1.
Einleitung ^
Relativ spät, nämlich erst vor zwanzig Jahren, stand das Internet vor den Toren des Gesellschaftsrechts. Technische Neuerungen wie Telefon oder Fax haben das Gesellschaftsrecht nicht nennenswert beeinflusst. Oder anders formuliert: Gesellschaftsrecht und Kommunikationstechnik hatten bis Mitte der 1990er-Jahre wenig miteinander zu tun. Die Kommunikationsbeziehungen in den Gesellschaften waren bis dahin von Präsenzversammlungen und papierener Schriftlichkeit geprägt. E-Mail, Inter- und Intranet sollten dies rasch grundlegend ändern.1
2.
Situation vor Umsetzung der Aktionärsrechte-Richtlinie 2007/36/EG ^
3.
Umsetzung der Aktionärsrechte-Richtlinie 2007/36/EG ^
Während die Aktionärsrechte-Richtlinie 2007/36/EG und deren Umsetzung durch das AktRÄG 2009 die börsenotierten Aktiengesellschaften verpflichtet, eine eigene Internetseite zu unterhalten und darauf hauptversammlungsrelevante Informationen einzustellen, werden den börsenotierten Aktiengesellschaften in Art. 8 keinerlei Pflichten betreffend die elektronische Hauptversammlungsteilnahme von Aktionären auferlegt.24 In Umsetzung von Art. 8 Aktionärsrechte-Richtlinie 2007/36/EG erlaubt § 102 Abs. 3 AktG i.d.F. AktRÄG 2009 den börsenotierten Aktiengesellschaften ihren Aktionären eine Möglichkeit der Teilnahme im Wege der elektronischen Kommunikation vorzusehen, damit die Aktionäre einzelne oder alle ihnen zustehenden Rechte auf diese Weise ausüben. Unter eine Teilnahme im Wege der elektronischen Kommunikation fallen z.B. die Fernteilnahme und die Fernabstimmung.25 Dagegen gehört die bloße öffentliche Übertragung der Hauptversammlung nicht zu den Formen der Teilnahme im Wege der elektronischen Kommunikation.26 Auch wenn die Teilnahme im Wege der elektronischen Kommunikation in der Praxis häufig mit Hilfe des Internet erfolgt, so wurden die europarechtliche und die österreichische Bestimmung doch bewusst ohne Bezugnahme auf eine konkrete Technologie formuliert.27
Die Revision des ÖCGK im Jahr 2010 trug dem AktRÄG 2009 Rechnung. Im Kapitel «Aktionäre und Hauptversammlung» wurden drei Kodexregeln zu L-Regeln hochgestuft, alle mit Internetbezug.32
4.
Entwicklungen seit der Umsetzung der Aktionärsrechte-Richtlinie 2007/36/EG ^
Auch haben die hauptversammlungsrelevanten Informationen, die auf der Internetseite der börsenotierten Aktiengesellschaft einzustellen sind, nunmehr «einfach auffindbar» zu sein.34
5.
Zusammenfassung/Schlussbemerkung ^
6.
Literatur ^
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Zetzsche, Die virtuelle Hauptversammlung – Momentaufnahme und Ausblick, BKR 2003, S. 736–743.
- 1 Fast visionär Noack, Moderne Kommunikationsformen vor den Toren des Unternehmensrechts, ZGR 1998, S. 592 ff.
- 2 Bereits fünf Jahre nach dem Beitrag Noacks konstatierte dessen damaliger Assistent (Zetzsche, Die Virtuelle Hauptversammlung – Momentaufnahme und Ausblick, BKR 2003, S. 736) bezüglich der Situation in Deutschland: «Das Internet ist aus der Hauptversammlung (einer börsenotierten Aktiengesellschaft) nicht mehr wegzudenken.»
- 3 In diesem Sinne Noack, Gesellschaftsrecht und Informationstechnik, in: Schweizer (Hrsg.), Festschrift für Jean Nicolas Druey zum 65. Geburtstag, 2002, S. 884.
- 4 Noack, Hauptversammlung der Aktiengesellschaft und moderne Kommunikationstechnik – aktuelle Bestandsaufnahme und Ausblick, NZG 2003, S. 249, zeigt diese Beziehung auf. Nach ihm bedarf es Information, damit Kommunikation entsteht. Kommunikation wiederum ist der Entscheidung der Aktionäre (Abstimmung) vorgelagert.
- 5 So sind etwa Livestreams von Hauptversammlungen, selbst wenn sie über mehrere Stunden gehen, heute kein Problem mehr.
- 6 Vgl. Kalss, in: Kalss/Schauer (Hrsg.), Die Reform des Österreichischen Kapitalgesellschaftsrechts. Gutachten zum 16. Österreichischen Juristentag Graz 2006, S. 178.
