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Von smarten Städten zu Smart Government – Eindrücke aus Südkorea, Japan und den Vereinigten Arabischen Emiraten

  • Author: Jörn von Lucke
  • Category: Articles
  • Region: Germany
  • Field of law: E-Government
  • Collection: Conference proceedings IRIS 2018
  • Citation: Jörn von Lucke, Von smarten Städten zu Smart Government – Eindrücke aus Südkorea, Japan und den Vereinigten Arabischen Emiraten, in: Jusletter IT 22 February 2018
In Zeiten von Industrie 4.0 und smarten Fabriken prägen intelligent vernetzte Objekte zunehmend unseren Alltag. Dabei handelt es sich um so genannte «smarte Objekte», die in der Lage sind, mit Sensoren zu fühlen, mit Aktoren zu agieren und mit anderen Dingen direkt zu kommunizieren: Vom Smartphone bis zum Smart Home mit persönlichem digitalen Assistenten. Unbemerkt generieren sie smarte Datenbestände in der Cloud, die über Big Data Analytics und Anwendungen mit künstlicher Intelligenz genutzt und von Dritten verwertet werden können. Für den Staat 4.0 und für die Städte 4.0 und Gemeinden 4.0 eröffnet sich durch «Smart Government» so ein großes Potential zur effizienten Erfüllung öffentlicher Aufgaben und «viel Neuland». Andererseits verlocken die Einfachheit der Datenerfassung, die Verfügbarkeit der Datenbestände und die Bedienbarkeit der Analysesoftware auch zu Ansätzen zum Monitoring der Bürger und ihres Verhaltens, was in einem technisch aufgerüsteten Überwachungsstaat münden kann. Aktuelle Eindrücke von einer Smart Government Forschungsreise nach Südkorea, Japan und in die Vereinigten Arabischen Emirate zeigen, dass aus berechtigten Sorgen längst faktische Realität geworden ist. Im Beitrag soll reflektiert werden, welche Gestaltungsmöglichkeiten für Smart Government (noch) bestehen und wie wichtig die frühzeitige Einbindung von Bürgern und Datenschützern zur Gestaltung einer lebenswerten smarten Welt ist.

Inhaltsverzeichnis

  • 1. Forschungsfrage: In welcher smarten Welt wollen wir eigentlich leben?
  • 2. Von smarten Objekten und CPS zu smarten Städten und Smart Government
  • 3. Südkorea: IFEZ Smart City Songdo
  • 4. Japan: Smartes Wohngebiet Fujisawa
  • 5. Vereinigte Arabische Emirate: Smart Dubai
  • 6. In welcher smarten Welt müssen wir bereits leben?
  • 7. In welcher smarten Welt wollen wir eigentlich leben?
  • 8. Zusammenfassung
  • 9. Literatur

1.

Forschungsfrage: In welcher smarten Welt wollen wir eigentlich leben? ^

[1]
Die Nutzung moderner Informations- und Kommunikationstechnologien einschließlich des Internets haben dazu beigetragen, viele der Geschäftsprozesse des Regierens und Verwaltens auf neuartige elektronische Grundlagen zu stellen. Sie eröffnen mit Electronic Government, Open Government, (Open) Data Government, Smart Government und Real-Time Government vielfältige Optimierungsmöglichkeiten, um öffentliche Aufgaben noch effizienter und effektiver zu erfüllen [von Lucke 2017]. Regierung und Verwaltung, aber auch Unternehmen, Bürger und die organisierte Zivilgesellschaft werden diese Möglichkeiten nutzen wollen, wenn sie ihnen bei ihren Anliegen helfen. Die Maschine-zu-Maschine-Kommunikation, smarte Objekte und cyberphysische Systeme (CPS) gelten als Anwendungen des Internet der Dinge und des Internet der Dienste. Sie sind zugleich der Kern der Ansätze zur vierten industriellen Revolution (Deutschland: Industrie 4.0 [acatech 2012] und smarte Fabrik) und lassen sich im Sinne von Smart Government auf den öffentlichen Sektor übertragen [von Lucke 2015, 5–10]. Auf smarten Sensordaten aufsetzende Dienste, große Datenanalysen und kognitive Dienste (als Teilbereich der künstlichen Intelligenz) könnten diese Potentiale in den kommenden Jahren noch erheblich erweitern. Sie ermöglichen sogar neue Perspektiven für autonome Systeme in Staat und Verwaltung [von Lucke/Große 2017b].
[2]
Dieser Beitrag reflektiert auf Basis von Literaturrecherchen, Diskussionen, Szenarien und Experteninterviews, die der Autor 2017 während einer Forschungsreise nach Südkorea, nach Japan und in die Vereinigten Arabischen Emirate führte, den aktuellen Stand der Entwicklung sowie die Erfahrungen mit den ersten Umsetzungen in smarten Städten und smarten Behörden. Ausgehend von smarten Objekten und CPS gilt es smarte Gebäude, smarte Behörden, smarte Städte und Smart Government sowie den smarten Bürger zu definieren und die damit verbundenen Konsequenzen für Regierungen, Beamte und Bürger zu skizzieren. An praktischen Beispielen in Songdo, Fujisawa und Dubai lässt sich bereits aufzeigen, was passieren kann, wenn smarte Daten und smarte Dienste, große Datenanalysen und Anwendungen der künstlichen Intelligenz eingesetzt werden, um Bürger und Unternehmen «in ihr Glück zu schubsen» (Nudging), um sie vor Kriminalität und Terror zu schützen («Sicherheit 4.0») und mit welchen Folgen für Städte und ihre Bevölkerung zu rechnen ist. Jeder aufgeklärte Bürger wird sich dann relativ rasch den beiden eigentlichen Forschungsfragen stellen wollen: In welcher smarten Welt müssen wir bereits leben? Und in welcher smarten Welt wollen wir eigentlich leben?

