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Integration von Faktendokumentation in Rechtsdokumentation am Beispiel von RIS, FINDOK und APA

  • Author: Angela Stöger-Frank
  • Category: Articles
  • Region: Austria
  • Field of law: Legal Informatics, Legal Information
  • Citation: Angela Stöger-Frank, Integration von Faktendokumentation in Rechtsdokumentation am Beispiel von RIS, FINDOK und APA, in: Jusletter IT 11 September 2014
Bisher hat sich die Rechtsdokumentation mit der unmittelbaren Information zum Recht beschäftigt. Unter anderen kamen generell Normen und Entscheidungen in Betracht. Rechtsdokumentation ist wesensmäßig ex-post. Um der Dynamik der Gesellschaft gerecht zu werden, ist es notwendig, den Einzugsbereich der Informationen weiter zu ziehen und Echtzeit-Informationen sowie auch ex-ante Informationen mit einzubeziehen. Dafür bieten sich Faktendokumentationen an, beispielsweise die Pressedokumentation der APA (Austria Presse Agentur). Eines der ersten Probleme, das dabei auftritt, ist die Sprache. Beim Recht geht es um professionelle juristische Sprache, in der Rechtstheorie als MIS (modal indifferentes Substrat, H. Kelsen – Allgemeine Theorie der Normen) bezeichnet. In der Faktendokumentation begegnen uns jedoch neben umgangssprachlichen Ausdrücken auch die diversen Fachsprachen.
Im Sinne einer gezielten Recherche wird es daher notwendig sein, sich mit diesem Thema sowohl praktisch (Applikation) als auch theoretisch (Abstraktion) auseinander zu setzen. Die Rechtsdatenbanken der Zukunft werden auch Komponenten der Fachdokumentationen umfassen.

Inhaltsverzeichnis

  • 1. Abstraktion und Applikation / Rechts- und Faktendokumentation
  • 1.1. Das Rechtsinformationssystem (RIS)
  • 1.2. Die Finanzdokumentation (FINDOK)
  • 1.3. Die Austria Presse Agentur (APA)
  • 2. Recherchen und Trefferlisten
  • 2.1. Recherche im RIS und Trefferliste
  • 2.2. Recherche in der Findok und Trefferliste
  • 2.3. Recherche in der APA und Trefferliste
  • 3. Unterschied Rechts- und Faktendokumentation
  • 3.1. Vergleich FINDOK – APA
  • 3.1.1. Beispiel aus der FINDOK
  • 3.1.2. Beispiel aus der APA
  • 3.2. Vergleich RIS – APA
  • 3.2.1. Beispiel aus dem RIS
  • 3.2.2. Beispiel aus der APA
  • 3.3. Vergleich FINDOK – Presse – Leserbrief
  • 3.3.1. Beispiel aus der FINDOK
  • 3.3.2. Beispiel aus der Presse
  • 3.3.3. Beispiel eines Leserbriefes
  • 4. ex-post / ex-ante
  • 4.1. EX-ANTE: Vorinformation aus einer Tageszeitung
  • 4.2. EX-POST: APA-Jahresüberblick
  • 5. Schlussfolgerungen
  • 6. Literatur

1.

Abstraktion und Applikation / Rechts- und Faktendokumentation ^

[1]
Inhalte von Rechtsdokumentationen beschränken sich auf rechtliche Grundlagen und Aussagen. Gesetze bilden abstrakte, allgemeine Grundlagen. Judikaturdokumentationen liefern zu abstrakten Normen zwar Sachverhalte und Konkretisierungen, die sich jedoch auf die rechtliche Aussage des (Einzel)Falles reduzieren. Faktendokumentationen liefern Meinungen, Argumente, Zukunftsvisionen und dergleichen.
[2]
Eines der Ziele ist, die Wechselwirkungen zwischen Abstraktion und Applikation im Recht aufzuzeigen und zweckmäßige praktische Lösungen zu finden. Durch Abstraktion wird die Sicht auf das Wesentliche fokussiert. In der Informatik gelingt der Abstraktionsprozess durch «Information Hiding», das bedeutet, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren und alles andere verbergen.

