Jusletter IT

Legal Tech im Arbeitsrecht

Inwiefern kann Legal Tech zu einem verbesserten Zugang zu Arbeitsrecht und folglich zu verstärktem Arbeitnehmerschutz eingesetzt werden?

  • Author: Lina Eisenhut
  • Category of articles: Next Generation
  • Region: Switzerland
  • Field of law: LegalTech, Labour Law, Legal Informatics
  • DOI: 10.38023/b04afc77-a3f2-4ced-8295-ac770fd760e3
  • Citation: Lina Eisenhut, Legal Tech im Arbeitsrecht, in: Jusletter IT 30. September 2021
In the area of legal tech for private individuals, this paper examines the extent to which the combination of technology and law can lead to improved information possibilities regarding labor law and therefore increase employee protection. Specific examples show how employees can more easily find out about their employment rights by communicating with chatbots and how they can better defend themselves against violations with the help of document automation. On the one hand, suggestions for Switzerland are given, where the use of legal tech would lead in particular to an improvement in user-friendliness, and on the other hand, possible uses abroad are shown, where this could enable access to justice in general and lead to significant social and economic consequences in the long term.

Inhaltsverzeichnis

  • 1. Einführung
  • 2. Legal Tech
  • 2.1. Definition
  • 2.2. Anwendungsbereich Chatbot und Dokumentenautomatisierung
  • 3. Informationsmöglichkeiten im Arbeitsrecht
  • 3.1. Informationsmöglichkeiten der Arbeitnehmenden in der Schweiz
  • 3.2. Informationsmöglichkeiten ausserhalb der Schweiz
  • 4. Legal Tech im Arbeitsrecht
  • 4.1. Konkrete Anwendungsmöglichkeiten in der Schweiz
  • 4.1.1. Mögliche Schwierigkeiten
  • 4.2. Konkrete Anwendungsmöglichkeiten im Ausland
  • 4.2.1. Mögliche Schwierigkeiten
  • 5. Fazit

1.

Einführung ^

«It should never be a hassle to engage in a legal process, and it should never be a question of who can afford to pay.»1 Joshua Browder

[1]

Mit diesem Zitat wird eine zentrale Problematik in der heutigen Justiz aufgezeigt. Die Aufnahme eines rechtlichen Prozesses ist oftmals zeit- und ressourcenintensiv und mit grossem Aufwand verbunden. Hinzu kommt, dass ein Grossteil der Bevölkerung sich die für einen solchen Prozess notwendige professionelle rechtliche Beratung finanziell nicht leisten kann und ihm somit der Rechtsweg verwehrt bleibt. Eine mögliche Lösung für dieses Problem findet sich in Legal Tech. Die Abkürzung für Legal Technology ist heute in aller Munde.2 Der Wandel wird von drei wesentlichen Trends forciert: Zum einen von der «more for less» Challenge, welche das Phänomen von höheren Erwartungen der Kunden an die rechtliche Beratung für geringere Kosten beschreibt.3 Die weiteren Treiber sind die Liberalisierung des Rechtsberufs sowie die Technologisierung des Rechtsmarktes.4 Legal Tech vereinfacht oder ermöglicht sogar grundsätzlich den Zugang zu Recht.5

[2]

In dieser Arbeit wird der Fokus auf das Arbeitsrecht gelegt. Auf dem Gebiet Legal Tech für Privatpersonen soll erforscht werde, inwiefern es zu einem verbesserten Zugang zu Arbeitsrecht und folglich zu verstärktem Arbeitnehmerschutz eingesetzt werden kann. Anhand einer Literaturrecherche wird in einem ersten Schritt der Begriff Legal Tech kurz näher erläutert und zwei Anwendungsbereiche ebendieses vorgestellt. Das nächste Kapitel widmet sich der Informationsmöglichkeiten zu den Arbeitnehmerschutzbestimmungen in der Schweiz sowie im Ausland. Darauffolgend werden die Thematiken kombiniert, um zu erfahren, was mögliche Anwendungsmöglichkeiten von Legal Tech sind.

2.

Legal Tech ^

2.1.