2.

Von smarten Objekten und CPS zu smarten Städten und Smart Government ^

[3]
Die vierte Generation der Web-Technologien (Web 4.0) wird vom Internet der Dinge und vom Internet der Dienste geprägt. Das Internet der Dinge verbindet intelligent vernetzte Objekte mit ihren Sensoren und Aktoren sowie die darauf aufsetzenden cyberphysische Systeme (CPS) über die IP-Protokolle. Eingebettete Alltagsgegenstände und CPS lassen sich von Personen, Programmen, Diensten und Datenpaketen über eine IP-Adresse eindeutig identifizieren, ansprechen, nutzen und gegebenenfalls auch steuern. Das Internet der Dinge steht damit für die globale «elektronische Vernetzung von Alltagsgegenständen» [BMBF 2013] und den direkten gegenseitigen Informationsaustausch von Objekten ohne menschliche Eingriffe im Sinne einer echten Kommunikation von Maschine zu Maschine. Im Internet der Dienste werden Dienste und Funktionalitäten als feingranulare Softwarekomponenten abgebildet und von Providern auf Anforderung über das Internet zur Verfügung gestellt. Web Services, Cloud Computing und standardisierte Schnittstellen ermöglichen dies. Die einzelnen Softwarebausteine sind so miteinander integrierbar. Die enge Verzahnung des Internets der Dienste mit dem Internet der Dinge beruht darauf, dass sich eine Reihe an realen Dingen wie etwa Papier bei mindestens gleichwertiger Funktionalität auch in webbasierte Dienste überführen und um ergänzende durchdachte Funktionen erweitern lässt. Vor allem durch die direkte Maschine-zu-Maschine-Kommunikation eröffnen sich hier zahlreiche neue Ansätze, die bei konsequenter Umsetzung grundlegende Veränderungen und mit smarten Objekten auch einen Einstieg in «Smart Government» bedeuten [von Lucke 2015, 18–19; von Lucke 2016, 175; von Lucke 2017, 230–231].
[4]
Intelligent vernetzte Objekte verfügen über Sensoren, Aktoren und Kommunikationseinheiten, die es ihnen ermöglichen, mit anderen smarten Objekten oder mit CPS zu kommunizieren. Sie lassen sich in Wearables, Smart Home-Geräte, smarte stationäre Geräte und smarte mobile Geräte unterteilen. Wearables sind Geräte, die Menschen laufend mit sich führen und die mit dem Internet direkt verbunden sind. Diese Kategorie umfasst Geräte wie etwa smarte Armbänder, smarte Uhren, Smartphones, Body Cams, smarte Brillen, smarte Hörgeräte, Herzschrittmacher und smarte Fußfesseln. Die Kategorie der Smart Home-Geräte umfasst vor allem Haushaltsgeräte, von Lampen und Lichtschaltern bis hin zu Bewegungsmeldern, Thermostaten, Türschlössern, automatischen Jalousien, Smart TVs, smarten Mülleimern, smarten Kühlschränken, smarten Waschmaschinen und smarte Zähler. Über die WLAN-Verbindung zum Router wird das Smartphone, das Tablet oder der Laptop zum Online-Dashboard und Steuergerät für die Smart Home-Anwendungen. Die Kategorie der smarten stationären Geräte umfasst alle unbeweglichen Dinge, deren Sensoren bei großer Flexibilität nun von außen zugänglich werden. Dazu gehören etwa Überwachungskameras, Umweltstationen und intelligente Straßenbeleuchtungen. Die vierte Kategorie der smarten mobilen Geräte enthält Dinge, die oft mit einem Mobilfunknetz verbunden sind. Hierzu gehören tragbare Geräte wie tragbare Pumpen, Ventilatoren, tragbare Gassensoren und Wärmebildkameras, aber auch bemannte und unbemannte Fahrzeuge einschließlich Bodenfahrzeuge, Überwasserfahrzeuge, Unterwasserfahrzeuge und Luftfahrzeuge (inklusive Drohnen) sowie Roboter [Links 2015, 3]. Alle diese intelligent vernetzten Objekte können und werden von ihren Besitzern für verschiedenste Aufgaben verwendet, meistens für Vorhaben und gute Zwecke, aber manchmal auch zum Schaden anderer. Anbieter, Eigentümer und Nutzer werden durch IoT-Entwicklungsplattformen in die Lage versetzt, diese für ihre eigenen Zwecke einzusetzen, zu manipulieren und einzuschränken [von Lucke 2018]. Alle diese smarten Objekte werden Datenströme für das Internet der Dinge erzeugen, die in den kommenden Jahren weiter stark wachsen werden. Dies kann staatlich reguliert werden, wie es etwa mit einem Verbot smarter Puppen in Deutschland bereits geschehen ist [Bundesnetzagentur 2017], muss es aber nicht. Dennoch sind manche Bürger alarmiert. Viele Verbraucher vertrauen den Anbietern von smarten Objekten aufgrund von IT-Sicherheitsproblemen und Datenschutzbedenken nicht. Sie wären sogar schockiert, wenn eine Regierung systematisch damit beginnen würde, smarte Objekte oder smarte Datensammlungen, die von den Bürgern oder ihren smarten Objekten erzeugt werden, zur Überwachung der Bürger zu verwenden, um Verbote durchzusetzen, um illegale Handlungen aufzuzeichnen und Strafen sofort aussprechen zu können [von Lucke 2018].
