung einer Falllösungsentscheidung, die die für die Entscheidung erforderlichen Überlegungen als deren notwendige Prämissen – «tragende Gründe» – beinhalten3. Im Sinne ihrer Qualität als Entscheidungsmaßstab der zur Fallentscheidung angewendeten Gesetzesnormen wird der Begriff Gesetz hier im materiellen Sinn verstanden und umfasst grundsätzlich alle generell-normativen Vorgaben.
[2]
Rechtssätze nehmen eine intermediäre Position ein zwischen den Gesetzen und den Fallkonstellationen. Sie konkretisieren die normativen Vorgaben für einen aus dem Kontext des zu entscheidenden Falles genommenen Sachverhalts, der damit für die Zwecke des Rechtssatzes quasi idealtypisch fixiert wird. Damit weist das Konstrukt des Rechtssatzes assoziativ in dieselbe Richtung wie der für den Bereich der Sozialwissenschaften einschlägige Idealtypus4.
[3]
Die Gewinnung der Rechtssätze wird angesichts des generell-normativen Charakters der Gesetze insbesondere davon geleitet, dass im Wesentlichen vergleichbare Fälle rechtssatzkonform entschieden werden können. Der Gleichbehandlungsgrundsatz (einschließlich des Proportionalitätsprinzips) weist in eben diese Richtung.
[4]

Der Begriff des Rechtssatzes sollte grundsätzlich nicht mit folgenden Begriffen konfundiert werden: dem Begriff des (Gesetzes-)Texts bzw. Norm-Texts, mit dem die Norm ausgedrückt wird, weiters dem Begriff des Norm-Satzes, in dem über den Inhalt der Norm Auskunft gegeben wird (insbesondere in Gesetzesmaterialien, Lehre, Rechtsprechung), und der Norm selbst, d.i. der von der fallentscheidenden Stelle letztlich angenommenen Norminhalt (der freilich wieder in einen gesprochenen oder geschriebenen Text Ausdruck findet). Der Norm-Inhalt mag sich – etwa auf dem Boden der (lehre- bzw. judikaturgestützten) Anwendungspraxis – nicht mit dem bloßen Inhalt des Norm-Textes decken. Freilich bildet der Norm-Text die Grundlage für Reflexion und Kritik eines davon abweichend angenommenen Norm-Inhalts, zumal die Vollziehung der Norm wohl auf die bestmögliche Umsetzung des Inhalts des Norm-Textes abzielt5.

[5]
Rechtssätze leisten zweifellos Erleichterungen im Umgang mit Gesetzen. Sie dienen als Lösungsmodelle für die Falllösung bei neuen Fällen6. Zudem schaffen sie eine wesentliche Voraussetzung für die gleichmäßige Anwendung der Gesetze, was (wie erwähnt) deren generell-normativen Qualität entspricht. Rechtssätze leisten einen maßgeblichen Beitrag zur Rationalisierung des fallbezogenen juristischen Diskurses. Rechtssätze repräsentieren derart ein bedeutendes Element für intersubjektiv begründbare Rechtsanwendungsergebnisse.

2.

Zum Inhalt des Rechtssatzes ^

[6]

Rechtssätze umfassen – wie erwähnt – als zentralen Aussagen einer Falllösungsentscheidung die «tragende Gründe» der Entscheidung7. Für Entscheidungen mit einer Mehrzahl zentraler Aussagen werden in der Regel mehrere Rechtssätze gebildet. Der Text eines Rechtssatzes folgt meist weitgehend der Entscheidungsformulierung. Bei einigen Gerichten enthalten sie aber auch zusätzliche Informationen, in denen auf andere (etwa gegenläufige) Rechtssprechung oder Literatur hingewiesen wird. Verfasst werden Rechtssätze entweder bei der entscheidenden Behörde8 oder im Rahmen der Präsentation bzw. Kommentierung einer Entscheidung in der Fachliteratur, wobei bei behördlich erstellten Rechtssätzen die Folgebereitschaft möglicherweise stärker ausgeprägt ist. Besonders wichtige Rechtssätze können als Leitsätze herausgehoben werden9, unter Leitsätzen bzw. Orientierungssätzen werden mitunter aber auch bloß knappe Charakterisierungen von Entscheidungsinhalten (etwa in einem Satz) verstanden10.