Definition ^

[3]

Legal Tech bezeichnet die Verbindung von Technologie und Recht im Arbeitsalltag.6 Die konservative und traditionelle Rechtsbranche erlangt dank der Implementierung technischer Innovationen und Möglichkeiten einen modernen Charakter. Es wird in die anwaltliche Tätigkeit eingegriffen, zum Teil unterstützend, zum Teil ersetzend.7 Eine einheitliche Definition ist schwierig zu finden, oft wird es als Sammelbegriff verstanden und von verschiedenen Ansätzen geprägt.8 Diese Kombination zweier Gebiete bringt Vorteile auf beiden Seiten. Das Klientel profitiert womöglich von kostengünstigeren und schnelleren Beratungen sowie Verhandlungen.9 Auf Seite der Juristen und Juristinnen wird effizienter gearbeitet, mühsame und langwierige Arbeit wird durch den Einsatz von künstlicher Intelligenz beschleunigt oder gar eliminiert. Legal Tech führt jedoch auch zu disruptiven Veränderungen, welche eine Anpassung der juristischen Ausbildung10 und der Arbeitsweise und Tätigkeiten von Juristen und Juristinnen verlangen.11

2.2.

Anwendungsbereich Chatbot und Dokumentenautomatisierung ^

[4]

Wichtige Begriffe und Tools im Bereich Legal Tech sind künstliche Intelligenz, Big Data, Blockchain, Chatbots, Smart Contracts, Machine Learning und Natural Language Processing.12 Im Umfang dieser Arbeit sind jedoch besonders Chatbots und Dokumentenautomatisierung von Relevanz und werden deshalb genauer thematisiert.

[5]

Ein Chatbot ist ein «technologiebasiertes Dialogsystem, das nach bestimmten Regeln oder mithilfe künstlicher Intelligenz mit Menschen interagiert, sei es durch Texteingabe oder auch Sprache».13 Eine völlig automatisierte Kommunikation wird ermöglicht und Anfragen werden sofort und jederzeit bearbeitet. Nutzende schreiben einen Text als Input in das Dialogfeld. Der Chatbot analysiert diesen, extrahiert die Frage und beantwortet sie. Chatbots können mithilfe von Tools wie Manychat14 sehr simpel aufgebaut werden. Ein solcher Chatbot arbeitet mit Schlagwörtern und basiert auf einem von ihm geführten Dialog, durch den sich Nutzende anhand verschiedener Antwortmöglichkeiten klicken können. Komplexere Chatbots, welche mit künstlicher Intelligenz ausgestattet sind, bearbeiten einkommende Anfragen mittels Erkennungsmuster sowie Algorithmen und greifen zur Beantwortung auf Wissensdatenbanken zurück.15

[6]

Die Dokumentenautomatisierung bezeichnet eine «digitale Technologie zur Erstellung von Dokumenten auf der Grundlage von vordefinierten Kriterien».16 Dabei braucht es keinen oder nur einen sehr beschränkten Eingriff durch eine Person. Automatisierte Dokumentenerstellung, wie sie in dieser Arbeit thematisiert wird, basiert auf den von den Nutzenden beantworteten Fragen, welche mit den Textbausteinen des jeweiligen juristischen Dokuments verknüpft sind.17 Somit können komplexe Dokumente anhand eines einzigen Fragebogens einfach erstellt werden.18

3.

Informationsmöglichkeiten im Arbeitsrecht ^

3.1.

Informationsmöglichkeiten der Arbeitnehmenden in der Schweiz ^

[7]

Im Folgenden werden zwei Onlinedienstleister vorgestellt, mit deren Support sich Besuchende in arbeitsrechtlicher Hinsicht in der Schweiz weiterbilden können. Als Dienstleistung des Bundes, der Kantone und der Gemeinden wird die Plattform «ch.ch»19 zur Verfügung gestellt. Unter der Rubrik «Arbeitsrecht» können sich Arbeitnehmende zu ihren Rechten und Pflichten in Bezug auf verschiedenste arbeitsrechtliche Themen informieren, ohne etwas bezahlen zu müssen. Die gültigen und anwendbaren Gesetze des Obligationenrechts oder der Bundesverfassung sind in der entsprechenden Thematik verlinkt. Mit YLEX20 gibt es in der Schweiz ein Rechtsberatungsunternehmen, über dessen Webseite sich die Kundschaft schnell und effizient zu arbeitsrechtlichen Fragen erkundigen kann, ebenfalls kostenfrei.

