1.
Einleitung ^
Im Internet of Things (IoT) werden physische Gegenstände vernetzt, die zur Nutzung von digitalen Diensten beitragen oder diese ermöglichen. Auf die Verwaltung bezogen beschreibt der Begriff Internet of Public Things (Public IoT) physische Dinge, die sich in staatlicher Hoheit oder Gewährleistungsverantwortung befinden und digital vernetzt sind1. Der Anwendungsbereich betrifft die öffentliche Sicherheit, den Verkehr, die Energieversorgung, Umwelt und Bauen und das Gesundheitswesen.
Die physischen Objekte werden mit entsprechenden Objekten in der virtuellen Welt verknüpft, um eine Abbildung in das Gesamtsystem zu ermöglichen. Dabei entsteht die Notwendigkeit der Interaktion mit verschiedenen Systemen wie Big Data und Cloud Umgebungen4. Bei einer gesamtheitlichen Betrachtung von IoT sind neben technischen auch betriebswirtschaftliche Aspekte zu betrachten. Unternehmen und die Verwaltung nutzen IoT, um interne Abläufe zu optimieren oder Abläufe bei Kunden/Bürgern den Bedürfnissen entsprechend zu gestalten. Darauf aufbauend kann bei Unternehmen auch ein verändertes oder neues Geschäftsmodell entstehen.
Die Einführung bzw. Nutzung von IoT in einer Organisation (Unternehmen/Verwaltung) kann daher zu weitreichenden Konsequenzen in der Organisation führen. Die Organisationsstrategie muss angepasst werden, bestehende Prozesse müssen adaptiert, neue (IoT) Prozesse definiert und die Kompetenzen der Mitarbeiter angepasst bzw. neue Mitarbeiter mit entsprechenden Kompetenzen eingestellt werden. Die Anpassungen in der Organisation können dementsprechend komplex sein und auch nach der Umstellungsphase zu erhöhter Komplexität führen. In der Organisation werden daher zumeist Maßnahmen zur Reduktion der Komplexität gesetzt. Modellierung ist eine mögliche Form der Komplexitätsreduktion.
2.
Internet of Things und Modellierung ^
Modelle werden verwendet, um eine komplexe Welt möglichst eindeutig zu beschreiben. Modelle bilden ein Abbild der realen Welt und sind ein Hilfsmittel, um die steigende Komplexität in Unternehmen und der Verwaltung zu reduzieren. Die Modelle folgen zumeist einer festgelegten Form, die auf formalen Regeln und Notationen aufbaut. Beispiele für Modelle sind Organigramme, Datenmodelle, Petri Netze und Vorgangskettendiagramme. Die Notation muss dabei nach Möglichkeit selbsterklärend sein, damit alle Stakeholder die Modelle verstehen. Der Formalisierungsgrad der Modelle kann unterschiedlich hoch sein.
Das Internet of Things steigert die Komplexität in der Organisation, unabhängig davon, ob ein Einsatz in der Produktion erfolgt oder in anderen Organisationsbereichen. Eine hohe Anzahl an Devices muss dabei sinnvoll zusammenarbeiten und in die Geschäftsprozesse der Organisation integriert werden. Die Komplexitätssteigerung bezieht sich dabei nicht nur auf die Technologieebene des Unternehmens, sondern auch auf die Anwendungs- und Geschäftsebenen. Internet of Things Aspekte müssen daher in die Enterprise Architektur integriert werden, sodass die damit verbundenen Konsequenzen für die Infrastruktur, die Prozesse, die Services, die Anwendungen und die Organisation beschrieben werden können5. Dabei handelt es sich nicht um einen einmaligen Vorgang, sondern es ist eine regelmäßige Evaluierung des Unternehmens und der Architektur der IoT Umgebung notwendig. Voraussetzung ist ein Modell, das die relevanten Unternehmensbereiche abbildet.
3.