[7]
Einem Rechtssatz lässt sich regelmäßig entnehmen, wann eine bestimmte faktische Konstellation die in bestimmten Rechtsvorschriften normierten Voraussetzungen für deren Anwendbarkeit erfüllt und derart dieser Sachverhalt diesen Vorschriften zu subsumieren ist11. Mit der dem Rechtssatz zugrunde liegenden Entscheidung wurde (vorausgesetzt, dass ersterer von letzterer nicht abweicht!) klargestellt, dass diese Vorschriften auf einen bestimmt konfigurierten Sachverhalt anzuwenden und die normierten Rechtsfolgen anzuwenden sind. Der Rechtssatz manifestiert diesen Anwendungsfall der Rechtsvorschriften.
[8]
Rechtssätze beziehen sich in vielen Fällen nicht bloß auf lediglich eine Rechtsvorschrift. Insbesondere aus systematischer und teleologischer Perspektive und aus dem Ziel einer rechtskonformen (namentlich einer verfassungs-, unionsrechts- oder völkerrechtskonformen) Interpretation werden verschieden Rechtsvorschriften in ihrem Zusammenhang beurteilt, weshalb ein Rechtssatz auch diesen rechtlichen Kontext für den in Frage stehenden Sachverhalt fixiert. Rechtssätze geben an, ob bzw. wie für bestimmte Konstellationen Rechtsvorschriften zu kontextualisieren sind. Da diese Kontextualisierung in erster Linie der (inhaltlichen) Konsistenz der Rechtsvorschriften dient12, werden Rechtsvorschriften für bestimmte Fallkonstellationen in ein für die Rechtsanwendung erforderliches widerspruchfreies Verhältnis gebracht13 und damit zu «Trägern» der Konsistenz einer Rechtsordnung14.

3.

Rechtssätze aus rechtsinformatischer Perspektive ^

[9]
Im RIS15 werden die gerichtlichen Entscheidungen in dem gesamten Text wiedergegeben, ebenso die in der Entscheidung identifizierten Rechtssätze. Erstellt werden diese bei den Höchstgerichten (und zum Teil auch bei anderen Gerichten) im Rahmen ihrer Evidenzbüros, denen insbesondere die Registrierung bzw. übersichtliche Erfassung der Entscheidungen des Gerichts, im Bedarfsfall auch anderer oberster Gerichte sowie des einschlägigen Schrifttums obliegen16.
[10]
Die Rechtssätze (ebenso wie der Entscheidungstexte selbst) verfügen über Metadaten, eingegeben werden dort neben den bezogenen Gesetzesstellen insbesondere für den Rechtssatz zentrale Begriffe. Ferner lässt sich eine Verknüpfung inhaltlich gleichartiger Rechtssätze herstellen («Rechtssatzkette»). Der Metatext erlaubt eine Beschlagwortung nach Worten, die nicht im Rechtssatz selbst aufscheinen. Außerdem lässt sich etwa anmerken, in welcher Entscheidung der Rechtssatz das erste Mal vorkommt und insofern die Grundlage für die Rechtssatzkette identifizieren. Sucht man in der Menge der Rechtssätze nach einem bestimmten Begriff «X», erhält man als Suchergebnis die Rechtssätze, in denen der Begriff entweder im Rechtssatztext selbst oder in den Metadaten des Rechtsatzes aufscheint. Mit dieser Metaschicht wird insbesondere der für die Rechtsinformatik wichtige Vorgang der Extraktion von Worten und Begriffen, die für die rechtsinformationelle Metaebene (hier etwa für Thesauri, Ontologien) maßgeblich sind, aus den Entscheidungstexten vorgebildet.
[11]
Dieses offenbar auf einem Begriffsthesaurus aufbauende System erlaubt derzeit (jedenfalls für die juristische Praxis) gute Suchergebnisse sowohl bei der Volltextsuche als auch bei der Suche in Rechtssätzen und Rechtssatzketten im Sinn der Unterstützung juristischer Tätigkeit durch Produkte der Rechtsinformatik.
[12]
Etwas anderes scheint es freilich zu sein, rechtsinformatische Unterstützung dafür zu erhalten, dass Entscheidungstexte noch leichter produziert werden können. Dafür wäre es zu kurz gegriffen, wenn die entscheidende Stelle lediglich auf die Suche mittels Begriffen aufbauen müsste. Vielmehr erfordert ein formulierungsunterstützendes rechtsinformatisches System wohl, dass sich die Suche nicht auf Begriffe beschränkt, sondern ganze Terme als sinnzusammenhängende Wortgruppe erfasst.
[13]
Der Metatext des Rechtssatzes sowie der dahinter stehende Thesaurus wären dann um solche Terme zu ergänzen. Eben daran anknüpfend würde es eine termorientierte Verzettelung der Rechtssätze erlauben, die in den Rechtssätze schon enthaltenen Terme (ganze Wortgruppen oder auch Sätze) bei entsprechender Suche direkt in den Entscheidungstext einbauen zu können.
[14]
Die Bedeutung der Rechtssätze für die Entscheidungsfindung und Entscheidungstextierung würde dadurch im Ergebnis noch erhöht. Die termorientierte Aufbereitung von Rechtssätzen geht in die Richtung einer Fusion der derzeit auf Begriffssuche ausgerichteten Arbeitsmethode mit Ansätzen zur automatischen Texterstellung. Diese Fusion könnte einen wesentlichen weiteren Schritt für die Entwicklung der rechtsinformatikgestützten Entscheidungstexterstellung bedeuten.
[15]
Weder erfordert noch führt diese Fusion allerdings – um Missverständnissen vorzubeugen – zu einer Reduktion von Formulierungsvarianten oder gar zu einer engen Vorgabe von konkreten Formulierungen für die juristischen Entscheidungsstellen. Die Formulierung von Termen steht nämlich ihrerseits im Kontext der konkret zu treffenden Entscheidungen bzw. der darin zum Ausdruck kommenden vielfältigen Bezüge. Diese komplexe Verortung erlaubt es nicht, für eine Problematik jeweils nur einen ganz bestimmten Term zu verwenden, zumal bei der Entscheidung die auf die Problematik bezogene Formulierung in den dafür im Fall maßgebenden Kontext einzubauen ist, was in einer Reihe von Fällen jeweils unterschiedliche Formulierungen verlangt. Eine Einengung im apostrophierten Sinn würde den Entscheidungsvorgang und die Entscheidungsbegründung maßgeblich behindern können. Gerade die termgestützte Rechtssatztechnik ermöglicht aber die Abbildung ganz unterschiedlicher Formulierungen – als Terme – für jeweils bestimmte Fragen. Mit dieser Technik lässt sich die Diversifikation gegenüber einer Verknappung von Formulierungen und damit letztlich auch von Lösungen favorisieren und gleichzeitig die breitere Verwendung der so auffindbaren Rechtssätze wesentlich erleichtern. Die termbezogene Verzettelung nutzt die Formulierungsgewohnheiten der Praxis, die grundsätzlich in die Richtung weisen, dass gleiche Phänomene in den Entscheidungstexten immer wieder mit gleichartigen Formulierungen Berücksichtigung finden.

