Jusletter IT

Nutzen und Zulässigkeit kommerzieller und eigener Social Media durch öffentliche Einrichtungen

  • Author: Peter Schilling
  • Category: Articles
  • Region: Germany
  • Field of law: E-Government
  • Collection: Conference Proceedings IRIS 2016
  • Citation: Peter Schilling, Nutzen und Zulässigkeit kommerzieller und eigener Social Media durch öffentliche Einrichtungen, in: Jusletter IT 25 February 2016
Für den weitverbreiteten Einsatz sozialer Medien durch öffentliche Einrichtungen wird eine Fallunterscheidung getroffen. Der Nutzen und auftretende Probleme sowohl für die Einrichtung als auch für die potentiellen Nutzer werden jeweils dargestellt. Auf die Nutzung kommerzieller sozialer Medien durch öffentliche Einrichtungen wird besonders eingegangen. Auf der Grundlage dieser Betrachtung werden einige Vorschläge für den Einsatz sozialer Medien im Rahmen eines Information-Gesamtkonzepts einer öffentlichen Einrichtung gemacht. Schließlich werden kurz wünschenswerte zukünftige Entwicklungen skizziert, die die Position der Nutzer verbessern könnten.

Inhaltsverzeichnis

  • 1. Ziele und Grenzen des Beitrags
  • 2. Stakeholder
  • 2.1. Öffentliche Einrichtung als Anbieter
  • 2.1.1. Arten der öffentlichen Einrichtung
  • 2.1.2. Ziele und Erwartungen
  • 2.2. Angebotsnutzer
  • 2.3. Serviceanbieter
  • 3. Verantwortlichkeiten bei der Verwendung sozialer Medien
  • 4. Anwendungsfälle und ihre Bewertung
  • 5. Ausblick

1.

Ziele und Grenzen des Beitrags ^

[1]
Der Einsatz sozialer Medien durch öffentliche Einrichtungen soll unter dem Nutzenaspekt sowohl für die Einrichtung, die das soziale Medium verwendet, als auch für die Nutzer, die sich an dem jeweiligen Medium beteiligen, betrachtet werden. Für die sozialen Medien mit kommerziellen Betreibern wird die Situation bei Facebook exemplarisch herangezogen.
[2]
Dem Beitrag liegt keine umfangreiche statistische Untersuchung zu Grunde. Er basiert vielmehr auf Arbeitshypothesen, die unter langjähriger Beobachtung der Szene entwickelt wurden. Die Hypothesen wurden in jüngerer Zeit dann für diesen Beitrag durch Stichproben in konkreten Angeboten öffentliche Einrichtungen untermauert. Der aktuelle Stand der Datenschutzdiskussion aus der Sicht von Anbietern und Nutzern wird in die Überlegungen einbezogen.
[3]
Nicht berücksichtigt werden Details beim Umgang mit Facebook wie z.B. die «2-Klick-Strategie»1 für Verweis-Buttons auf soziale Medien, da sie für die im Folgenden dargestellte grundsätzliche Problematik keine Rolle spielen. Dies gilt auch für alle Überlegungen, die Mitarbeiter betreffen, die privat oder dienstlich in kommerziellen sozialen Medien tätig werden.
[4]

In dem Beitrag wird die Situation in Deutschland betrachtet. Die Schlussfolgerungen dürften jedoch auf Länder mit einer vergleichbaren Datenschutzkultur, sowohl was die rechtlichen Grundlagen als auch die öffentliche Wahrnehmung des Problemfeldes angeht, wie Österreich und die Schweiz, weitgehend übertragbar sein.

[5]
Nach einer Abgrenzung des Themenumfangs und der verwendeten Begriffe wird insbesondere folgenden Fragen nachgegangen:
  • Welche Nutzungsfälle sind sinnvoll und zulässig?
  • Welche Nachteile sowohl für Nutzer als auch für Anbieter können auftreten?
  • Welche Motivation haben die Nutzer, an einem Angebot teilzunehmen?
  • Welchen Nutzen bringt der Einsatz sozialer Medien für die öffentliche Einrichtung?
  • Welche Maßnahmen könnten zukünftig den Nutzen des Einsatzes sozialer Medien durch öffentliche Einrichtungen erhöhen?

2.

Stakeholder ^

2.1.

Öffentliche Einrichtung als Anbieter ^

2.1.1.