Enterprise Modelling ^
Mit Enterprise Modelling werden Modellierungssprachen bezeichnet, die der Beschreibung, Visualisierung und Analyse von Unternehmensarchitekturen dienen. Die Unternehmensarchitektur ist dabei eine Gesamtheit von Prinzipien, Modellen und Methoden, die bei der Gestaltung der Organisation, der Geschäftsprozesse, der Informationssysteme und der Infrastruktur verwendet werden6. Die Beziehungen zwischen strategischen Zielen, den Geschäftsregeln, der Organisationsstruktur und den Produkten und Services soll damit ebenso hergestellt werden.
Zur Modellierung von einzelnen Domänen in einem Unternehmen werden eigene Sprachen verwendet (beispielsweise Prozessmodellierung). Die Kommunikation über Domänen hinweg ist allerdings schwierig, da unterschiedliche Sprachen eingesetzt werden, die in vielen Fällen nicht kompatibel sind und daher eine Gesamtsicht verhindern. Enterprise Modelling bietet die Möglichkeit, diese Sprachen zu integrieren und Architekturprozesse zu ermöglichen, d.h. die Darstellung, Analyse und Optimierung von Geschäftsprozessen, Organisationsstrukturen, IT-Systemen, technischen Infrastrukturen und Informationsflüssen. Die Modelle unterstützen dabei die Beteiligten, das Unternehmen in seiner Gesamtheit zu verstehen und die Konsequenzen von Änderungen darzustellen, zu bewerten und gegenüber Dritten klar zu kommunizieren.
3.1.
ArchiMate ^
Die Enterprise Modellierungssprache ArchiMate10 baut auf den Konzepten des IEEE-1471-Standards auf und wird von der Open Group verwaltet. ArchiMate verfolgt einen integrierten Architekturansatz, der verschiedene Domänen einer Organisation beschreibt und visualisiert. Damit sollen Stakeholder bei der Beurteilung von Auswirkungen von Änderungen in der Organisation ganzheitlich unterstützt werden.
Die Organisationsarchitektur wird in ArchiMate, wie in anderen Sprachen auch, in verschiedene Bereiche unterteilt. Im Falle von ArchiMate in eine Geschäfts-, Anwendungs- und Technologieebene.
- Geschäftsebene – Produkte und Dienstleistungen für Kunden und deren Bezug zu Geschäftsprozessen in der Organisation.
- Anwendungsebene – Softwareanwendungen, die die Komponenten der Geschäftsebene mit Anwendungen unterstützen.
- Technologieebene – Hardware- und Kommunikationsinfrastruktur zur Unterstützung der Anwendungssicht.
Diese drei Ebenen werden als Core Ebenen bezeichnet. Jede dieser Hauptebenen kann in Unterebenen unterteilt werden. Beispielsweise können in einer Geschäftsebene die primären Geschäftsprozesse auf unterstützende Geschäftsprozesse zugreifen.
In Laufe der Entwicklung von ArchiMate wurden in den vergangenen Jahren zu den drei Core Ebenen weitere Ebenen hinzugeführt:
- Strategie – Darstellung von strategischen Elementen wie Capabilities, Ressourcen und Maßnahmen.
- Physical – Darstellung von physischen Elementen und deren Verbindungen. IoT wird durch diese Ebene unterstützt, insbesondere auch durch die Möglichkeit der Verknüpfung von physischen Objekten und den dazugehörigen IT Objekten. Diese Ebene ist stark mit der Technologieebene verknüpft.
- Implementation & Migration – Darstellung von Elementen zur Abwicklung von Implementations- und Migrationselementen. Beispiele sind Arbeitspakete, Deliverables und Implementationsereignisse.
ArchiMate beschreibt und visualisiert damit verschiedene Geschäftsdomänen und deren Beziehungen.
