Der Schweizerische Nationalfonds SNF verlangt bei der Förderung wissenschaftlicher Arbeiten, die Werke unter einer «Creative-Commons»-Lizenz zu publizieren und damit der Öffentlichkeit frei zugänglich zu machen («Open Access»).1
Bei der Nutzung des Lizenzsystems Creative Commons2 bestimmt der Urheber, unter welchen Bedingungen sein Werk verwendet werden darf. Ihm stehen dazu verschiedene Lizenzmodule zur Verfügung, wobei die Basis immer darin besteht, dass das Werk unter Angabe des Namens des Urhebers kostenlos genutzt und weiterverbreitet werden darf (Lizenz «CC-BY»). Der Urheber kann zusätzlich die Verwendung des Werks auf seine unveränderte Form beschränken (no derivatives; CC-BY-ND), er kann die kommerzielle Verwendung des Werks ausschliessen (non-commercial; CC-BY-NC), oder er kann diese beiden Einschränkungen kombinieren (CC-BY-NC-ND).3
Der SNF verlangt zumindest die Verwendung einer CC-BY-NC-ND-Lizenz, empfiehlt aber grundsätzlich die offenere CC-BY-Lizenz, mit der auch die kommerzielle Nutzung und Veränderungen zugelassen werden.4
Eine Schwierigkeit bei der Freigabe von Werken unter CC kann darin bestehen, dass dem Urheber Werke Dritter («Drittwerke») möglicherweise nicht in einer Lizenzform zur Verfügung stehen, die eine Unterlizenzierung mittels CC erlauben würden. Bilder beispielsweise, die ein Wissenschaftler von einem Dritten lizenziert hat, sollen ausserhalb seines Werks nicht frei nutzbar sein. Oder eine Hochschule will ihre Logos und ihr Corporate Design zwar zur Verwendung in CC-lizenzierten Werken freigeben, jedoch nicht darüber hinaus deren freie Nutzung zulassen.
Die einfachste Lösung für dieses Problem könnte in einer ND-Lizenz für das Hauptwerk bestehen: Auf den ersten Blick darf das Hauptwerk damit nur noch als Ganzes genutzt werden. Logos und Bilder Dritter dürften zwar als Bestandteil des unveränderten Werks verbreitet werden, sie dürfen jedoch nicht aus dem Werk herausgelöst und gesondert verwendet werden.
Allerdings steckt der Teufel im Detail: Die neue Version 4.0 der CC-BY-ND-Lizenz5 fasst die Rechte des Lizenznehmers nämlich überraschenderweise weiter als die ältere Version 3.06. Unter den Bedingungen der neuen Lizenz gewährt der Lizenzgeber dem Nutzer eine «...Lizenz zur Ausübung der lizenzierten Rechte am lizenzierten Material, um das lizenzierte Material ganz oder in Teilen zu vervielfältigen und weiterzugeben» (Abschnitt 2 a. 1. A. der Lizenz). Damit bleibt also gerade auch eine Nutzung jener Teile, an denen Drittrechte bestehen, erlaubt. CC-BY-ND 4.0 kann also nicht genutzt werden, um Drittrechte an Teilen eines Werks vorzubehalten.
Eine einfache Lösung besteht darin, explizit die alte Version 3.0 der Lizenz zu verwenden. Diese untersagt nämlich Abwandlungen bzw. Änderungen des Werks, ohne daneben auch die Verwendung von Teilen des Werks zuzulassen. Der Begriff der (verbotenen) Abwandlung ist zudem sehr weit gefasst und umfasst grundsätzlich jede Veränderung des Lizenzgegenstandes. Zulässig sind einzig Änderungen, die technisch notwendig sind, um die Befugnisse in anderen Medien und Formaten auszuüben. Damit ist die Verwendung von Teilen, und damit auch die Entnahme von Bildern oder Logos Dritter aus dem lizenzierten Werk, nicht erlaubt.
Ein entsprechender Lizenzhinweis zur CC-BY-ND Lizenz könnte wie folgt lauten:
Das vorliegende Werk steht unter einer Creative Commons CC-BY-ND-3.0-Lizenz. Sie dürfen das Werk vervielfältigen, verbreiten und öffentlich zugänglich machen. Sie müssen dabei den Namen des Autors, den Titel des Werks, seine Quelle und diese Lizenz CC-BY-ND 3.0 nennen. Das Werk darf nur bearbeitet oder in anderer Weise verändert werden, wenn Sie es nicht verbreiten. Eine Zusammenfassung der Lizenz und den Lizenztext finden Sie unter creativecommons.org/licenses/by-nd/3.0/deed.de.
Will der Autor das Werk, wie vom SNF empfohlen, sogar unter eine CC-BY-Lizenz stellen und damit eine möglichst freie Verwendbarkeit seines Werks ermöglichen, ohne aber dabei die gesonderte Nutzung von darin enthaltenen Drittrechten zuzulassen, so empfiehlt sich ein zweifaches Vorgehen («dual licensing»): Das Werk wird einerseits wie soeben vorgeschlagen als Ganzes unter eine CC-BY-ND-3.0 Lizenz gestellt, andererseits aber, unter explizitem Ausschluss der verwendeten Drittwerke, zusätzlich unter CC-BY gestellt (bezüglich dieser Lizenz kommt es nicht auf die Lizenzversion an).
Zu diesem Zweck kann die folgende Klausel hinzugefügt werden:
Das vorliegende Werk (unter Ausschluss der Elemente […]) steht zudem unter einer Creative Commons CC-BY-Lizenz. Sie dürfen das Werk (unter Ausschluss der genannten Elemente) in jedem Format oder Medium vervielfältigen und weiterverbreiten, sie remixen, verändern oder darauf aufbauen, und zwar für beliebige Zwecke, auch kommerziell. Sie müssen dabei den Namen des Autors, den Titel des Werks, seine Quelle und diese Lizenz CC-BY nennen sowie ggf. auf eine Abwandlung des Werks hinweisen. Eine Zusammenfassung der Lizenz und den vollständigen Lizenztext finden Sie unter creativecommons.org/licenses/by/4.0/deed.de.
Der Lizenznehmer kann somit das vorliegende Werk als Ganzes (inklusive Drittrechte) ohne Änderungen frei verwenden, aber er muss die Elemente mit Drittrechten löschen, wenn er das Werk ändern und weiterlizenzieren will, und er darf diese Elemente insbesondere nicht gesondert nutzen.
Simon Schlauri
- 1 SNF, Leitfaden zur Förderung von Open-Access-Buchpublikationen vom 9. März 2018, tinyurl.com/y7yl9nge.
- 2 Vgl. www.creativecommons.org. Der Autor ist Mitglied des Legal Team von Creative Commons Schweiz.
- 3 Eingehend zu CC, insbesondere zum vierten Lizenzmodul «share alike», das hier keine Rolle spielt, vgl. www.creativecommons.org
- 4 SNF, Leitfaden (FN 1).
- 5 creativecommons.org/licenses/by-nd/4.0/legalcode.de.
- 6 creativecommons.org/licenses/by-nd/3.0/ch/legalcode.de.