Arten der öffentlichen Einrichtung ^

[6]
Betrachtet werden in erster Linie Angebote von Behörden für ihren Zuständigkeitsbereich. Für weitere nichtkommerzielle öffentlich-rechtliche und privatrechtliche Einrichtungen, die für die politische Meinungsbildung wichtig sind, gelten im Grunde die gleichen Überlegungen. Beispiele sind die Angebote von Parteien, Stiftungen, Interessenverbänden und, mit Einschränkungen, von spontanen Initiativen. Allen betrachteten Einrichtungen ist gemeinsam, dass sie ein starkes Interesse haben, ihre eigene Position in der öffentlichen Meinung wirksam darzustellen ohne dabei ein unmittelbares wirtschaftliches Interesse zu haben.

2.1.2.

Ziele und Erwartungen ^

[7]

Ein Zitat aus einer Information der Bundeszentrale für politische Bildung im Rahmen des Angebots digitale-demokratie beschreibt exemplarisch die Einstellung vieler Verantwortlicher in öffentlichen Einrichtungen zum Thema kommerzielle soziale Netzwerke, insbesondere zu Facebook:

Facebook ist das soziale Netzwerk im Internet – mit um die 26 Millionen Mitgliedern allein in Deutschland kann man es … kaum mehr wegdenken. Für Einrichtungen und Organisationen – nicht nur in der politischen Bildung – stellt Facebook einen Ort dar, an dem man mit (potentiellen) Teilnehmenden in Kontakt tritt, sich vorstellt, Feedback einholt und den Puls der Zeit fühlt.

Der Präsident der Bundeszentrale für politische Bildung, Thomas Krüger, drückt es so aus: «Die Diskussion findet auf jeden Fall [auf Facebook] statt. Wir können nur entscheiden, ob wir uns mit unseren Methoden und Informationen in diesen Austausch einklinken oder ob die Diskussion ohne uns stattfindet.» 2

[8]
Also besteht die Erwartung, dass ein Auftritt in Facebook eine große Anzahl von Personen zeitnah erreicht; und dies ohne großen eigenen technischen Aufwand. Hinsichtlich des redaktionellen Aufwandes setzt sich zunehmend die Erkenntnis durch, dass auch ein Facebook-Auftritt einen erheblichen Pflegeaufwand erfordert. Auch auf Social Media-typische Probleme wie z.B. «shit storm» und ihre Lösung muss man sich einstellen. Dies wird z.B. in einer «Handreichung zur Nutzung sozialer Medien in den Bundesministerien»3 im Detail erläutert. Ferner besteht in vielen öffentlichen Einrichtungen auch die Erwartung, soziale Medien und ihre Mechanismen für Partizipationsprozesse zu nutzen. Hierbei wird häufig bereits unterschieden zwischen der Nutzung kommerzieller Medien und dem Einsatz sozialer Medien auf eigenen Plattformen. Bestimmte Angebote wie Bürgerhaushalte werden schon heute weitgehend auf eigenen Plattformen realisiert.

2.2.

Angebotsnutzer ^

[9]

Hier gibt es die schon «klassische» Unterscheidung zwischen Nutzern und Nicht-Nutzern von Internet-Angeboten4. Dazu wurde eine ausführliche Diskussion zur «Digital Divide» (digitale Kluft) bereits geführt. Eine aktuelle Begriffsinterpretation findet sich bei Wikipedia5. Die Auswirkungen auf die Partizipation werden z.B. in Artikeln von Born6 und Roleff7 erläutert. Derzeit wird die digitale Kluft eher als Problem der technischen Qualität des Internetzugangs denn als soziokulturelle Problematik interpretiert. Für die folgenden Überlegungen ist nur der Aspekt festzuhalten, dass die sozialen Medien nicht der ausschließliche Kommunikationskanal zwischen Einwohner und öffentlichen Einrichtungen sein dürfen. Unter anderem würde damit die nicht wünschenswerte Politikferne bestimmter gesellschaftlicher Gruppierungen verstärkt. Eine Situationsbeschreibung von Rößner8 bezieht sich zwar auf den Bildungsbereich, dürfte aber auch für die Bereiche der politischen Bildung und der Partizipation gültig sein. Eine Vertiefung dieser Aspekte würde den Rahmen des Beitrags aber sprengen. Im Weiteren werden nur noch Personen betrachtet, die willens und von ihren technischen und persönlichen Voraussetzungen in der Lage sind, die Möglichkeiten, die das Internet bietet, zu nutzen. Dabei sind zwei Grundtypen erkennbar:

  1. Nutzer, die ohnehin und aus eigenem Antrieb Facebook (im Weiteren stellvertretend für diverse kommerzielle Angebote betrachtet) in ihrem Alltag häufig nutzen und meist ein eigenes Facebook-Konto haben; im Folgenden als «Facebook-(affine) Nutzer» bezeichnet.
  2. Interessenten, die nur auf Social Media zugreifen, weil sie ein gezieltes Interesse einem dort eingerichteten Informations- oder Partizipationsangebot haben; im Folgenden als «Themenorientierte Nutzer» bezeichnet.
[10]
Facebook-affine Nutzer sind daran gewöhnt, dass möglichst alles, was in ihrem Interessenbereich liegt, innerhalb ihres sozialen Mediums erreichbar und bearbeitbar ist. Ob die Angebote öffentlicher Einrichtungen Interesse finden, hängt, wie von ihrer persönlichen Disposition und zu einem gewissen Grad auch von der Disposition ihres Umfeldes ab. Besonders bei der jüngeren Generation der Nutzer ist zu befürchten, dass ein hoher Prozentsatz Angebote, die außerhalb der eigenen Mediums liegen, gar nicht mehr wahrnimmt.
[11]
Themenorientierte Nutzer nutzen Angebote, wenn Sie ein Themenbereich anspricht. Die grundsätzliche Bereitschaft, sich in einem sozialen Medium zu informieren oder an weitergehenden Aktivitäten teilzunehmen, reicht hier allerdings nicht aus. Die «Multiplikationseffekte» weit verbreiteter kommerzieller sozialer Medien (Teilen, Like u.ä.) sind bei dieser Gruppe außerhalb eines kommerziellen sozialen Mediums nicht wirksam. Damit sie sich an Aktivitäten beteiligen, müssen sie erst einmal in irgendeiner Form darüber informiert werden, dass diese Möglichkeit besteht.

2.3.

Serviceanbieter ^

[12]
Die Palette der wesentlichen Stakeholder zum Thema Social Media wird vervollständigt durch die Anbieter der zu Grunde liegenden technischen Dienste. Dies sind einerseits die bekannten Anbieter kommerzieller sozialer Medien, die die technischen Voraussetzungen für ihre Angebote selbst schaffen und kontrollieren. Ihr Hauptinteresse ist eine Erzielung von Gewinn aus dieser Bereitstellung durch das Geschäftsmodell9, das dem Betrieb ihres sozialen Mediums zu Grunde liegt.
[13]
Daneben gibt es Anbieter, die ihre Erträge direkt durch die Bereitstellung technischer Grundfunktionen für den Betrieb sozialer Medien erzielen. Dies sind z.B. Internet-Provider, aber auch kommunale Rechenzentren und ähnliche Dienstleister im öffentlichen Bereich.
[14]

Schließlich besteht auch noch die Möglichkeit, dass die Betreiber nichtkommerzieller sozialer Medien dies in einer unter ihrer eigenen Kontrolle stehenden technischen Infrastruktur durchführen. Diese Möglichkeit ist z.B. bei Landesverwaltungen und Großstädten mit eigenen Rechenzentren realistisch.

3.

Verantwortlichkeiten bei der Verwendung sozialer Medien ^

[15]
Die Verantwortlichkeit öffentlicher Einrichtungen gegenüber den Nutzern bei ihrem Auftritt in sozialen Medien werden in einer ausführlichen «Datenschutzrechtlichen Bewertung»10 des Landeszentrums für Datenschutz Schleswig-Holstein ausführlich analysiert. Eine für die Überlegungen in diesem Beitrag wichtige Aussage lautet:
[16]

«Dies ändert … nichts an der Verantwortlichkeit des Webseitenbetreibers, der … die Datenweitergabe an Facebook initiiert ... Facebook …trägt aber nicht die Alleinverantwortung für die konkreten Weitergaben. Diese in § 15 Abs. 3 TMG geregelte Reichweitenanalyse verortet die Verantwortlichkeit für die Nutzung der personenbezogenen Daten bei dem Diensteanbieter, der … einen Dienstleister, im konkreten Fall Facebook, heranzieht.»11