IoT Aspekte werden in ArchiMate in der Ebene Physical abgebildet. Die physischen Objekte wie Sensoren werden im Modell als Equipment abgebildet. Equipment ist eine Spezialisierung des Node Elements aus der Technologieebene. Damit lässt sich ein direkter Bezug zwischen dem physischen Objekt (z.B. Sensor) und dem damit verbundenen Objekt in der IT Infrastruktur herstellen (d.h. Software, die das Objekt entsprechend in der Systemlandschaft abbildet). Dabei wird nicht ein einzelnes physisches Element abgebildet, sondern Typen der Elemente. Physische Objekte können durch das Konzept der Facility zu integrierten Einheiten zusammengefasst werden (beispielsweise IoT Elemente einer Produktionsanlage).
Neben dem Bezug über das Node Element können weitere Beziehungen zwischen der Technologieebene und der Physical Ebene hergestellt werden. In der Technologieebene werden die Aspekte Technology Process, Technology Function und Technology Interaction bereitgestellt. Damit kann das Verhalten der Devices sowohl in der Physischen Ebene als auch in der IT Umgebung integriert dargestellt werden.
Neben dem Bezug können weitere Beziehungen zu anderen Ebenen hergestellt werden, beispielsweise zu Geschäftsprozessen oder zur Strategieebene. Dieser Bezug ist relevant, um die notwendige Gesamtsicht der Konsequenzen der Einführung von IoT in die Organisation sicherzustellen.
3.2.
ARIS ^
ARIS (Architektur integrierter Informationssysteme) wurde entwickelt, um Unternehmen ganzheitlich, d.h. sowohl Unternehmensaspekte als auch IT-Aspekte, zu modellieren und zu verstehen. ARIS unterscheidet unterschiedliche Sichten11,12:
- Datensicht – Beschreibung der Daten, die für das Unternehmen relevant sind. Das bezieht sich auch auf Zustände (beispielsweise Kundenstatus) und Ereignisse.
- Funktionssicht – Beschreibung der Funktionen, d.h. Tätigkeiten im Unternehmen und die Beziehungen zwischen den Funktionen (übergeordnete bzw. untergeordnete Funktionen).
- Organisationssicht – Beschreibung der Organisationseinheiten des Unternehmens und der Beziehungen zwischen diesen Einheiten.
- Steuerungssicht – Beschreibung der prozessualen Sicht der Abläufe im Unternehmen. Diese Sicht ist die zentrale Sicht, in der die anderen Sichten zusammengeführt werden.
- Leistungssicht – Beschreibung der materiellen und immateriellen Produkte des Unternehmens, die sowohl am Ausgangspunkt eines Leistungsprozesses stehen können, als auch das Ergebnis eines solchen darstellen können.
Die Nähe von ARIS zur Softwareentwicklung zeigt sich an der Einbindung von drei Abstraktionsebenen (Fachkonzept, DV-Konzept und Implementierung). Diese Abstraktionsebenen befinden sich orthogonal zu den zuvor beschriebenen Sichten, d.h. jede Sicht wird in jeder Abstraktionsebene abgebildet. Das Fachkonzept beschreibt Unternehmen mit Hilfe der vorgenannten Modelle, ohne einen Bezug zur tatsächlichen IT Umsetzung herzustellen. Das DV-Konzept (Datenverarbeitungskonzept) beschreibt die Umsetzung des Fachkonzepts in datenverarbeitungsnahe Modelle. In der Implementierungsebene erfolgt die Umsetzung das DV-Konzepts in ein ausführbares Softwaresystem.
In ARIS stehen einige Diagramme mit direktem Bezug zu IoT Objekten zur Verfügung13. Im IoT Object Context Model werden einzelne IoT Objekte wie Sensoren im Detail beschrieben. Dabei handelt es sich um Informationen über technische IoT Konfiguration, IoT Daten (beispielsweise Kalibrierungsinformationen) und die Beschreibung von Risiken, die mit dem Objekt in Zusammenhang stehen.
IoT Object Definition ist ein Diagramm in ARIS, in dem zusammengehörige IoT Objekte aufbauend auf Subobjekte dargestellt werden.