[5]
Die direkte Kommunikation von Maschinen untereinander (M2M) und ohne Einbindung von Menschen ermöglicht aber genau dieses und wird so den signifikantesten Effekt erzielen. Mit Blick auf die industrielle Nutzung von CPS wird bereits von der «vierten industriellen Revolution» gesprochen. CPS selbst sind heterogen vernetzte Gebilde, die reale physische Objekte mit digitalen Informations- und Kommunikationssystemen verknüpfen und kombinieren. Bei ihnen handelt es sich um IT-Systeme als Teil von Geräten, Gebilden oder Prozessen, die über Sensoren unmittelbar physische Daten erfassen und durch Aktoren auf physische Vorgänge einwirken, die vor allem aber die erfassten Daten auswerten und speichern. Zudem können sie aktiv oder reaktiv mit der physischen und der digitalen Welt interagieren. Dazu sind sie über digitale Kommunikationseinrichtungen untereinander (M2M) und in globalen Netzen (Internet) verbunden, so dass sie die weltweit verfügbaren Daten und Dienste nutzen können. CPS greifen zur Aufgabenerledigung in der Regel auf eine Vielzahl intelligent vernetzter Objekte, eingebetteter Systeme oder Sensornetze zurück, die sie auch im großen Umfang und über räumliche Entfernung nutzen [acatech 2011, 13; Geisberger/Broy 2012, 22; von Lucke 2015, 14].
[6]
CPS werden sich zunehmend eigenständig informieren und eine Situation analysieren können, aber auch automatisch und autonom Entscheidungen treffen und diese umsetzen. Sensoren und sensorbasierte Datensammlungen werden in diesem Zusammenhang eine besondere Rolle einnehmen, denn Industrie, Wirtschaft, Politik, Gesetzgebung, Verwaltung und Justiz werden sich zunehmend auf sie verlassen. Sensorbasierte Entscheidungen und sensorbasierte Rückkopplungen werden bei Entscheidungen aller Art an Einfluss gewinnen. Menschen werden durch entscheidende Systeme eher in den Hintergrund gedrängt und zu steuerbaren Objekten heruntergestuft, deren Verhalten andererseits durch Raum und Zeit vollständig verfolgbar wird. Sorge bereiten zudem jene Akteure, die die Sensoren und CPS manipulieren, um Systeme durch unzutreffende Eindrücke zu ihren Gunsten zu steuern. Neue smarte Lösungen werden zu Disruption und Transformation führen, wenn die CPS im Hintergrund den bisherigen Ansätzen an Nutzen, Flexibilität, Qualität und Wirksamkeit überlegen sind. Mit einer grundlegenden Marktbereinigung, einer Konvergenz von Märkten und einer Privatisierung staatlicher IKT ist gerade hier zu rechnen [von Lucke 2017, 230–231].
[7]
Eine zentrale Herausforderung für das Verständnis der Konsequenzen für die öffentliche Verwaltung besteht darin, zu reflektieren, welche intelligenten Objekte für den öffentlichen Sektor relevant sind, wer der Eigentümer dieser intelligenten Geräte ist und wie diese Objekte oder die generierten intelligenten Daten Teil von CPS sein könnten. Zu den zentralen CPS im öffentlichen Sektor zählen smarte Amtsgebäude (Smart Building), smarte Behörden (Smart Agency) und smarte Städte (Smart City), im weiteren Sinne auch smarte Häfen (Smart Port), smarte Flughäfen (Smart Airport), smarte Straßen (Smart Road), smarte Tunnel (Smart Tunnel), smarte Eisenbahnnetze, smarte Mobilitätsnetze, smarte Energienetze, smarte Gesundheitsnetze und smarte Bildungsnetze.
[8]
Das Konzept einer smarten Stadt als CPS und als Ort der Nutzung des Internets der Dinge und des Internets der Dienste überzeugt stärker als viele anderen Konzepte mit dem gleichen Namen [Chourabi et al. 2012, 2290; Meier/Portmann 2016; Privacy International 2017, 5–10]. Die koreanische perspektivische Betrachtung von smarten Städten als Plattformen für Smart Data und Smart Services [Hwang 2017] zeigt hierzu weitere spannende Perspektiven auf. Nach Ansicht der koreanischen Nationalen Agentur für die Informationsgesellschaft setzten smarte Städte der ersten Generation noch ausschließlich auf Internet und Breitband. In der zweiten Generation kamen zusätzlich Sensoren zum Einsatz. Städte der dritten Smart City Generation gewinnen mit Hilfe von Big Data-Analysen der smarten Sensordaten neue Erkenntnisse. Künstliche Intelligenz kann der kommenden vierten Generation smarter Städte dabei helfen, die richtigen Entscheidungen auf der Grundlage intelligenter Sensordaten zu treffen [Hwang 2017, 9–13; Abbildung 1].

