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Rechtsvisualisierung – Viribus Unitis – mit C.O.N.T.E.N.T.

  • Authors: Wolfgang Kahlig / Eleonora Kahlig
  • Category: Articles
  • Region: Austria
  • Field of law: Legal Visualisation, Multisensory Law
  • Collection: Collection
  • Citation: Wolfgang Kahlig / Eleonora Kahlig, Rechtsvisualisierung – Viribus Unitis – mit C.O.N.T.E.N.T., in: Jusletter IT 26 February 2015
Das Rechtssystem bereitet den meisten Personen Schwierigkeiten beim Verständnis des Inhalts. Für die Darstellung dieses «Contents» werden noch immer in erster Linie rein textuelle Formulierungen gewählt. Es werden nicht, wie heutzutage bei der Wissens- und Informationsweitergabe üblich, angemessene Methoden gewählt, sondern oft lange, geschachtelte Sätze, die zudem noch verwirrende Verweise enthalten. Auch der trainierte Jurist scheitert oft beim Versuch, einen Sachverhalt voll zu erfassen, da er Gefahr läuft, Sonderfälle und Ausnahmen zu übersehen. Für eine klare Konstruktion und Strukturierung des Rechts kann das Rechtsgebäude als große Maschine gesehen werden, bei der tausende Zahnräder und andere Elemente lückenlos ineinander greifen sollten, jedoch manchmal nicht tun. Um die Funktionsweise dieser «Maschine» zu verstehen genügt oft nicht einmal ein jahreslanges juristisches Training. Vielmehr ist für die Verständlichkeit eine Zusammenarbeit und Kooperation von mehreren Wissensgebieten ausschlaggebend und Erfolg versprechend. Mit dem System «C.O.N.T.E.N.T.» (Crosslingual Ontologie for Network-Legistik by Text-Extended Normative Thesaurus) könnten wesentliche Schritte durchgeführt werden.

Inhaltsverzeichnis

  • 1. Allgemeines
  • 1.1. IST-Situation
  • 1.2. Informationsvermittlung
  • 1.3. Legistik-Instrumente
  • 1.3.1. Legistikregeln des BKA
  • 1.3.2. Länderspezifische Legistikregeln
  • 1.3.3. Modelle für Thesauren, MLIR (Multilinguales Information Retrieval), Ontologien
  • 1.3.3.1. Überblick
  • 1.3.3.2. UML- Unified Modeling Language
  • 1.3.3.3. «LOIS» (Lexical Ontologies for legal Information Sharing),
  • 1.3.3.4. Ansätze zu Ontologien im Rechtssystem
  • 2. Lösungsansätze
  • 2.1. Grundforderung
  • 2.2. Exemplarische Analyse am Beispiel des neuen Verbraucherrechte-Richtlinie-Umsetzungsgesetz – VRUG / Fern- und Auswärtsgeschäfte-Gesetz – FAG
  • 2.3. Komplexität und Intransparenz von gesetzlichen Bestimmungen
  • 2.4. Lösungsmöglichkeit durch «C.O.N.T.E.N.T.»
  • 2.4.1. Anfangselement
  • 2.4.2. Prozedurales Ergebniselement (PE)
  • 2.4.3. Schlusselement (SE)
  • 2.4.4. Workflow-Element (WE)
  • 2.4.5. Konnektor-Element
  • 2.5. Elektronischer Lösungsansatz
  • 3. Konklusionen
  • 4. Literatur

1.

Allgemeines ^

1.1.

IST-Situation ^

[1]
Pläne zur Vereinfachung der Regelwerke und des Rechtssystems gibt es schon lange und es werden immer wieder neue Versuche gestartet und Arbeitsgruppen gebildet. Das Gesetz geht ja auf die Politik zurück, die die Inhalte vorformt. Das Gesetz ist textuell explizit, hat aber eine Systematik, die nicht explizit ist und wird dann angewendet von den intermediären aber auch von den Citizen-Bürgern. Die intensive Kooperation zwischen Juristen und Technikern bildet dabei eine wichtige, soziale Komponente. Der Jurist besitzt die Interpretationskompetenz bezüglich des Gesetzestexts, der Techniker ist für die Form, Methode und Verfahren und die mathematisch logische Struktur zuständig. Die Sozialphase lässt sich natürlich nicht nur bei der Entstehung der visualisierten Konstruktion erkennen, sondern auch bei der Anwendung. Auch die Rechtsinformatik wird die Sozialphase verstärkt integrieren müssen.
[2]
Auf der prozeduralen Sachebene sind duale Welten etabliert und die Kriterien zielen auf ein klares «JA» oder «NEIN» ab. Auf die Dualität in der strategischen Argumentation wird auch von Giovanni Sartor1 (Universität Bologna) hingewiesen.
[3]
Zu der Tatsache, dass immer wieder Gesetze unklar und unübersichtlich verabschiedet werden, dass aber auch Bemühungen für eine bessere Verständlichkeit unternommen werden, meinte zuletzt einer der bekanntesten Steuerexperten, Lektor an mehreren Universitäten und Autor von zahlreichen Publikationen2:
«Plan o.k., ob es was nützt wird man sehen. Habs mit den Ministerien versucht – Ergebnis bekannt. Man müsste die Parlamentarier an den Ohren ziehen. Sie verstehen die Gesetze zwar nicht, aber beschließen diese und verlangen lt. Verfassung, dass sich niemand ausreden darf, dass er diese nicht kennt?!»
[4]

Gerade die Wohnrechtsgesetze und die dazugehörigen Bestimmungen, wie etwa das UStG, das EStG, usw. gehören wohl zu den für den Bürger wichtigsten Gesetzen. Jeder muss ja in irgendeiner Weise wohnen und nur relativ wenige können sich außerhalb der klassischen Regelungen aufhalten.

[5]
Jeder Legist bzw. Gesetzgeber muss sich bei seiner Tätigkeit, also bei der Formulierung von Regelungen der Anforderung stellen, dass einerseits die in den politischen Gremien ausgehandelten Inhalte möglichst authentisch schriftlich festgehalten werden müssen, dass aber andererseits die Darstellung und daher die Verständlichkeit in einer derartigen Form erfolgen müsste, dass der «Normalbürger» die Regelungen ohne übermäßigen Aufwand und ohne Lust auf das Lösen von Rätseln verstehen kann, diese also «wie eine Zeitung» bzw. ein Merkblatt lesen kann. Von der Verständlichkeit der Gesetze sind wir in Österreich, aber auch in Deutschland und den meisten Ländern «meilenweit» entfernt. Darauf hat auch Bundespräsident Dr. Fischer hingewiesen: «Die in diesem Zusammenhang im Zuge von Gesetzprüfungsverfahren entwickelte Judikatur des Verfassungsgerichtshofes zum sog. «archivarischen Fleiß» (vgl. VfSlg 12.420/1990) ist sicherlich ein Begriff.»3
[6]
Die Herausforderung ist, dass Strukturen in den Gesetzestexten explizit werden und sich weiterentwickelte Thesauren in Form von Ontologien etablieren.