In der Steuerungssicht (Event Process Chain Diagram) können IoT Objekte direkt eingebaut werden. Die IoT Objekte werden dabei einer Funktion zugeordnet und werden damit integraler Bestandteil der Steuerungssicht.
Um die strategische Ebene entsprechend abzubilden, steht eine Strategy Map (Balanced Scorecard) zur Verfügung. Dort wird ein Unternehmensziel aufgenommen, das entsprechend in Zusammenhang mit IoT stehen kann. Damit in Beziehung stehende (Unter)Ziele werden in einem KPI Allocation Diagram aufgenommen. Über dieses Diagramm kann die Verbindung zur Steuerungssicht hergestellt werden und damit ein Bezug zwischen einer strategischen Maßnahme und der Umsetzung mit Bezug zu IoT.
3.3.
4EM ^
Die 4EM-Methode besteht aus drei Grundprinzipien:
- Einer definierten Vorgehensweise für die Modellierung mit einer festgelegten Notation. In der Vorgehensweise sind die Struktur und die Regeln für die Erstellung und Integration der Teilmodelle definiert.
- Der Durchführung der Unternehmensmodellierung als Projekt. Dabei kommen eine definierte Projektorganisation, typische Projektphasen und definierte Rollen zum Einsatz.
- Einer partizipativen Arbeitsweise zur Einbindung von Stakeholdern (Fachexperten im Unternehmen und Interessensgruppen). Damit sollen den Beteiligten nicht nur die Modelle und Entscheidungen nähergebracht werden, sondern auch Informationen über den Problemlösungsprozess und auch über das eigene Unternehmen.
Ein 4EM Unternehmensmodell besteht aus 6 Teilmodellen, die unterschiedliche Sichten des Unternehmens darstellen:
- Ziel- und Problemmodell – Beschreibung der Unternehmensziele und der Unternehmensstrategie, d.h. was möchte das Unternehmen bis wann erreichen. Das Modell stellt auch den Zusammenhang zwischen Zielen und Strategie und den damit verbundenen Problemen, Chancen und Beschränkungen her.
- Geschäftsregelmodell – Beschreibung der Richtlinien, die für ein Unternehmen gelten. Diese sollten konsistent mit den Aspekten im Ziel- und Problemmodell sein. Die Geschäftsregeln repräsentieren Hinweise zur Operationalisierung von Zielen.
- Konzeptmodell – Beschreibung von Konzepten und Informationsobjekten. Dieses Modell dient der Sicherstellung eines einheitlichen Verständnisses über den Inhalt und die Nutzung von Konzepten und Informationsobjekten.
- Geschäftsprozessmodell – Beschreibung der Geschäftsprozesse und deren Wechselwirkung und Umgang mit Informationen und Material. Es wird auch der Zusammenhang zu Geschäftszielen, Organisationseinheiten, Ressourcen und Richtlinien hergestellt.
- Akteure- und Ressourcenmodell – Beschreibung der Akteure bzw. Ressourcen und wie diese in Verbindung stehen. Akteure können für einen Prozess oder ein Ziel verantwortlich sein. In einem Teilmodell wird die Verteilung der Verantwortlichkeiten als Rollenstruktur und die Aufbauorganisation abgebildet.
- Technische Komponenten- und Anforderungsmodell – Beschreibung der IT-Landschaft bzw. von technischen Systemen, zur Unterstützung der Ziele, Prozesse und Akteure. Das Modell ist eine Spezialisierung des Ressourcenmodells. Die IT Ressourcen werden erfasst und in Gruppen von Subsystemen bzw. technischen Komponenten strukturiert.
In 4EM können IoT Objekte im Technischen Komponenten- und Anforderungsmodell abgebildet werden17,18. IoT Objekte können wie andere technische Systeme betrachtet werden, die Ziele, Prozesse und Akteure unterstützen. Die IoT Objekte können in Gruppen von Subsystemen zusammengefasst und mit anderen technischen Systemen verbunden werden.