Abbildung 1Koreanische Sicht auf verschiedene Smart City Generationen [Hwang 2017, 9–13]

[9]
Smart Government muss in diesem Zusammenhang als Überbegriff zur Abwicklung geschäftlicher Prozesse im Zusammenhang mit dem Regieren und Verwalten (Government) mit Hilfe von intelligent vernetzten Informations- und Kommunikationstechniken verstanden werden. Ein intelligent vernetztes Regierungs- und Verwaltungshandeln nutzt die Möglichkeiten smarter Objekte und CPS zur effizienten wie effektiven Erfüllung öffentlicher Aufgaben. Damit geht es um die technische Integration von smarten Objekten und CPS in die öffentliche Verwaltung. Die Anwendung des Internets der Dinge und des Internets der Dienste im Rahmen der Prozesse des Regierens und Verwaltens hat allerdings auch Konsequenzen für die Wertschöpfung, die Geschäftsmodelle sowie die nachgelagerten Dienstleistungen und die Arbeitsorganisation im öffentlichen Sektor [von Lucke 2015, X und 8]. Schließlich verlocken die Einfachheit der Datenerfassung, die Verfügbarkeit der Datenbestände und die Bedienbarkeit der Analysesoftware auch zu Ansätzen zur Beobachtung der Bürger und ihres Verhaltens. Dies kann in einem technisch aufgerüsteten Überwachungsstaat unter Kontrolle weniger Spezialisten münden. Smarte Bürger und smarte Politiker, die sich smarter Technologien bedienen können und ein solches Szenario als Dystopie betrachten, werden sich einer solchen Entwicklung nach Kräften widersetzen wollen. Doch wie sieht dies in der Realität aus?

3.

Südkorea: IFEZ Smart City Songdo ^

[10]

Zur Bewältigung der Landflucht und zur Modernisierung der Infrastruktur setzt Südkorea seit mehr als 15 Jahren auf Stadtentwicklungskonzepte auf der grünen Wiese und das Konzept der smarten Städte (U-Cities) [Kim et al. 2009]. Mittlerweile gibt es landesweit verteilt bereits 46 smarte Städte mit unterschiedlichen Kompetenzclustern. Neben dem gezielten Aufbau von Trabantenstädten, Gewerbegebieten und Freihandelszonen werden hier vernetzte Städte und Stadtteile sogar im mühsam trockengelegten Wattenmeer errichtet. Songdo ist das koreanische Vorbild für solche Planstädte. Aus urbanen Gesichtspunkten wird diese Stadt heute vor allem von Hochhaussiedlungen, breiten Straßen und mehreren modernen Geschäftszentren geprägt. In der Freihandelszone Incheon entstand so seit 2003 die IFEZ Smart City (http://www.ifezsmartcity.kr/eng/main.do [alle Websites zuletzt abgerufen im Januar 2018]) mit mehr als 20 digitalen Verwaltungsdiensten und einem städtischen Überwachungszentrum im Zweischicht-Betrieb. Smarte Überwachungskameras der Stadtverwaltung über das gesamte Stadtgebiet verteilt sorgen für Sicherheit und Ordnung. Die Polizei muss nicht mehr ständig Patrouille fahren. Polizisten werden vom Zentrum nur noch bei Bedarf hinzugezogen, etwa wenn mit Hilfe der Kameras eine Ordnungswidrigkeit oder gar eine Straftat beobachtet wird. Im Zentrum werden auch die generierten smarten Datenbestände gesammelt, ausgewertet und genutzt. Hierzu zählen Bewegungsdaten, Nutzungsdaten und Transaktionsdaten. Die Einbindung von Anwendungen der künstlichen Intelligenz ist in Vorbereitung. Bürger und Besucher haben kaum die Möglichkeit, sich dieser digitalen Vermessung ihres Alltags zu entziehen. Angeblich fühlen sich die Bürger so aber gut geschützt und stets informiert. Die Kriminalitätsrate sei außerordentlich niedrig, die Bewohner mit dem Umfeld sehr zufrieden und die Immobilienpreise steigen weiter [Kollenberg 2016; Lembke 2017].

4.