3.2.

Informationsmöglichkeiten ausserhalb der Schweiz ^

[8]

Während es bereits in der Schweiz nicht einfach sein kann, sich ohne konkrete rechtliche Beratung einen ausführlichen Überblick zur Rechtslage zu verschaffen, gibt es hierzulande im Gegensatz zu vielen anderen Ländern zumindest übersichtliche Webseiten, die einen vereinfachten Zugang zu anwendbaren Rechtsnormen ermöglichen. Besonders in Ländern, in denen die Bevölkerung weder genügend Ausbildungsmöglichkeiten noch finanzielle Mittel für eine rechtliche Beratung hat, wäre dies jedoch von elementarer Bedeutung. Oftmals herrschen erschreckende Arbeitsbedingungen und ein Arbeitnehmerschutz ist so gut wie nicht vorhanden. Stellvertretend hier ein Beispiel aus der Textilindustrie in Bangladesch. Spätestens nach dem Einsturz des Fabrikgebäudes «Rana Plaza» waren die dortigen miserablen Arbeitsbedingungen weltbekannt.21 Die «International Labour Organization» ILO, eine Sonderorganisation der Vereinten Nationen, setzt sich weltweit für Menschen- und Arbeitsrechte ein, mit dem Ziel, soziale Gerechtigkeit zu erreichen.22 Auch in Bangladesch ist die Organisation tätig, klärt auf und kämpft mit verschiedenen Programmen und Initiativen für fairere Arbeitsbedingungen.23 2006 wurde der «Bangladesh Labour Act» herausgegeben, um als Land den Pflichten eines ILO-Mitglieds nachzukommen. Trotz der Inkraftsetzung dieser Gesetze haben sich die Arbeitsbedingungen für viele nicht verbessert. Verschiedenste Lücken sowie mangelnde Wirksamkeit ermöglichen es den Arbeitgebenden, diese zu umgehen und die Arbeitnehmenden dementsprechend unfair zu behandeln.24 Eine Förderung der Informationsmöglichkeiten für Arbeitnehmende über ihre Rechte würde der tatsächlichen Durchsetzung zuarbeiten.

4.

Legal Tech im Arbeitsrecht ^

[9]

Im folgenden Kapitel werden konkrete Anwendungsmöglichkeiten bei den vorgestellten Dienstleistern aufgezeigt. Im Arbeitsrecht gibt es unter anderem klar strukturierte Sachverhalte,25 welche zu eindeutigen Konsequenzen führen. Repetitiv vorliegende Situationen eignen sich zur Automatisierung.26

4.1.

Konkrete Anwendungsmöglichkeiten in der Schweiz ^

[10]

Die Informationswebseite «ch.ch» würde sich für die Implementierung eines Chatbots eignen. Die klar aufgebauten Inhalte der Sparte Arbeitsrecht eignen sich hinsichtlich Struktur für eine mögliche Umsetzung. Eine Implementierung eines Chatbots hätte eine gesteigerte Benutzungsfreundlichkeit zur Folge. Ohne die spezifische Unterthematik konkret suchen zu müssen, wäre es der nutzenden Person möglich, dank dem Chatbot direkt Antworten auf Fragen zu finden. So wird die Kommunikation ressourcenschonend optimiert.

[11]

Auf der Webseite des Rechtsberatungsunternehmen YLEX wurde bereits Chatbot «LEXY» integriert.27 Dieser ist jedoch nicht fähig, konkrete arbeitsrechtliche Fragen zu beantworten, sondern informiert die Webseitenbesuchenden generell über das Projekt YLEX sowie deren Angebot. Auch hier wäre eine erweiterte Implementierung eines Chatbots möglich. Dieser würde in einem strukturierten Dialog mit den Besuchenden die Informationen, welche sowieso bereits auf der Webseite zu finden sind, wiedergeben. Somit wird sichergestellt, dass sich YLEX mit dem Chatbot nicht selber den Weg zu einer kostenpflichtigen Beratung verbaut.28

[12]

Eine weitere Anwendungsmöglichkeit besteht in der Dokumentenautomatisierung. So kann der Nutzen für Besuchende der Webseite «ch.ch» gesteigert werden, indem rechtliche Musterdokumente sortiert nach Sachverhalt29 im Arbeitsrecht nicht nur zum Download angeboten, sondern durch Dokumentenautomatisierung nach Beantwortung der Fragen automatisch generiert werden. Eine solche Umsetzung wäre beispielsweise mit DocEngine möglich.30

4.1.1.

