1.
Ausgangsüberlegungen ^
Die Corona-Krise des Jahres 2020 hat alle Lebensbereiche erfasst. Davon bleibt auch die Justiz nicht unberührt. Der Rechtsstaat muss sich auch in außergewöhnlichen Zeiten behaupten. Dazu gehört in besonderer Weise das Strafrecht bzw. das gerichtliche Strafverfahren1, das im Mittelpunkt der folgenden Überlegungen steht.2
1.1.
Corona-Krise als Chance? ^
In der allgemeinen Diskussion in Corona-Zeiten wird immer wieder ein Aspekt betont: dass die Krise auch eine Chance darstellt. Dieser Gedanke ist auch in der Formulierung des Themas – jedenfalls als Fragestellung – mit enthalten. Zur Verdeutlichung der eigenen Ausgangsüberlegungen und insbesondere zur Präzisierung der Problemstellung sind zwei Aspekte hervorzuheben:
(1) Angesichts der teilweise dramatischen Auswirkungen der Krise – u.a. Todesfälle, Verlust von Arbeitsplätzen, Verlust von sozialen Kontakten – kann diese Krise, entgegen verbreiteter Darstellungen als „Chance“, nicht als wünschenswert eingestuft werden. Dies gilt auch für neue Rechtsprobleme wie das Problem der Triage. Dabei geht es u.a. um die Frage, nach welchen Kriterien die Zuteilung von Beatmungsgeräten erfolgen soll, wenn die Anzahl der bedürftigen Personen die Anzahl der verfügbaren Geräte übersteigt.3
(2) Die Corona-Zeit hat zudem im hier angesprochenen Bereich des Strafverfahrens Entwicklungen hervorgerufen, die unter rechtsstaatlichen Gesichtspunkten nicht unproblematisch sind. So ist durch Art. 3 des Gesetzes zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie in Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht vom 27.03.2020 (BGBl. I, 569 ff.) die Unterbrechungsfrist gemäß § 229 Strafprozessordnung (StPO) auf maximal 3 Monate und 10 Tage4 verlängert worden.5 Dies schwächt den für das Strafverfahren zentralen Unmittelbarkeitsgrundsatz und das Gebot der Beschleunigung und ist als reine Corona-Abwehrmaßnahme schnellstmöglich zu beenden.
Auch das Öffentlichkeitsprinzip wurde in Corona-Zeiten – jedenfalls faktisch – dadurch in Frage gestellt, dass angesichts der Ausgangsbeschränkungen eine Vielzahl von möglicherweise Interessierten die entsprechenden Gerichtsverhandlungen nicht besuchen konnte.6
Aus diesen Überlegungen wird deutlich, worum es im Folgenden geht und worum es nicht geht. Es geht nicht um strafprozessuale Normen als Teil eines Notfallverfahrens7. Es geht vielmehr um verfahrensrelevante Digitalisierungsstrategien, die bereits in Normalzeiten konzipiert und gesetzlich umgesetzt wurden, die aber bisher – oftmals mangels entsprechender technischer Ausstattung – weitestgehend „Zukunftsmusik“ geblieben sind. Dies gilt insbesondere für den Einsatz von Videotechnik mit Bild- und Tonübertragung, der im Mittelpunkt der folgenden Überlegungen steht.
1.2.
Videotechnik und die Besonderheiten des Strafverfahrensrechts ^
Die Analyse konzentriert sich auf das Strafverfahren. Damit ist die Ausgangsthese verbunden, dass das strafprozessuale Verfahrenskonzept Eigenheiten aufweist, die eine gesonderte Würdigung – etwa im Verhältnis zum Zivilprozess – nahelegen. Einige Aspekte dazu sollen kurz dargestellt werden.
(1) Im Strafverfahrensrecht fehlt formal eine Zentralnorm über die Verhandlung im Wege der Bild- und Tonübertragung, wie sie mit § 128a Zivilprozessordnung (ZPO) für den Zivilprozess konzipiert ist. Dies allein würde keine Sonderstellung der strafprozessualen Problematik begründen. Auffallend ist jedoch zunächst, dass anders als im Strafverfahren gemäß § 128a Abs. 3 Satz 1 ZPO die Bild- und Tonübertragung nicht aufgezeichnet wird.8 Wichtig ist zudem, dass § 128a ZPO im Zusammenhang mit den Grundsätzen des § 128 ZPO zu würdigen ist. Gemäß § 128 Abs. 1 ZPO verhandeln Parteien grundsätzlich vor dem erkennenden Gericht mündlich. Mit Zustimmung der Parteien kann das Gericht jedoch ausweislich § 128 Abs. 2 ZPO auch eine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, also im schriftlichen Verfahren, treffen.9 Das schriftliche Verfahren kann damit auch als normale Grundform des zivilprozessualen Verfahrens gewürdigt werden. In diesem Sinne ist eine Videoübertragung gemäß § 128a ZPO sogar ein „Mehr“ an Unmittelbarkeit und insbesondere Öffentlichkeit als ein rein schriftliches Verfahren. Das Strafverfahrensrecht ist dagegen durch den Öffentlichkeitsgrundsatz (§ 169 Abs. 1 Satz 1 Gerichtsverfassungsgesetz – GVG) und den Unmittelbarkeitsgrundsatz des § 250 StPO geprägt.10
(2) Insbesondere ist der Strafprozess typischerweise auf „Kampf um das Recht“ angelegt. Strafrechtliche Verurteilungen können schwerwiegende Folgen für das Leben eines Angeklagten haben bis hin zu ins Gewicht fallenden Freiheitsstrafen. Deshalb ist der Umgang mit Belastungszeugen im Strafprozess als eher robust einzustufen.
(3) Das Recht und die Kultur des Strafverfahrens weisen zudem unter einem weiteren Aspekt eine Besonderheit auf: Die prozessualen Möglichkeiten, die ein Angeklagter gerade bei schwerwiegenden Vorwürfen erhält (z. B. notwendige Verteidigung bei einer Hauptverhandlung vor dem Landgericht, § 140 StPO), sagen viel über die Qualität eines Staates insgesamt aus. Dies gilt insbesondere dann, wenn es sich um politisch motivierte Straftaten handelt. In diesem Sinne ist das Strafverfahrensrecht und die gelebte Praxis auch Seismograph für die Qualität der allgemeinen staatlichen Verfasstheit11.