1.1.

Das Rechtsinformationssystem (RIS) ^

[3]
Das Rechtsinformationssystem des Bundes (RIS) dient der Kundmachung der im Bundesgesetzblatt zu verlautbarenden Rechtsvorschriften sowie der Information über das Recht der Republik Österreich.
[4]
Dieser Service des Bundeskanzleramt erlaubt die Suche nach Rechtsmaterialien und Gesetzen sowie nach Entscheidungen der Höchstgerichte, Gerichten, Senaten oder Kommissionen: http://www.ris.bka.gv.at.
[5]
Die Erkenntnisse der Höchstgerichte stehen ab dem Jahrgang 1990 zur Verfügung. Von früheren Jahrgängen sind ausgewählte Entscheidungen enthalten. Es besteht die Möglichkeit, Dokumente in einer Rechtssatz- und einer Textdatenbank zu suchen.
[6]
Neue Entscheidungen sind durchschnittlich drei Monate nach dem Entscheidungsdatum in dieser Dokumentation verfügbar.

1.2.

Die Finanzdokumentation (FINDOK) ^

[7]
Die Finanzdokumentation des Bundesministeriums für Finanzen enthält Rechts- und Fachinformationen des BMF (Richtlinien und Erlässe) sowie die Entscheidungen des Unabhängigen Finanzsenates (UFS) zum Steuer-, Beihilfen-, Zoll- oder Finanzstrafrecht: https://findok.bmf.gv.at.
[8]
Die Unterscheidung in Richtlinien, Erlässe, Informationen und EAS (ExpressAnwortService) stellt keine rechtliche Unterscheidung dar, sondern drückt Unterschiedlichkeit in Umfang und Zielrichtung aus. Richtlinien sind konstante Nachschlagewerke, die die Rechtsmeinung des BMF zu einem gesamten Rechtsgebiet abdecken. Der UFS veröffentlicht seit seinem Bestehen 2003 pro Jahr ca. 5.000 Berufungsentscheidungen, Entscheidungen über Devolutionsanträge, Beschwerdeentscheidungen in Strafsachen, Vorlagebeschlüsse an den EuGH und Sonstige Bescheide. Wichtige Entscheidungen enthalten Rechtssätze, die kurz und prägnant die rechtliche Aussage zusammenfassen. Manche Entscheidungen beziehen sich auf einen Stamm-Rechtssatz und bilden Folge-Rechtssätze. Die Entscheidungstexte sind anonymisiert. Sofern trotz Anonymisierung Rückschlüsse auf die betreffende Rechtssache möglich sind, entfällt die Veröffentlichung des gesamten Textes. Allerdings beträgt der Anteil der aus diesem Grund nicht veröffentlichten Entscheidungen nur vier Prozent.
[9]
4-6 Wochen nach Approbation einer Entscheidung ist sie in der Findok abrufbar.

1.3.

Die Austria Presse Agentur (APA) ^

[10]

Die Austria Presse Agentur ist die österreichische Nachrichtenagentur. Sie stellt den heimischen Medien – insbesondere Tageszeitungen, Radio und Fernsehen- die Nachrichten-Basis für ihre tägliche Arbeit zur Verfügung. Insgesamt bietet die APA rund 400 Datenbanken mit mehr als 100 Millionen Dokumenten an. Dazu zählen auch internationale Nachrichtenagenturen, nationale und internationale Zeitungen und Zeitschriften, Nachrichtenbeiträge aus Radio und Fernsehen sowie zahlreiche Firmen- und Fachdatenbanken: http://www.aom.apa.at.

[11]
Die APA-Gruppe ist in vier Geschäftsfeldern tätig: Nachrichtenagentur, Bildagentur, Informationsmanagement und Informationstechnologie. Die Eigentümer sind 15 österreichische Tageszeitungen und der ORF. Die Redaktionen der APA sorgen für Nachrichtendienste in Wort, Bild, Grafik, Audio und Video, die hochaktuell rund um die Uhr zur Verfügung gestellt werden.