[17]
Neben der Feststellung der Verantwortlichkeit einer Organisation, die Facebook nutzt, wird dort auch die Frage der Zustimmung zur Datenspeicherung durch Facebook gestellt und die Wirksamkeit der Zustimmung des Nutzers kritisch diskutiert. Diese Bewertung befasst sich also, wie zahlreiche Veröffentlichungen zu diesem Thema, mit der Frage, ob und wie der Schutz der Privatsphäre für die Nutzer von Facebook Diensten gewährleistet ist bzw. ob eine wirksame Aufklärung und Einwilligung bei den Nutzern vorhanden ist.
[18]
Dagegen wird bisher die Frage wenig beachtet, wie mit Nutzern umzugehen ist, die zwar an Information oder Partizipation zum Thema einer öffentlichen Einrichtung interessiert wären, aber nicht an einer Teilnahme im Rahmen eines kommerziellen sozialen Mediums. Spätestens seit dem von Schrems erstrittenen Urteil des Europäischen Gerichtshofs12 und Analysen der von Facebook erhobenen Daten13 und des darauf basierenden Geschäftsmodells14 sollte klar sein, dass Nutzer kommerzieller sozialer Medien große Teile ihrer Privatsphäre aufgeben. Kritisch ist u.a., dass durch die Aufzeichnung der IP-Adresse bei der Nutzung von WLAN bei Bekannten oder Verwandten auch die Privatsphäre Dritter, die nicht einmal selbst Facebook-Nutzer sein müssen, beeinträchtigt werden kann. Es gibt daher Personen, die nicht bereit sind, diese Nachteile, die mit der Nutzung von Facebook o.ä. bzw. der Einrichtung eines Accounts in dem Medium verbunden sind, in Kauf zu nehmen. Wie nachstehend begründet wird, wäre es rechtlich zumindest fragwürdig und politisch unklug, solche Nutzer vor die Alternative zu stellen, die Nachteile einer Beteiligung an Facebook in Kauf zu nehmen oder sich von Aktivitäten fernzuhalten, an denen sie Interesse hätten. Da die Sensibilität zu dieser Problematik wächst, sollte man davon ausgehen, dass die Personengruppe, die eine Nutzung verweigert, weiter anwachsen wird. Wegen der starken Verbreitung kommerzieller sozialer Medien soll dieser Effekt im Folgenden als «Digital Divide 2.0» bezeichnet werden.
[19]
Häufig werden z.Zt. von den Betreibern salvatorische Klauseln wie die folgende verwendet:
[20]

«Es ist gegenwärtig rechtlich nicht abschließend geklärt, ob und inwieweit Facebook seine Dienste im Einklang mit europäischen datenschutzrechtlichen Bestimmungen anbietet. … Wir machen Sie ausdrücklich darauf aufmerksam, dass Facebook die Daten seiner Nutzerinnen und Nutzer … abspeichert und für geschäftliche Zwecke nutzt. … Das BMWi hat keinen Einfluss auf die Datenerhebung und deren weitere Verwendung durch Facebook. »15

[21]
Eine Auslegung dieser Ausführungen in Kombination mit den Kernaussagen des Gutachtens des schleswig-holsteinischen Datenschutzzentrums lässt für den Autor dieses Beitrags die Interpretation zu, dass zumindest der Auftritt einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft in einem kommerziellen sozialen Medium, dessen Schutz der Privatsphäre intransparent und nach kommerziellen Gesichtspunkten organisiert ist, nicht zulässig ist.
[22]

Diese rigorose Auslegung geht aus praktischer Sicht sehr weit, da sie öffentlichen Einrichtungen einen sehr wirksamen Kommunikationskanal völlig verschließt. Alternativ wird daher eine pragmatische Interpretation vorgeschlagen: Der Auftritt in einem kommerziellen Medium wird ohnehin nur von Personen genutzt, die aus eigenem Antrieb die mit der Nutzung der Plattform verbundenen Risiken bereits in Kauf nehmen. Eine mögliche Interpretation wäre also auch für das Angebot der öffentlichen Einrichtung eine konkludente Zustimmung. Ein Hinweis auf die Risiken der Nutzung dieses öffentlich-rechtlichen Angebotes, wie z.B. vom BMWi in der «Handreichung»16 vorgeschlagen, sollte daher genügen.

[23]
Von den Nutzern, die nicht auf kommerzielle Plattformen wollen, kann also nicht erwartet werden, dass sie Angebote auf kommerziellen Medien nutzen. D.h. alle Informationen, die für die Nutzer kommerzieller Medien von einer öffentlichen Einrichtung angeboten werden, müssen für die von Digital Divide 2.0 Betroffenen auf Wegen zugänglich gemacht werden, die sie nicht mit kommerziellen Plattformen in Berührung bringen. Es muss an dieser Stelle auch offen bleiben, wie weit derzeitige Facebook-Nutzer sich nur deshalb dort beteiligen, weil sie sich durch die Alternative, d.h. die Ausgrenzung von vielen öffentlichen Diskussionen, dazu genötigt fühlen.