Mögliche Schwierigkeiten ^

[13]

Generell gibt es bezüglich Legal Tech vier kritische Aspekte im Recht. Diese behandeln das Urheberrecht, das Obligationenrecht, das Haftpflichtrecht sowie das Versicherungsrecht.31 Besonders hinsichtlich Haftung könnten Schwierigkeiten entstehen, da es sich bei «ch.ch» um eine Webseite des Bundes handelt. Um dies zu verhindern, müsste klar kommuniziert werden, dass es sich um eine unverbindliche Beratung handelt, für welche keine Haftung übernommen wird.

4.2.

Konkrete Anwendungsmöglichkeiten im Ausland ^

[14]

In verschiedenen Ländern32 und insbesondere Drittweltländern besteht die Problematik oftmals darin, dass Arbeitnehmende über zu wenig Wissen im Arbeitsrecht verfügen und sich nur ungenügend über ihre Rechte informieren können.33 Die Option einer professionellen Rechtsberatung gibt es nicht, da die finanziellen Mittel fehlen.34 So macht es hier besonders Sinn, einen Chatbot als Unterstützung zur kostenfreien Beantwortung von arbeitsrechtlichen Fragen sowie Auskunft über weiterführende Informationen einzuführen. Bereits ein einfach aufgebauter Chatbot, der mit gezielten Auswahlmöglichkeiten die Benutzenden durch den Dialog führt, die grundlegenden Rechte darlegt und auf die einschlägigen Normen verweist, würde helfen und dem Bildungsdefizit der Bevölkerung entgegenwirken. Oftmals werden solche Chatbots auf einer Facebookseite integriert.35 Eine solche Umsetzung ist unkompliziert und effizient. Diese Integration könnte gleich auf der globalen Facebook Seite der ILO36 mit länderspezifischen Anpassungen stattfinden, was zu höherer Authentizität führen würde. Sinnvoll wäre dies auch im Beispielsfall von Bangladesch, da das soziale Netzwerk überall bekannt ist und eine riesige Reichweite hat mit weitverbreiten Zugangsmöglichkeiten.37 Die Anonymität bei der Konsultation eines Chatbots stellt ein ausschlaggebender Vorteil dar: Arbeitnehmende können sich über ihre Rechte informieren, um allfällige weitere Schritte zu planen, ohne dass ihre Arbeitgebenden sogleich davon erfahren. Wäre dies nicht der Fall, bestünde das Risiko der vorzeitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses.

[15]

Ebenfalls interessant könnte ein Ansatz mithilfe der Plattform Linkedin38 sein. Das grösste berufliche Netzwerk der Welt würde sich insbesondere aufgrund seiner immensen Datenbanken über berufliche Verhältnisse und Arbeitgebende sowie der weltweiten Nutzung eignen. In Bangladesch beispielsweise gehören 18–34 Jährige zur absoluten Mehrheit der Linkedin Nutzenden,39 während die allgemeine Nutzerrate steigend ist. Eine Informationskampagne über die Plattform zu lancieren, würde besonders bei denjenigen ansetzen, die noch eine lange berufliche Zukunft vor sich haben und somit zu einer nachhaltigen Veränderung im Bildungsniveau beitragen. Dafür eignen würde sich beispielsweise die Unterseite Linkedin Learning40, auf welcher kostenlose Online Trainings zum Thema Arbeitsrecht und Arbeitnehmerschutz zur Verfügung gestellt werden könnten. Weiter wäre es mithilfe eines Chatbots möglich, arbeitsrechtliche Fragen der Nutzenden zu beantworten. Einkommende Anfragen könnten von einem komplexeren Chatbot dank der grossen Wissensdatenbank von Linkedin konkret beantwortet werden. So könnten Sachverhalte wie Länge des Arbeitsverhältnisses, Art des Arbeitsverhältnisses sowie Wissen über Arbeitgebende und Arbeitnehmende intelligent genutzt werden. Inwiefern Linkedin im Beispiel Bangladesch jedoch auch von den Bevölkerungsschichten konsultiert wird, welche besonders von arbeitsrechtlichen Verstössen tangiert sind, ist fraglich. Ebenfalls zu berücksichtigen ist, dass eine weltweite Einführung mit länderspezifischen Anpassungen auf die jeweiligen rechtlichen Normen mit nicht zu unterschätzenden Investitionen sowie ständigen Unterhaltungsarbeiten verbunden wäre.