(4) Auf diesem Hintergrund wird auch die große Bedeutung des Öffentlichkeitsgrundsatzes und der damit verbundenen Medienöffentlichkeit im Strafverfahren12 nachvollziehbar.
2.
Konkrete Anwendungsfelder der Videotechnik im Strafverfahren ^
Im Folgenden werden auf der Grundlage der zuvor dargelegten Besonderheiten des Strafverfahrensrechts vier strafprozessuale Bereiche skizziert, bei denen der Einsatz von Videotechnik eine zentrale Rolle spielt.13
(1) Einsatz von Videotechnik als vorbeugender Zeugenschutz
(2) Videoaufnahmen im Rahmen der ersten Vernehmung
(3) Videoaufnahmen beim Einsatz von Dolmetschern und Sachverständigen
(4) Videoaufnahmen bei Entscheidungen des Bundesgerichtshofs
Aus Gründen des Sachzusammenhangs wird dabei unter (4) auch die bloße Tonübertragung bei gerichtlichen Entscheidungen gemäß § 169 Abs. 2 Satz 1 GVG miterörtert. Sachgründe sprechen zudem dafür, die Tonübertragung als Mittel der Erweiterung der Medienöffentlichkeit gemäß § 169 Abs. 1 Satz 3 GVG jedenfalls kurz darzustellen.
2.1.
Einsatz von Videotechnik als vorbeugender Zeugenschutz ^
Es wurde bereits darauf hingewiesen, dass typischerweise im Strafverfahren mit Blick auf die Belastungszeugen ein gegenüber dem Zivilprozess besonders raues Prozessklima herrscht. Dem trägt die Regelung des § 247a Abs. 1 Satz 1 StPO Rechnung: Besteht die dringende Gefahr eines schwerwiegenden Nachteils für das Wohl des Zeugen, wenn er in Gegenwart der in der Hauptverhandlung Anwesenden vernommen wird, so kann das Gericht anordnen, dass der Zeuge sich während der Vernehmung an einem anderen Ort aufhält. Ausweislich § 247a Abs. 1 Satz 3 StPO wird die Aussage zeitgleich in Bild und Ton in das Sitzungszimmer übertragen. In diesem Zusammenhang zeigen sich deutliche inhaltliche Verbindungslinien zu § 58a StPO. Danach kann die Vernehmung eines Zeugen in Bild und Ton aufgenommen werden (§ 58a Abs. 1 Satz 1 StPO). Gemäß § 58a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 StPO soll sie aufgezeichnet und als richterliche Vernehmung erfolgen, wenn damit die schutzwürdigen Interessen von Personen unter 18 Jahren sowie von Personen, die als Kinder oder Jugendliche durch eine Katalogtat des § 255a Abs. 2 StPO verletzt worden sind, besser gewahrt werden können. Ausweislich § 58a Abs. 1 Satz 3 StPO muss die Vernehmung sogar aufgezeichnet werden, wenn damit die schutzwürdigen Interessen von Personen, die durch Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung (§§ 174 bis 184j Strafgesetzbuch – StGB) verletzt worden sind, besser gewahrt werden können.14 Der Zeuge muss der Bild-Ton-Aufzeichnung vor der Vernehmung jedoch zugestimmt haben.15 Dieses Konzept wird inhaltlich ergänzt durch § 255a StPO, der die Vorführung einer aufgezeichneten Zeugenvernehmung betrifft. Danach kann gemäß § 255a Abs. 2 StPO u. a. in Verfahren gegen die sexuelle Selbstbestimmung die Vernehmung eines Zeugen unter 18 Jahren durch die Vorführung der Bild-Ton-Aufzeichnung seiner früheren richterlichen Vernehmung ersetzt werden. Erforderlich ist dabei, dass der Angeklagte und sein Verteidiger Gelegenheit hatten, an dieser mitzuwirken (§ 255a Abs. 2 Satz 1 StPO).
2.2.
Videoaufnahmen im Rahmen der ersten Vernehmung ^
Mit diesem Gesichtspunkt wird die Regelung des § 136 Abs. 4 StPO angesprochen. Die durch Gesetz vom 17.08.2017 eingeführte und durch Gesetz vom 09.12.2019 geänderte Vorschrift betrifft die erste Vernehmung eines Beschuldigten.16 Danach kann unter Berücksichtigung des § 58a Abs. 2 StPO17 die Vernehmung des Beschuldigten in Bild und Ton aufgezeichnet werden. Gemäß § 136 Abs. 4 Satz 2 StPO ist sie aufzuzeichnen, wenn
- dem Verfahren ein vorsätzlich begangenes Tötungsdelikt zugrunde liegt und der Aufzeichnung weder die äußeren Umstände noch die besondere Dringlichkeit der Vernehmung entgegenstehen oder
- die schutzwürdigen Interessen von Beschuldigten, die erkennbar unter eingeschränkten geistigen Fähigkeiten oder einer schwerwiegenden seelischen Störung leiden, durch die Aufzeichnung besser gewahrt werden können.
Damit zeigt insbesondere die Tatbestandsstruktur des § 136 Abs. 4 Satz 2 Nr. 2 StPO, dass die Norm auch auf der Beschuldigtenebene besonders schutzbedürftigen Personen ein faires Verfahren garantieren will.18
2.3.
Videoaufnahmen beim Einsatz von Dolmetschern und Sachverständigen ^
Im Strafverfahren kann sich oft die Notwendigkeit ergeben, neben den klassischen Beteiligten wie dem Gericht, Staatsanwaltschaft, Zeugen auch weitere Personen prozessual einzubinden. Dies gilt insbesondere für Dolmetscher19 und Sachverständige20. Die Besonderheit besteht darin, dass der angesprochene Personenkreis mit Spezialkenntnissen oftmals nur in begrenzter Zahl zur Verfügung steht. Daher können z. B. bei der Terminierung und Wahrnehmung von Gerichtsterminen besondere organisatorische Probleme entstehen.
