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Zur Hinweispflicht bei elektronisch abgeschlossenen Verträgen – ein Beispiel aus der Praxis

  • Author: Verena Stolz
  • Category: Articles
  • Region: Austria
  • Field of law: E-Commerce
  • Collection: Conference proceedings IRIS 2018
  • Citation: Verena Stolz, Zur Hinweispflicht bei elektronisch abgeschlossenen Verträgen – ein Beispiel aus der Praxis, in: Jusletter IT 22 February 2018
Ein namhaftes österreichisches Versandhandelsunternehmen wurde von einer Interessensvertretung geklagt, da der vom Versandhandelsunternehmen betriebene Webshop – genau genommen der Warenkorb – offenbar nicht sämtliche Informationen gemäß § 8 Abs. 1 FAGG beinhaltet. Aus der Sicht des Versandhandelsunternehmens sollen sich die geschuldeten Informationen jedoch im Warenkorb befinden; eine zusätzliche, umfassende Informationswiedergabe im Warenkorb wird dem Versandhandelsunternehmen zufolge nicht verlangt. Zwei Gerichte haben sich damit bereits auseinandergesetzt und die Klage bestätigt; die Gerichte haben allerdings festgehalten, dass zur Frage rund um die «Hinweispflicht bei elektronisch abgeschlossenen Verträgen» noch keinerlei (höchstgerichtliche) Judikatur existiert. Der Oberste Gerichtshof hat daher festzustellen, wie weit die Hinweispflicht des § 8 Abs. 1 FAGG auszulegen ist.

Inhaltsverzeichnis

  • 1. Sachverhalt und Ausgangslage
  • 2. Zur Hinweispflicht gem. § 8 Abs. 1 FAGG
  • 2.1. Vorgaben
  • 2.2. Zu den wesentlichen Eigenschaften
  • 2.2.1. Zum Normzweck des § 8 Abs. 1 FAGG
  • 2.3. Zur Ansicht im Warenkorb
  • 2.4. Zum Umfang der Informationspflicht
  • 2.4.1. Lichtbild
  • 2.4.2. Fixe Angaben versus variable Angaben
  • 2.4.3. Korrekturmöglichkeit
  • 3. Fazit
  • 4. Exkurs: Zur Zulässigkeit von Verlinkungen
  • 5. Literatur

1.

Sachverhalt und Ausgangslage ^

[1]
Das größte österreichische Versandhandelsunternehmen mit Firmensitz in Salzburg wurde von einem Interessensverband geklagt. Der Verband vertritt die Ansicht, dass die vom Versandhandelsunternehmen im geschäftlichen Verkehr mit Verbrauchern verwendete Webseite, nämlich der Onlineshop, Elemente, Informationen und Darstellungen beinhaltet, die gegen gesetzliche Gebote verstoßen, wodurch die Interessen der Verbraucher beeinträchtigt werden. Auf Grundlage von drei durchgeführten Testbestellungen ist der Verband zum Ergebnis gelangt, dass die Informationserteilung im Onlineshop nicht der Bestimmung des § 8 Abs. 1 des Fern- und Auswärtsgeschäfte-Gesetzes («FAGG») entspricht; die Informationserteilung sei zu geringfügig. Der Verband begehrt Unterlassung und Urteilsveröffentlichung im Printbereich und auf der vom Versandhandelsunternehmen betriebenen Webseite für die Dauer von 30 Tagen. Die Testbestellungen wurden im November 2015 und November 2016 durchgeführt. Der Verband hat dabei folgende Artikel gewählt:
Kühlgefrierkombination, Stabmixer, Klimagerät, Esstisch, Eckregal, Kleiderschrank.
[2]
Das Versandhandelsunternehmen hat in den schriftlichen Gegenäußerungen ausgeführt, dass der Onlineshop jedenfalls den Bestimmungen des FAGG entspricht und die Verbraucher im erforderlichen Ausmaß informiert werden.
[3]

Sowohl das Landesgericht Salzburg als I. Instanz1, als auch das OLG Linz als II. Instanz haben die Klage bestätigt. Beide Gerichte sind der Ansicht, dass die im Warenkorb angeführten Informationen nicht ausreichend i.S.d. § 8 Abs. 1 FAGG sind und daher noch (zahlreiche) weitere Informationen anzuführen sind. Beispielsweise sind:

  • bei einem Kleiderschrank nicht nur Angaben über die Breite und die Farbe, sondern auch über die Höhe und die Tiefe des Möbelstücks sowie über die Anzahl der Türen, der Fächer und über das Material des Möbels,
  • generell bei Möbeln Angaben nicht nur über die Höhe, sondern auch über die Breite und die Tiefe, die Anzahl von Regalböden (soweit diese vorhanden sind) sowie Angaben über die Art der verwendeten Materialien und die Beschaffenheit der Oberfläche,
  • bei einem Kühlgerät neben den Angaben zu der Farbe auch jene zu den Abmessungen,
  • dem Gewicht, der Kühlleistung und der Energieeffizienz,
  • bei einem Stabmixer die Produktbezeichnung sowie eine Angabe über die Länge des Gerätes und dessen Leistung

zwingend anzugeben.

[4]
Diese Vorgaben führen zwangsläufig dazu, dass es im Warenkorb zu Wiederholungen von Informationen, die der Verbraucher im Zuge des Bestellvorganges bereits erhalten hat, kommt; dadurch wird der Verbraucher im Warenkorb mit einer Flut an Informationen konfrontiert. Es stellt sich daher die Frage, ob die Hinweispflicht des § 8 Abs. 1 FAGG tatsächlich so weit auszulegen ist.
[5]
Das Gericht II. Instanz hat die ordentliche Revision für zulässig erklärt, da bislang keine Rechtsprechung des OGH zu § 8 Abs. 1 i.V.m. § 4 Abs. 1 Z. 1 FAGG vorliegt und die Frage, der Informationserteilung auch aufgrund der Zunahme des Onlinehandels in ihrer Bedeutung über den Einzelfall hinausgeht. Derzeit ist das Verfahren beim Obersten Gerichtshof anhängig.

2.

Zur Hinweispflicht gem. § 8 Abs. 1 FAGG ^

2.1.

Vorgaben ^

[6]
Das FAGG sieht für Bestellungen von Waren oder Dienstleistungen über eine Unternehmenswebseite gegenüber Verbrauchern umfangreiche Informationspflichten vor. Im Vergleich zu den bisherigen Informationspflichten des Fernabsatzrechtes nach dem KSchG sind jene im FAGG detaillierter und wurden erweitert. Gleichgeblieben ist, dass die Informationen grundsätzlich vor Vertragsabschluss zu erteilen sind. § 4 FAGG sieht demzufolge eine Auflistung detaillierter Informationen vor, die vor Vertragsabschluss eines außerhalb der Geschäftsräume des Unternehmers bzw. im Fernabsatzweg abgeschlossenen Vertrages erteilt werden müssen. Gem. § 7 Abs. 1 FAGG sind Informationen nach § 4 FAGG dem Verbraucher vor Vertragsabschluss klar und verständlich und in einer dem Fernkommunikationsmittel angepassten Art und Weise bereitzustellen («vorvertragliche Informationen»). § 7 FAGG konkretisiert sohin die vorvertragliche Informationserteilung des § 4 Abs. 1 FAGG für den beabsichtigten Vertragsabschluss2.
[7]
§ 8 FAGG enthält demgegenüber besondere Bestimmungen für elektronisch geschlossene Verträge. Gem. § 8 Abs. 1 FAGG hat der Unternehmer dem Verbraucher – sofern es sich um einen elektronisch geschlossenen Vertrag handelt, der einen Verbraucher zu einer Zahlung verpflichtet – unmittelbar bevor dieser seine Vertragserklärung abgibt, klar und in hervorgehobener Weise auf die in § 4 Abs. 1 Z. 1, 4, 5, 14 und 15 FAGG genannten Informationen hinzuweisen. Die Darstellungen dieser Informationen, insbesondere die Schriftgröße, -art und -farbe müssen so gewählt sein, dass sie deutlich zu Tage treten3 und nicht im Gesamtlayout des Internetauftritts untergehen4. Nach § 4 Abs. 1 Z. 1 FAGG haben diese Informationen die «wesentlichen Eigenschaften der Ware oder Dienstleistung, in dem für das Kommunikationsmittel und die Ware oder Dienstleistung angemessenen Umfang», zu enthalten. § 4 Abs. 1 FAGG sieht noch weitere zwingende Informationen vor, auf die der Verbraucher vor seiner Vertragserklärung in hervorgehobener Art und Weise hinzuweisen ist, wie die Angabe zum Gesamtpreis einschließlich allfälliger Fracht-, Liefer-, Versand- und sonstiger Kosten, gegebenenfalls die Laufzeit des Vertrages oder Bedingungen für die Kündigung unbefristeter Verträge, gegebenenfalls die Mindestdauer der Verpflichtungen, die der Verbraucher mit dem Vertrag eingeht. Diese Informationen waren jedoch im Ausgangsfall nicht klagsgegenständlich, weshalb diesbezügliche Informationspflichten hier nicht näher erörtert werden. Das Hauptaugenmerk in dieser Abhandlung ist auf die Frage gerichtet, welche Informationen jene über die wesentlichen Eigenschaften einer Ware sind.