4.

Rechtssatzfindung als kooperatives judizielles Geschehen ^

[16]
Die Produktion von Rechtssätzen ist mehrdimensional kooperativ angelegt17. Sicherlich gründet der Rechtssatz letztlich auf dem Entscheidungstext der entscheidenden Stelle. Dies soll aber nicht vergessen lassen, dass dem Rechtssatz eine Reihe kooperativer Achsen zu Grunde liegen.
[17]
Das spiegelt sich im Text des Rechtssatzes wieder. Von der Kooperation zwischen Entscheidungstellen im Instanzenzug zeitigt gleichermaßen die Aufnahme von Textteilen der Unterentscheidung in die Entscheidung der Oberinstanz ebenso wie die Nichtberücksichtigung des unterinstanzlichen Entscheidungstextes (wobei allerdings der oberinstanzliche Text eine Nichtberücksichtigung nicht unbedingt erkennen lässt; «Kooperation durch Hierarchie»).
[18]
Ferner kooperieren die Parteien vor der entscheidenden Stelle, wobei ihre meist gegenläufigen Interessen den Prozessstoff besser konturieren und die möglichen Entscheidungsalternativen klarer heraustreten lassen («Kooperation durch Konkurrenz»).
[19]
Weiters «kooperiert» die Entscheidungsstelle mit der bestehenden Rechtsprechung samt ihren Rechtssätzen und den einschlägigen Lehrmeinungen, zumal es angesichts der schon angesprochenen Vorgabe, dass Rechtssätze generalisierte sein müssen, um die Einpassung der Fallentscheidung samt ihrer Rechtssätze in die Entscheidungskette geht. Dabei werden nicht nur vergangene Entscheidungen, sondern auch zukünftige hypothetischer Fallkonstellationen in den Blick genommen («Kooperation durch Kohärenz»).
[20]

Neben dieser sachlichen und zeitlichen Einordnung in den Entscheidungsprozess bleibt noch eine weitere Zusammenarbeit mehrerer Stellen bezogen auf dasselbe Verfahren zu nennen, wobei keine instanzenartige Über- bzw. Unterordnung der Stellen besteht. Die Ergebnisse eines Zwischenverfahrens vor dem EuGH oder dem VfGH werden in einem Ausgangsverfahren jedenfalls zu berücksichtigen sein und gegebenenfalls auch im Rechtssatz reflektiert. Die Kooperation lässt sich insbesondere anhand der Institution der Vorlage an den EuGH beispielsweise veranschaulichen18: der EuGH trifft die ihm zukommende Entscheidung über die Fragen der Auslegung bzw. der Gültigkeit unionsrechtlicher Bestimmungen, die an ihn von einem nationalen Gericht herangetragen werden. Die vom EuGH getroffene Beurteilung ist für das vorlegende Gericht bindend und stellt insofern ein nicht änderbares Datum da. Dieses Datum wird in aller Regel im Entscheidungstext entsprechend repräsentiert und findet – gerade in der Form eines inhaltlichen Hinweises auf das Urteil des EuGH19 – Eingang in die Entscheidung des Vorlagegerichtes und deren Rechtssätze. Das Vorlagegericht entscheidet aber den Fall selbst einschließlich der Rechtsfragen des mitgliedstaatlichen Rechts sowie der sachverhaltsbezogenen Fragestellungen («Kooperation durch Arbeitsteilung»).