Gemäß § 185 Abs. 1a Satz 1 GVG kann das Gericht gestatten, dass sich der Dolmetscher während der Verhandlung, Anhörung oder Vernehmung an einem anderen Ort aufhält. Gemäß § 185 Abs. 1a Satz 2 GVG wird die Verhandlung, Anhörung oder Vernehmung zeitgleich in Bild und Ton an diesen Ort und in das Sitzungszimmer übertragen. Damit kann durch Einsatz von Videotechnik die persönliche Anwesenheit des Dolmetschers z. B. in der Hauptverhandlung ersetzt werden. In diesem Zusammenhang wird aber zu Recht betont, dass gerade in der Hauptverhandlung die direkte Kommunikation der Beteiligten oftmals notwendig sein wird. Daher ist davon auszugehen, dass insoweit von der Möglichkeit des § 185 Abs. 1a Satz 1 GVG nur zurückhaltend Gebrauch gemacht wird.21
Auch Sachverständige werden oftmals im Strafverfahren benötigt. Dies kann sich auf äußere Umstände beziehen (z. B. Gutachten bei einem Unfallschaden), aber auch auf Fragen der Schuldfähigkeit. Wichtig ist im vorliegenden Problemzusammenhang die Norm des § 247a Abs. 2 Satz 1 StPO. So muss der Sachverständige nicht zwingend persönlich in der Hauptverhandlung anwesend sein. Vielmehr kann seine Vernehmung durch den Einsatz von Videotechnik erfolgen. Die Aussage wird dann zeitgleich in Bild und Ton in das Sitzungszimmer übertragen.22 Unter dogmatischen Gesichtspunkten ist dabei die ergänzende Regelung des § 247a Abs. 2 Satz 2 StPO erwähnenswert. Danach gilt die Möglichkeit des Einsatzes von Videotechnik ausdrücklich nicht in den Fällen des § 246a StPO. Dieser betrifft die Vernehmung eines Sachverständigen vor Entscheidung über eine Unterbringung des Angeklagten in einem psychiatrischen Krankenhaus23 oder über die Anordnung einer Sicherungsverwahrung24. Damit wird deutlich, dass der Gesetzgeber in diesen Fällen die persönliche Anwesenheit des Sachverständigen in der Hauptverhandlung für notwendig hält. Damit kommt gleichzeitig aber auch zum Ausdruck, dass nach Auffassung des Gesetzgebers eine Videoübertragung nicht in allen Fällen denselben rechtsstaatlichen Wert hat wie eine unmittelbare Anwesenheit aller Beteiligten.
2.4.
Videoaufnahmen bei Entscheidungen des Bundesgerichtshofs ^
Inhaltlicher Ausgangspunkt der folgenden Analyse ist die Grundregelung des § 169 Abs. 1 Satz 1 und 2 GVG. Gemäß § 169 Abs. 1 Satz 1 GVG ist die Verhandlung vor dem erkennenden Gericht einschließlich der Verkündung der Urteile und Beschlüsse öffentlich.25 Ausweislich § 169 Abs. 1 Satz 2 GVG sind Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen zum Zwecke der öffentlichen Vorführung oder Veröffentlichung ihres Inhalts grundsätzlich unzulässig.26 Insoweit stellt bereits die Regelung des § 169 Abs. 2 Satz 1 GVG eine Ausnahme dar. Danach können Tonaufnahmen der Verhandlung einschließlich der Verkündung der Urteile und Beschlüsse zu wissenschaftlichen und historischen Zwecken von dem Gericht zugelassen werden, wenn es sich um ein Verfahren von herausragender zeitgeschichtlicher Bedeutung für die Bundesrepublik Deutschland handelt.27 Abweichend von der Regelung des § 169 Abs. 1 Satz 2 GVG kann aber ausweislich § 169 Abs. 3 GVG der BGH nunmehr28 für die Verkündung von Entscheidungen in besonderen Fällen Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen zum Zwecke der öffentlichen Vorführung oder der Veröffentlichung ihres Inhalts zulassen. Insoweit knüpft der Gesetzgeber an die Regelung des § 17a BVerfGG an, die bereits 1998 eingeführt wurde.29
2.5.
Erweiterung der Medienöffentlichkeit durch Tonübertragung in einen Medienraum ^
Im Rahmen der Besonderheiten des Strafverfahrensrechts wurde bereits betont, dass die Ausgestaltung des Strafverfahrensrechts viel über die rechtsstaatliche Qualität eines Staates aussagt. In diesem Zusammenhang wurde die große Bedeutung des Öffentlichkeitsprinzips und der damit verbundenen Medienöffentlichkeit hervorgehoben.30 Daher wird im Folgenden auch die Erweiterung der Medienöffentlichkeit gemäß § 169 Abs. 1 Satz 3 GVG mit angesprochen, obwohl es sich dabei nicht um den Einsatz von Videotechnik mit Bild- und Tonübertragung handelt. Vielmehr kann ausweislich der zuvor benannten Norm vom Gericht die Tonübertragung in einen Arbeitsraum für Medien (insbesondere Presse, Hörfunk, Fernsehen) zugelassen werden. Dadurch soll erkennbar die Arbeit der Medien unterstützt werden31, über die u. a. das Recht und die Korrektheit staatlichen Handelns in die Gesellschaft hinein vermittelt werden soll.32 Nur ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass die Medienarbeit auch ansonsten bei Gerichtsverfahren privilegiert ist. So gilt das Aufnahmeverbot gemäß § 169 Abs. 1 Satz 2 GVG nicht in einer Verhandlungspause und auch nicht für die Zeit vor und nach einer Verhandlung.33 Es ist anerkannt, dass z. B. grundsätzlich die Abbildung der Mitglieder des Gerichts, der Staatsanwaltschaft und der Verteidigung durch die Medien gestattet werden muss.
3.