2.

Recherchen und Trefferlisten ^

[12]
Die Suche in Rechtsdokumentationen richtet sich nach rechtlichen Strukturen, die einer Faktendatenbank nach einer einfachen Wortsuche.

2.1.

Recherche im RIS und Trefferliste ^

[13]
Gesetze können nach Titeln, Paragrafen, Suchworten, Indices etc. in unterschiedlichen Fassungen gesucht werden. Judikate sind in Rechtssätze und Entscheidungstexte geteilt. Eine Gesamtabfrage ermöglicht die Suche über Bundes- und Landesgesetze, Judikate verschiedener Spruchköper sowie Erlässe.
[14]
Die Trefferliste ist in Spalten gegliedert und chronologisch gereiht, Judikaturdokumente daher nach dem Entscheidungsdatum.

2.2.

Recherche in der Findok und Trefferliste ^

[15]
Die «freie Suche» bietet mittels Eingabefeldern die größte Auswahl unterschiedlicher Zugriffsmöglichkeiten auf die Dokumente der Findok: Stichworte und/oder einer Norm bzw. zu einer Materie (z.B. zum Zoll). Auch eine «gezielte Suche» nach einer (gerichtlichen) Geschäftszahl, einem (Richtlinien)Titel oder einer Randzahl sind möglich. Geschäftszahlen können beliebig (z.B. *0083*0*) erweitert werden. Eine gezielte Suche in Rechtssätze und Texte wie bei RIS ist ebenso zulässig Rechtssatzketten zeigen die Einheitlichkeit der Rechtsprechung.
[16]
Die Trefferliste ist nach Relevanz gereiht. Die Dokumente, in denen die Suchkriterien häufiger vorkommen, haben Priorität. Überschriften fassen das Thema zusammen.

2.3.

Recherche in der APA und Trefferliste ^

[17]
Hier dominiert die Suche nach Worten. Eine Einschränkung nach Zeitraum und Quellen (Tageszeitungen, Magazine, Online-Medien, Radio und Fernsehen) sind möglich. Auch eine Auswahl nach Branchen und Ländern wird angeboten. Daneben stehen der APA-Basisdienst und der OTS-Original-Service-Dienst zur Verfügung.
[18]
Für die Trefferliste stehen verschieden Ansichten zur Verfügung. Eine Reihung nach Relevanz der Suchkriterien oder nach Namen ist möglich. Die Visualisierung der Treffer ermöglicht einen schnellen Überblick, dass aufgrund des meist großen Suchergebnisses sehr hilfreich ist.
[19]
Die Liste enthält die Fundstellen und Überschriften der einzelnen Zeitungsartikel.

3.

Unterschied Rechts- und Faktendokumentation ^

[20]
Anhand von Beispielen kann man die Darstellung von Sachverhalten und rechtlichen Beurteilungen in Gerichtsentscheidungen mit denen in Zeitungsartikeln sowie die Wortwahl und Aussagen der Richter und Journalisten vergleichen. Die unterschiedliche Darstellungsweise ist in den unterschiedlichen Adressaten begründet. Zeitungsleser interessieren sich für weiterführende Informationen, Interpretationen und Ratschläge. Gerichtsurteile konzentrieren sich nur auf den vorliegenden (Einzel)Fall, stellen den Sachverhalt fest und treffen eine Entscheidung, die sie gemäß dem anzuwendenden Gesetz und gegebenenfalls unter Heranziehung von Fachliteratur und anderen Gerichtsurteilen begründen und untermauern.

3.1.

Vergleich FINDOK – APA ^

[21]
Nach einer Einzelentscheidung des Unabhängigen Finanzsenates, erfolgten zahlreiche Artikel in Tageszeitungen, die den Fall in alle Richtungen ausschweifend kommentierten.

3.1.1.