1.2.

Informationsvermittlung ^

[7]

Für die Darstellung von Regelungen/Gesetzen werden üblicherweise «Legistikregeln»4 herangezogen, die generell bundesspezifisch sind und für Regelungen im Bund vom Verfassungsdienst des Bundeskanzleramtes ausgegeben werden.

1.3.

Legistik-Instrumente ^

1.3.1.

Legistikregeln des BKA5 ^

[8]

Für die aktuellen, allgemein gültigen Legistikregeln ist der Verfassungsdienst des Bundeskanzleramtes verantwortlich.6

[9]

Im Wesentlichen wird dabei auf die folgende Sammlung zurückgegriffen:

  • Begutachtungs-, Konsultations- und Informationsverfahren
  • Standards der Öffentlichkeitsbeteiligung – Empfehlungen für die gute Praxis
  • E-Recht-konforme Gestaltung von Rechtstexten
  • Legistische Richtlinien
  • Anleitung zur Gestaltung von Materialien (Vorblatt, WFA, Erläuterungen und Textgegenüberstellung)
  • Einführung des Vorblattes
  • legistische Gestaltung von Eingriffen in das Grundrecht auf Datenschutz
  • Verbindlicherklärung von ÖNORMEN
  • vergaberechtliche Regelungen im Gesetzes- und Verordnungsrang
  • Österreichisches Handbuch Bessere Rechtsetzung
  • OECD-Empfehlungen für ein Regulierungsreformprogramm
  • Deregulierungsauftrag
  • Bessere Rechtsetzung in der Europäischen Union
  • Wirkungsorientierte Folgenabschätzung/Gesetzesfolgenabschätzung in Österreich
  • Informationsverfahren auf dem Gebiet der Normen und technischen Vorschriften

1.3.2.

Länderspezifische Legistikregeln ^

[10]
Durch eine Annäherung der landesspezifischen Legistikregeln werden positive Akzente im Hinblick auf Vereinfachung und Vereinheitlichung gesetzt.7 In mehreren Arbeitsgruppen werden die Schritte für eine möglichst einfache Gesetzgebung immer wieder diskutiert.8 Dabei werden «Rezepte» ausgearbeitet, wie etwa von Edmund Primosch in der Zusammenfassung der Ergebnisse des Arbeitskreises über Legistikverfahren, Prinzipien und Punktationen
  • Frühzeitige Qualitätssicherung durch Vorbegutachtung
  • Sicherung der Teilhabe an Begutachtung
  • Offenlegung der möglichen Gesetzesfolgen
  • Berücksichtigung der Ergebnisse der Begutachtung
  • EU-/ WTO-rechtliche Erfordernisse vor Beschlussfassung
  • Verfassungsrechtliche Erfordernisse für die Beschlussfassung
  • Verfassungsrechtliche Erfordernisse nach der parlamentarischen Beschlussfassung
  • EU-rechtliche Erfordernisse nach Kundmachung

1.3.3.

Modelle für Thesauren, MLIR (Multilinguales Information Retrieval), Ontologien ^

1.3.3.1.
Überblick ^
[11]

Während die Unterlagen des BKA, sowie die landesspezifischen Legistikregeln in erster Linie auf die möglichst genormte Erstellung von Regeln abzielen, werden weltweit Systeme erforscht und konstruiert, die eine klare innere Struktur postulieren bzw. forcieren und ein mehrsprachiges «Suchen», «Finden», «Vergleichen», «Ableiten» und «Konstruieren» ermöglichen sollen.

[12]

Um die Logik im Recht zu analysieren und zu dokumentieren gibt es seit Jahrzehnten Bemühungen. Bereits 1925 beschäftigt sich Friedrich Tezner in mehreren Kapiteln mit rechtslogischen Aspekten.9 Zu den Pionieren der Rechtsphilosophie/ Rechtslogik gehören unter anderen auch Ilmar Tammelo (Universität Salzburg) mit einer Reihe von Werken über Rechtslogik und Rechtsinformatik.10 Nicht unerwähnt in diesem Zusammenhang sollen auch Ota Weinberger11 (zuletzt Institut für Rechtsphilosophie in Graz), Friedrich Lachmayer12 und Leo Reisinger sein. International werden zahlreiche Modelle von Ontologien entwickelt. Takashi Izumo stellte am IRIS-Kongress in Salzburg einen Ontologie-Editor «HOZO»13 vor. Dieser ermöglicht es, verschiedene Ontologische Beschreibungen anhand von vier Beziehungen vereinfacht darzustellen, nämlich mit «is-a», «part-of», «attribute-off», «role-off». Diese Werkzeuge könnten für rechtswissenschaftliche Themenstellungen geeignet sein, jedoch ist die universelle Anwendbarkeit (noch) nicht sicher gestellt. Die entwickelten Diagramme erinnern in mancher Beziehung auch am «UML», die «Unified Modeling Language». Auch UML erscheint als geeignetes Ontlogiemodell und –werkzeug um die höchst komplexen Rechtsstrukturen analysieren und steuern zu können.

1.3.3.2.
UML- Unified Modeling Language ^
[13]
UML14 ist eine Modellierungssprache zur Beschreibung von objektorientierten Konzepten und wurde 1995 von Grady Booch und James Rumbaugh vorgestellt. UML ist nichts grundsätzliches Neues, sondern eine sinnvolle Zusammenfassung und Erweiterung von damals schon bestehenden Methoden. UML ist auf jedes komplexere Projekt anwendbar und obwohl ursprünglich für die Softwareentwicklung empfohlen, so doch auch sehr gut für den gesamten Gesetzbildungsmechanismus verwendbar.
[14]
Die Objektorientierung impliziert den Ansatz zur Entwicklung von komplexen Systemen durch
  • Klassifizieren der Daten anhand ihrer Eigenschaften und der möglichen Operationen
  • Bessere Nachbildung entsprechender Organisations-Methoden aus der realen, in einer virtuellen Welt
[15]

Die Basis der Objektorientierung besteht in der Aufteilung der zu beschreibenden Welt in Objekte mit Eigenschaften und Operationen. Ergänzt wird durch das Konzept der Klasse: Objekte werden dabei aufgrund ähnlicher Eigenschaften zusammengefasst. Bei der Strukturfestlegung werden Attribute und Eigenschaften zugeordnet. Das Verhalten wird von den Methoden der Klasse bestimmt. Durch die «Vererbung» werden Klassen von anderen Klassen abgeleitet, die neue Klasse erbt die Datenstruktur (Attribute) und die Methoden der vererbenden Klasse (Basisklasse). Bei der Polymorphie (Vielgestaltigkeit) sind die Eigenschaften einer Klasse von Objekten referenzierbar, ohne dass die konkrete Ausprägung in dem angesprochenen Objekt bekannt sein muss.

[16]

Wer die Programmiersprache «JAVA»15 beherrscht, wird Ähnlichkeiten im Aufbau feststellen.