Einsatz von Videotechnik im Strafverfahren und Fragen des Datenschutzes ^
Der Einsatz von Videotechnik im Strafverfahren ist eine weitere Komponente im Rahmen der Digitalisierung auch des Strafverfahrens. Mit Gesetz vom 05.07.2017 wurde zum 01.01.201834 die elektronische Akte für das Strafverfahren eingeführt. Ab 01.01.2026 ist bei neu angelegten Strafakten die elektronische Aktenführung obligatorisch. Elektronische Aktenführung und allgemeine Digitalisierung des Verfahrens sind jedenfalls nach deutschem Recht aufs Engste miteinander verbunden. Die Digitalisierung der Justiz führt daher typischerweise zu neuen Fragen der IT-Sicherheit und insbesondere des Datenschutzes35, der hier im Vordergrund stehen soll. Dies gilt sogar in besonderer Weise für das Strafverfahren, bei dem oftmals höchst sensible personenbezogene Daten eine besondere Rolle spielen. Im Folgenden werden daher Aspekte des Datenschutzes im Strafverfahren unter besonderer Berücksichtigung der Videotechnik angesprochen. Angesichts der noch darzustellenden Komplexität des Themas beschränken sich die Ausführungen auf einige als zentral einzustufende Gesichtspunkte.
3.1.
Anmerkungen zu den normativen Grundlagen des Datenschutzes im Strafverfahren ^
Nach dem hier zugrunde gelegten Ansatz36 wird der Datenschutz durch den Bezug zum Recht auf informationelle Selbstbestimmung geprägt. Bei Fragen des Datenschutzes müssen insbesondere die europäischen Vorgaben mitberücksichtigt werden. Damit rückt zunächst die Europäische Datenschutz-Grundverordnung37 ins Blickfeld. Ausweislich Art. 2 Abs. 2 lit. d DSGVO findet die DSGVO jedoch keine Anwendung auf die Verarbeitung personenbezogener Daten durch die zuständigen Behörden zum Zwecke der Verhütung, Ermittlung, Aufdeckung oder Verfolgung von Straftaten oder der Strafvollstreckung, einschließlich des Schutzes vor und der Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit. Für die Polizei und Justiz gilt vielmehr in Strafsachen in der EU die Richtlinie 2016/680.38 Dabei wird im dritten Teil des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) in den §§ 45–84 BDSG die JI-RL umgesetzt.39 Bei näherer Analyse zeigen sich jedoch teilweise hochkomplexe und damit auch unklare Verweisungsketten. So bestimmt § 1 Abs. 2 Satz 1 BDSG den grundsätzlichen Vorrang von anderen Rechtsvorschriften des Bundes über den Datenschutz. Regeln diese aber einen Sachverhalt nicht oder nicht abschließend, ist wiederum das BDSG anwendbar (§ 1 Abs. 2 Satz 2 BDSG). Für öffentliche Stellen der Länder gilt das BDSG ausweislich § 1 Abs. 1 Nr. 2 lit. a zudem nur, soweit der Datenschutz nicht durch Landesgesetz geregelt ist. Das BDSG ist auf dieser Ebene daher nur subsidiär40 anwendbar.
Die hier im Vordergrund der Analyse stehende StPO enthält im 8. Buch ein eigenes Kapitel über Schutz und Verwendung von Daten.41 Diese strafprozessualen datenschutzrechtlichen Regelungen gehen dem Datenschutzrecht des Bundes und der Länder als lex specialis vor, aber nur, soweit sie abschließend sind.42
So bestimmt § 496 Abs. 1 StPO, dass die Verarbeitung personenbezogener Daten in einer elektronischen Akte zulässig ist, soweit dies für die Zwecke des Strafverfahrens erforderlich ist. Ausweislich § 496 Abs. 2 Nr. 1 StPO sind dabei „die organisatorischen und technischen Maßnahmen zu treffen, die erforderlich sind, um den besonderen Anforderungen des Datenschutzes und der Datensicherheit gerecht zu werden“. Inhaltlich ergänzt werden die Regelungen insbesondere durch § 32 StPO bzw. § 32f StPO, die Fragen der elektronischen Aktenführung betreffen. Gemäß § 32 Abs. 2 StPO bestimmen die Bundes- und Landesregierungen jeweils für ihren Bereich u. a. die technischen Rahmenbedingungen einschließlich der einzuhaltenden Anforderungen des Datenschutzes, der Datensicherheit und der Barrierefreiheit. § 32f Abs. 4 und 5 StPO enthalten ausdrückliche Regelungen zu Fragen des Datenschutzes bei der Gewährung von Akteneinsicht.43 So ist ausweislich § 32f Abs. 4 Satz 1 StPO durch technische und organisatorische Maßnahmen zu gewährleisten, dass Dritte im Rahmen der Akteneinsicht keine Kenntnis vom Akteninhalt nehmen können. Für die Akteneinsicht hat zudem die Bundesregierung mit der Strafakteneinsichtsverordnung vom 24.02.2020 von ihrer Ermächtigungsbefugnis gemäß § 32f Abs. 6 StPO Gebrauch gemacht.44 Angesichts der zuvor skizzierten Verweisungsketten muss die abschließende Norm der StPO als wenig hilfreich eingestuft werden. Denn ausweislich § 500 Abs. 1 StPO ist Teil 3 des BDSG entsprechend anzuwenden, soweit öffentliche Stellen der Länder im Anwendungsbereich dieses Gesetzes personenbezogene Daten verarbeiten. Gemäß § 500 Abs. 2 Nr. 1 StPO gilt dies aber nur, soweit in diesem Gesetz – also der StPO – nichts anderes bestimmt ist. Diese Regelung will sicherstellen, dass für das Strafverfahren eine bundesweit einheitliche Rechtslage gewährleistet wird.45 Ob dies gelungen ist, muss bezweifelt werden. Denn diese Regelung setzt jedenfalls im Kernbereich ein klares Verhältnis zwischen den Normen der StPO und des allgemeinen Datenschutzes voraus. Davon kann im Ergebnis jedoch zurzeit nicht ausgegangen werden. Zudem fehlt – etwa im Bereich der Einwilligung – eine vollständige Anpassung der StPO an die europäischen Vorgaben.46
3.2.