5.

Die Anwendung von Rechtssätzen ^

[21]
Für im Sinn des kontinentaleuropäischen Musters auf Gesetze gestützte («kodifizierte») Rechtssysteme wird offenbar überwiegend eine über den entschiedenen Fall hinausgehende Bindung an Rechtssätze abgelehnt20. Dies läuft darauf hinaus, dass trotz des Bestehens eines Rechtssatzes ein neuer in seinen wesentlichen (faktischen und rechtlichen) Elementen vergleichbarer Fall grundsätzlich ohne Bindung an diesen Rechtssatz auch davon abweichend entschieden werden kann21. Der Rechtssatz entfaltet bei dieser Sichtweise lediglich Vorbildwirkung, seine Übertragung auf im Wesentlichen vergleichbare Konstellationen folgt Praktikabilitätserwägungen – zumal damit eine Arbeitsersparnis einhergeht – und dem Gesichtspunkt der gleichmäßigen Rechtsanwendung, wobei aber eine strenge rechtliche Gebundenheit an einen einschlägigen für einen anderen Fall entwickelten Rechtssatz nicht gesehen wird.
[22]
Diese überwiegende Auffassung wird in der Regel (mit Nuancierungen) in drei Schritten entfaltet22: zunächst sind Behörden bzw. Gerichte grundsätzlich rechtlich nur dazu ermächtigt, einen vor ihnen anhängigen Einzelfall zu entscheiden, ferner bindet diese Entscheidung nur die Parteien dieses Falles und damit in diesem Fall, weshalb schließlich der Einzelfallentscheidung – einschließlich des dabei gewonnen Rechtssatzes – grundsätzlich keine über diesen Fall hinausgehende bindende Bedeutung zugemessen werden kann. Bei dieser Auffassung stellt die Entscheidung neuer Fälle mithilfe der Rechtssätze schon entschiedener Fälle einen bloß faktischen (wenn auch möglicherweise in aller Regel geübten) Vorgang dar. Das aus richterlichen Fallentscheidungen samt Rechtssätzen gebildete Richterrecht stellt aber keine Rechtsquelle dar. Sollte ein Rechtssatz eine über den Fall hinausgehende rechtliche Bedeutung haben, muss dies dann auf einer besonderen rechtlichen Anordnung beruhen23.
[23]

Die faktisch fundamentale Bedeutung der Rechtssätze24 für die Rechtsanwendung kommt allerdings darin zum Ausdruck, dass Gerichte trotz der überwiegenden Verneinung einer Bindung ihren Rechtssätzen folgen25 und zudem die Rechtssätze anderer (Höchst-)Gerichte berücksichtigen26. Es kommt zu einer «faktischen Bindung», die den Rechtssätzen und der sie erzeugenden Rechtsprechung eine «persuasive authority»27 zubilligen und die Rechtssätze im Ergebnis neben die generellen rechtlichen Normen treten lassen.

[24]
Einen Schritt weiter geht die bisweilen vertretene Auffassung, dass eine gefestigte höchstgerichtliche Rechtsprechung in neuen Fällen, die die nach dieser Rechtsprechung wesentlichen Merkmale aufweisen, jedenfalls von den Behörden bzw. Gerichten auf Grund einer rechtlichen Bindungswirkung zu beachten ist. Damit wird einem Konterkarieren der Entscheidungen eines Höchstgerichtes in neuen Fällen entgegengetreten28.
[25]
Ungeachtet dessen, welcher dieser Linien gefolgt wird, kommt es bei der Anwendung von Rechtssätzen vor allem darauf an, zu beachten, dass Rechtssätze die Inklusion von Textteilen aus Fallentscheidungen darstellen und somit im Kontext dieser Fallentscheidung zu verstehen sind29. Der Inhalt eines Rechtssatzes ist nur in diesem Kontext zur Gänze erfass- und beurteilbar, für die sorgfältige juristische Arbeit ist es daher unentbehrlich, der Entscheidung eines neuen Falles nicht lediglich den (isolierten) Text des Rechtssatzes, sondern den bezüglich seines Inhaltes und seiner Tragweite anhand des Volltextes der Entscheidung geprüften Rechtssatz zu Grunde zu legen30. Ihrem rechtlichen und sachlichen Kontext entwundene – «verselbständigte» – Rechtssätze finden ihre Legitimation nicht in der Vorjudikatur und werden zumeist auch nicht im Gesetz direkt Deckung finden, weshalb damit grundsätzlich die rechtlich vorgegebene Entscheidungsgrundlage überschritten werden wird.
[26]
Für juristische Tätigkeiten in rechtspraktischer Absicht wirken schließlich Rechtssätze für die Beurteilung von Sachverhaltskonstellationen schließlich oft ähnlich wie eine Lupe: sie werden (im «Fallvergleich») durch in der Perspektive der einschlägigen Rechtssätze in den Blick genommen, um sie mit den jeweiligen Vorschriften korrespondierenden Fallfeldern im Relation zu setzen und daran zu beurteilen. Funktional wirken Rechtssätze für Rechtsvorschriften im Ergebnis dann ähnlich wie Filter, wobei sie freilich anhand neuer Konstellationen weiterbildbar sind. Sie operationalisieren damit das Gesetz für seine Anwendung auf Fallkonstellationen31.