Beispiel aus der FINDOK ^

[22]

Der Unabhängige Finanzsenat entscheidet aufgrund von Gesetzen und begründet seine Entscheidung (Abweisung oder Stattgabe) in einem Rechtssatz, der den Sachverhalt und die rechtliche Aussage zusammenfasst. Die wichtigsten Daten sind dabei die Geschäftszahl des anhängigen Falles sowie die angewendeten Gesetzesbestimmungen. Da die UFS-Entscheidungen im Internet der Öffentlichkeit zugänglich sind, enthalten sie zusätzlich eine aussagekräftige und verständliche Überschrift.

[23]

Rechtssatz:

Von einer pädagogisch qualifizierten Person i.S.d. § 34 Abs. 9 Z. 3 EStG 1988 kann nur gesprochen werden, wenn deren Ausbildung zumindest jenen Umfang aufweist, der der Ausbildung von Tagesmüttern und -vätern im jeweiligen Bundesland entspricht. Dies ist – entgegen LStR 2002 Rz 884a ff – bei einem bloß 8 Stunden dauernden Kurs nicht der Fall.

[24]
Am Ende des veröffentlichten Entscheidungstextes werden in den «Zusatzinformationen» (Metadaten) die angewendeten Normen oder Judikatur- und Literaturzitaten aufgelistet. Wird die Entscheidung in der Folge in der Fachliteratur oder in der Presse kommentiert, wird diese Fundstelle ergänzt («zitiert/besprochen in»).

3.1.2.

Beispiel aus der APA ^

[25]
Der Artikel aus der Wiener Zeitung zu dieser UFS-Entscheidung enthält weder genaue Gesetzesbestimmungen noch wird die Geschäftszahl des Falles zitiert.
[26]

Nach dem Motto ein «Bild sagt mehr als tausend Worte» bringt die Bildunterschrift die Sache auf den Punkt:

    «Betreut die Oma ihre Enkel, ist das nicht immer eine Entlastung. Zumindest, wenn es nach dem jüngsten Urteil des Unabhängigen Finanzsenats geht.

[27]
Erwähnenswert ist hier weiters, dass der UFS kein Gericht ist und daher der Ausdruck «Urteil» unrichtig ist. Juristisch ist dies wesentlich, für die Zeitungsleser unwesentlich.

3.2.

Vergleich RIS – APA ^

[28]
Der UFS gab in einer Entscheidung statt. Die darauf erhobene VwGH-Beschwerde hob die Entscheidung des UFS wieder auf. In der Zeitung stand treffend: «Beschwerde nur kurz im Recht»

3.2.1.

Beispiel aus dem RIS ^

[29]
Wie in der FINDOK beschränken sich die Angaben eines VwGH-Erkenntnisses auf die Geschäftszahl sowie auf die rechtliche Beurteilung unter Zitierung der Gesetzesstellen. Eine Überschrift ist im RIS nicht vorgesehen.
[30]

VwGH-Erkenntnis vom 27. September 2012, 2012/16/0082

Rechtssatz:

Da § 85 und § 86a BAO und die auf Grund § 86a BAO ergangenen beiden Verordnungen BGBl. II Nr. 494/1991 und BGBl. II Nr. 97/2006 die Einbringung von Anbringen mittels E-Mail nicht vorsehen, kommt einer E-Mail nicht die Eigenschaft einer Eingabe zu, wobei es sich nicht einmal um eine einem Formgebrechen unterliegende, der Mängelbehebung zugängliche Eingabe handelt (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 25. Jänner 2006, 2005/14/0126, VwSlg 8102 F/2006).

3.2.2.

Beispiel aus der APA ^

[31]

PDF ist kein Fax: Beschwerde nur kurz im Recht

18. November 2012 | 18:09 | BENEDIKT KOMMENDA (Die Presse)

Verwaltungsgerichtshof lehnt Gleichstellung von E-Mail-Beilage mit Telefax ab.