2.2.

Zu den wesentlichen Eigenschaften ^

2.2.1.

Zum Normzweck des § 8 Abs. 1 FAGG ^

[8]
Nach dem ErwGR 39 der Richtlinie 2011/83/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2011 («Verbraucherrechte-RL») soll sichergestellt sein, dass die Verbraucher bei Fernabsetzverträgen, die über Webseiten geschlossen werden, in der Lage sind, die Hauptbestandteile des Vertrages vor Abgabe ihrer Bestellung vollständig zu lesen und zu verstehen. Diese Vertragsbestandteile sollen daher in unmittelbarer Nähe der für die Abgabe der Bestellung erforderlichen Bestätigung angezeigt werden. Außerdem soll sichergestellt werden, dass der Verbraucher den Zeitpunkt erkennt, zu dem er gegenüber dem Unternehmer eine Zahlungsverpflichtung eingeht. Die Aufmerksamkeit des Verbrauchers soll daher durch eine unmissverständliche Formulierung auf diese Tatsache gelenkt werden.
[9]
Im Einklang dazu ist auch den erläuternden Bemerkungen zum FAGG5 zu entnehmen, dass eine hervorgehobene Information über die wichtigsten Fragen betreffend das künftige Vertragsverhältnis verlangt wird. Damit ist keinesfalls eine umfassende Darstellung aller Eigenschaften der Ware oder Dienstleistung gemeint; dies wäre im Gegenteil geradezu kontraproduktiv, da die Regelung darauf abzielt, dem Verbraucher unmittelbar vor seiner Vertragserklärung die für den Entschluss bedeutsamen Wesensmerkmale des Vertragsobjektes vor Augen zu führen. § 8 Abs. 1 FAGG hat den Sinn, Verbraucher unmittelbar vor der Bestellabgabe darauf hinzuweisen, welche Artikel sich zu diesem Zeitpunkt im Warenkorb befinden und mit welchen Kosten die Bestellung verbunden ist.6 Damit wird dem Verbraucher vorgehalten, welche Konsequenz mit dem Klicken des Bestellbuttons verbunden ist.7 Der Verbraucher erhält sohin eine letzte Chance, sich über die Hauptbestandteile des Vertrages im Klaren zu werden. Der Verbraucher soll deshalb unmittelbar vor dem letzten Bestellschritt klar und in hervorgehobener Weise nochmals einen Hinweis auf gewisse Basisinformationen erhalten.8 Damit wird gewährleistet, dass der Verbraucher noch rechtzeitig Korrekturen vornehmen oder vom Vertragsabschluss ganz Abstand nehmen kann.
[10]
Entscheidend ist, dass eine Wiederholung der vorvertraglichen Informationen von § 8 Abs. 1 FAGG nicht verlangt wird; dies könnte sogar zu einer Unübersichtlichkeit der Darstellung führen und würde zudem nicht dem Regelungszweck des § 8 Abs. 1 FAGG entsprechen. § 8 Abs. 1 FAGG bezweckt lediglich, die wichtigsten Informationen im letzten Bestellschritt nochmals besonders herauszustellen, um den Gefahren eines «Informationsoverkills» zu begegnen.9
[11]
Der Normzweck des § 8 Abs. 1 FAGG entspricht daher nicht jenem des § 7 Abs. 1 FAGG10:
[12]
Aufgrund der umfangreichen Informationen, die dem Verbraucher rechtzeitig vor Vertragsabschluss gem. § 7 Abs. 1 FAGG zur Verfügung zu stellen sind, soll sichergestellt werden, dass der Verbraucher alle Informationen erhält, die für seine Entscheidung wesentlich sind; in diesem ersten Informationsschritt des § 7 Abs. 1 FAGG steht daher die Vollständigkeit der für die Entscheidung wesentlichen Informationen im Fokus; dieser Verpflichtung kommt das Versandhandelsunternehmen auf den sog. «Artikeldetailseiten» nach; diese Seiten befinden sich direkt bei den angebotenen Artikeln; ein deutlich sichtbarer Link führt zu diesen Seiten. Im Unterschied dazu hat § 8 Abs. 1 FAGG den Sinn, den Verbraucher unmittelbar vor Abgabe der bindenden Willenserklärung darauf hinzuweisen, was sich zu diesem Zeitpunkt «im virtuellen Warenkorb» befindet und mit welchen Kosten die in Aussicht genommene Bestellung verbunden ist.11
[13]
Bei dem durch § 8 Abs. 1 FAGG angeordneten zweiten Informationsschritt ist daher keine inhaltsgleiche Wiederholung der Wareneigenschaften gemeint; dies ist durchaus nachvollziehbar. Der Vorgang, sich über die Waren im Online-Shop zu informieren, die Ware auszusuchen und die Ware in den virtuellen Warenkorb zu legen ist ein einheitlicher Lebensvorgang; zwischen den einzelnen Informationsschritten liegen regelmäßig nur Sekunden. Dass ein durchschnittlich verständiger Verbraucher die Information in einem solch kurzen Zeitraum vergisst, ist nicht anzunehmen und kann daher nicht der Zweck der Regelung sein.12 Einen nachvollziehbaren Zweck erhält die Hinweispflicht des § 8 Abs. 1 FAGG nur dadurch, dass es dem Verbraucher ermöglicht wird, die wesentlichen Punkte auf einen Blick zu erfassen. Dem Verbraucher nochmalig ein gesamtes Informationspaket zum ausgewählten Artikel zu präsentieren, ist daher mit dem Regelungszweck nicht zu vereinbaren.13
[14]
Ein Unternehmer, der im Internet etwa mit Küchengeräten handelt, wie zum Beispiel mit Kühlschränken, die je Modell in mehreren verschiedenen Größen angeboten werden, muss in der Bestellübersicht nicht neuerlich die genaue Ausgestaltung des Kühlraumes (z.B. Anzahl der Abstellfächer und Türabsteller, mit ohne Gefrierfach, unterschiedliche Kältezonen, etc.) anführen; dies obwohl sich der Innenraum von Kühlschränken je nach Größe erheblich unterscheidet. § 8 Abs. 1 FAGG verlangt eben nur, dass der Verbraucher erkennen kann, welche Ware er gerade im Begriff ist, zu erwerben. In diesem Beispiel hat der Unternehmer diesen Ausführungen zu Folge neben der Produktbezeichnung noch die Größe und den Preis anzugeben.14