6.

Rechtssätze und Leitlinien ^

[27]
Leitlinien der Judikatur – kurz: Judikaturlinien – heben sich von Rechtssätzen insofern ab, als sie sich nicht auf eine konkrete Fallkonstellation konzentrieren, sondern als gedankliche Verbindung zwischen Rechtssätzen eine schlüssige Relation – «Linie» – herstellen32. Sind Rechtssätze fallgestützt, so sind Leitlinien rechtssatzbasiert. Sie erleichtern den Umgang mit Rechtssätzen, ersetzen sie aber – etwa gerade in feinsteuernden Abgrenzungsfragen – nicht. Zudem verlangt die Deutung von Rechtsätzen (wie erwähnt) ohnehin den Rekurs auf die Fallentscheidung, weshalb auch die Entwicklung von Judikaturlinien eine vertiefte Auseinandersetzung mit letzteren erfordern kann.
[28]
Judikaturlinien stellen eine Metaebene zu Fallentscheidungen samt Rechtssätzen dar, was erlaubt zu beurteilen, ob eine neue Fallkonstellation auf eine bereits erstellte Linie gestützt entschieden werden kann. Deren Verlauf ist aus der Sicht des entscheidenden Gerichts dabei nicht notwendigerweise in jedem Punkt bereits durch eine getroffene Fallentscheidung fixiert worden. Zum einen berücksichtigen Gerichte bei ihren Entscheidungen – ohne dass dies dort einen deutlichen Ausdruck finden muss – auch hypothetische Konstellationen, auf welche dann bei der Linienbestimmung Bedacht genommen werden kann, zum anderen werden in der Regel auch noch gar nicht in Konsideration gezogene Konstellationen später ohnehin auf einer schon eingeschlagenen Linie liegend erkannt.
[29]
In der Art von Revisionsgerichten entscheidende Höchstgerichte vermögen diese Metaebenenposition von Judikaturlinien zu nutzen, wenn sie ermächtigt sind, von einer Kontrolle von Fallentscheidungen Abstand zu nehmen, sofern diese in dem von den Judikaturlinien gezogenen Rahmen Deckung finden33. Aus den diesbezüglichen Entscheidungen bzw. deren Rechtsätzen lassen sich die Judikaturlinien erkennen.

7.

Rechtssatz als Träger des Norminhalts – textuelle Kooperation zwischen Rechtssatz und Gesetz ^

[30]

Gesetze sind generelle Rechtsquellen. Als «abstrakt-generelle» Normen gelten sie für eine «Vielzahl von Fällen» und für eine «unbestimmte Zahl von Personen»34. Allgemein bzw. von generellem Charakter ist ihr Inhalt aber nur, wenn dieser für diese Fälle und Personen in gleicher Weise zum Tragen kommt. Damit korrespondiert (bei einem weiten Verständnis) das Prinzip der Gleichheit vor dem Gesetz, das verletzt würde, wenn das Gesetz auf im Wesentlichen gleichgelagerte Fälle mit jeweils unterschiedlichem Inhalt angewendet wird.