[32]
Das Problem liegt in der Art und Weise, wie der Mann seine Beschwerde eingebracht hat: als PDF-Anhang einer E-Mail. Der UFS zeigte sich zugänglich für diese Form des Anbringens: Das PDF (Portable Document Format) sei als Abbild eines unterschriebenen Originaldokuments dem Telefax vergleichbar; analog zur gesetzlich erlaubten Eingabe per Fax sei von einer zulässigen Einbringung der Beschwerde auszugehen. Wie der Verwaltungsgerichtshof nun bestätigte, kommt es nicht auf das Erscheinungsbild des letztlich vorliegenden Schriftstücks an, sondern auf den Weg der Einreichung. E-Mail-Rechtsmittel sind aber in Zollsachen nicht zugelassen.
[33]
Erwähnenswert ist, dass zumindest manche Zeitungen die Geschäftszahlen, soweit es sich um höchstgerichtliche Entscheidungen handelt, anführen. Am 1. Januar 2014 wird statt des Unabhängigen Finanzsenates das Bundesfinanzgericht (BFG) errichtet. Wenn kein Revisionsverfahren stattfindet, sind die BFG-Erkenntnisse letztinstanzlich. Es ist daher wünschenswert, dass auch die Geschäftszahlen von Untergerichten in Zeitungsartikeln einfließen.

3.3.

Vergleich FINDOK – Presse – Leserbrief ^

[34]
Folgendes Beispiel zeigt, dass das Subsumieren eines Sachverhaltes unter ein Gesetz wesentlich zur Entscheidungsfindung ist. Weiteres ist neben der rechtlichen Begründung auch eine fundierte Beweiswürdigung unerlässlich. Die Reduzierung und Abstraktion eines Falles auf die anzuwendende Norm gestaltet sich oft schwierig. Im vorliegenden Fall widerspricht und kritisiert ein Presseartikel eine UFS-Entscheidung sehr plakativ: «Katastrophen kommen nur durch die Tür» Der darauffolgende Leserbrief eines technischen Experten rückt die Aussagen und das Ergebnis der UFS-Entscheidung wieder zurecht.

3.3.1.

Beispiel aus der FINDOK ^

[35]

UFS vom 19. Juli 2012, RV/1559-W/12 Wasserschaden im Gebäude bei durch Dauerregen überlaufenden Kanal

Rechtssatz:

Ein durch einen Dauerregen vom 22. bis 24. Juni 2009 im Inneren eines Gebäudes durch einen überlasteten Kanal verursachter Wasserschaden ist nicht mit einem Schaden an der Außenseite eines Gebäudes durch ein Hochwasser gleichzusetzen. Es liegt ein katastrophenähnliches Ereignis vor, das nicht in die in § 34 Abs. 6 EStG 1988 normierte Ausnahme von der Berücksichtigung eines Selbstbehaltes fällt.

3.3.2.

Beispiel aus der Presse ^

[36]
Der namhafte Steuerrechtsprofessor Werner Doralt schrieb dazu im Pressepanorama, der Unabhängige Finanzsenat lehne eine Steuererleichterung ab, wenn Hochwasser durch die Tür komme.

3.3.3.

Beispiel eines Leserbriefes ^

[37]
Einige Tage später meldete sich ein Ziviltechniker per Leserbrief und widerlegte die Argumente des Professors und kritisierte dessen Meinung.

4.

ex-post / ex-ante ^

[38]
Eine Rechtsdokumentation ist wesensmäßig ex-post. Eine Faktendokumentation bietet auch ex-ante Informationen an. Daher ist die Beobachtung von rechtlichen Diskussionen notwendig, um über zukünftige Rechtsstreitigkeiten informiert zu sein, bevor sie bei Gerichten anhängig werden.

4.1.

EX-ANTE: Vorinformation aus einer Tageszeitung ^

[39]
In einem Artikel weist der Standard darauf hin, dass die Finanzbehörden Verlustzuweisungen nicht mehr anerkenne und daher diese Rechtslage wohl vom UFS oder sogar vom VwGH entschieden werden müsse. Tatsächlich wurden dem UFS ein paar Wochen später die ersten Fälle zu diesem Thema vorgelegt.