Mit diesem Modell können Strukturen, Eigenschaften und Anforderungen der IoT Objekte definiert werden. Eine Verknüpfung mit anderen Modellen ist entsprechend möglich, um Beziehungen beispielsweise zum Ziel- und Problemmodell oder Geschäftsregelmodell aufzubauen.
4.
Analyse der Enterprise Modelling Ansätze ^
Die Modellierungsansätze von ArchiMate, ARIS und 4EM unterscheiden sich in einigen Details (beispielsweise in unterschiedlichen Perspektiven19). Die Sichten bzw. Ebenen sind insgesamt relativ ähnlich, da die Architekturen der Unternehmen (Strategie, Organisation, Geschäftsprozesse, Informationssysteme, Infrastruktur) die Struktur vorgeben. Die Sprachen wurden über eine lange Zeitdauer entwickelt und bauen letztlich auf ähnlichen Grundideen auf.
Die Abbildung von IoT Objekten ist in der jeweiligen Notation vorgesehen und einer Ebene bzw. Schicht zugeordnet (physische Schicht bzw. Infrastrukturschicht). In ArchiMate und 4EM werden IoT Objekte im Prinzip wie andere technische System betrachtet bzw. als besondere Ausprägung solcher Systeme. Zusammengehörige IoT Objekte können geclustert und mit anderen Infrastrukturobjekten in Beziehung gebracht werden. In ARIS können detaillierte Informationen wie die IoT Konfiguration und IoT Daten abgebildet werden. Auch das einem IoT Objekt zuordenbare Risiko ist abbildbar.
Die Verbindung zwischen IoT Objekten und zugehörigem Service kann insbesondere in ArchiMate hergestellt werden. Die Verbindung aus beiden Sichten ist sinnvoll, da damit eine integrierte Gesamtsicht sichergestellt werden kann.
Der Aufbau einer Beziehung zwischen Einzelaspekten, im vorliegenden Fall IoT Aspekten, mit Gesamtunternehmensaspekten ist eine Kernidee von Enterprise Modelling und wird dementsprechend in den untersuchten Ansätzen unterstützt. Inter-Model Links zwischen der physischen Ebene und anderen Ebenen (beispielsweise Geschäftsprozessebene) ist bei allen Ansätzen möglich. In ARIS ist eine konkrete Zuordnung der IoT Objekte in der Steuerungssicht vorgesehen und damit ist eine direkte Zuordnung zu Funktionen, IT Systemen und Organisationseinheiten möglich. In ArchiMate und 4EM besteht explizit die Möglichkeit, SOLL und IST Zustände von Systemen abzubilden und damit einen expliziten Vergleich zwischen den beiden Zuständen zu ermöglichen.
ArchiMate ist ein Ansatz, bei dem durch eine unabhängige Gruppe (Open Group) Standardisierungsaufgaben wahrgenommen werden. Die Open Group besteht aus einem Verbund von mehreren Unternehmen, welche der Zielsetzung der Entwicklung von herstellerunabhängigen Standards im Bereich der Informationstechnologie folgen. ARIS ist ein durch ein Unternehmen geprägter Ansatz und 4EM wird im universitäreren Umfeld weiterentwickelt.
5.
Forschungsbereiche ^
Die Bereiche IoT und Enterprise Modeling werden permanent weiterentwickelt. Im Folgenden werden einige Forschungs- und Weiterentwicklungsbereiche dargestellt.
IoT kann direkt in einer Organisation, aber auch außerhalb der Organisationsgrenzen eingesetzt werden. Ein Einsatz kann beispielsweise beim Kunden erfolgen. Daten, die bei diesem Einsatzbereich entstehen, werden häufig auch an das herstellende Unternehmen zurückübermittelt. Auch ein Drittes Unternehmen kann in diesem Prozess eingebunden sein. Das herstellende Unternehmen bzw. auch die Verwaltung kann aufbauend auf den Daten Services anbieten und/oder die Daten nutzen, um die eigenen Produkte bzw. Prozesse zu verbessern. Dabei kann es zu einer Aufweichung von Unternehmensgrenzen kommen. Ein Beispiel sind Produktionsdaten, die an andere Partner in der Supply-Chain übermittelt werden und die zur Planung interner Abläufe verwendet werden können. Diese Datenströme und davon betroffen Prozesse müssen entsprechend auch in Modellen abgebildet werden.