Strafprozessuale Probleme bei Videokonferenzen ^
Im Rahmen der COVID-19-Pandemie wurden sowohl für den Einsatz in Unternehmen47 als auch für den Einsatz im Zivilprozess gemäß § 128a ZPO datenschutzrechtliche Fragen verstärkt erörtert.48 Dies betraf u.a. auch die datenschutzrechtlichen Anforderungen an die IT-Sicherheit der Systeme. Dabei wurde neben den allgemeinen Voraussetzungen an die IT-Sicherheit insbesondere die Frage diskutiert, ob sich aus dem Datenschutzrecht die Notwendigkeit einer Ende-zu-Ende-Verschlüsselung bei Videokonferenzsystemen ergibt. Nach Ansicht einiger Datenschutzaufsichtsbehörden soll dies im Falle der Verarbeitung besonders sensibler Daten – wie etwa nach Art. 9 DSGVO – „in der Regel zwingend erforderlich“ sein.49
Im Strafprozess können beim Einsatz von Videotechnik zudem weitere Fragestellungen wichtig werden. Bereits aus Effizienzgründen müssen Videokonferenzsysteme hohen Anforderungen an die Qualität der Ton- und Bildverbindung genügen. Gerade beim Einsatz in der Justiz ist die Zuverlässigkeit des Systems ein unverzichtbarer Faktor. Denn bei Ausfall oder Verbindungsstörungen werden sich oft auch verfahrensrechtliche Fragen stellen. So darf z. B. gemäß § 121 Abs. 1 StPO die Fortdauer der Untersuchungshaft über 6 Monate hinaus nur aufrechterhalten werden, wenn besondere Schwierigkeiten dies rechtfertigen. Der in U-Haft einsitzende Beschuldigte hat Anspruch auf eine beschleunigte Entscheidung.50 Dies ergibt sich aus Art. 5 Abs. 3 Satz 1 EMRK bzw. aus dem aus Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG abgeleiteten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.51 Ein Blick auf die Marktsituation zeigt allerdings, dass Systeme, die solchen Anforderungen genügen können, primär von kommerziellen Anbietern aus Staaten außerhalb des EU/EWR-Raumes stammen. In der Regel haben diese Anbieter ihren Sitz in den USA, so etwa Zoom. Es muss daher geprüft werden, wo genau die Datenverarbeitung durchgeführt wird und welche Zugriffsmöglichkeiten durch US-Behörden bestehen.52 Eine Alternative zur Übermittlung in Drittstaaten könnten Open-Source-Softwarelösungen wie BigBlueButton darstellen. Diese können von der Justiz selbst betrieben werden. Dies setzt jedoch auch entsprechende Personalressourcen und eine geeignete Infrastruktur voraus. Daher liegt es nahe, dass auch weiterhin kommerzielle Anbieter eingesetzt werden. Hierfür müssen dann die Voraussetzungen der §§ 78–81 BDSG erfüllt sein. Eine Übermittlung an eine solche private Stelle ist nur in § 81 BDSG vorgesehen. Dieser Norm wird jedoch ein deutlicher Ausnahmecharakter zugeschrieben.53 Abhängig von den entsprechenden Regelungen der Landesdatenschutzgesetze (LDSG) würde dies dazu führen, dass in zahlreichen Bundesländern ein Einsatz von Auftragsverarbeitern in Drittländern untersagt wäre.54 In der Literatur wird deshalb diskutiert, inwiefern dies mit der JI-RL übereinstimmt. Teilweise wird eine richtlinienkonforme Auslegung vertreten, die die Anwendbarkeit des 3. Teils des BDSG – sowie der LDSG – außerhalb der Ermittlungszusammenarbeit zuständiger Behörden verneint.55 Diese Ansicht kommt sodann zu einer Anwendbarkeit der DSGVO (Art. 44–50 DSGVO). Selbst wenn diese Ansicht zu befürworten wäre, ist jedoch zweifelhaft, inwieweit die Anwendbarkeit der DSGVO einen rechtssicheren Einsatz von Videokonferenzsystemen kommerzieller Anbieter aus Drittstaaten aktuell ermöglichen kann. Im Kontext des „Schrems II“-Urteils56 werden für Übermittlungen in die USA neben den Standardvertragsklauseln zwar auch eine Rechtfertigung nach Art. 49 DSGVO diskutiert. Beide Rechtsgrundlagen sind allerdings in der Literatur umstritten und werden u.a. von den Datenschutzaufsichtsbehörden in Bezug auf regelmäßige Datentransfers in die USA als kritisch angesehen.57 Dies führt zu dem Ergebnis: Die Rechtslage im Datenschutzrecht ist unklar, soweit es um den Einsatz von Videotechnik im Strafverfahren geht.
4.
Videotechnik als Zukunftsmodell im Strafverfahren? ^
Die bisherigen Überlegungen sollten zeigen, dass der Einsatz von Videotechnik im Strafverfahren nicht nur eine prozessuale Notwehrmaßnahme in Zeiten der Pandemie darstellt. In mehreren strafprozessualen Bereichen wurden bereits frühzeitig die gesetzlichen Voraussetzungen für den vermehrten Einsatz von Videotechnik geschaffen. Auch auf wissenschaftlicher Ebene wird seit langem – gerade auch unter rechtsstaatlichen Gesichtspunkten – der verstärkte Einsatz von Videotechnik im Strafverfahren diskutiert.58 Die digitale Entwicklungshilfe in Corona-Zeiten konzentriert sich auf einen zentralen Aspekt: Die Corona-Pandemie hat faktisch dazu geführt, dass die Videotechnik als naheliegende Alternative zur Präsenzverhandlung59 deutschlandweit verstärkt eingesetzt wurde. In diesem Zusammenhang wurden die dafür notwendigen technischen Systeme angeschafft.60 Diese stehen somit auch in Zukunft zur Verfügung. Teilweise wird bereits jetzt auf politischer Ebene eine Ausweitung der audiovisuellen Dokumentation angestrebt. So fordern Grüne und FDP u. a. für den Beginn des Jahres 2021 eine Tonaufnahme für alle erstinstanzlichen Hauptverhandlungen in Strafverfahren vor den Land- oder Oberlandesgerichten.61 Ab 2023 soll diese dann durch eine Videodokumentation ersetzt werden. Abgelöst werden soll dadurch die bisherige Praxis. In Deutschland wird nicht protokolliert, was z. B. vom Angeklagten genau in der Hauptverhandlung gesagt wurde. Die Richter verlassen sich ganz überwiegend62 auf ihre eigenen Mitschriften. Dies wird teilweise auch unter rechtsstaatlichen Gesichtspunkten insbesondere von Strafverteidigern kritisiert.63 Videokonferenzen bieten sich zudem als Einsatzmöglichkeit bei grenzüberschreitenden Gerichtsverfahren an.64
Bei Einhaltung bestimmter inhaltlicher Vorgaben verstößt der Einsatz von Videotechnik im Strafverfahren auch nicht gegen übergeordnetes europäisches Recht. So ist ausweislich der Entscheidung der Großen Kammer des EGMR vom 02.11.201065 die Teilnahme am Verfahren mittels Videokonferenz nicht unvereinbar mit Art. 6 EMRK, sofern der Beschwerdeführer der Verhandlung folgen, ohne technische Hindernisse gehört werden kann und eine effektive und vertrauliche Verständigung mit seinem Anwalt sichergestellt ist.