- 7 Diese Richtlinie stellt einen Meilenstein für die Entwicklung des Interneteinsatzes bei der börsenotierten Aktiengesellschaft dar, auch wenn sie in Teilbereichen hinter dem Richtlinienvorschlag der Kommission zurückgeblieben und vereinzelt als «kein großer Wurf» bezeichnet worden ist (dazu Heindl/C. Szücs, Virtuelle Unternehmenskommunikation: Die neue EU-Richtlinie über die Ausübung von Aktionärsrechten, in: Siems/Brandstätter/Gölzner [Hrsg.], Anspruchsgruppenorientierte Kommunikation, 2008, S. 396).
- 8 Auf diesen Umstand im Rahmen der IRIS hinweisend C. Szücs, Das Internet als Instrument der Finanzinformation, in: Schweighofer et al. (Hrsg.), e-Staat und e-Wirtschaft aus rechtlicher Sicht – Tagungsband des 9. Internationalen Rechtsinformatik Symposions IRIS 2006, S. 379 sowie C. Szücs/S. Szücs, Internet und Hauptversammlung: Die neue Aktionärsrechte-Richtlinie, in: Schweighofer et al. (Hrsg.), Komplexitätsgrenzen der Rechtsinformatik – Tagungsband des 11. Internationalen Rechtsinformatik Symposions IRIS 2008, S. 418, FN 13.
- 9 Vgl. Heindl/C. Szücs, Internet und Gesellschaftsrecht: Aktienrechts-Änderungsgesetz 2009 – Teil 1, jusIT 2010, S. 2.
- 10 Dazu Rechberger, Aufzeichnung und Übertragung der Hauptversammlung (§ 102 Abs 3 AktG), RdW 2005, S. 410.
- 11 Die Rundfunkübertragung spielte in der Praxis keine Rolle. Eigner/Winner, Die elektronische Hauptversammlung. Eine Bestandaufnahme nach geltendem Recht und der neuen Aktionärsrechte-Richtlinie, ÖBA 2008, S. 47, sprachen davon, dass dem Internet bei den zur Auswahl stehenden Übertragungswegen die mit Abstand größte Bedeutung zukommt.
- 12 Mit derselben Diktion Eigner/Winner (FN 11), S. 48.
- 13 Insb. aufgrund von C-Regel 4 und 6 sowie R-Regel 72. Zur Unterscheidung zwischen L-, C- und R-Regeln im ÖCGK siehe Heindl/C. Szücs, Internet, Corporate Governance und Recht, in: Schweighofer (Hrsg.), Semantisches Web und Soziale Netzwerke im Recht – Tagungsband des 12. Internationalen Rechtsinformatik Symposions IRIS 2009, S. 58 f sowie Heindl, Internet, Corporate Governance und Recht: Die CG-Berichte gemäß § 243b UGB, in: Schweighofer/Kummer/Hötzendorfer (Hrsg.), Transparenz – Tagungsband des 17. Internationalen Rechtsinformatik Symposions IRIS 2014, S. 645.
- 14 Gleichwohl nicht falsch Heindl/C. Szücs (FN 13), S. 60: «Mit dem Einsatz des Internet während der Hauptversammlung beschäftigt sich gegenwärtig explizit keine Bestimmung dieses Kapitels (des ÖCGK). Regel 7, die R-Regel des Kapitels, propagiert eine bestmögliche Unterstützung der Aktionäre bei der Teilnahme an der Hauptversammlung durch die Gesellschaft, ohne hierzu nähere Bestimmungen – etwa zum Einsatz des Internet – zu treffen.»
- 15 Zum Verhältnis von Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht siehe Kalss/Nowotny/Schauer, Österreichisches Gesellschaftsrecht, 2008, Rz. 1/122: «Die aktienrechtlichen Bestimmungen und die transaktionsbezogenen kapitalmarktrechtlichen Regelungen greifen ineinander, indem sie einander zum Teil verstärken, zum Teil ergänzen, sodass sie überlappende Regelungen bilden, die teilweise als Funktionsäquivalente angesehen werden können. Zum Teil führen sie aber naturgemäß zu weiteren Abstimmungsfragen» (ohne die Hervorhebungen im Original).
- 16 Dieses Veröffentlichungsregime über Medien mit EU-weiter Verbreitung soll für Informationen nach Art. 17 nicht gelten. Folglich heißt es in den Erläuterungen zu 82/A XXIII. GP betreffend § 83 BörseG, welcher Art. 17 der Transparenzrichtlinie 2004/109/EG in das österreichische Recht überträgt: «Es ist zu beachten, dass die Informationen, die der Emittent gemäß (§ 83) Abs. 2 übermittelt, keine ‹vorgeschriebenen Informationen› im Sinne des § 81a Abs. 1 Z 9 sind. Für diese gilt daher nicht § 86 Abs. 1 (BörseG), sondern es gelten die einschlägigen Vorschriften des Gesellschaftsrechts.»
- 17 BGBl. I 2009/71.