2.3.

Zur Ansicht im Warenkorb ^

[15]
Das Versandhandelsunternehmen präsentiert dem Verbraucher im Warenkorb, bevor er seine bindende Erklärung zum Kauf der Artikel abgibt, eine Übersicht über die von ihm gewählten und in den Warenkorb gelegten Artikel. Die Angaben zu den Artikeln beschränken sich auf Basisangaben; es werden sohin nicht sämtliche Informationen, die sich auf der Artikeldetailseite befinden, wiederholt; eine umfängliche, idente Wiederholung der vorvertraglichen Informationen ist auch nicht erforderlich.
[16]
Welche Informationen an dieser Stelle zu erteilen sind, hängt von den bestellten Waren ab. Wenn der Verbraucher bei einem Artikel aus mehreren Möglichkeiten wählen kann, führt das Unternehmen bei der Artikelbezeichnung jene Angaben an, die vom Verbraucher frei wählbar waren. Hat der Verbraucher beispielsweise bei einem Schrank die Möglichkeit die Höhe zu wählen, wird die Höhe der Artikelübersicht im Warenkorb angegeben. Existiert der Schrank nur in einer «Standardhöhe» wird diese grundsätzlich nicht neuerlich im Warenkorb angeführt.
[17]
Am Beispiel Kleiderschrank ergibt sich sohin folgende Ansicht:

Abb. 1: Auszug aus dem Warenkorb des Versandhandelsunternehmens

[18]
Diese übersichtliche Darstellung zeigt dem Verbraucher – im Einklang mit den obigen Ausführungen zum Normzweck des § 8 Abs. 1 FAGG – für welche Artikel er sich entschieden hat und er im Begriff ist zu kaufen.