[17]
Zusammenfassend kann daher folgende Aktionentabelle erstellt werden:

Objekte: mit Eigenschaften und Operationen festlegen

 

Klassen: Objekte mit ähnlichen Eigenschaften zusammenfassen

 

Attribute: Festlegung der Struktur

 

Methoden: Festlegung von Verhaltenseigenschaften

 

Vererbung: Ableitung von Klassen von anderen Klassen

 

Basisklasse: Ergebnis aus Vererbung

 

Polymorphie: Ableitung von Klasseneigenschaften aus Objekten

[18]
Die Strukturen, Zusammenhänge, Abläufe werden in Diagrammen dargestellt. Folgende Übersicht über wichtige Diagramme findet sich, als Spiegel der Komplexität, in der einschlägigen Literatur:16
KLASSEN – Diagramm: Klasse, Attribut, Operation

 

KLASSEN – Diagramm: Assoziation

 

KLASSEN – Diagramm: Generalisierung

 

PAKET – Diagramm

 

VERTEILUNGS – Diagramm

 

OBJEKT – Diagramm

 

KOMPONENTEN – Diagramm

 

KOMPOSITIONSSTRUKTUR – Diagramm

 

SEQUENZ – Diagramm

 

KOMMUNIKATIONS – Diagramm

 

TIMING – Diagramm

 

INTERAKTIONS-ÜBERSICHTS – Diagramm

 

ZUSTANDS – Diagramm

 

VERHALTENS – Diagramm

 

PROTOKOLL-ZUSTANDS – Diagramm

 

AKTIVITÄTS – Diagramm

 

USE-CASE – Diagram

 

[19]
Auf die Problematik der Komplexität wird auch von Bernhard Waltl und Florian Matthes aufmerksam gemacht.17 Die textuelle Komplexität wäre demnach multidimensional auch von der Semantik abgeleitet. Dabei ergeben sich verschiedene Räume, aber die Komplexität lässt sich auf die Linearität des Raumes reduzieren. Alle linearen Einzelpfade zusammen in einem Mapping ergeben eine 2D-Konstruktion, aber jeder Interpretationspfad ist immer nur linear. Die implizite, multidimensionale Komplexität kann aber dadurch vermieden werden. Die Transformation in die lineare Komplexität der Pfade ist eines der Ziele, die Tabellen oder Mappen oder Plakate bestehen dann aus einer Quantität von linearen Pfaden.
[20]
Mit Zuhilfenahme geeigneter Methoden wird die Brücke von «formal» zu «visuell» geschlagen. Das formale Medium und die visuelle Komponente kann dann noch mit Design-Attributen – im Sinne der Gestaltung – ergänzt werden. Die mögliche künstlerische und kreative Komponente wird stark durch den Anwendungsfall beeinflusst. Der Fall «CASE» ist der Mittelpunkt der Analyse, mit dem Hintergrund der bisherigen Cases. Zwei Fokusse sind erkennbar: Transformation in ein visuelles Plakat und Case-Law-Wissen in Form des Expertenwissens. Eine starke Case-Law-Komponente wir repräsentiert. Die Muster-Methodologie in der Anwendung ist dabei wesentlich.
[21]

Die Diagramme sind natürlich zueinander strukturiert, sodass sich – zunächst – das folgende Bild ergibt.18

Abbildung 1: KLASSENDIAGRAMM der UML-Diagramme

[22]
Durch das hier angewandte Prinzip der Generalisierung werden Entitäten so geordnet, dass man sie über ihre Gemeinsamkeiten zusammenfasst. Die Pfeilspitzen zeigen von einem untergeordneten Diagramm zu einem allgemeinen, übergeordneten. Das jeweils untergeordnete Diagramm ist «kind of», also eine bestimmte Art eines höheren Diagramms. Wenn auch die Zuordnungen prinzipiell laut dem obigen Schema entnommen werden können, so gibt es für mehrere dieser Diagramme besondere, zusätzliche Abhängigkeiten, wie in der folgenden Darstellung gezeigt wird:

Abbildung 2: KLASSENDIAGRAMM der UML-Diagramme (mit zusätzlichen Abhängigkeiten)

[23]
Hier lässt sich erkennen, dass das Kommunikations-Diagramm eine Abhängigkeit zum Kompositionsstruktur-Diagramm besitzt, das Interaktionsübersichts-Diagramm aber eine Abhängigkeit zum Aktivitäts-Diagramm.
[24]

In der e-Government-Ebene können nun verschiedene Beziehungen hergestellt werden. Die Beziehung Objekt / Klasse lässt sich beispielsweise folgendermaßen darstellen:

Abbildung 3: KLASSE / OBJEKT -Diagramm

[25]
Als «Klasse» kann dabei die Gruppe der «anonymen Bürger» gesehen werden, unter «Objekt Bürger» ist z.B. der «Herr MAIER Josef, vom Neuen Markt 12, Klagenfurt» gemeint. Für die formalistische Darstellung wird folgender Ansatz gewählt:

Abbildung 4: UML-Grundlagendiagramm auf das Österr. Mietrecht projiziert

[26]
Wird nun als nächster Schritt (nach der Festlegung von Klassen, Objekten, Attributen, usw.) die Methode der OOA (Objektorientierte Analyse) eingesetzt, so kann die obige Darstellung19 als Basis dienen.
[27]

Bei der OOAD (Objektorientierte Analyse und Design)20 handelt es sich nun um eine Phase der objektorientierten Erstellung eines Systems, welche sich in den Teil der Domänenmodellierung (Objektorientierte Analyse) und den Teil des Systementwurfs (Objektorientiertes Design) aufgliedert.

[28]

In der Analyse geht es darum, die Anforderungen zu erfassen und zu beschreiben, die das zu entwickelnde System erfüllen soll. Stark vereinfacht ausgedrückt sucht und sammelt man in dieser Phase alle Fakten, stellt diese dar und überprüft sie. Dies geschieht oft in Form eines textuellen Pflichtenheftes oder der Software Requirements Specification. Das darauf aufbauende Objektorientierte Analysemodell (OOA-Modell) ist eine fachliche Beschreibung mit objektorientierten Konzepten, oft mit Elementen der Unified Modeling Language (UML) notiert. Es hebt das Wesentliche hervor und lässt Unwichtiges weg. Ein Bezug zur Informationstechnik ist in dieser Phase ausdrücklich unerwünscht. Das OOA-Modell kann ein statisches und/oder ein dynamisches Teilmodell enthalten. Es kann auch einen Prototypen der Benutzerschnittstelle enthalten.

[29]

Beim objektorientierten Design wird das in der Analyse erstellte Domänenmodell weiterentwickelt und darauf aufbauend ein Systementwurf erstellt. Das Design berücksichtigt neben den fachlichen Aspekten des Auftraggebers aus der Analyse auch technische Gegebenheiten. In einem Wasserfall-Vorgehensmodell folgt als nächste Phase die objektorientierte Programmierung (OOP).