Japan: Smartes Wohngebiet Fujisawa ^

[11]
Die japanischen Frühwarnsysteme bei Starkregen, Erdbeben, Tsunami und Vulkanausbrüchen sind weltbekannt und im Einsatz bewährt [JMA 2016, 1–10, 17–20]. Diese CPS reagieren in kürzester Zeit, halten auch Schnellzüge an und retteten vielen Menschen bereits das Leben [Hyogo Research Center for Quake Restoration 2005, 17]. Nun soll die Vision einer supersmarten Gesellschaft 5.0 («Super Smart Society 5.0») neue Akzente setzen. Die CEATEC als CPS/IoT-Messe konnte sich als wichtige Schaufläche für japanischen Entwicklungen positionieren (http://www.ceatec.com/en). Städte und Regionen zeigten dort ihre mit nationalen Mitteln eingerichteten IoT-Labs (https://iotlab.jp/local/), Start-Up-Zentren, Projekte und erste Unternehmensgründungen.
[12]
Die wenigen japanischen smarten Städte (Fujisawa, Kashiwanoha, Toyota Ecofultown, Yokohama) entstanden vor dem großen Erdbeben 2011 mit zentralstaatlicher Unterstützung. Die Förderungen zielten allerdings auf «eine Gesellschaft mit einem geringen Verbrauch fossiler Brennstoffe» ab und richteten sich vor allem auf Haus-, Gebäude-, Fabrik- und Quartiersenergieversorgung sowie Photovoltaikanlagen und Elektrotankstellen. Eine Nutzung smarter Objekte und CPS zur Lösung urbaner Herausforderungen spielten dagegen kaum eine Rolle. Nach dem Auslaufen des staatlichen Förderprogramms Ende 2015 wurden viele dieser Vorhaben beendet. Das Smart City Museum in Kashiwanoha hat etwa als Verkaufszentrum für Apartments und Häuser eine neue Aufgabe gefunden. Digitale und smarte Nachhaltigkeit muss daher durchaus auch anders verstanden werden.
[13]
Panasonic hat in Fujisawa (http://fujisawasst.com/EN/) ein ehemaliges Werksgelände zu einem smarten Wohngebiet weiterentwickelt. Dieses wird schrittweise erweitert und über den Immobilienmarkt verkauft. Zur Erhöhung der Attraktivität werden den Einwohnern digitale Energie- und Mobilitätsdienste sowie Sicherheit, Wellness und Gemeinschaft angeboten. Zur Sicherheit setzt man auf Überwachungskameras, Bewegungssensoren und Patrouillen privater Sicherheitsdienste sowie ein Tsunamievakuationszentrum. Wellness bedeutet die Bündelung von Altersheim, Pflegestation, Arztpraxen, Apotheke, Fitnessclub und Kindergarten in zwei benachbarten Gebäuden mit gemeinsamen Zugriff auf die Gesundheitsakten. Die Gemeinschaftsdienste umfassen Veranstaltungen, Leihangebote, ein soziales Netzwerk und einen «Life Record», mit dem alle Bewohner Punkte bei gemeinsamen Aktivitäten sammeln können. Relevante Ereignisse von Gebäuden und Anwohnern werden so erfasst und Berechtigten bereitgestellt. Konformes Verhalten im Wohngebiet wird dank Gamification belohnt und auch zum Nudging (Stubsen) eingesetzt. [Frommel 2014; Bauriedl/Strüver 2017, 91].

5.

Vereinigte Arabische Emirate: Smart Dubai ^

[14]
Die Vereinigten Arabischen Emirate feiern 2021 bereits ihr 50. Gründungsjubiläum. Die vergangenen Jahrzehnte waren von zahlreichen beeindruckenden Bau- und Stadtentwicklungsvorhaben in einer Wüstenregion am Meer gezeichnet, mit denen sich die Region für die Zeit nach dem Ende der Rohölförderung vorbereitet. Scheich Mohammed Bin Rashid und die Regierung des Emirats Dubai nutzen den Dubai Plan 2021 (https://www.dubaiplan2021.ae), um die eigene Zukunft mit einer bezaubernden Vision smarter wie nachhaltiger Städte zu gestalten. Die darauf aufsetzende Strategie Smart Dubai (http://smartdubai.ae) entstand aus dem Wunsch des Scheichs, aus Dubai den glücklichsten Ort der Welt zu machen. Derzeit werden mit der Smart Dubai Roadmap verschiedenste Ansätze zur künftigen Nutzung modernster Informations- und Kommunikationstechnologien verfolgt, die in Ideenreichtum, Investitionsvolumen und Schnelligkeit von beeindruckender Qualität sind. Im staatlichen Kontext wird auf die Erprobung, Implementierung und Nutzung der massiven Verwendung von Sensoren und smarten Objekten, Datenanalysen, Blockchain, 3D-Druck, autonome Fahrzeuge und Flugdrohnen, Roboter und Anwendungen der künstlichen Intelligenz zur Verbesserung der eigenen Infrastruktur gesetzt. Die Smart Dubai Plattform bündelt die unterschiedlichen (Smart City- und Smart Government-) Vorhaben und soll die Interoperabilität über das Emirat hinweg sicherstellen. Mit dem Youth Hub (http://hub.youth.gov.ae/en), dem Dubai Future Accelerator (https://dubaifutureaccelerators.com/en), dem universitären Zentrum für Verwaltungsinnovation (https://www.mbrcgi.gov.ae) und dem jährlichen World Government Summit positioniert sich das Emirat als innovativer Akteur für Staat und Verwaltung in Westasien. Mit der Dubai Blockchain Strategie und dem Global Blockchain Council unterstreicht das Emirat, dass durch Forschung, Entwicklung, Gründungszentren und systematische Marktdurchdringung ein neuer Standort zur Wirtschafts- und Verwaltungsmodernisierung sowie für Smart City Konzepte aufgebaut werden soll.

6.