Um Mehrfachspeicherung bei den beteiligten Partnern zu vermeiden, können die Daten auch außerhalb der beteiligten Unternehmen gesichert gespeichert werden, wobei die beteiligten Partner Zugriff auf die Daten erhalten (Blockchain). Aufbauend auf den Daten kann außerhalb der Unternehmensgrenzen auch Logik abgebildet werden (Smart Contracts in einer Blockchain20,21). Auch diese Information muss entsprechend in einem Modell abgebildet und in die internen Enterprise Modelle integriert werden.
Die Struktur der eingesetzten IoT Elemente kann bei verschiedenen Kunden unterschiedlich sein. In der Verwaltung treten dabei besondere Konstellationen auf, da mehrere Organisationen beteiligt sein können (z.B. Public Private Partnership zur Müllentsorgung bei Einsatz von IoT bei Mülltonnen). Eine Abbildung von diesen Aspekten in einem Enterprise Model erscheint sinnvoll bzw. notwendig. Konzepte zur Abbildung müssen noch entwickelt werden.
Der Einsatz von IoT kann in vielen verschiedenen Ausprägungen stattfinden. Einerseits bei Endkunden (SmartWatch, Smart-Home), im B2B Umfeld (Produktionsanlagen) und in der Verwaltung (Public IoT). Es entsteht daraus die Notwendigkeit von domainspezifischen Modellierungsansätzen, die auf unterschiedliche Bereiche Bezug nehmen.
IoT kann bei Unternehmen zu Konsequenzen für das Geschäftsmodell führen und dieses verändern oder erweitern. Durch IoT wird die Möglichkeit geschaffen, nicht nur Produkte anzubieten, sondern eine Kombination aus Produkten und Services, d.h. vermehrt Dienstleistungen im Umfeld der Produkte. Auch das ausschließliche Anbieten von Dienstleistungen ist vorstellbar (das Produkt verbleibt im Eigentum des Herstellers, der Nutzer zahlt für die Nutzung des Produktes, beispielsweise Pay-per-Use). Die Abbildung und Integration von Geschäftsmodellinformationen (beispielsweise mit Hilfe des Business Model Canvas22) ist in den Enterprise Modeling Ansätzen noch ausbaufähig. Die Relevanz digitaler Faktoren für das Geschäftsmodell ist unzureichend abgebildet und damit ein zentrales Element der Digitalisierung.
Für die Verwaltung ist insbesondere die Möglichkeit der Abbildung von Risiken, die durch Public IoT entstehen können, von Relevanz. Dies betrifft insbesondere die Hoheitsverwaltung (z.B. Digitale Straßenschilder, die von autonom fahrenden Fahrzeugen zur Steuerung benötig werden).
Enterprise Modeling Ansätze sollten neben den entsprechenden Notationen, auch Vorgehensmodelle anbieten, damit das Vorgehen in Projekten bzw. im laufenden Betrieb unterstützt wird. Erste Ansätze dazu sind schon vorhanden23. Wie bei 4EM dargestellt, kann dies die Bereiche Vorgehensweise (Struktur und die Regeln für die Erstellung und Integration der Teilmodelle), Projektmanagement (Projektorganisation, Projektphasen und definierte Rollen) und partizipative Arbeitsweise umfassen. Diese drei Bereiche müssen auch im Sinne von IoT definiert bzw. angepasst werden.
- 1 Flügge/Fromm/Weber/Eckert/Konzack, Fraunhofer Fokus, Public IoT – Das Internet der Dinge im öffentlichen Raum, http://publica.fraunhofer.de/dokumente/N-404762.html (alle Websites zuletzt aufgerufen am 16. Januar 2019), S. 7.