4.2.

EX-POST: APA-Jahresüberblick ^

[40]
In seinem Tätigkeitsbericht 2012 veröffentlichte der Unabhängige Finanzsenat einen Pressespiegel. Die Grundlage dazu lieferte eine APA-Abfrage «Unabhängiger Finanzsenat» im Zeitraum 1. Januar 2011 bis 31. Dezember 2011.
[41]
Aus der Themenvisualisierung und dem Clustering sind die Hauptthemen des Jahres erkennbar:
[42]
Bei der APA als «Publikumsdatenbank» stehen nicht rechtliche Begriffe im Vordergrund, sondern allgemein verständliche. Darüber hinaus filtert die APA Personen und deren Namen heraus. Denn in Zeitungen steht naturgemäß im Vordergrund, wer hat was gesagt. Daher finden sich in den übergeordneten Überschriften des Jahresrückblicks von 2011 die Namen der Politiker Fekter oder Mitterlehner. Sie äußersten sich zur Kinderbetreuung, die durch die UFS-Entscheidung in den Medien thematisiert wurde.
[43]
Ein Clustering in einer Rechtsdatenbank hätte als übergeordnete Begriffe juristische Fachausdrücke, wie z.B. außergewöhnliche Belastung und § 34 EStG herausgefiltert. Da die Entscheidungstexte nur nach sorgfältiger Anonymisierung der Parteien veröffentlicht werden dürfen (u.a. § 10 Abs. 4b UFSG), befinden sich in Rechtsdokumentationen kaum Namen. Lediglich die Autoren aus der Fachliteratur werden mit Namen zitiert.

5.

Schlussfolgerungen ^

[44]
Auf der einen Seite sollten Rechtssätze oder Abstracts in Rechtsdokumentationen klar und verständlich formuliert werden, auf der anderen Seite sollten in Faktendokumentationen gesetzliche Bestimmungen und Geschäftszahlen angeführt werden.
[45]
Im Spannungsfeld juristische Kompetenzen versus journalistische Kompetenzen sollten sich die Autoren beider Seiten sowohl juristischer Fachausdrücke als auch allgemein verständlicher Begriffe bedienen.
[46]
Außerdem könnten mit Hyperlinks und gegenseitigen Zitierungen die Diskussionen der Fakten und die Entwicklung des Rechts nachverfolgt werden.
[47]
Die Rechtsdatenbanken der Zukunft werden auch Komponenten der Fachdokumentationen umfassen und umgekehrt.

6.

Literatur ^

Stöger-Frank, Angela, Findok: Knowledge Transfer of the Austrian Tax Administration, in: Josef Makolm, Gerti Orthofer (Eds.); E-Taxation: State & Perspectives, E-Government in the Field of Taxation: Scientific Basis, Implementation Strategies, Good Practice Examples; Series Informatics Volume 21, Trauner Verlag, Linz, 2007, ISBN 978-3-85499-191-5, pp. 357–367.

Stöger-Frank, Angela, Findok: Die Finanzdokumentation im BMF, Bildungsprotokolle, Band 13, Klagenfurter Legistikgespräche 2006, Seite 34–43.

Stöger-Frank, Angela, Findok: Aus drei mach eins, BMF-Findok, LexisNexis und Lindeverlag,, Tagungsband des 15. Internationalen Rechtsinformatik Symposions IRIS 2012, OCG books@ocg.at Wien 2012

Chefredakteurin und Autorin von UFSjournal, BFGjournal, Lindeverlag;

Autorin bei JusIT, Verlag NexisLexis


 

Angela Stöger-Frank, Leiterin des Evidenzbüros, Präsidium, Unabhängiger Finanzsenat, Vordere Zollamtsstraße 7, 1030 Wien, Österreich.

Ab 2014 Leiterin des Evidenzbüros, Bundesfinanzgericht, Wien, Österreich.