[16]

Weitere Möglichkeiten ergeben sich auch in diesem Fall durch das Tool der Dokumentenautomatisierung, welches ebenfalls beispielsweise bei Linkedin integriert werden könnte. Besteht ein Anspruch seitens Arbeitnehmende, könnte mit einem vorgefertigten, juristischen Dokument dafür eingestanden werden.41 Erstellt wird dieses Dokument automatisch nach Beantwortung eines kurzen Fragebogens zu den wichtigsten Personendaten. Besonders in Ländern, in denen die Ausbildung der Bevölkerung von Grund auf ungenügend und das selbstständige Schreiben eines solchen Dokuments entweder unmöglich oder mit grossem Aufwand verbunden ist, hätte das Tool der Dokumentenautomatisierung eine immense Bedeutung und eine fundamentale Auswirkung.42

4.2.1.

Mögliche Schwierigkeiten ^

[17]

Um von einem Chatbot und der Dokumentenautomatisierung profitieren zu können, ist ein Internetzugang notwendig. Dies könnte im Beispiel von Bangladesch momentan noch ein Problem darstellen, welches in Zukunft aber ständig vermindert würde.43 Weiter zu beachten ist, dass sich im Informationsdefizit womöglich nicht die einzige Hürde findet, die Arbeitnehmende daran hindert, nicht für ihre Arbeitsrechte einstehen zu können oder zu wollen. Die wirtschaftlichen Folgen eines Jobverlusts können für Arbeitnehmende fatal sein, weshalb womöglich lieber inakzeptable Arbeitsbedingungen in Kauf genommen werden, anstatt sich zu wehren. Dieser Angstkultur entgegenzuwirken ist eine wichtige Voraussetzung zur Verbesserung der Arbeitsverhältnisse und sie kann womöglich durch eine breitgestreute Informationskampagne zur Weiterbildung der Bevölkerung hinsichtlich ihrer Rechte gemindert werden.

[18]

Allgemein zu berücksichtigen ist, dass besonders im Beispiel Bangladesch viele grundlegende Konventionen der ILO nicht ratifiziert sind,44 weshalb vor oder zeitgleich zu gesteigerten Informationsmöglichkeiten für die Bevölkerung dort angesetzt werden muss, damit die rechtlichen Grundlagen tatsächlich existieren.

5.

Fazit ^

[19]

Während die Einführung von Legal Tech in der Schweiz auf Konsumentenseite besonders in optimierten Dienstleistungen resultiert, können die Auswirkungen von Legal Tech in anderen Ländern, besonders Drittweltländern, noch deutlich grössere Dimensionen erreichen und zentrale Bedeutung erlangen. Legal Tech kann dort den Zugang zur Justiz vereinfachen oder gar erst ermöglichen, was einschneidende wirtschaftliche Konsequenzen nach sich ziehen kann. Dieser Ansatz wurde in dieser Arbeit am Beispiel Arbeitsrecht verdeutlicht.

[20]

Eine Implementierung von Chatbots und Dokumentenautomatisierung bei den erwähnten Dienstleistern in der Schweiz würde grössenteils Folgen hinsichtlich Benutzungsfreundlichkeit haben. Die Auswirkungen in Drittweltländer wären womöglich noch viel einschneidender. Zweifelslos gibt es noch viele andere Faktoren, welche Arbeitnehmenden einen arbeitsrechtlichen Kampf erschweren. Legal Tech und spezifisch Chatbots und Dokumentenautomatisierung können hier aber helfen, den Zugang zu Recht zu erleichtern, Arbeitnehmende zu informieren, ihnen das Einstehen für ihre Rechte zu vereinfachen und dementsprechend eine erste Wegmarke in Bezug auf fairere Arbeitsbedingungen zu setzen. Einschränkungen oder mögliche Schwierigkeiten beim Einsatz von Chatbots und Dokumentenautomatisierung finden sich im Haftungsrecht sowie insbesondere im Beispielsfall Bangladesch im fehlenden Internetzugang sowie der generell nicht vorhandenen oder nicht umgesetzten Rechtsgrundlage für Arbeitnehmerschutz.