Teilweise werden in der rechtspolitischen Diskussion auch Entwicklungen diskutiert, die unter Systemgesichtspunkten als problematisch eingestuft werden müssen. So wird z.B. die Frage erörtert, ob bzw. inwieweit durch digitale Medien gerichtliche Verfahren einem größeren Publikum zugänglich gemacht werden können.66 Dieses Konzept bis hin zu einem „Court-TV“ könnte sogar im Trend der Zeit liegen. So wird auch in Deutschland bereits jetzt darüber diskutiert, ob im Rahmen der allgemeinen Digitalisierung eine Quasi-Live-Berichterstattung aus dem Gerichtssaal via Twitter der Vorschrift des § 169 Abs. 1 Satz 2 GVG entspricht.67 Hält man dies für inhaltlich erstrebenswert, ist der Weg zum hier diskutierten Einsatz von Videotechnik auch nicht mehr weit. So hat z. B. die BGH-Präsidentin Limperg in einem Interview von 29.04.2017 die Befürchtung geäußert, dass auf politischer Ebene die allgemeine Saalöffentlichkeit in Zukunft mit der Medienöffentlichkeit gleichgesetzt werden soll.68
5.
Zusammenfassung und Ausblick ^
Die Ausführungen sollten verdeutlichen, dass der Einsatz von Videotechnik seit längerer Zeit zum festen Bestandteil des Strafverfahrens gehört und in den letzten Jahren noch weiter gefördert wurde. Derartige Digitalisierungsstrategien sind aufs Engste mit Fragen des Datenschutzes verbunden. Insoweit hat bereits eine kurze Übersicht gezeigt, dass es bisher an einem inhaltlich abgestimmten Gesamtkonzept von europäischen Vorgaben, StPO und BDSG fehlt. Weitere Probleme speziell auf der Richterebene werden in diesem Zusammenhang bereits sichtbar. Dies gilt nicht nur für die Frage, ob bzw. wie beim gerichtlichen Einsatz von Videoaufzeichnungen die unionsrechtlichen Datenschutzstandards eingehalten werden können. Richter sind – jedenfalls außerhalb der Sitzungstage – auch „geborene Heimarbeiter“. Daher muss die Frage beantwortet werden, wie bei einer Heimarbeit die notwendigen Standards des Datenschutzes gewährleistet werden können. Dies ist zwar auch ein allgemeines Problem beim Arbeiten im Homeoffice. Bei Richtern muss jedoch zusätzlich die Garantie des Art. 97 GG69 berücksichtigt werden.
Im Rahmen der allgemeinen Digitalisierung innerhalb der Justiz kann nicht überraschen, dass auch weitere Anwendungsfelder der Videotechnik im Strafverfahren bis hin zu einer verstärkten Gerichtsöffentlichkeit70 erörtert werden. Zentraler Maßstab sollte dabei sein, ob durch den Einsatz von Videotechnik anerkannte Grundsätze des Strafverfahrens71 umgesetzt werden können. Zwar gilt der allgemeine Gedanke: Transparenz schafft Vertrauen.72 Strafprozessuale Gerichtsverhandlungen sollten jedoch nicht normaler Bestandteil der allgemeinen Unterhaltungsindustrie werden. Dies gilt schon deshalb, weil die zentralen Hauptdarsteller – die Beschuldigten – typischerweise nicht freiwillig diese Rolle übernommen haben.
- 1 Vgl. zur Sicherung des Rechtsfriedens durch Strafrecht als bedeutsame Staatsaufgabe Kulhanek, Saalöffentlichkeit unter dem Infektionsschutzgesetz, NJW 2020, 1183 ff.
- 2 Ausgangspunkt der Überlegungen ist das bundesdeutsche Recht.
- 3 Vgl. dazu näher Engländer/Zimmermann, „Rettungstötungen“ in der Corona-Krise? Die Covid-19-Pandemie und die Zuteilung von Ressourcen in der Notfall- und Intensivmedizin, NJW 2020, 1398 ff.
- 4 Die normale Unterbrechung beträgt bisher gemäß § 229 Abs. 1 StPO drei Wochen.
- 5 Vgl. Fromm, Über die Auswirkungen der COVID-19-Pandemie auf Straf- und Bußgeldsachen, DAR 2020, 251 ff.
- 6 Zu den daraus folgenden Grundsatzproblemen Kulhanek (Fn. 1 in vorliegendem Dokument), NJW 2020, 1183 ff.
- 7 Vgl. dazu allgemein Papier, Freiheitsrechte in Zeiten der Pandemie, DRiZ 2020, 180 ff.
- 8 Die zivilprozessuale Diskussion, ob diese Regelung zwingend ist (so z. B. Prütting, in: Prütting/Gehrlein, ZPO, Kommentar, 12. Aufl. 2020, § 128a, Rn. 8) oder nicht (so Seiler, in: Thomas/Putzo, ZPO, Kommentar, 41. Aufl. 2020, § 128a, Rn. 8), muss im vorliegenden Zusammenhang nicht vertieft werden.
- 9 Ausdruck davon ist auch, dass die Parteien sogar grundsätzlich nach § 128 Abs. 2 Satz 1 ZPO an ihre Zustimmung zum schriftlichen Verfahren gebunden sind.
- 10 Vgl. dazu näher Schmitt, in: Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 63. Auflage 2020, § 169 GVG, Rn. 1, 3 und § 250 StPO, Rn. 1 ff. – im Folgenden zitiert als Meyer-Goßner/Schmitt.
- 11 Vgl. dazu Roxin/Schünemann, Strafverfahrensrecht, 29. Auflage 2017, S. 9.
- 12 Vgl. dazu Schmitt, in: Meyer-Goßner/Schmitt, § 169 GVG, Rn. 1, 3.