In welcher smarten Welt müssen wir bereits leben? ^

[15]
Smarte Objekte und CPS verfügen über das Potential, mit ihrer neuartigen Funktionslogik bestehende Systeme substantiell zu übertreffen und diese rasch zu ersetzen. Damit können sie disruptive Wirkungen auslösen, mit denen nicht nur Wirtschaft und Gesellschaft, sondern auch der Staat, die Gesetzgeber, die öffentliche Verwaltung und die Justiz konfrontiert wären [von Lucke 2016, 174]. Die Entwicklung smarter Objekte und CPS für eine Verwendung in Staat und Verwaltung erfolgt aufgrund der technischen Möglichkeiten und der Nachfrage weltweit. Sie lässt sich beim besten politischen Willen nicht mehr verhindern. Und die Ergebnisse werden von dauerhafter Wirkung sein. Auf Grund unterschiedlicher Ausgangslagen, Anforderungen und verfügbaren Budgets geschieht all dies jedoch überall mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten, Ansätzen und Folgen. Zaghaften Testinstallationen mit smarten Straßenlaternen, smarten Parkräumen und smarten Messzählern stehen professionelle, kamera- und wifi-basierte Sicherheits- und Überwachungskonzepte, profilbildende Mobilitätskonzepte und kennzahlenbasierte Dashboards gegenüber. In den vergangenen Jahren wurden in vielen Staaten bereits von Politik, Verwaltung, Polizei und Justiz zahlreiche Investitionsentscheidungen getroffen, die Auswirkungen auf die jeweilige Lebenswelt haben. Selten spielten bei diesen Entscheidungen die gestaltenden Vorstellungen der Verwaltung oder Wünsche der Bürger eine Rolle. Vielfach ging es um die Einführung von bereits woanders entwickelten Produkten, Diensten und Systemen großer internationaler Konzerne.
[16]
All dies hat bereits Einfluss auf den Alltag. Als Bürger bekommen wir davon allerdings kaum etwas mit, denn entsprechende Entscheidungen bereiten überwiegend Fachgremien vor. Sie werden selten von der Politik öffentlich debattiert, kaum von Reportern verstanden und oft nur kurz in der Presse publiziert und thematisiert. Debatten über den Einsatz von Überwachungskameras, Dash-Cams, Body-Cams und autonomen Systemen finden überwiegend nur in einer kleinen Fachöffentlichkeit statt. Bürgern fallen zwar Schilder an öffentlichen Plätzen, in Bahnen und Bussen auf, dass zur eigenen Sicherheit (und im Kampf gegen den Terror) Videoüberwachungsmaßnahmen und Wifi-Tracking eingesetzt werden. Selten wird dies aber kritisiert. Installierte Kameras werden oft Achselschultern-zuckend zur Kenntnis genommen, obwohl sie alles in ihrem Sichtfeld aufzeichnen und so den Alltag auswertbar machen. Immerhin gibt es in Österreich und in Deutschland öffentliche Datenschutzbeauftragte, die sich in solche Entwicklungen und Installationen einbringen und diesen durchaus auch Grenzen setzen können, solange die Politik ihr die erforderlichen Personal- und Haushaltsressourcen zur Verfügung stellt.
[17]
Die öffentliche Verwaltung ist aber nur selten gestaltend aktiv, oft weil einfach das Personal mit gestaltender Kompetenz fehlt.1 Vielmehr sind es Unternehmen, die hohes Interesse an einer Entwicklung, Standardisierung und Vermarktung eines smarten und sicheren Internets der Dinge für den öffentlichen Sektor und entsprechender Produkte und Dienste haben. Neben smarter Mobilität und smarten Messgeräten dominieren in den Szenarien der Industrie derzeit die vier Anwendungsbereiche öffentliche Sicherheit, Überwachung, mobile Einsatzzentren und kennzahlengetriebene Leistungsvergleiche [IET 2017, 135]. Mit Stadtpolitik, Stadtverwaltung und Stadtentwicklung im klassischen mitteleuropäischen Sinne hat dies aber nur noch wenig gemein. Das Leitbild einer smarten Stadt und seine Umsetzung führen nicht automatisch zu einer besseren Welt, insbesondere wenn sich hier weder Politik noch Verwaltung für einen bürgerorientierten Ansatz aktiv engagieren und die Sichtweisen der Bürger ernstnehmen und Unternehmen in anderen, managementorientierten Kulturen entwickelte Systeme hier vermarkten wollen.

7.