Lina Eisenhut, B. A. HSG in Rechtswissenschaften mit Wirtschaftswissenschaften, Universität St. Gallen.

  1. 1 Burrows, S. 53.
  2. 2 Vgl. Martinis, 2018, S. 9.
  3. 3 Susskind, S. 327; vgl. Wagner, S. 80.
  4. 4 Weiterführend Susskind, S. 327.
  5. 5 Vgl. Wagner, S. 77.
  6. 6 Martinez/Maringele, S. 1.
  7. 7 Hartung, S. 278; Kummer/Pfäffli, S. 124.
  8. 8 Vgl. Kummer/Pfäffli, S. 134; Martinez/Maringele, S. 3; Martinis, 2018, S. 22; Wagner, S. 2.
  9. 9 Vgl. Hartung/Meising, S. 982; Plottek/Quarch, S. 405.
  10. 10 Weiterführend Kummer/Pfäffli, S. 152.
  11. 11 Vgl. Kummer/Pfäffli, S. 149.
  12. 12 Vgl. Martinez/Maringele S. 12 ff.
  13. 13 Martinez/Maringele, S. 20; weiter Furrer/Eckert/Glarner, S. 9.
  14. 14 www.manychat.com.
  15. 15 Vgl. Beispiel Legal AI Project von Coop Rechtsschutz Martinis, 2018, S. 42 ff.
  16. 16 Furrer/Eckert/Glarner, S. 18.
  17. 17 Vgl. Wagner, S. 49 ff.
  18. 18 Vgl. Fechner/Dévaud, S. 155.
  19. 19 www.ch.ch.
  20. 20 www.ylex.ch.
  21. 21 Vgl. Schneider; INTERNATIONAL LABOUR OFFICE, S. 1.
  22. 22 https://www.ilo.org/global/about-the-ilo/mission-and-objectives/lang--en/index.htm.
  23. 23 https://www.ilo.org/dhaka/lang--en/index.htm.
  24. 24 Fahim, S. 558.
  25. 25 Beispielsweise bezüglich Arbeitszeit, Pausen, Ferienanspruch, Kündigungen.
  26. 26 Vgl. Hartung/Meising, S. 984.
  27. 27 www.ylex.ch, vgl. Martinis, 2020, S. 81 ff.
  28. 28 Vgl. https://ylex.ch/de/angebot/rechtsberatung-unterstuetzung.
  29. 29 Vgl. Fechner/Dévaud, S. 155.
  30. 30 https://www.docengine.ch.
  31. 31 Martinis, 2020, S. 62.
  32. 32 Bspw. Kanada in Queudot/Charton/Meurs, S. 356.
  33. 33 Vgl. Huq, S. 147.
  34. 34 Vgl. Queudot/Charton/Meurs, S. 356.
  35. 35 Li, S. 7.
  36. 36 https://www.facebook.com/ILO.ORG.
  37. 37 RABE.
  38. 38 https://about.linkedin.com/de-de?.
  39. 39 Vgl. https://napoleoncat.com/stats/linkedin-users-in-bangladesh/2020/04/.
  40. 40 https://www.linkedin.com/learning/me.
  41. 41 Vgl. Hartung/Meising, S. 983.
  42. 42 Ähnliche Umsetzung: Joshua Browder hat bei der Weiterentwicklung seines anfänglichen Chatbots «DoNotPay» ebenfalls Dokumentenautomatisierung eingesetzt, um Immigranten bei der Asylbeantragung zu helfen und die notwendigen Formulare automatisch auszufüllen, vgl. hierzu Li, S. 7.
  43. 43 KEMP.
  44. 44 https://www.ilo.org/dyn/normlex/en/f?p=NORMLEXPUB:11210:0::NO::P11210_COUNTRY_ID:103500.