- 2 Jeschke/Brechner/Meisen/Özdemir/Eschert, Industrial Internet of Things and Cyber Manufacturing Systems, in: Jeschke S. / Brecher C. / Song H., Rawat D. (eds), Industrial Internet of Things, Springer Series in Wireless Technology, Springer, Cham, 2017.
- 3 Sandkuhl, On the Role of Enterprise Modelling in Engineering Cyber-Physical Systems, in: Řepa V. / Bruckner T. (eds), Perspectives in Business Informatics Research, BIR 2016, Lecture Notes in Business Information Processing, vol 261, Springer, Cham, 2016.
- 4 Zimmermann/Schmidt/Sandkuhl/Jugel/Bogner/Mohring, Evolution of Enterprise Architecture for Digital Transformation, IEEE 22nd International Enterprise Distributed Object Computing Workshop (EDOCW), Stockholm, Sweden, 2018, pp. 87–96.
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- 6 Sandkuhl/Wißotzki/Stirna, Unternehmensmodellierung: Grundlagen, Methode und Praktiken, SpringerVieweg, 2013, S. 10.
- 7 Braun, Towards the state of the art of extending enterprise modeling languages, 3rd International Conference on Model-Driven Engineering and Software Development (MODELSWARD), Angers, 2015, S. 1–9.
- 8 Sandkuhl/Stirna/Persson/Wißotzki, Selected Enterprise Modeling Approaches, in: Enterprise Modeling, The Enterprise Engineering Series, Springer, 2014, S. 233–272.
- 9 Bock/Kaczmarek/Overbeek/Heß, A Comparative Analysis of Selected Enterprise Modeling Approaches, 7th IFIP Working Conference on The Practice of Enterprise Modeling (PoEM), November 2014, Manchester, United Kingdom, Springer, Lecture Notes in Business Information Processing, LNBIP-197, S. 148–163.
- 10 Opengroup ArchiMate 3.0.1 Specification, http://pubs.opengroup.org/architecture/archimate3-doc/chap01.html.
- 11 Scheer, Architecture of Integrated Information Systems: Foundations of Enterprise Modeling, Springer, 1992.
- 12 Scheer, ARIS – Modellierungsmethoden, Metamodelle, Anwendungen, Springer, 4. Aufl., 2001.
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- 14 Sandkuhl/Wißotzki/Stirna, Unternehmensmodellierung: Grundlagen, Methode und Praktiken, SpringerVieweg, 2013.
- 15 Sandkuhl/Stirna/Persson/Wißotzki, Enterprise Modeling: Tackling Business Challenges with the 4EM Method, Springer, 2014.
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- 17 Sandkuhl/Wißotzki/Stirna, Unternehmensmodellierung: Grundlagen, Methode und Praktiken, SpringerVieweg, 2013.
- 18 Sandkuhl/Stirna/Persson/Wißotzki, Enterprise Modeling: Tackling Business Challenges with the 4EM Method, Springer, 2014.
- 19 Sandkuhl/Stirna/Wißotzki, Enterprise Modeling: Tackling Business Challenges with the 4EM Method, Springer, 2014, S. 250.
- 20 Drescher, Blockchain Grundlagen: Eine Einführung in die elementaren Konzepte in 25 Schritten, mitp Business, 2017.
- 21 Tapscott/Tapscott, Die Blockchain Revolution: Wie die Technologie hinter Bitcoin nicht nur das Finanzsystem, sondern die ganze Welt verändert, Plassen Verlag, 2016.
- 22 Osterwalder/Pigneur, Business model generation: A handbook for visionaries, game changers, and challengers, Wiley&Sons, New York, 2013.
- 23 Buchmann/Karagiannis, Enterprise Modeling for the Internet of Things: The ComVantage Method, in: Kim K. / Joukov N. (eds), Information Science and Applications (ICISA) 2016, Lecture Notes in Electrical Engineering, vol 376, Springer, Singapore, 2016.