2.4.

Zum Umfang der Informationspflicht ^

2.4.1.

Lichtbild ^

[19]
Jeder Artikel im Warenkorb ist mit einem Lichtbild hinterlegt, sodass der Verbraucher bereits durch die Abbildung erkennen kann, welchen Artikel er ausgewählt und in den Warenkorb gelegt hat. Einem Lichtbild kommt daher entscheidende Bedeutung in einem Online-Shop zu; bereits aus dem Lichtbild gehen wesentliche Merkmale eines Artikels hervor. Das Lichtbild im Warenkorb des Webshops ist so programmiert, dass es sich stark vergrößert, sobald der User mit dem Cursor über das Lichtbild gelangt («Mouse-over-Effekt»); bereits auf dem vergrößerten Bild ist der ausgewählte Artikel deutlich zu erkennen. Der Verbraucher kann auf dem Lichtbild die Art des Artikels (z.B. Stabmixer) erkennen. Weiters gehen aus dem Lichtbild die Farbe hervor, der Verbraucher kann bei einem Möbelstück erkennen, welches Material er gewählt hat und wie er das Möbelstück konfiguriert hat (3türig, 2türig, mehrere Schubladenelemente, Spiegelelemente etc.); dies zeigt sich am Beispiel «Eckregal Serie Soeren» wie folgt:

Abb. 2: Auszug aus dem Warenkorb des Versandhandelsunternehmens

[20]
Da die Hinweispflicht des § 8 Abs. 1 FAGG i.V.m. § 4 Abs. 1 Z. 1 FAGG vor allem bezweckt, dem Verbraucher die Überprüfung des Warenkorbs zu ermöglichen, stellt daher auch eine Abbildung der Ware einen tauglichen Hinweis dar.15 Ein Lichtbild im Warenkorb ist daher jedenfalls geeignet, den Verbraucher über wesentliche Eigenschaften der Ware zu informieren («ein Bild spricht mehr als tausend Worte»). Es bietet sogar den Vorteil, dass der Verbraucher nicht mit schriftlichen Ausführungen zum Artikel «überladen wird». In der Praxis ist es geradezu der Regelfall, dass sich in der Bestellübersicht im virtuellen Warenkorb Abbildungen zu den Artikeln befinden. Die Verwendung eines Lichtbildes als Mittel, um der Hinweispflicht des § 8 Abs. 1 FAGG gerecht zu werden, steht auch im Einklang mit dem Wortlaut des Art. 8 Abs. 2 der Verbraucherrechte-RL, wonach der Unternehmer die Hinweise klar und in hervorgehobener Weise zu erteilen hat. Im Unterschied dazu verlangt Art. 8 Abs. 1 der Verbraucherrechte-RL, dass die dort genannten Informationen in klarer und verständlicher Sprache zur Verfügung zu stellen sind. Aus dieser unterschiedlichen Formulierung lässt sich schlussfolgern, dass die nach Art. 8 Abs. 2 der Verbraucherrechte-RL genannten Hinweise nicht unbedingt in Schriftform zu erteilen sind.16

2.4.2.

Fixe Angaben versus variable Angaben ^

[21]
Das Versandhandelsunternehmen führt neben dem Lichtbild im Warenkorb die Basisinformationen zum jeweiligen Artikel an. Welche Informationen das sind, hängt davon ab, um welchen konkreten Artikel es sich handelt. Dem Unternehmer soll bei der Angabe dieser Informationen jedenfalls ein weiter Ermessensspielraum zugestanden werden.17 Dem Verbraucher muss es möglich sein, vor der Bestellung nochmalig überprüfen zu können, ob die ausgewählte Ware tatsächlich seinen Wünschen entspricht. Wenn dem Verbraucher eine größere Zahl an Auswahl- und Konfigurationsmöglichkeiten zur Verfügung steht, kann eine Einschränkung der nach § 8 Abs. 1 FAGG geschuldeten Hinweise auf die vom Verbraucher ausgewählten Merkmale der Ware geboten sein.18 Dies ergibt sich daraus, dass der Blick des Verbrauchers unmittelbar vor der Bestellung nur auf die Wesensmerkmale des Vertragsobjektes gerichtet sein soll.19 Eine Wiederholung umfangreicher Informationen würde zur Unübersichtlichkeit führen und der Erreichung des Zwecks der Hinweispflicht des § 8 Abs. 1 FAGG im Wege stehen.
[22]
Im Einklang mit diesen Ausführungen werden sohin z.B. bei einem Möbelstück jene Artikelangaben im Warenkorb angeführt, die der Verbraucher «konfigurieren» und frei wählen kann, d.h. jene Angaben, die «variabel» sind. Angaben zum Artikel, die vom Verbraucher nicht abgeändert werden können, werden im Umkehrschluss dazu nicht zwingend separat erwähnt.
[23]
Hinsichtlich des Artikels «Schwebetürschrank» hat der Verbraucher folgende Auswahlmöglichkeit:

Abb. 3: Auszug aus der Artikeldetailseite des Versandhandelsunternehmens

[24]
Der Verbraucher kann die Ausstattung (mit Spiegel/ohne Spiegel), die Breite, die Höhe und die Farbe wählen. Demzufolge werden im Warenkorb auch (lediglich) diese, von ihm wählbaren, Angaben angeführt:

Abb. 4: Auszug aus dem Warenkorb des Versandhandelsunternehmens

[25]
Das Produkt ESGE-Zauberstab wird im Online-Shop wie folgt präsentiert:

Abb. 5: Auszug aus der Artikeldetailseite des Versandhandelsunternehmens

[26]
Wie aus dieser Darstellung des Artikels im Online-Shop ersichtlich ist, kann der Artikel vom Verbraucher nicht konfiguriert werden; im Warenkorb befinden sich daher die Basisinformationen, nämlich die Produktbezeichnung, die Wattangaben und der Preis; dass es sich dabei um einen Stabmixer handelt, geht aus der Abbildung deutlich hervor und muss nicht zusätzlich genannt werden.

Abb. 6: Auszug aus dem Warenkorb des Versandhandelsunternehmens

2.4.3.

Korrekturmöglichkeit ^

[27]
Der Verbraucher hat schließlich im Warenkorb noch die Möglichkeit, die ausgewählten Artikel entweder zu löschen oder zu ändern; in der letzten Spalte der Darstellung hat der Verbraucher eine Auswahloption. Wenn er den Artikel löscht, verschwindet dieser umgehend aus der Darstellung. Wenn er den Artikel abändern möchte, kommt er einen Schritt zurück und kann den Artikel neu «auswählen/konfigurieren». Auch diese Option der Korrekturen ist übersichtlich dargestellt, einfach zu bedienen und somit verbraucherfreundlich.

3.

Fazit ^

[28]
Wie diese Ausführungen zeigen, entspricht die Informationsbereitstellung im Onlineshop des Versandhandelsunternehmens sowohl den Vorgaben der Verbraucherrechte-RL, als auch den gesetzlichen Regelungen zum FAGG. Die Darstellung der ausgewählten Artikel im Warenkorb ist transparent, zumal der Verbraucher im Warenkorb in einer übersichtlichen Darstellung sämtliche gewählte Artikel samt den wesentlichen Informationen – dazu zählt auch das Lichtbild – erhält. Neben dem Lichtbild befinden sich die Basisinformationen zu den jeweiligen Artikeln. Eine Auflistung zusätzlicher Informationen im Warenkorb, mithin eine Verdoppelung der Informationen, die sich bereits auf den Artikeldetailseiten befinden, ist weder vom Zweck der Verbraucherrechte-RL gedeckt, noch vom österreichischen Gesetzgeber gewollt. Dies wäre auch kontraproduktiv, weil es zu einer Überladung von Informationen im Warenkorb und damit zu einem sehr hohen Maß an Unübersichtlichkeit führen würde.
[29]
Diese Form der Informationserteilung ist zudem dem Kommunikationsmedium angepasst. Der Verbraucher kann über den PC, über das Tablet oder über das Smartphone Bestellungen tätigen und erhält sämtliche Informationen klar und übersichtlich dargestellt. Dies zeigt die folgende Abbildung des Warenkorbs bei einer Bestellung über ein Smartphone:

Abb. 7: Ansicht des Warenkorbs über ein Smartphone

[30]
Würden im Warenkorb nochmalig sämtliche Informationen, die sich bereits aus der «Artikeldetailseite» ergeben, angeführt werden – so wie dies die Gerichte der Vorinstanzen verlangen – wäre dies für Bestellungen mit einem Tablet oder Smartphone höchst unübersichtlich. Dies würde dazu führen, dass Onlinehändler sämtliche Detailinformationen zu den von ihnen vertriebenen Artikeln auch im Warenkorb nochmals anführen, um auf der «sicheren Seite zu sein». Nur in diesem Fall könnten Onlinehändler nämlich sicherstellen, die Anforderungen des § 8 Abs. 1 i.V.m. § 4 Abs. 1 Z. 1 FAGG vollinhaltlich zu erfüllen. Es hat sich jedoch gezeigt, dass die Gerichte in ihrer Rechtsansicht den Normzweck des § 8 FAGG nicht hinterfragt haben; eine umfassende Informationswiedergabe wird weder vom Richtliniengesetzgeber, noch vom österreichischen Gesetzgeber verlangt.
[31]
Es ist daher festzuhalten, dass das Versandhandelsunternehmen die besonderen Erfordernisse nach § 8 Abs. 1 FAGG erfüllt und der Verbraucher vor voreiligen Vertragsabschlüssen geschützt wird.

4.

Exkurs: Zur Zulässigkeit von Verlinkungen ^

[32]
Fraglich ist, ob (auch) eine Verlinkung im Warenkorb zu jener Seite, die Details über den Artikel enthält («Artikeldetailseiten»), die Hinweispflicht im Sinne des § 8 Abs. 1 FAGG i.V.m. § 4 Abs. 1 FAGG vollumfänglich erfüllt. Verbraucher kaufen Artikel aus unterschiedlichen Beweggründen. Das Versandhandelsunternehmen bietet den Verbrauchern im Warenkorb die Möglichkeit an, durch Anklicken des Lichtbildes direkt zu der «Artikeldetailseite» zu gelangen. Auf dieser Seite befinden sich umfassende Informationen zu den vom Verbraucher gewählten Artikeln. Sollte der Verbraucher daher – bevor er seine bindende Vertragserklärung abgibt – nochmalig Informationen zu einem Artikel benötigen, kann er diese über die bereitgestellte Verlinkung, die unmittelbar zur Artikeldetailseite führt, nachlesen.
[33]
Wie bereits ausgeführt ist zu beachten, dass gem. § 8 Abs. 1 FAGG der Verbraucher auf die in § 4 Abs. 1 FAGG genannten Informationen «hinzuweisen ist». Auch die Verbraucherrechte-RL verwendet unterschiedliche Begriffe: so heißt es in den allgemeinen Regelungen zu den vorvertraglichen Informationspflichten, dass der Unternehmer dem Verbraucher über die wesentlichen Eigenschaften der Ware oder Dienstleistung «informiert» (Art. 6 Abs. 1 Verbraucherrechte-RL) bzw. diese Informationen «erteilt» (Art. 8 Abs. 1 Verbraucherrechte-RL) wohingegen er den Verbraucher unmittelbar, bevor dieser seine Bestellung tätigt, auf diese Information «hinweisen muss» (Art. 8 Abs. 2 Verbraucherrechte-RL).20
[34]
In der deutschen Literatur wurde dieses Thema kürzlich aufgegriffen. Föhlisch ist dabei zutreffend zur Ansicht gelangt, dass diese unterschiedliche Formulierung – die sich auch im § 7 Abs. 1 und § 8 Abs. 1 FAGG findet – dahingehend zu verstehen ist, dass die Informationen nicht nochmals unmittelbar erteilt werden müssen, sondern auch ein Bereitstellen über einen Link ausreichend ist.21
[35]
Wesentlich ist, dass dem Verbraucher die gem. § 8 Abs. 1 FAGG i.V.m. § 4 Abs. 1 Z. 1 FAGG genannten Informationen unmittelbar bevor er eine zahlungspflichtige Bestellung abgibt, verständlich und in hervorgehobener Weise zur Verfügung gestellt werden. Gerade vor diesem Hintergrund eignet sich daher eine unmittelbare Verlinkung zu den Artikeldetails, in denen der Verbraucher die für seinen Kaufentschluss wesentlichen Merkmale nachlesen kann.
[36]
Dem ErwGR 36 der Verbraucherrechte-RL zufolge sind Informationspflichten im Fernabsatz stets den technischen Gegebenheiten anzupassen. Ein Verweis auf andere Informationsquellen (z.B. Hypertextlink auf eine Website eines Unternehmens) soll zulässig sein. Um dem Transparenzgebot umfassend nachzukommen und um eine Übersichtlichkeit zu gewährleisten, eignet sich ein Verweis mittels Hyperlink. Ein Verbraucher verfügt erfahrungsgemäß auch über die Fähigkeit, einen elektronischen Verweis zu erkennen. Dies umso mehr, wenn sich der Verbraucher dazu entscheidet, einen Vertrag über ein Absatzkommunikationsmittel abzuschließen. Mit einer Verlinkung wird auch vermieden, dass der Verbraucher über eine oder mehrere Bildschirmsites scrollen muss, um zum finalen Bestellbutton zu gelangen und läuft nicht Gefahr in diesem Moment den Überblick über Preis und Leistung zu verlieren.22 Eine dementsprechende Verlinkung entspricht auch der Tendenz im Onlinehandel, wonach Onlinetransaktionen noch schneller und unkomplizierter erfolgen sollen. Displays der Kommunikationsmedien werden kleiner und kompakter. Gerade zur Wahrung der Übersichtlichkeit bieten sich direkt die Verlinkungen, sofern sie klar und deutlich für den Verbraucher ersichtlich sind, an. Online-Besteller sind mit den Möglichkeiten des Internets bestens vertraut und daher selbstverständlich in der Lage, bei allfälligen Unsicherheiten hinsichtlich eines ausgewählten Artikels per Mausklick in die Detailinformationen zu diesem Artikel zu wechseln, um weitere Informationen einzuholen.
[37]
Es ist daher nicht auszuschließen, dass auch eine direkte Verlinkung im Warenkorb mit den Artikeldetails die Voraussetzungen zu den Hinweispflichten des § 8 Abs. 1 FAGG erfüllen kann, sofern die Verlinkung – nach Maßgabe der obigen Ausführungen – klar und hervorgehoben präsentiert wird.