In welcher smarten Welt wollen wir eigentlich leben? ^

[18]
Eigentlich müssten wir uns als Bürger (und die von uns gewählten Politiker) aber die gesellschaftlich relevante Frage stellen, in welcher smarten Welt wir selbst eigentlich leben wollen. Und dies muss auch die Leitfrage für die Entwickler smarter Amtsgebäude, smarter Behörden und smarter Städte sein. Zugegeben wären mit dieser Frage viele Bürger, viele Verwaltungsmitarbeiter und viele Politiker überfordert. Freiheit, Sicherheit, Kontrolle und Flexibilität sind Parameter, mit denen gearbeitet werden muss. Gerade Sicherheitsbehörden und Nachrichtendienste haben oft ganz andere Anforderungen als Datenschützer, die die Interessen der Bürger im Umgang mit personenbezogenen Daten sichern sollen. Politisch möchte man die Entwicklung smarter Objekte und CPS gerne der Kreativität der Entwickler und der freien Kraft des Marktes überlassen. Dennoch macht es durchaus Sinn, diese Fragestellungen in einigen Bereichen gezielt Entwicklerteams, Kommissionen und Expertengremien zu übertragen, die die Grundlagen für politische Entscheidungen vorbereiten, falls wie erwartet ein Regulierungsbedarf besteht. In diese Rahmenempfehlungen müssen sich in einer offenen und freien Gesellschaft und ganz im Sinne einer Politik des Gehörtwerdens aber auch Bürger und Unternehmen, Entwickler und Kritiker einbringen dürfen. Mit Blick auf zahlreiche noch zu designende smarte Objekte und CPS kann dies zwar eine rasche agile Entwicklung behindern. Andererseits kann man mit dem richtigen Team in kurzer Zeit auch belastbare Ergebnisse präsentieren, wie die Ethik-Kommission zum automatisierten Fahren der deutschen Bundesregierung unter Beweis gestellt hat [Ethik-Kommission Automatisiertes und Vernetztes Fahren 2017]. Realistisch wird aber viel vom Zufall, von Thementreibern, von Markt- und Machtinteressen, von politischen Konstellationen und vom Engagement des öffentlichen Rundfunks als Vermittlers abhängen.
[19]
In einer idealtypischen Welt bestehen unendlich viele Gestaltungs- und Einsatzmöglichkeiten für smarte Objekte und CPS des öffentlichen Sektors. Man kann diese kostengünstig, sparsam, verlässlich, sicher, robust, einfach und offen gestalten. Man kann sich auch für teurere, geschlossene, energiefressende und mit Daten um sich schleudernde Neuentwicklungen ohne Datenschutz- und Sicherheitskonzept entscheiden. Nutzer sollten die Möglichkeit bekommen, ihre Wünsche und Erwartungen zu skizzieren. Die Nachfrage erzeugt ein Angebot des Marktes, in das der Staat nicht unbedingt eingreifen muss, sollte das Angebot die Erwartungen erfüllen oder übertreffen. Sollte diesem Markt jedoch die Innovationskraft fehlen, könnte der Staat Forschung und Entwicklung gezielt fördern oder selbst als Produzent oder Dienstleister aktiv werden.
[20]
Im Kontext smarter Städte lässt sich seit mehr als 15 Jahren weltweit beobachten, wie schwer dies dem öffentlichen Sektor fällt. Weltweit lassen sich im Kontext smarter Städte vier Narrative beobachten, die einen unterschiedlichen Einfluss auf die künftige Gestaltung und Entwicklung dieser Städte haben. Regierungen und Verwaltungen, die zur Erledigung öffentlicher Aufgaben auf das Internet der Dinge und das Internet der Dienste setzen wollen, müssen oft früh eine Entscheidung treffen, ob sie eher einen plattform- und unternehmensgesteuerten Smart Government-Ansatz, einen stark zentralgesteuerten Smart Government-Ansatz, einen dezentralen Smart Government-Ansatz oder einen offenen Ansatz bevorzugen. Diese Entscheidung hat Konsequenzen für die Zukunft der Stadt und ihrer Bürger, denn Ziele, Strategien, Rahmenbedingungen, Methoden, Ergebnisse und Werte unterscheiden sich erheblich [von Lucke 2018].
[21]
Während die ersten drei Ansätze in Dystopien eines Überwachungsstaats führen, teilweise sogar in inakzeptable Abhängigkeiten, lohnt sich der offene Ansatz für eine nähere Betrachtung. Dieser Ansatz setzt auf den Gedanken der Interoperabilität, offene Standards und offene Schnittstellen sowie auf offene Hardware und Open Source Software auf. Jeder Anbieter, der nicht den Erwartungen der Verwaltung entspricht oder vom Staat bei illegalen Aktivitäten erwischt wird, könnte dann jederzeit ausgetauscht werden. Im Sinne von Open Government könnten offene Ansätze von Smart Government aber sehr viel breiter angelegt werden. Die Verwaltung könnte all jene Datenbestände öffnen, die von den Millionen intelligenter Sensoren der Verwaltung generiert werden, soweit Sicherheitsinteressen oder Geschäftsinteressen nicht dagegensprechen. Dies würde auch helfen, die Agenda offener Daten voranzutreiben. Smart Government könnte noch weitergedacht werden: Transparenz 4.0 eröffnet neue Formen der Transparenz und Rechenschaft durch smarte Objekte und CPS. Partizipation 4.0 würde neue Möglichkeiten der Ko-Kreation im politischen Meinungsbildungsprozess eröffnen, aber auch zu einem unkontrollierten Aufstieg sozialer Bots und Desinformationsroboter führen [Novoselic 2016, 77–95]. Zusammenarbeit 4.0 setzt auf CPS zur Erbringung von Verwaltungsleistungen, auf ein offenes Monitoring des Verwaltungshandeln und eine smarte Evaluierung. Open Innovation kann neue Impulse für die Gestaltung und Realisierung von Smart Government geben. Offene Prozesse in einer öffentlichen Prozessbibliothek wären eine notwendige Grundlage für intelligente Vorgangsbearbeitungssysteme und smarte Bescheide. Ein weiteres großes Potenzial liegt in Open-Source-Software-Repositories und kollaborativen Software-Entwicklungsplattformen. Und schließlich sollten alle Forschungsergebnisse zu Smart Government über Open-Access-Plattformen und offene Forschungsdatenplattformen verfügbar sein [von Lucke/Große 2017, 13]. Die Global Smart City Busan mit ihrer offenen IoT Platform (http://k-smartcity.kr/english) mag ein erster Vorreiter dieser Entwicklung sein, die sich schrittweise und mit vielen Entwicklungsschleifen in den kommenden Jahren noch entwickeln und öffnen sowie mit Big Data-Analysen, künstlicher Intelligenz, kognitiven Systemen und Nudging-Ansätzen profilieren wird.