[31]
Da Rechtssätze für bestimmte Sachverhaltskonstellationen den Inhalt der dafür einschlägigen Normen konkretisieren, führt die Nichtbeachtung eines Rechtssatzes zu einer dem generellen Charakter des Gesetzesinhaltes gegenläufigen Entscheidung. Dies wird jedenfalls für eine gefestigte höchstgerichtliche Rechtsprechung zum Tragen kommen, zumal grundsätzlich der in den einschlägigen Rechtssätzen zum Ausdruck kommende Norminhalt dort letztlich für einen Fall bindend durchgesetzt werden kann. Der Inhalt des Rechtssatz ist nicht getrennt von den gesetzlichen Vorschriften denkbar, auf die er sich stützt. Umgekehrt ist der Inhalt des Gesetzes von der in einem solchen Rechtssatz erfolgte Konkretisierung des Gesetzes für eine bestimmte Sachverhaltskonstellation nicht trennbar, wenn neuerlich eine derartige Konstellation zur Entscheidung ansteht, soll der Charakter des Gesetzes als generelle Norm gewahrt werden. Ein Rechtssatz versteinert freilich den Norminhalt nicht, zumal davon in der neu anstehenden Entscheidung (insbesondere infolge einer Neubewertung der Konstellation bzw. der rechtlichen Grundlagen) abgewichen wird; ein Rechtssatz bildet so gesehen eine Grundlage für die Neubewertung und kommt nur bis dahin – so far – zum Tragen, während ab der Neubewertung – from now on – der neu gebildete Rechtssatz für neue zu entscheidende Fälle maßgeblich ist35.
[32]
Der Norminhalt ergibt sich somit nicht ausschließlich aus dem Gesetzestext, sondern insbesondere auch aus solchen Rechtssätzen. Die Rechtssätze wiederum stehen unter einer Art Falsifikationsvorbehalt zugunsten des Gesetzes, anhand dessen sich Rechtssätze immer messen lassen. Erfolgt eine Neubewertung betreffend bestimmte Fallkonstellationen im Rahmen der Gesetzesanwendung, kann sich der Norminhalt des Gesetzes ändern. Maßgeblich für die Vornahme solcher Neubewertungen sind im Übrigen insbesondere die dafür von den Prozessparteien vorgebrachten und namentlich die von den vor den Höchstgerichten entscheidenden Gerichten angestellten Überlegungen. Ohne eine solche Neubewertung, die naturgemäß eine Auseinandersetzung mit den so far bestehenden relevanten Rechtssätzen erfordert36, kann nicht gesagt werden, dass eine vom bestehenden Rechtssatzinhalt abweichende Möglichkeit der Falllösung offenstünde, würde doch sonst dem Charakter des Gesetzes als generelle Norm nicht entsprochen37.
[33]
Vielmehr ergibt sich der Inhalt einer gesetzlichen Norm aus einem als textuelle Kooperation qualifizierbaren Zusammenspiel von Gesetz und Rechtssatz.

 

Meinrad Handstanger, Hofrat des Verwaltungsgerichtshofs Wien, Honorarprofessor an der Leopold-Franzens-Universität Innsbruck, Verwaltungsgerichtshof, Judenplatz 11, 1014 Wien, AT, meinrad.handstanger@vwgh.gv.at