1.3.3.3.
«LOIS» (Lexical Ontologies for legal Information Sharing)21,22 ^
[30]

Eine Pionierarbeit findet sich im Projekt «LOIS», das den Bogen spannt von Thesauren und multilingualen IR zu Ontologiemodellen. Ausgangspunkte sind dabei: 

[31]

 WordNet, ein seit 1985 am Cognitive Science Laboratory der Princeton University entwickeltes lexikalisch-semantisches Netz der englischen Sprache, das aus einer Datenbank besteht, die semantische und lexikalische Beziehungen zwischen den Wörtern enthält. Die Datenbank ist frei durchsuchbar und mitsamt Software kostenlos verfügbar (Website: http://wordnet.princeton.edu/). Ein Analogon findet sich im deutschsprachigen Raum mit GermaNet. OpenThesaurus ist ein ähnliches Projekt.

[32]

EWN (BalkaNet, GlobalWN) als mehrsprachige semantische Netzwerke. BalkaNet zielt auf den Aufbau eines mehrsprachigen lexikalischen Datenbank bestehend aus Wortnetzen inCentral and Eastern European languages. mittel- und osteuropäischen Sprachen ab. Es ist analog mitEven though it will be built in a similar way withEuroWordNet, new features will be implemented ranging from structuring the Inter-Lingual- EuroWordNet, jedoch mit neu implementierten Funktionen. 

[33]

«LOIS» hingegen ist eine weiterentwickelte Ontologie, die auf 6 Sprachen abzielt, bei der ähnliche Begriffe in verschiedenen Sprachen in «Synsets» organisiert werden, eine umfangreiche Auswahl an lexikalen Relationen besteht und nationale Begriffsmodelle als «Literals» (Definitionen) eingebracht werden können (Website:http://www.ittig.cnr.it/Ricerca/UnitaEng.php?Id=70). 

1.3.3.4.
Ansätze zu Ontologien im Rechtssystem23 ^
[34]

Dogmatisch semantischen Datenmodellen könnten als Perspektive der Rechtstheorie24 rechnerunterstützte Ontologien gegenübergestellt werden. Wenn Ontologien im Allgemeinen als konzeptuelle Formalisierung eines Wissensbereiches verstanden würden, so können Ontologien im Recht als die formale Beschreibung des Bereichs der Rechtstheorie betrachtet werden. Eine diesbezügliche Entscheidung hängt davon ab, was als «Rechtstheorie» betrachtet wird. Es ist jedoch relativ komplex eine einzelne rechtliche Abhandlung zu identifizieren, da es ja mehrere Ebenen von Rechtssprachen gibt (Tiscornia 200525).

[35]

Die «Rechtssprache» DALOS26, soll auf der Grundlage einer ontologischen Charakterisierung die Ausarbeitung von Rechtsvorschriften mit Ontologie-basiertem Support vorbereiten und dem Gesetzgeber und dem europäischen Bürger sprachliche und Wissensmanagement-Tools anbieten, die nicht nur in der Phase der Ausarbeitung von Rechtsvorschriften sondern auch im Rechtsverständnis verwendet werden können.

Abbildung 5: Ausschnitt aus der DALOS – Ontologie für Verbraucherrecht

[36]
Zu erwähnen sich auch die Modelle von Windscheid, Sacco und Puchta mit diversen Klassifizierungstheorien und konzeptuellen Taxonometrien.27

2.

Lösungsansätze28 ^

[37]
Einer der größten Rechtsphilosophen des deutschsprachigen Raumes, Hans Kelsen, trat für die formale Analyse des Rechts ein. In seinem Werk «Hauptprobleme der Staatsrechtslehre» vertritt er dabei zwar einen rein formalen Standpunkt, in Anlehnung an Kant wäre aber das Hauptmerkmal des Staates das Vorhandensein einer objektiven Rechtsordnung. Eine erkennbare Grundtendenz nach «logischen Zusammenhängen» wird sichtbar, die von Adolf Merkl entwickelte Normenpyramide zeigt moderne Ansätze zur logischen Strukturierung und Visualisierung von Rechtsnormen. Um eine «Hyperstruktur» der Rechtsformen zu entwickeln, führte Kelsen die sogenannte hypothetische Grundnorm ein, die als transzendentallogische Voraussetzung dient, um die Geschlossenheit eines Rechtssystems zu gewährleisten. Eine Norm gehöre nämlich nur dann einer Rechtsordnung an, wenn sie sich auf diese Grundnorm zurückführen lässt.
[38]
Friedrich Lachmayer, einer der Väter des RIS – Rechtsinformationssystems des Bundes im Bundeskanzleramt in Wien, gemeinsam mit Erich Schweighofer und Dietmar Jahnel Initiator der IRIS- Kongresse29 und Bewunderer von Kelsen hat ja – wie kein anderer – die Bedeutung der logischen Bilder für das Recht hervorgehoben. Lachmayer strukturiert konsequent die – meist textuell geformten – Regeln und visualisiert Zusammenhänge und Abläufe.

Abbildung 6: Beispiel Lachmayer Legal_Vizualization_Subsumption_02

2.1.

Grundforderung ^

[39]
Obwohl die bewusste Kenntnisnahme und Befolgung der Rechtsvorschriften wichtige Teil des Rechtssystems sind und die Argumentation des «Nicht-Verstehens» keine Rechtfertigung im Sinne einer Entschuldigung darstellt, werden trotz aller Bemühungen im Hinblick auf Legistikregeln und Ontologiemodelle problematische Regelungen veröffentlicht.

2.2.

Exemplarische Analyse am Beispiel des neuen Verbraucherrechte-Richtlinie-Umsetzungsgesetz – VRUG30 / Fern- und Auswärtsgeschäfte-Gesetz – FAG31 ^

[40]
Im Mai 2014 wurde ein neues Gesetz (VRUG / FAGG) erlassen, bei dem sogar zahlreiche namhafte Juristen und auch Fachleute aus anderen Bereichen entsetzt sind. Neben vielen Unklarheiten und einer sinnlosen Komplexität ist u.a. wieder eine  verwirrende Technik gewählt worden, die schon unzählige sinnlose Analysestunden vernichtet hat. Ein Beispiel:
[41]
Die Ausnahme der Ausnahme der Ausnahme:
[42]

Der Bürger muss nun weiterblättern zum § 8 Abs. 4 um festzustellen, ob etwa die 50 €-Ausnahme nicht doch ausgenommen wird (von der Ausnahme).

[43]
Zwischenergebnis: «§ 1 Abs. 2 Z 1 scheint also von der Ausnahme der Ausnahme nicht betroffen zu sein!»
[44]
Analyse von Ziffer 2:
[45]
«Gilt also die Ausnahme? Oder gibt es bei der Ziffer 2 vielleicht eine Ausnahme der Ausnahme?»
[46]

«Aha, da scheint es nun tatsächlich eine Ausnahme der Ausnahme zu geben; wie geschrieben, muss man jetzt hier im § 8, in Abs. 2 weiterlesen,

dort ABER DEN ERSTEN SATZ AUSLASSEN…»

[47]
Als Argument wird oft eingewendet, dass «es keine Wiederholungen geben darf». Die Verständlichkeit und Lesbarkeit scheint daher eine wesentlich untergeordnete Rolle zu spielen.