8.

Zusammenfassung ^

[22]
Die Forschungsfrage dieses Beitrags war es zu reflektieren, in welcher smarten Welt wir leben wollen. Zugegeben gibt es dazu keine einfache Antwort. Smart Government führt das Internet der Dinge und das Internet der Dienste in den öffentlichen Sektor ein. Smarte Objekte und CPS werden die Art und Weise und das Geschäft von Staat und Verwaltung in vielerlei Hinsicht verändern. Und dies könnte sogar sehr schnell passieren. In aller Konsequenz ist dies die Sache einer jeden Generation, ihres Interesses, ihres politischen Willens und ihrer Handlungen. Daher liegt es eigentlich auch an uns und unserem persönlichen Engagement. Wir sollten als Bürger, als Forscher, als Beamte und als Designer diese Zukunft selbst mitgestalten wollen. Wir müssen in der Lage versetzt werden, sichere und vertrauenswürdige CPS für den öffentlichen Sektor zu planen, zu implementieren, zu starten, zu betreiben und zu warten. Wir als Politiker, wir als Gesetzgeber, wir als Datenschutzbeauftragte und wir als Richter können jetzt noch Grenzen und Barrieren setzen, sollten sich smarte Objekte und CPS zum Schaden für die Gesellschaft entwickeln oder eingesetzt werden. Wir könnten die Herrschaft in einer intelligent vernetzten Welt mitübernehmen, wenn wir an dieser Entwicklung aktiv teilnehmen [von Lucke 2018].
[23]
Aber wir könnten auch diese Entwicklung ignorieren und auf eine menschenzentrierte Gesellschaft setzen, die zwar verschiedenste Technologien nutzt, in Computern aber immer und überall ausschließlich entscheidungsunterstützende Systeme für menschliche Entscheidungsträger sieht. Leider kann die Realität unerbittlich sein. Ohne Wissen und Engagement kann die künftige Gestaltung von Smart Government kaum beeinflusst werden. Sobald es aber smarte Objekte und CPS gibt, die effizienter und effektiver öffentliche Aufgaben als bisher wahrnehmen, werden unsere Regierungen diese kaufen wollen. Die Bürger werden dann auch all die Risiken und Nebenwirkungen zu spüren bekommen, die nur teilweise den eigenen nationalen und kulturellen Anforderungen entsprechen. Und diese Nebenwirkungen können den Überwachungsstaat und eine Abhängigkeit von privaten Unternehmen und deren Geschäftsinteressen zur Folge haben. Deshalb ist es besser, jetzt zu handeln und sich an der Gestaltung von Smart Government zu beteiligen. Um die Bürger und ihre Forderungen einzubeziehen, ist ein bürgerorientierter Ansatz empfehlenswert [Beinrott 2015, 81–88; BBSR 2017, 24–32]. Es gibt so viel Gutes zu tun, und es gibt viele positive Ansätze, die Menschenleben retten und die Gesellschaft, das Leben und die Arbeit, das Ergebnis sowie die Auswirkungen von Regierung und Verwaltung verbessern können. Die Festlegung der notwendigen rechtlichen Rahmenbedingungen, einschließlich der Gesetze und Vorschriften [Privacy International 2017, 22–25], wird dazu beitragen, die Risiken und Gefahren eines Smart Government-Überwachungsstaats in Zukunft zu reduzieren und zu verhindern [von Lucke 2018].

9.

Literatur ^

acatech, Cyber-Physical Systems – Innovationsmotor für Mobilität, Gesundheit, Energie und Produktion, acatech POSITION, Springer Verlag, Heidelberg 2011.

acatech, Deutschlands Zukunft als Produktionsstandort sichern – Umsetzungsempfehlungen für das Zukunftsprojekt Industrie 4.0, Abschlussbericht des Arbeitskreises Industrie 4.0, Frankfurt 2012.

Bauriedl, Sybille und Strüver, Anke, Smarte Städte – Digitalisierte urbane Infrastrukturen und ihre Subjekte als Themenfeld kritischer Stadtforschung, in: sub\urban – Zeitschrift für kritische Stadtforschung, Band 5, Heft 1/2, S. 87–104.

BBSR, Smart City Charter – Digitale Transformation in den Kommunen nachhaltig gestalten, Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung im Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung, Bonn 2017.

Beinrott, Viktoria, Bürgerorientierte Smart City – Potentiale und Herausforderungen, The Open Government Institute, Friedrichshafen 2015.

BMBF, Zukunftsbild «Industrie 4.0», Bundesministerium für Bildung und Forschung, Berlin 2013.

Bundesnetzagentur, Bundesnetzagentur zieht Kinderpuppe «Cayla» aus dem Verkehr, Bundesnetzagentur, Bonn 2017.

Chourabi, Hafedh/Nam, Taewoo/Walker, Shawn/Gil-Garcia, J. Ramon/Mellouli, Sehl/Nahon, Karine/Pardo, Theresa A./Scholl, Hans Jochen, Understanding Smart Cities – An Integrative Framework, 45th Hawaii International Conference on System Sciences, Maui 2012, S. 2289–2297.

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  1. 1 Das Emirat Dubai ist da eine seltene Ausnahme.