4.

Anwendungsfälle und ihre Bewertung ^

[24]
Ein typischer Anwendungsfall sozialer Medien ist nach wie vor die einseitig gerichtete Information der Nutzer. Hier kann entsprechend dem Zweck der Informationsbereitstellung noch weiter unterschieden werden in a) Werbung für einen Beitrag an anderer Stelle, b) inhaltliche Information in einem Beitrag in den sozialen Medien und c) amtliche Bekanntmachungen. Die inhaltliche Information in kommerziellen sozialen Medien kann wegen der guten Sichtbarkeit für die dort aktiven Nutzer und den möglichen Multiplikationswirkungen (Teilen, Like Button usw.) durchaus sinnvoll sein. In einem Kommunikationskonzept muss aber bei einem Angebot in kommerziellen sozialen Medien die von Digital Divide 2.0 Betroffenen berücksichtigt werden.
[25]
Beim Angebot sozialer Medien auf Plattformen unter eigener Kontrolle besteht das Problem des Ausschlusses nicht. Hier muss aber das Problem der «Sichtbarkeit» des Angebots gelöst werden. Ein Weg erscheint ein Auftritt in kommerziellen Medien mit Kurzinformation und Link auf die ausführliche Information auf der eigenen Plattform. Für die nicht in kommerziellen sozialen Medien präsenten Nutzer muss die Sichtbarkeit durch Verlinkung von geeigneten sonstigen Angeboten gewährleistet werden. Im Falle der Kommunen können dies die eigenen Webauftritte sein; auch Hinweise auf den Plattformen von thematisch relevanten Interessenverbänden o.ä. kommen in Frage.
[26]
Diese letztgenannte Variante dürfte auch eine Lösung für amtliche Bekanntmachungen sein. Dagegen sind kommerzielle soziale Medien für die ausschließliche Bekanntmachung im Netz abzulehnen, da wegen der o.a. Thematik des mangelhaften Schutzes der Privatsphäre in diesem Bereich nicht erwartet werden kann, dass Nutzer mit negativer Einstellung zu Facebook diese Informationen wahrnehmen (Digital Divide 2.0). Hinzu kommt die Frage, welche der kommerziellen Medien für die Bekanntmachung (oder auch die Verweise) genutzt werden, da einige zwar einen hohen Marktanteil haben, aber die Nutzer sich trotzdem (noch) auf verschiedene Plattformen verteilen.
[27]
Ein weiterer wichtiger Anwendungsfall ist die Partizipation. Die Unterscheidung zwischen Angeboten mit Mitteln sozialer Medien unter eigener Kontrolle (z.B. Bürgerhaushalt, Diskussionsforen, Meinungsumfragen) und dem Auftritt einer Einrichtung in kommerziellen sozialen Medien ist hier noch wichtiger. Der faktische Ausschluss größerer Personengruppen von einem Beteiligungsprozess durch Digital Divide 2.0 könnte zu Rechtsfolgen bis hin zu einer Unwirksamkeit von Beschlüssen auf der Grundlage eines solchen fehlerhaften Partizipationsprozesses führen. Eine Werbung für einen Partizipationsprozess in kommerziellen sozialen Medien wäre auch hier jedoch sinnvoll.
[28]
Bei Partizipationsprozessen zum Beispiel in Diskussionsforen sollen schließlich Qualitätsaspekte nicht unerwähnt bleiben: Die Aufspaltung von Diskussionen auf viele verschiedenen Plattformen verringert die Aussagekraft; häufig diskutieren jeweils «Gleichgesinnte» auf ihren Plattformen. Ein echter Meinungsaustausch und ggf. eine Kompromissfindung findet so nicht statt. Die Strukturierung vieler, insbesondere kommerzieller Diskussionsforen ist eher für den Austausch von eindimensionalen Banalitäten geeignet als für komplexe Diskussionen. Dies vermindert ebenfalls die Qualität einer Diskussionen und ihrer Ergebnisse.

5.