2.3.

Komplexität und Intransparenz von gesetzlichen Bestimmungen ^

[48]
Dass die vorhanden Gesetze selbst für Fachleute oft undurchschaubar sind, ist ja kein Geheimnis. Insbesondere das Wohnrecht bietet hier textuell für den täglichen Sprachgebrauch ungewöhnliche Formulierungen und Begriffe an, wie z.B. auch in einem Artikel des «Standard»32 hingewiesen wird. Zahllose Experten versuchen die für den Durchschnittsbürger unklaren Formulierungen und Inhalte in unzähligen Kommentaren verständlich darzustellen.

2.4.

Lösungsmöglichkeit durch «C.O.N.T.E.N.T.» ^

[49]
In der Praxis bewährt hat sich seit ca. 15 Jahren – insbesondere im Österreichischen Wohnrecht, sowie verwandten Rechtsgebieten – eine Methode, die sowohl für die Konstruktion von Gesetzen als auch für die Interpretation dieser als geeignet erscheint. Die Methode bürgt für Übersichtlichkeit und leichte Verständlichkeit. Ein Auffinden von Lösungen ist in vielen Fällen in kurzer Zeit möglich und die Vollständigkeit kann garantiert werden, weil die Methode grenzüberschreitend wirkt. Sie leitet sich aus den Grundregeln der Informatik/ Rechtsinformatik ab und basiert auf dem digitalen «JA / NEIN»-Prinzip. Jede noch so komplexe Materie kann in einzelne Elemente aufgelöst werden. Wäre dem nicht so, könnte kein einziger Computer funktionieren, denn im «Innersten» dieser technischen Vorrichtungen gibt es einfach nur genau 2 Zustände: JA oder NEIN.
[50]
Diese 2 Zustände führen letztlich dazu, dass jeder Sachverhalt so dargestellt werden kann, dass die sich aus diesem ergebende Frage nur zwei Antwortmöglichkeiten erlaubt. Sollte – scheinbar – weder JA noch NEIN einsetzbar sein, so muss die Frage in derart kleine Teile zerlegt werden, dass schließlich die gewünschte Entscheidung möglich wird.
[51]
Das Prinzip der Digitalisierung von Fragen ist grundsätzlich immer möglich und nicht von grafischen Elementen abhängig. Zum Zwecke der Übersichtlichkeit soll die Methode hier aber auf der grafischen Ebene erläutert werden.

2.4.1.

Anfangselement ^

[52]
Die Frage, wie analysiert werden soll, muss zunächst in einem «Anfangselement» beschrieben werden. Dieser Vorgang ist etwa mit der Überschrift eine Bestimmung vergleichbar. In den nun folgenden Beispielen werden einzelne, klassische Fragen im MRG (Mietrechtsgesetz) dargestellt.
[53]
Die «Beschreibung» des Anfangselementes wäre daher «MIETZINSBILDUNG» (nach MRG). In einem langgezogenen Oval wird diese Beschreibung eingesetzt.

Abbildung 7: Anfangselement der Digitalen Notation

[54]
Im Ablauf zwischen einer Fragestellung und den Antworten sind oft zahlreiche «Weichen», auf Grund von Abhängigkeiten notwendig. Im Beispiel der Mietzinsbildung ist die Art der Räumlichkeiten wichtig. Eine der Entscheidungsfragen lautet daher:
[55]

«Handelt es sich um Wohnungen und Wohnräume, die von einer karitativen oder humanitären Organisation im Rahmen sozialpädagogisch betreuten Wohnens vermietet werden?»; oder in der Kurzform

«Handelt es sich um sozialpädagogisch betreutes Wohnen?»

[56]
Bei der Visualisierung dieser Frage wird – im Sinne der Digitalen Notation – ein Abfragekästchen gewählt, das in der Urform einen Rhombus darstellt, der auf jenem Eck steht, das einen stumpfen Winkel bildet. Text- und darstellungsbedingt wird dieses genormte Symbolkästchen auf ein gestrecktes Sechseck erweitert, indem an den beiden Ecken, die jeweils an den stumpfen Winkeln situiert sind, Geraden eingefügt werden. Es entsteht dadurch ein langgezogenes Sechseck, mit dem Charakteristikum des Abfragekästchens. Für die strukturelle Aufgabe erfolgt nun eine Trennung in eine obere und einen unteren Hälfte mittels einer waagerechten Linie, die jene Ecken mit einander verbindet, die jeweils einen spitzen Winkel bilden. Die nun gebildeten 2 Hälften des Sechsecks erfüllen zwar grundsätzlich die gleiche Funktion, jedoch mit unterschiedlichem Feinheitsgrad.
[57]
Im oberen Teil wird ein Schlagwort für die schnelle Orientierung platziert, im unteren Teil steht der authentische Gesetzestext.
[58]
Als eindeutige Identifizierung und situative Definition muss – ergänzend – im oberen Teil der genaue Verweis auf die Gesetzesstelle erfolgen. In unserem Beispiel steht daher im oberen Kästchen, links, an erster Stelle der Verweis auf § 1 MRG Abs. 2, Z 1a, jedoch ebenfalls in einer Kurzform, nämlich als § 1/2/1a. Die Abkürzung wird aus Platzgründen gewählt und ist so gehalten, dass lediglich die Hinweise «Abs.» und «Z» durch einen Schrägstrich («/») ersetzt werden. Sowohl der Schrägstrich auch «Abs.» bzw. Z sagen ja im Grunde das Gleiche aus, nämlich «nach dem ersten Ordnungsbegriff, der Angabe der Nummer des Paragrafen erfolgt nun die Angabe der nächst tieferen Ebene, also nach der Paragrafennummer die Absatznummer und nach der Absatznummer die Ziffernkennzeichnung».
[59]
Nicht alle Kanten und Eckpunkte sind gleichermaßen relevant. Während die Kantenelemente, die nicht waagrecht sind, für die Bestimmung der Symbolfigur maßgeblich zeichnen, ist das obere Kantenelement immer als Eingangselement zu sehen. Nach dem Eingang in das Fragekästchen, Analyse und Beantwortung der Frage gibt es immer und ausschließlich genau zwei Ausgänge aus dieser Fragestellung. Entweder kann die Frage mit «JA» oder mit «NEIN» beantwortet werden. Sollte bei der Konstruktion eines Abfragekästchens keine Antwort oder eine Antwort wie «JA, aber...» notwendig sein, so ist das Kästchen nicht genau genug konstruiert und muss weiter zerlegt werden.

Abbildung 8: Entscheidungselement der Digitalen Notation

2.4.2.

