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Die Solothurner Staatsanwaltschaft führt gegen das Elternpaar eine Strafuntersuchung wegen des Verdachts der vorsätzlichen Tötung des Sohnes im Jahr 2010 und der schweren Körperverletzung der Tochter im Jahr 2012. Zur Aufklärung der mutmasslichen Delikte ordnete die Staatsanwaltschaft den Einsatz verdeckter Ermittler gegen das Elternpaar sowie eine Audio-Überwachung von dessen Wohnungen an. Nach Beendigung der Massnahmen wurden die Betroffenen darüber in Kenntnis gesetzt. Das Obergericht des Kantons Solothurn kam auf ihre Beschwerde hin 2016 zum Schluss, die Anordnung der verdeckten Ermittlung und die Audio-Überwachung seien unrechtmässig gewesen.
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Das Bundesgericht heisst die dagegen erhobenen Beschwerden der Staatsanwaltschaft gut. Die Voraussetzungen der Strafprozessordnung (StPO) für eine Audio-Überwachung und die Anordnung einer verdeckten Ermittlung waren erfüllt, zumal die vorgeworfenen Straftaten ausserordentlich schwer wiegen und die Staatsanwaltschaft beweismässig nicht weiter kam, obwohl sie alle anderen ihr zur Verfügung stehenden Mittel ausgeschöpft hatte. Entgegen der Ansicht der Vorinstanz steht dem Einsatz verdeckter Ermittler nicht entgegen, dass die Beschuldigten im Rahmen der Ermittlungen von ihrem Recht auf Aussageverweigerung Gebrauch gemacht haben. Allerdings setzt dieser Umstand der verdeckten Ermittlung Grenzen. Unzulässig wäre es, wenn ein verdeckter Ermittler einem Beschuldigten unter Ausnützung des geschaffenen Vertrauensverhältnisses Fragen unterbreitet, die in der Einvernahme gestellt wurden und ihn zur Aussage drängt.
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Die Anordnung der verdeckten Ermittlung wäre vorliegend höchstens dann unzulässig gewesen, wenn die Staatsanwaltschaft die Ermittler zum vornherein dazu angehalten hätte, in dieser Weise vorzugehen. Dafür gibt es aber keine Anhaltspunkte. Eine andere Frage ist, ob die verdeckten Ermittler in der Folge bei ihrem Einsatz das Mass des Zulässigen überschritten haben. Dies wird vom zuständigen Sachgericht zu beurteilen sein, sofern es zu einer Anklage kommt.
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Als rechtmässig erweist sich auch die Abhörung der Wohnungen der Beschuldigten, weshalb die daraus gewonnenen Erkenntnisse verwertet werden dürfen. Der Kerngehalt der verfassungsmässigen Rechte der Beschuldigten wurde durch die Abhörung nicht verletzt. Diese war auch verhältnismässig. Insbesondere ist die Anordnung einer Abhörung nicht auf Straftaten beschränkt, bei denen ein kriminelles Umfeld oder organisierte Kriminalität besteht.
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Eine weitere Beschwerde der Staatsanwaltschaft weist das Bundesgericht ab. Diese stand im Zusammenhang mit dem Umstand, dass die Staatsanwaltschaft bei der beschuldigten Frau und ihrem neuen Lebenspartner eine Hausdurchsuchung durchgeführt, Datenträger beschlagnahmt und sich darauf befindliche Fotos gelöscht hatte, welche sie von den verdeckten Ermittlern gemacht hatten. Das Bundesgericht bestätigt die Ansicht des Solothurner Obergerichts, dass der diesbezügliche Eingriff in die Grundrechte der Betroffenen unverhältnismässig war.
Urteile des Bundesgerichts 1B_114/2016, 1B_115/2016, 1B_116/2016, 1B_117/2016, 1B_118/2016, 1B_119/2016 und 1B_122/2016 vom 21. März 2017
Quelle: Medienmitteilung des Bundesgerichts Nr. 114/2016 vom 7. April 2017