  1. 1 Die Tragweite der gerichtlichen Fallentscheidungen als «Richterrecht» strich im Rahmen der Reinen Rechtslehre v.a. Adolf Merkl (in Auseinandersetzung mit er Freirechtsschule) heraus, vgl. insbesondere Merkl, Gesetzesrecht und Richterrecht, abgedruckt in: Klecatsky/Marcic/Schambeck (Hrsg.), Die Wiener Rechtstheoretische Schule, Bd II, 1968, 1615, und Merkl, Freirecht und Richterfreiheit, abgedruckt in: Klecatsky/Marcic/Schambeck (Hrsg.), Die Wiener Rechtstheoretische Schule, Bd II, 1968, 1573.
  2. 2 «Entscheiden» ist damit jeder Falllösung durch jede (gerichtliche) Behörde inhärent. Differenziert dazu Albers, Höchstrichterliche Rechtsfindung und Auslegung gerichtlicher Entscheidungen, in: VVdStRL Bd 71, 2012, 258, 259 ff.
  3. 3 Dazu und zum Folgenden Handstanger, Rechtssätze und Judikaturlinien, in: Schweighofer (Hrsg.), Semantisches Web und Soziales Web im Recht, 2009, 263 ff.
  4. 4 Vgl. einführend Max Weber, Soziologische Grundbegriffe, 19815, 37 ff.
  5. 5 Vgl. etwa Handstanger, Zur Perspektive der Rechtsanwendung, in: Schweighofer et al. (Hrsg.), Komplexitätsgrenzen der Rechtsinformatik, 2008, 493, insbesondere 495 f., m.w.H.
  6. 6 Vgl. Rebhahn, Auf der Suche nach der ratio decidendi, in: Jabloner et al. (Hrsg.), Vom praktischen Wert der Methode. FS Heinz Mayer, 2011, 575, insbesondere 584 ff., zur Bedeutung der Vorjudikatur als abgekürztes Argument.
  7. 7 Dazu und zum Folgenden Handstanger, Rechtssätze und Judikaturlinien, in: Schweighofer (Hrsg.), Semantisches Web und Soziales Web im Recht, 2009, 263 ff.
  8. 8 Dort wiederum vom Entscheidungsorgan selbst oder einer spezialisierten Stelle (Evidenzbüro, vgl. § 17 VwGG).
  9. 9 Jabloner, Richterrecht als Rechtsquelle?, in: Jabloner et al. (Hrsg.), GS Robert Walter, 2013, 185, 191 (insbesondere FN 31 unter Hinweis auf § 74 OGH-Geo 2005).
  10. 10 So etwa die Praxis des Verfassungsgerichtshofes, wo dem eigentlichen Rechtssatz jeweils ein Leitsatz mit einer solchen Charakterisierung vorangestellt wird (vgl. z.B. den im RIS abrufbaren Rechtssatz samt Leitsatz zu VfGH 27. Juni 2014, G 47/2012 u a, betreffend die Vorratsdatenspeicherung).
  11. 11 Dazu und zum Folgenden Handstanger, Rechtssätze und Judikaturlinien, in: Schweighofer (Hrsg.), Semantisches Web und Soziales Web im Recht, 2009, 263 ff.
  12. 12 Vgl. etwa Handstanger, Zur Perspektive der Rechtsanwendung, in: Schweighofer et al. (Hrsg.), Komplexitätsgrenzen der Rechtsinformatik, 2008, 493, insbesondere 495 f. und 497 ff., m.w.H.
  13. 13 Vgl. etwa Handstanger, Relationen zwischen Rechtsquellen im Kontext der Rechtsanwendung, in: Schweighofer et al. (Hrsg.), Zeichen und Zauber des Rechts, FS Friedrich Lachmayer, 2014, 11, insbesondere 12 ff., m.w.H.; ohne konsistente Entscheidungskalküle würden sich Entscheidungen sprunghaft und unbeständig gestalten, den Eindruck von Widersprüchlichkeit und Inkonsistenz vermitteln und zudem nicht auf die Beachtung des maßgebenden gesetzlichen Kalküls hin überprüfbar sein.
  14. 14 Vgl. dazu Jabloner, Richterrecht als Rechtsquelle?, in: Jabloner et al. (Hrsg.), GS Robert Walter, 2013, 185, 189.
  15. 15 Rechtsinformation des Bundes in Österreich, beim Bundeskanzleramt etabliert.
  16. 16 So § 17 VwGG und § 13a VfGG.
  17. 17 Zum «Verbundcharakter» höchstrichterlicher Rechtsprechung vgl. Albers, Höchstrichterliche Rechtsfindung und Auslegung gerichtlicher Entscheidungen, in: VVdStRL Bd 71, 2012, 258, 287 ff.
  18. 18 Näher dazu Öhlinger/Potacs, EU-Recht und staatliches Recht, 20145, 174 ff.; Albers, Höchstrichterliche Rechtsfindung und Auslegung gerichtlicher Entscheidungen, in: VVdStRL Bd 71, 2012, 258, 266 ff., 279 ff. Rosas, The European court of Justice in Context: Forms and Patterns of Judicial Dialog, EJLS 2007, 1, 2.
  19. 19 Wiedergegeben wird in der Regel jedenfalls der Tenor des EuGH-Urteils.
  20. 20 Vgl. dazu Rüthers/Fischer/Birk, Rechtstheorie, 20137, Rz. 235 ff., wobei in Deutschland allerdings doch eine Inklination zur Einstufung des «Richterrechts» als Gewohnheitsrecht besteht.
  21. 21 Vgl. Jabloner, Richterrecht als Rechtsquelle?, in: Jabloner et al. (Hrsg.), GS Robert Walter, 2013, 185, 195.
  22. 22 Vgl. dazu wiederum Jabloner, Richterrecht als Rechtsquelle?, in: Jabloner et al. (Hrsg.), GS Robert Walter, 2013, 185, unter Hinweis insbesondere auf Walter, Die Gewohnheit als rechtserzeugender Tatbestand, ÖJZ 1963, 225, Walter, Das Bundesgesetz über den Obersten Gerichtshof, JBl 1969, 174, und Walter, Über einen Versuch zur verfassungsrechtlichen Rechtfertigung der Bindung des Obersten Gerichtshofes an seine Judikate, JBl 1970, 188.