Prozedurales Ergebniselement (PE) ^

[60]
Sowohl der prozedurale Einzelschritt als auch die zusammengesetzte und in sich geschlossene Abfolge wird mit dem Symbol eines Rechtecks dargestellt. Dieses Ergebnis kann, wenn es aus mehreren Elementen zusammengesetzt ist, durchaus auch als eigenes, selbständiges Modul gesehen werden. In diesem Fall werden die Teile mit einer ähnlichen Symbolmechanik behandelt, wie die übergeordnete Konstruktion. Kontaktrelevant sind alle Begrenzungs-/Seitenlinien, der Schnittpunkt dieser Linien ist ohne Relevanz. Bezüglich der Anzahl der Ein- und Ausgänge ist zu beachten, dass immer nur ein Ausgang möglich ist. Dieser sollte an der unteren Linie situiert sein.
[61]
Obwohl es systemimmanent und darstellungsgemäß nur einen einzigen Eingang gibt kann dieser aber logisch in «n» Eingänge gesplittet sein. Dies deshalb, weil auch mehrere Abfolgen dasselbe Ergebnis bringen können. Andererseits darf es nur einen einzigen Ausgang geben, da ja im PE keinerlei Verzeigungen enthalten sein dürfen, die nach außen wirken.
[62]
Sowohl das Zwischenergebnis- PE, als auch Endergebnis- PE kann Texte, Formeln, aber auch grafische Darstellungen enthalten. Aus Darstellungsgründen werden die Ergebnisse meist in einem einzigen PE dargestellt, jedoch ist auch eine Folge von PE ist möglich.

Abbildung 9: Prozedurales Ergebniselement der Digitalen Notation

2.4.3.

Schlusselement (SE) ^

[63]
Das Schlusselement SE wird durch ein «Oval» dargestellt, ebenso wie das AE. Nach der Fragen-definition, beginnend mit dem AE erfolgt der Durchlauf durch die entsprechende Setzung der EE und PE. Alle J/N – Zweige münden in PE – Symbole oder in das SE, das als Ergebnissymbol fungiert. Natürlich werden i.A. mehrere PE mit der Funktion «Ergebnis» existieren, jedoch münden alle PE schließlich im SE.
[64]
Das SE hat daher mehrere Eingänge, aber keinen Ausgang, da mit dem SE die Fragestellung beendet ist. Eine weitere Differenzierung ist nicht notwendig, da nach dem Erreichen des SE die im AE definierte Frage beantwortet wurde. Allfällige Sub-Elemente sind in dieser Phase nicht notwendig, das SE bildet das logische und formelle Ende der durch das AE initiierten Entscheidungskette.

Abbildung 10: Schlusselement der Digitalen Notation

2.4.4.

Workflow-Element (WE) ^

[65]
Die Symbole AE, EE, PE und SE müssen durch ein sich zeitlich oder logisch orientierendes Workflow-Element verbunden werden. Jedes WE ist wie eine Einbahnstraße konstruiert, eine Richtungsänderung ist nicht möglich. Die Richtung des Workflow-Elements ist mit einem Pfeil zu kennzeichnen. Der Konnex innerhalb der Strings ist nach dem «n zu eins»- Prinzip festgelegt. Es können daher beliebig viele Strings in einen Fluss-Knoten münden, keinesfalls kann sich jedoch ein WE ohne Einschaltung eines EE aufspalten. Überlagerungen von Workflow-Elementen sollten vermieden werden. Ist dennoch eine Überlagerung (Überschneidung) notwendig, so muss die Nicht-Konnektivität symbolisch durch eine Brückenfigur ausgeführt sein. Ist die Komplexität der Darstellung zu unübersichtlich kann ein «Konnektor-Element», siehe nächster Punkt, eingesetzt werden.

Abbildung 11: Workflow-Element der Digitalen Notation

2.4.5.

Konnektor-Element ^

[66]
Konnektoren sind abbildungstechnische Verbindungselemente, die die optische Gestaltung der Abläufe übersichtlicher machen. Grundsätzlich gilt ja das Prinzip, dass die Darstellung einer integrierten Fragestellung auf einer Übersicht Platz finden sollte, trotzdem kann es im Ausnahmefall zu unbedingt notwendigen Fortsetzungen kommen, die durch Setzung der Konnektoren aufzulösen sind.
[67]
Im Konnektor ist ein entsprechender Hinweis auf die Fortsetzung anzubringen. Oft werden griechische Buchstaben verwendet, jedoch ist ein Referenzhinweis, wie im folgenden Beispiel durchaus auch sinnvoll. Jedenfalls ist zu beachten, dass es mehrere Ausgangskonnektoren mit der gleichen Referenzbezeichnung geben kann, niemals jedoch Eingangskonnektoren mit der gleichen Startreferenz.

Abbildung 12: Logisches Konnektor-Element der Digitalen Notation

2.5.

Elektronischer Lösungsansatz ^

[68]
Wenn auch die Visualisierung – wie unter 2.4 beschrieben – in Papierform gerne in der Praxis verwendet wird, so drängt sich natürlich die elektronische Variante auf.
[69]
Sowohl bei der Konstruktion bzw. Nachverfolgung der Strukturen können elektronische Tools eingesetzt werden. Diese elektronische Form ermöglicht eine zusätzliche Übersichtlichkeit durch die Ausgabe am Laserdrucker und kann genau den und nur den rechtlich relevanten Pfad dokumentieren, der für den untersuchten Fall maßgeblich ist.
[70]
Bei der Konstruktion hingegen ist die elektronische Methode deshalb optimal, da – ähnlich wie bei einer modernen, elektronischen Textverarbeitung – Änderungen, Umgruppierungen, Einfügungen und Löschungen ganz einfach mit «Maus und Klick» erfolgen können.

3.

Konklusionen ^

[71]
Bedingt durch die seit Jahrhunderten gewohnte Darstellung rechtlicher Vorschriften muss zwangsläufig «Intransparenz» entstehen. Die einzelnen Bauteile sind nicht – wie etwa in einem Uhrwerk – so zusammengefügt, dass jedes «Rädchen» in ein anderes greift und, wenn eines fehlt oder nicht mehr funktionsfähig ist, der Mechanismus stehen bleibt. Anders ist die Lage aber bei vielen Gesetzestexten, wie z.B. auch im § 46c MRG, der aus einem einzigen Satz besteht, aber 182 Worte und 1134 Zeichen enthält und dadurch kaum lesbar und unverständlich erscheint.
[72]
Rechtliche Regelungen müssten daher – in Interesse von Klarheit und Transparenz – maschinenähnlich aufgebaut sein. Nicht «schön» und mit «Blocksatz» dargestellt, sondern strukturiert, übersichtlich, mit gängigen, heute üblichen Begriffen ausgestattet und mit offensichtlichen Mechanismen, die «ineinander greifen».
[73]
Im Idealfall sollten die Gesetze im direkten Sinn des Wortes be-«greifbar» und am besten «mit dem Finger» nachverfolgbar sein. Das so im Einzelfall gefundene Ergebnis ist dann abbildbar, ausdruck- und somit dokumentierbar und zusätzlich als Unterlage zur jeweiligen Entscheidungshilfe ablegbar.
[74]
Mit diesen Möglichkeiten und Fragestellungen beschäftigt sich ja insbesondere das Gebiet der «Rechtsinformatik». Strukturdarstellungen, Visualisierungen, Tabellen, Entscheidungsbäume, Diagramme sind mögliche Instrumente, um mehr Transparenz und Rechtssicherheit erreichen zu können. Nur mit «gemeinsamen Kräften» lassen sich Verbesserungen erzielen.
[75]
Natürlich wäre es, auf Grund der gewohnten Mechanismen zu optimistisch, dass in nächster Zeit Gesetze nach der hier vorgeschlagenen Methode entstehen können. Jedenfalls aber muss es innerhalb kürzester Zeit möglich sein, dass die Regelungen – VOR der Veröffentlichung – mit dem hier skizzierten System «C.O.N.T.E.N.T.» strukturell und logisch überprüft werden.