Ausblick ^

[29]
In den Kommunikationskonzepten öffentlicher Einrichtungen sollte gewährleistet werden, dass zwar einerseits die Facebook-Nutzer von den Angeboten erreicht werden, dass aber andererseits eine einfache Zugangsmöglichkeit zum Informationsangebot besteht, bei dem jeglicher Kontakt mit kommerziellen Medien, die eine Erfassung und Weitergabe persönlicher Daten nicht sicher ausschließen, vermieden wird. Hinsichtlich der Sichtbarkeit der Angebote außerhalb kommerzieller sozialer Medien wie Facebook müssen Konzepte und Plattformen entwickelt werden, die das Auffinden von Angeboten öffentlicher Stellen auf allen Ebenen erleichtern. Die Angebote müssen durch die öffentlichen Anbieter besser gebündelt, strukturiert und semantisch erschlossen werden.
  1. 1 Viele Kommunen, die Verweis Buttons anbieten, beziehen sich dabei auf eine bei Heise vorgeschlagene Lösung – http://www.heise.de/forum/c-t/Kommentare-zu-c-t-Artikeln/2-Klicks-fuer-mehr-Datenschutz/Googlebutton-im-on-modus-nicht-sichtbar/posting-339791/show/ (alle URL-Angaben im Beitrag wurden im Zeitfenster November 2015 bis Januar 2016 aufgerufen).
  2. 2 Rose, Thomas, Facebook für Organisationen – eine Einführung; http://pb21.de/2014/11/facebook-fuer-organisationen-eine-einfuehrung/ – 28. November 2014.
  3. 3 Handreichung zur Nutzung sozialer Medien in den Bundesministerien Anhang 9.3 – http://www.verwaltung-innovativ.de/SharedDocs/Publikationen/Artikel/handreichung.pdf?__blob=publicationFile&v=2.
  4. 4 Dazu zahlreiche Erhebungen – z.B.: Soziale Netzwerke – Eine repräsentative Untersuchung zur Nutzung sozialer Netzwerke im Internet – BITKOM 2011 - https://www.bitkom.org/Publikationen/2011/Studie/Studie-Soziale-Netzwerke/BITKOM-Publikation-Soziale-Netzwerke.pdf.
  5. 5 Digitale Kluft, https://de.wikipedia.org/wiki/Digitale_Kluft.
  6. 6 Born, Sigrid, E-Partizipation ermöglicht politische Beteiligung mit elektronischen Mitteln auf «Kooperation Alumniportal Deutschland»; http://www.alumniportal-deutschland.org/nachhaltigkeit/politik/artikel/e-partizipation-politische-beteiligung.html.
  7. 7 Roleff, Daniel, Digitale Politik und Partizipation: Möglichkeiten und Grenzen – 6. Februar 2012 http://www.bpb.de/apuz/75834/digitale-politik-und-partizipation-moeglichkeiten-und-grenzen?p=all. Im Rahmen des Angebots digitale-demokratie der Bundeszentrale für politische Bildung/bpb.
  8. 8 Rößner, Michael, Partizipation, Exklusion und Inklusion … , Dissertation Tübingen 2010; https://publikationen.uni-tuebingen.de/xmlui/bitstream/handle/10900/47837/pdf/DissRoessner.pdf?sequence=1&isAllowed=y.
  9. 9 Toklu, Halil, Geschäftsmodell von Facebook (kompakte Darstellung); http://www.monetarisierung.net/geschaftsmodell-von-facebook/.
  10. 10 Datenschutzrechtlichen Bewertung der Reichweitenanalyse durch Facebook https://www.datenschutzzentrum.de/facebook/facebook-ap-20110819.pdf.
  11. 11 A.a.O. Abschnitt 5.2.3 Webseitenbetreiber.
  12. 12 EuGH, 6. Oktober 2015 – C-362/14 – Maximillian Schrems gegen Data Protection Commissioner, http://curia.europa.eu/juris/document/document.jsf?text=&docid=169195&pageIndex=0&doclang=DE&mode=req&dir=&occ=first&part=1.
  13. 13 Facebooks Datenbestand; http://www.europe-v-facebook.org/DE/Datenbestand/datenbestand.html.
  14. 14 Facebooks Geschäftsmodell – Sitzt Facebook auf einer Goldmine? (zum Wert der Daten) http://www.pcwelt.de/ratgeber/Sitzt-Facebook-auf-einer-Goldmine-Facebooks-Geschaeftsmodell-361000.html.
  15. 15 Handreichung zur Nutzung sozialer Medien … s. FN 3, zitiert aus Anhang 9.5; s.a. Anhang 9.4.
  16. 16 S. FN 15.