  23. 23 Bezüglich des Erfordernisses, bei einer (gegebenenfalls noch näher qualifizierten) Abweichung von der bestehenden Judikatur (die naturgemäß in Rechtssätzen Niederschlag findet) im Wege eines verstärkten Senates zu entscheiden, vgl. etwa § 13 VwGG; bezüglich einer «quasi erga omnes»-Wirkung von Entscheidungen des EuGH vgl. etwa Schima in: Mayer/Stöger (Hrsg.), Kommentar zu EUV und AEUV, Art. 267 AEUV, Rz. 197 ff. (2012), und Schwarze in Schwarze (Hrsg.), EU-Kommentar, 20092, Art. 234 EGV, Rz. 64 ff. Vgl. ferner § 87 Abs. 2 VfGG.
  24. 24 Vgl. Rebhahn, Auf der Suche nach der ratio decidendi, in: Jabloner et al. (Hrsg.), Vom praktischen Wert der Methode. FS Heinz Mayer, 2011, 575, insbesondere 587; vgl. Rüthers/Fischer/Birk, Rechtstheorie, 20137, Rz. 235 ff.
  25. 25 Auch der VfGH sieht sich offenbar an seine bisherige Judikatur in neuen Fällen ohne diesbezügliche explizite Anordnung gebunden, vgl. Jabloner, Richterrecht als Rechtsquelle?, in: Jabloner et al. (Hrsg.), GS Robert Walter, 2013, 185, 189.
  26. 26 Die Rechtssätze sind offenbar die quantitative Hauptquelle der Rechtsanwendung, vgl. Rüthers/Fischer/Birk, Rechtstheorie, 20137, Rz. 235. Differenziert zum Folgenden etwa Schönberger, Höchstrichterliche Rechtsfindung und Auslegung gerichtlicher Entscheidungen, in: VVdStRL Bd 71, 2012, 298, 315 ff.
  27. 27 Im Ergebnis offenbar auch Clemens Jabloner, wenn er davon spricht, dass Rechtssätze war normative Akte verminderter Intensität ohne Befolgungsanspruch darstellen, aber mit einem verfahrensrechtlich sanktionierten Anspruch auf Befolgung und derart als eine «Art starker Empfehlung» auftreten, vgl. Jabloner, Richterrecht als Rechtsquelle?, in: Jabloner et al. (Hrsg.), GS Robert Walter, 2013, 185, 198.
  28. 28 Vgl. Mayer, Durchsetzung (Exekution) verfassungsgerichtlicher Erkenntnisse, in: Holoubek/Lang (Hrsg.), Das verfassungsgerichtliche Verfahren in Steuersachen, 2010, 41, 47 ff. (im Kontext des «Kärntner Ortstafelstreites»). In diese Richtung schon Fasching, Zur verfassungsrechtlichen Rechtfertigung der Bindung des Obersten Gerichtshofes an seine Grundsatzentscheidungen, in Fasching et al. (Hrsg.), FS Hans Schima, 1969, 133. Auf Tessar, Der Stufenbau nach der rechtlichen Autorität und seine Bedeutung für die juristische Interpretation, 2010, kann im vorliegenden Zusammenhang nicht eingegangen werden.
  29. 29 Siehe näher Rebhahn, Auf der Suche nach der ratio decidendi, in: Jabloner et al. (Hrsg.), Vom praktischen Wert der Methode. FS Heinz Mayer, 2011, 575, insbesondere 587.
  30. 30 Damit ist es dann auch vorzuziehen, in der Begründung der neuen Fallentscheidung die einem Rechtssatz zu Grunde liegende Entscheidung selbst, nicht aber bloß den Rechtssatz (etwa mit einer Rechtssatznumer) zu zitieren.
  31. 31 Handstanger, Rechtssätze und Judikaturlinien, in: Schweighofer (Hrsg.), Semantisches Web und Soziales Web im Recht, 2009, 263 ff.
  32. 32 Vgl. wiederum Handstanger, Rechtssätze und Judikaturlinien, in: Schweighofer (Hrsg.), Semantisches Web und Soziales Web im Recht, 2009, 263 ff., sowie den Hinweis bei Jabloner, Richterrecht als Rechtsquelle?, in: Jabloner et al. (Hrsg.), GS Robert Walter, 2013, 185, 191 (FN 31).
  33. 33 OGH (vgl. § 502 ZPO) und VwGH (Art. 133 Abs. 4 B-VG) sind in diesem Sinn auf die Lösung grundsätzlicher Rechtsfragen ausgerichtet, der VfGH kann (dem vergleichbar) im Bescheidbeschwerdeverfahren die Behandlung einer Beschwerde ablehnen, wenn die Lösung einer verfassungsrechtlichen Frage nicht zu erwarten ist oder die Beschwerde keine Aussicht auf Erfolg hat (Art. 144 Abs. 2 B-VG).
  34. 34 Siehe Rüthers/Fischer/Birk, Rechtstheorie, 20137, Rz. 218; Kelsen, Reine Rechtslehre, 19602, 393 f.
  35. 35 Vgl. dazu die freilich für einem ganz anderen Zusammenhang entwickelten Überlegungen von Mitterer, Das Jenseits der Philosophie, 2011, etwa 58 ff., 76 f.; vgl. auch Mitterer, Die Flucht aus der Beliebigkeit, 2011, sowie dazu Riegler/Weber, Kritische Beiträge zu Josef Mitterers Non-Dualismus, 20112.
  36. 36 Die Entscheidungen der Gerichte und einer Reihe anderer Behörden sind samt Rechtssätzen im RIS abrufbar, weshalb Zugangsprobleme dieser Auseinandersetzung grundsätzlich nicht entgegenstehen.
  37. 37 AA offenbar Jabloner, Richterrecht als Rechtsquelle?, in: Jabloner et al. (Hrsg.), GS Robert Walter, 2013, 195.