4.

Literatur ^

Heindl, Kahlig, Hausverwaltungsabrechnung in der Praxis, Begleitband Seminar Wirtschaftskammer, WIFI/WKK, Klagenfurt, 16. Januar 2015 (2015).

Heindl, Kahlig, Mietrecht strukturiert, CD-Ausgabe, Manz, Wien, (2008).

Heindl, Kahlig, Mietrecht strukturiert, Manz, Wien, (2008).

Heindl, Kahlig, Österreicher, Sommer, WGG I + II Navigator, CD-Ausgabe, Manz, (2012).

Heindl, Kahlig, Österreicher, Sommer, WGG II strukturiert, Manz, (2012).

Heindl, Kahlig, Österreicher, Sommer, WGG strukturiert, Manz, (2010).

Heindl, Kahlig, Stingl, Wohnrecht strukturiert (WEG, MRG, UStG, EStG), CD-Ausgabe, Manz, Wien, (2012).

Heindl, Kahlig, Wohnungseigentum (WEG) strukturiert, Manz, Wien, (2012).

Kahlig Eleonora, Kahlig Wolfgang, Die Intransparenz des Mietrechtsgesetzes. In: Schweighofer, Erich, Kummer, Franz, Hötzendorfer, Walter (Hrsg./eds.), Transparenz, Tagungsband des 17. Internationalen Rechtsinformatik Symposions IRIS 2014, 20.–22. Februar 2014, books@ocg.at, Wien 2014, 459–468, (2014).

Kahlig Eleonora, Kahlig Wolfgang, Roman Law And Contemporary Legislation, 2013, The Third International Conference on Digital Information Processing and Communications (ICDIPC2013), International Journal of Digital Information and Wireless Communications (IJDIWC) 3(1): 106–118, The Society of Digital Information and Wireless Communications, 2013 (ISSN: 2225-658X), Islamic Azad University Dubai, U.A.E., ( 2013).

Kahlig Eleonora, Kahlig Wolfgang, The Law Just For Jurists?, 2013, Federal University of Minas Gerais (UFMG), Belo Horizonte, MG, Brazil, (2013).

Kahlig, UML für juristische Anwendungen. In: , Schweighofer, Geist, Heindl, Szücs (Hrsg.), Tagungsband des 11. Internationalen Rechtsinformatik Symposions 2008, Bloomberg Verlag, Stuttgart, München, S. 579–584, (2009).

Kahlig, Dissertation: Rechtsmodellierung im E-Government, Fallbeispiele zur Legistik, Johannes Kepler Universität Linz, (2005).

Kahlig, Legal Cognitive Decision Processing towards a Dynamic Taxonomy, Digital Information Management, 2008. ICDIM 2008. Third International Conference on 13–16 Nov. 2008, University-East London, (2008).

Kahlig, Neue Denkansätze in der Legistik mit besonderer Bezugnahme auf das Wohnrecht, Kärntner Verwaltungsakademie, Bildungsprotokolle, Klagenfurter Legistikgespräche, Klagenfurt, (2005).

Kahlig, Objektorientierte Denkansätze in der Legistik, Kärntner Verwaltungsakademie, Bildungsprotokolle, Klagenfurter Legistikgespräche, Klagenfurt, (2007).

Kahlig, Rechtsmodellierung im e-Government, VDO Müller, (2008).

Kahlig, Stingl, Immobilien – Steuerrecht, Manz, Wien, (2007).

Kemptner, Primosch, Verfahren der Rechtssetzung – Elemente einer elektronischen Legistik, Kärntner Verwaltungsakademie, Klagenfurter Legistik-Gespräche 2003, 45–52, (2003).

Schweighofer, Liebwald, LOIS: Juristische Ontologien und Thesauri. In: Erich Schweighofer et al. (Hrsg.), Effizienz von e-Lösungen in Staat und Gesellschaft, Aktuelle Fragen der Rechtsinformatik, Internationales Rechtsinformatik Symposion IRIS 2005, Salzburg, IRIS 2005, 79–86, (2005).

Schweighofer, Wissensrepräsentation und automatische Textanalyse im Völker- und Europarecht, Habilitationsschrift, Universität Wien 1996, Drucklegung unter dem Titel: Rechtsinformatik und Wissensrepräsentation, Automatische Textanalyse im Völkerrecht und Europarecht, Forschungen aus Staat und Recht 124, Springer Verlag, Wien (1999); englische Fassung: Legal Knowledge Representation, Automatic Text Analysis in Public International and European Law, Kluwer Law International, Law and Electronic Commerce, Volume 7, The Hague, (1999).

Würth, Zingher, Kovanyi, Miet- und Wohnrecht, 21. Auflage, MANZ, Wien, (2004).


 

Wolfgang Kahlig

 

Eleonora Kahlig

 

Vorstand / Assistentin, CONTAKT AG, Institut für Immobiliensoftware, Wohnrecht, Rechtsanalysen und Rechtsmodellierung, Arbeitsgruppe Rechtsinformatik, Rosenackerstraße 61, 1170 Wien, AT, kahlig@attglobal.net, nora.kahlig@contakt.at; http://www.conthaus.at