- 13 Vgl. zu Bild- und Tonaufnahmen von Gerichtsverfahren im digitalen Zeitalter auch den gleichnamigen Beitrag von Magnus, in: Digitalisierung der gerichtlichen Verfahren und das Prozessrecht, Schriften zum Prozessrecht, Band 246, hrsg. von Buschmann u. a., 2018, S. 205 ff.
- 14 Eingeführt durch das Gesetz zur Modernisierung des Strafverfahrens vom 10.12.2019 (BGBl. I, 2121).
- 15 Bei kindlichen Opfern ist dabei die Entscheidung des gesetzlichen Vertreters erforderlich, vgl. Schmitt, in: Meyer-Goßner/Schmitt, § 58a StPO, Rn. 8g.
- 16 Zu den Einzelheiten näher Schmitt, in: Meyer-Goßner/Schmitt, § 136 StPO, Rn. 19a–h.
- 17 Vgl. dazu § 136 Abs. 4 Satz 3 StPO. Dadurch wird die Verwendung der Videoaufzeichnung auf Zwecke der Strafverfolgung beschränkt (§ 58a Abs. 2 Satz 1 StPO).
- 18 Vgl. dazu Schmitt, in: Meyer-Goßner/Schmitt, § 136 StPO, Rn. 19e.
- 19 Vgl. dazu näher Schmitt, in: Meyer-Goßner/Schmitt, § 185 GVG, Rn. 4.
- 20 Für Sachverständige gelten gemäß § 72 StPO grundsätzlich die Vorschriften über Zeugen entsprechend.
- 21 Vgl. dazu Schmitt, in Meyer-Goßner/Schmitt, § 185 GVG, Rn. 8a.
- 22 Dazu näher Schmitt, in Meyer-Goßner/Schmitt, § 247a StPO, Rn. 15 ff.
- 23 Vgl. § 63 StGB.
- 24 Vgl. § 66 StGB.
- 25 Dies gilt jedoch z. B. nicht für das Jugendstrafrecht gemäß § 1 Abs. 2 iVm § 48 Abs. 1, 2 JGG.
- 26 Diese Vorschrift ist gemäß der ausführlich begründeten Entscheidung BVerfGE 103, 44 ff. verfassungsgemäß. Die Entscheidung enthält eine Fülle von immer noch aktuellen Gesichtspunkten zu Fragen einer Ton- und Filmaufnahme bei gerichtlichen Strafverfahren.
- 27 Die Aufnahmen dürfen nicht zu den Akten genommen oder in anderen Verfahren genutzt werden. Sie müssen den zuständigen Archiven angeboten werden (§ 169 Abs. 2 Satz 3 und 4 GVG).
- 28 Die Regelung wurde eingeführt durch Gesetz zur Erweiterung der Medienöffentlichkeit in Gerichtsverfahren vom 08.10. 2017 (BGBl. I, 3540); vgl. allgemein zu Fragen der Medienöffentlichkeit im Gericht auch Hoeren, Medienöffentlichkeit im Gericht – Die Änderungen des GVG, NJW 2017, 3339 ff.
- 29 Vgl. dazu Magnus (Fn. 13), Schriften zum Prozessrecht, Band 246, 2018, S. 214
- 30 Vgl. Abschnitt 1.2 (4) dieses Beitrags.
- 31 Dies ergibt sich auch bereits aus dem Titel des Gesetzes vom 08.10.2017: „Gesetz über die Erweiterung der Medienöffentlichkeit in Gerichtsverfahren“, mit dem § 169 Abs. 1 Satz 3–5 GVG eingeführt wurde.
- 32 Vgl. zu dem damit verbundenen allgemeinen Gedanken der sog. positiven Generalprävention auch Kulhanek (vgl. Fn. 1), NJW 2020, 1186.
- 33 Vgl. dazu Schmitt, in: Meyer-Goßner/Schmitt, § 169 GVG, Rn. 8a bzw. BVerfG NJW 2014, 3013.
- 34 Vgl. dazu die Nachweise bei Schmitt/Köhler, in: Meyer-Goßner/Schmitt, § 32 StPO, Rn. 1 ff.
- 35 Zu vergleichbaren Fragen im Zivilprozess näher Vogelgesang, Diss. jur., Der elektronische Rechtsverkehr, die elektronische Akte und das Zivilverfahrensrecht – Probleme und Chancen, Saarbrücker Schriften zu Recht und Praxis, hrsg. von Herberger u. a., 2020, S. 201 ff.
- 36 Vgl. zu diesem Ansatz auch Vogelgesang, Diss. jur. (Fn. 35), S. 202.
- 37 Im Folgenden als DSGVO abgekürzt.
- 38 Hier als JI-RL zitiert – dabei sollen ausweislich Erwägungsgrund 80 JI-RL auch Gerichte unter den Behördenbegriff fallen, vgl. dazu Schwichtenberg, in: Kühling/Buchner, BDSG, 3. Auflage 2020, § 46, Rn. 3.
- 39 Vgl. zum Verhältnis JI-RL und Systematik des BDSG näher Seidel, Dürfen Ordnungsbehörden keine Cloud-Lösungen mit Drittlandsbezug nutzen?, ZD 2020, 455 ff.
- 40 So ausdrücklich auch Seidel (Fn. 39), ZD 2020, 455.
- 41 Dies betrifft §§ 474 ff. StPO – dabei geht es um Auskunft und Akteneinsicht für Justizbehörden und andere öffentliche Stellen.
- 42 Vgl. dazu näher Köhler, in: Meyer-Goßner/Schmitt, Vorb. Rn. 3 zum 8. Buch der StPO.
- 43 Vgl. dazu näher Köhler, in: Meyer-Goßner/Schmitt, § 32f StPO, Rn. 13a ff.
- 44 Vgl. dazu Köhler, in: Meyer-Goßner/Schmitt, § 32f StPO, Rn. 19.
- 45 Vgl. dazu BT-Drs. 19/4671, S. 71; vgl. dazu auch Köhler; in: Meyer-Goßner/Schmitt, § 500 StPO, Rn. 1.
- 46 Dazu näher Schwichtenberg, Das neue BDSG und die StPO: zwei, die bislang noch nicht zusammengefunden haben, NK 2020, 91 ff.