- 18 Siehe dazu Heindl/C. Szücs, Internet und Gesellschaftsrecht: Aktienrechts-Änderungsgesetz 2009 – Teil 2, jusIT 2010, S. 41. Die beiden Autoren schlagen vor, diese Verpflichtungen sprachlich deutlicher sowie an prominenterer Stelle im AktG – nämlich in § 3 AktG – zum Ausdruck kommen zu lassen.
- 19 In diesem Sinne Schopper, in: Jabornegg/Strasser (Hrsg.), AktG5, § 13 Rz. 29.
- 20 C-Regel 4 sah die Bereitstellung der Informationen auf der Internetseite der börsenotierten Aktiengesellschaft mindestens eine Woche vor der Hauptversammlung vor (darauf hinweisend bereits Bachner/Dokalik, Die neue EU-Richtlinie über Aktionärsrechte und ihre Auswirkungen auf das österreichische Aktienrecht, GesRZ 2007, S. 107, FN 28).
- 21 Die Aktionärsrechte-Richtlinie 2007/36/EG übernahm für die Einberufung das grundsätzliche Veröffentlichungsregime der Transparenzrichtlinie 2004/109/EG (kritisch dazu insb. Noack, Die Aktionärsrechte-Richtlinie, in: Aderhold [Hrsg.], Festschrift für Harm Peter Westermann zum 70. Geburtstag, 2008, S. 1207 ff.).
- 22 Sofern in der Satzung keine längere Frist vorgesehen ist, hat die Einberufung spätestens 28 Tage vor einer ordentlichen bzw. 21 Tage vor einer sonstigen Hauptversammlung zu erfolgen (§ 107 Abs. 1 AktG i.d.F. AktRÄG 2009). Die Einstellung auf der Internetseite hat spätestens 21 Tage vor der Hauptversammlung zu geschehen.
- 23 Nach § 128 Abs. 2 AktG i.d.F. AktRÄG 2009 hat dies spätestens am zweiten Tag nach der Hauptversammlung zu passieren. C-Regel 4 des ÖCGK in seiner Stammfassung sah eine Veröffentlichung dort ebenso vor, wenngleich die Veröffentlichung der Abstimmungsergebnisse unverzüglich geschehen sollte.
- 24 «In Art. 8 findet sich jene Bestimmung der RL, die zweifelslos das größte Zukunftspotential in sich trägt, dessen Ausschöpfung jedoch Sache der Gesellschaften sein wird» (Bachner/Dokalik [FN 20], S. 111).
- 25 Diese beiden werden neben der sog. Satellitenversammlung in § 102 Abs. 3 genannt und erläutert. Daneben kommen aufgrund der Formulierung «insbesondere» auch andere Formen der elektronischen Kommunikation in Betracht.
- 26 Es fehlt an der für eine Kommunikation notwendigen Interaktionsmöglichkeit (so wie hier Bydlinski/Potyka, in: Jabornegg/Strasser [FN 19], § 102 Rz. 24).
- 27 Vgl. Bachner/Dokalik (FN 20), S. 111, die sich auf die Richtlinienbestimmung beziehen.
- 28 KOM (2005) 685 endg.
- 29 «Die Mitgliedstaaten könnten ein solches Recht (der Aktionäre) jedoch nach Artikel 3 der Richtlinie einführen» (Heindl/C. Szücs [FN 7], S. 398; ebenso Heindl/C. Szücs [FN 9], S. 3, dort mit Nachweisen).
- 30 § 118 Abs. 4 AktG i.d.F. AktRÄG 2009. Ein solches Auskunftsverweigerungsrecht erlaubt die Aktionärsrechte-Richtlinie 2007/36/EG in Art. 9 Abs. 2.
- 31 Er zählt zu den hauptversammlungsrelevanten Informationen, die nach § 108 Abs. 4 AktG i.d.F. AktRÄG 2009 auf der Internetseite der Gesellschaft für eine bestimmte Zeit vor/nach der Hauptversammlung zugänglich sein müssen. Der ÖCGK geht darüber hinaus und sieht in seiner C-Regel 61 eine zeitlich uneingeschränkte Zurverfügungstellung über die Internetseite vor (dazu, auch mit Kritik an der Ausgestaltung der Regel 61 Heindl [FN 13], S. 646).
- 32 Zu den hochgestuften Kodexregeln gehörten die (C-)Regeln 4 und 6.
- 33 Grundlegend dazu C. Szücs, Internet und Gesellschaftsrecht: Das Gesellschaftsrechts-Änderungsgesetz 2011, in: Schweighofer/Kummer/Hötzendorfer (Hrsg.), Transformation juristischer Sprachen – Tagungsband des 15. Internationalen Rechtsinformatik Symposions IRIS 2012, S. 569 ff.
- 34 Nach Schopper, in: Jabornegg/Strasser (FN 19), § 13 Rz. 29, handelt es sich dabei bloß um eine Klarstellung.