5.

Literatur ^

Bergt Matthias, Praktische Probleme bei der Umsetzung neuer gesetzlicher Vorgaben im Webshop, NJW 2012, 3543.

Dehn Wilma, in: Schwimann/Kodek (Hrsg.), ABGB Praxiskommentar, 4. Auflage, Lexis Nexis, 2011.

Föhlisch Carsten, Auflistung oder Verlinkung wesentlicher Merkmale bei der «Button-Lösung»?, MMR 2017, 449.

Hammerl Alexandra, in: Kosesnik/Wehrle (Hrsg.), KSchG, 4. Auflage, Manz Verlag Wien, 2015.

Kletečka/Kronthaler, Überlegungen zur Hinweispflicht bei «elektronisch geschlossenen Verträgen» i.S.d. § 8 FAGG, ÖJZ 2018/2, 5.

Sedef arzu, Das neue Fernabsatzrecht, MR 2014, 119.

Tamm Marina, Informationspflichten nach dem Umsetzungsgesetz zur Verbraucherrechterichtlinie, VuR 1/2014, 9.

  1. 1 LG Salzburg, 9 Cg 100/16f.
  2. 2 Hammerl 2015, § 8 FAGG RZ 2.
  3. 3 Tamm 2014, 9.
  4. 4 Hammerl 2015, § 8 FAGG RZ 5.
  5. 5 EBzRV 89 BlgNR 25. GP 31.
  6. 6 EBzRV 89 BlgNR 25. GP 31.
  7. 7 Dehn 2011, § 8 FAGG RZ 9.
  8. 8 Dehn 2011, § 8 FAGG RZ 5f.
  9. 9 Sedef 2014, 119; EBzRV 89 BlgNR 25. GP 31.
  10. 10 Kletečka/Kronthaler 2018, 5 ff.
  11. 11 Vgl. dazu EBzRV 89 BlgNR 25. GP 31.
  12. 12 Kletečka/Kronthaler 2018, 11.
  13. 13 EBzRV 89 BlgNR 25. GP 31.
  14. 14 Kletečka/Kronthaler 2018, 11.
  15. 15 Kletečka/Kronthaler 2018, 12.
  16. 16 Kletečka/Kronthaler 2018, 12.; Föhlisch 2017, 449.
  17. 17 So bereits Bergt 2012, 3543.
  18. 18 Kletečka/Kronthaler 2018, 12.
  19. 19 EBzRV 89 BlgNR 25. GP 31.
  20. 20 Kletečka/Kronthaler 2018; Föhlisch 2017, 447 (449).
  21. 21 So ausdrücklich Föhlisch 2017, 447 f.
  22. 22 Föhlisch 2017, 449.