- 47 Vgl. etwa John/Wellmann, Datenschutzrechtliche Fragestellungen bei der Einrichtung und Verwendung von Videokonferenztools, DuD 2020, 606 ff.
- 48 Vgl. etwa Freye/Schnebbe, Digitale Gerichtsverhandlung. Datenschutzrechtliche Analyse einer Verhandlung nach § 128a ZPO, ZD 2020, 502 ff.
- 49 Vgl. etwa der „Leitfaden zur Beurteilung von Angeboten“ des BfDI: https://www.bfdi.bund.de/DE/Datenschutz/Datenschutz-Corona/Kommunikation/Inhalt/Beurteilung_Angebote_Messenger.html?nn=13881424; weitergehende allgemeine Hinweise finden sich im „Kompendium Videokonferenzsysteme“ des BSI: https://www.bsi.bund.de/SharedDocs/Downloads/DE/BSI/Cyber-Sicherheit/Themen/Kompendium-Videokonferenzsysteme.pdf?__blob=publicationFile&v=4, beide zuletzt abgerufen am 28.10.2020, Version 1.0.1.
- 50 Zu Fragen des Beschleunigungsgrundsatzes Arnoldi, Hauptverhandlungen in Zeiten von Sars-CoV-2/COVID-19, NStZ 2020, 313 ff.
- 51 Vgl. dazu Schmitt, in: Meyer-Goßner/Schmitt, Art. 5 EMRK, Rn. 10.
- 52 Vgl. dazu ausführlich Botta, Zwischen Rechtsvereinheitlichung und Verantwortungsdiffusion: Die Prüfung grenzüberschreitender Datenübermittlungen nach „Schrems II“, CR 2020, 505 ff.
- 53 So etwa Seidel (Fn. 39), ZD 2020, 456.
- 54 Siehe hierzu etwa die Darstellung bei Seidel (Fn. 39), ZD 2020, 455 ff.
- 55 So ausdrücklich Seidel (Fn. 39), ZD 2020, 456/457.
- 56 EuGH, Urt. v. 16.07.2020 – C-311/18, NJW 2020, 2613 ff.
- 57 Für die Literatur vgl. etwa Golland, Datenschutzrechtliche Anforderungen an internationale Datentransfers, NJW 2020, 2593 ff., für die Aufsichtsbehörden vgl. etwa: DSK-Pressemitteilung vom 28.08.2020, https://www.datenschutzkonferenz-online.de/media/pm/20200616_pm_schrems2.pdf, sowie die EDPB Guidelines zur Auslegung von Art. 49 DSGVO, https://edpb.europa.eu/sites/edpb/files/files/file1/edpb_guidelines_2_2018_derogations_en.pdf, beide zuletzt abgerufen am 28.10.2020.
- 58 Vgl. dazu die Nachweise bei Leitner, Videotechnik im Strafverfahren, Schriftenreihe Deutsche Strafverteidiger e.V., Band 35, 2012; vgl. auch bereits Swoboda, Videotechnik im Strafverfahren, Strafrechtliche Abhandlungen, Neue Folge, Band 149, 2002, u. a. mit Hinweisen auf die damalige Diskussion in Österreich (S. 112 ff.) bzw. in der Schweiz (S. 119 ff.).
- 59 Vgl. dazu z. B. Mantz/Spoenle, Corona-Pandemie: Die Verhandlung per Videokonferenz nach § 128a ZPO als Alternative zur Präsenzverhandlung, MMR 2020, 637 ff.
- 60 https://rechtsanwalt-krau.de/aktuellesrakrau/bayern-plant-mehr-videoverhandlungen-in-gerichtsverfahren/, zuletzt abgerufen am 28.10.2020.
- 61 Vgl. dazu und zum Folgenden den Beitrag von Kaufmann, Deutschland im EU-Vergleich trauriges Schlusslicht, https://www.lto.de/recht/justiz/j/gruene-fdp-strafverfahren-modernisieren-dokumentation-der-hauptverhandlung/, zuletzt abgerufen am 28.10.2020.
- 62 Anders z. B. der ehemalige Vorsitzende Richter am OLG Düsseldorf Breidling bei umfangreichen Strafverfahren (vgl. dazu Fn. 61).
- 63 „Deutschland hat ein Rechtsstaatsdefizit“, so die Strafverteidigerin Dr. von Galen (vgl. Fn. 61).
- 64 Vgl. dazu bereits die Broschüre „Videokonferenzen als Bestandteil der europäischen E-Justiz“, 2009, hrsg. vom Generalsekretariat des Rates der Europäischen Union.
- 65 Fall Sakhnovskiy/Russland; vgl. dazu näher Schöpfer, Teilnahme an der Verhandlung mittels Videokonferenz, NLMR 2010, 341 ff.; Bezug genommen wurde dabei auch auf den Fall Marcello Viola/Italien vom 05.10.2006.
- 66 Vgl. dazu für das schweizerische Recht näher Schindler, Justizöffentlichkeit im digitalen Zeitalter, in: Recht im digitalen Zeitalter, Festgabe Schweizerischer Juristentag 2015 in St. Gallen, hrsg. von Gschwend u. a., S. 741 ff., insbesondere S. 750.
- 67 Vgl. dazu näher Magnus (Fn. 13), in: Digitalisierung der gerichtlichen Verfahren und das Prozessrecht, 2018, S. 216/217.
- 68 https://www.lto.de/recht/hintergruende/h/bgh-praesidentin-interview-kameras-gericht-justiz-oeffentlichkeit-medien-persoenlichkeitsrechte-limperg, zuletzt abgerufen am 28.10.2020.
- 69 Dieser betrifft die richterliche Unabhängigkeit; vgl. zum allgemeinen Spannungsverhältnis zwischen richterlicher Unabhängigkeit und Fragen des Datenschutzes Radke, Datenhaltung und Datenadministration der Justiz und richterliche Unabhängigkeit, jM 2016, 8 ff. bzw. Vogelgesang, Diss. jur., (Fn. 35), S. 226 ff.
- 70 Stichwort „Court-TV“.
- 71 Z. B. vorbeugender Zeugenschutz.
- 72 So im Ansatz zu Recht Leitner, Videotechnik im Strafverfahren (Fn. 58), S. 148.