  1. 1 Governatori, Olivieri, Rotolo, Scannapieco, Sartor, Two faces of Strategic Argumentation. In: JURIX 2014, Legal Knowledge and Information Systems, IOS Press, Netherlands, S. 81–90 (2014).
  2. 2 Vgl. Stingl, Heindl, Kahlig, Navigator Wohnrecht anschaulich, MANZ (2006); Stingl, Kahlig, Immobilien Steuerrecht, MANZ, (2012).
  3. 3 Zitat aus Schreiben von Bundespräsident Dr. Heinz Fischer an den Autor vom 22. Juli 2014.
  4. 4 Siehe auch BKA, Verfassungsdienst, Dr. Karl Irresberger, https://www.bka.gv.at/site/3513/default.aspx (zuletzt abgefragt: 10. Februar 2015).
  5. 5 Siehe auch Kahlig, Dissertation: Rechtsmodellierung im E-Government, Fallbeispiele zur Legistik, Johannes Kepler Universität Linz (2005).
  6. 6 Zentrale Legistikabteilung des BKA https://www.bka.gv.at/site/3513/default.aspx (zuletzt abgefragt: 10. Februar 2015).
  7. 7 Siehe auch: Steiner, Anregungen zur Neugestaltung der legistischen Praxis, Thesenpapier für «Klagenfurter Legistik-Gespräche», Nov. 2003 (2003).
  8. 8 Siehe auch Kärntner Verwaltungsakademie, Edmund Primosch, Arbeitskreise (2011).
  9. 9 Tezner, Rechtslogik und Rechtswirklichkeit, Staatsdruckerei (1925).
  10. 10 Tammelo, Prinzipien und Methoden der Rechtslogik, (1971); Tammelo, Rechtslogik und materiale Gerechtigkeit (1971); Tammelo, Strukturierungen und Entscheidungen im Rechtsdenken: Notation, Terminologie und Datenverarbeitung in der Rechtslogik (1978).
  11. 11 Weinberger, Die Sollsatzproblematik in der modernen Logik. Verlag der Tschechoslowakischen Akademie der Wissenschaften, Prag (1958); derselbe, Rechtslogik. Springer, Wien/New York (1970); 2., umgearbeitete und wesentlich erweiterte Auflage: Duncker & Humblot, Berlin (1989); derselbe, Studien zur Normenlogik und Rechtsinformatik. J. Schweitzer, Berlin (1974); derselbe mit Johann Mokre, Rechtsphilosophie und Gesetzgebung. Springer, Wien/New York (1976); derselbe, Logische Analyse in der Jurisprudenz. Duncker & Humblot, Berlin (1979), derselbe, Normentheorie als Grundlage der Jurisprudenz und Ethik. Duncker & Humblot, Berlin (1981); derselbe, Logik, Semantik, Hermeneutik. Beck, München (1987).
  12. 12 Lachmayer, Reisinger, Legistische Analyse der Struktur von Gesetzen, Manz, Wien (1976); Lachmayer, Legistik und elektronische Datenverarbeitung, in: Günther Winkler (Hrsg.), Rechtstheorie und Rechtsinformatik, Band 32 der Forschungen aus Staat und Recht, S. 133–147 (1975); derselbe, Visualisierung des Rechts, in: Annemarie Lange-Seidl (Hrsg.), Zeichenkonstitution, Akten des 2. Semiotischen Kolloquiums Regensburg 1978, 1981 Band II, S. 208–212 (1981); derselbe, Ein Verfahrensvorschlag für verständlichere Gesetze, in: Österreichisches Anwaltsblatt, Heft 6, 325–326 (1988); derselbe mit Helga Stöger, Verständlichkeit von Gesetzen, in: Verwaltung Heute, Zeitung für Führungskräfte im öffentlichen Dienst, Beilage zur Wiener Zeitung am 2. November 1999, Nummer 27; November 1999, 15–16 (1999).
  13. 13 Izumo, Die Anwendbarkeit von Ontologie-Editor Hozo auf die Rechtswissenschaft. In: Schweighofer, Kummer, Hötzendorfer (Hrsg.), Abstraktion und Applikation, Tagungsband des 16. Internationalen Rechtsinformatik Symposions IRIS 2013, books@ocg.at, Wien, S. 365–370 (2013).
  14. 14 Siehe auch: Balzert, UML2 in 5 Tagen, Der schnelle Einstieg in die Objektorientierung, W3l-Verlag 2006; Michael Jesse Chonoles, James A. Schardt, UML 2 For Dummies (2007); Kahlig, UML für juristische Anwendungen. In: Schweighofer, Geist, Heindl, Szücs (Hrsg.), Tagungsband des 11. Internationalen Rechtsinformatik Symposions 2008, Bloomberg Verlag, Stuttgart, München, S. 579–584 (2008).
  15. 15 Java is a general-purpose computer programming language that is concurrent, class-based, object-oriented [11] and specifically designed to have as few implementation dependencies as possible. Originally developed by James Gosling at Sun Microsystems which has since merged into Oracle Corporation.
  16. 16 Siehe auch: Balzert, Quick Reference Map UML 2; Oesterreich Bernd, Die UML-Kurzreferenz für die Praxis, Oldenburg, München, Wien (2002).
  17. 17 Waltl, Matthes, Towards Measures of Complexity: Applying Structural and Linguistic Metrics to German Laws. In: JURIX 2014, Legal Knowledge and Information Systems, IOS Press, Netherlands S. 153–162 (2014).
  18. 18 Vgl. auch: Chonoles, Schardt, FN 14.
  19. 19 Vgl. Kahlig, Vortrag IRIS208, Salzburg, FN 14 sowie http://lawgical.jura.uni-sb.de/index.php?/entry/343-IRIS2008-Wolfgang-Kahlig-Unified-Modeling-Language-UML-fuer-juristische-Anwendungen.html (zuletzt abgefragt: 10. Februar 2015).
  20. 20 Siehe WIKIPEDIA, OOAD (zuletzt abgefragt: 10. Februar 2015).
  21. 21 Siehe Schweighofer, Wissensrepräsentation und automatische Textanalyse im Völker- und Europarecht, Habilitationsschrift, Universität Wien 1996.
  22. 22 Schweighofer, Liebwald, LOIS: Juristische Ontologien und Thesauri. In: Erich Schweighofer et al. (Hrsg.), Effizienz von e-Lösungen in Staat und Gesellschaft, Aktuelle Fragen der Rechtsinformatik, Internationales Rechtsinformatik Symposion IRIS 2005, Salzburg, IRIS 2005, 79–86 (2005).
  23. 23 Sartor, Casanovas, Biasiotti, Fernández-Barrera, Approaches to Legal Ontologies, Theories Domains, Methodologies, Springer, (2011).
  24. 24 Fernández-Barrera, Sartor, The Legal Theory Perspective: Doctrinal Conceptual Systems vs. Computational Ontologies, Springer (2011).
  25. 25 Tiscornia, Legal Ontologies and Semantic Web, Chapter A Constructive Framework and Legal Ontologies, Berlin (2005); Peters, Sagri, Tiscornia, The Structuring of Legal Knowledge in Lois. Artifical Intelligence and Law, 15(2), 117–135 (2007).
  26. 26 EU DALOS project (Drafting Legislation with Ontology-Based Support).
  27. 27 Bernhard Windscheid, Anmerkungen zum Italienischen Zivilrecht, 1930, Georg Friedrich Puchta, Jurist 19. Jhd.
  28. 28 Dreier, Merkl, Lachmayer, Interviews (2013–2014).
  29. 29 Später hat sich mit Peter Mader das Organisatorenteam komplettiert.
  30. 30 Verbraucherrechte-Richtlinie-Umsetzungsgesetz – VRUG, BGBl. I Nr. 33/2014.
  31. 31 Bundesgesetz über Fernabsatz- und außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge (Fern- und Auswärtsgeschäfte-Gesetz – FAGG), BGBl. I Nr. 33/2014.
  32. 32 http://derstandard.at/2418373: «Das Mietrecht bleibt ein Dschungel».