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Keyword Advertising mit bekannten Marken

  • Author: Verena Stolz
  • Category: Articles
  • Region: Austria
  • Field of law: E-Commerce, Trademark Law
  • Collection: Tagungsband IRIS 2014
  • Citation: Verena Stolz, Keyword Advertising mit bekannten Marken, in: Jusletter IT 20 February 2014
Zum wiederholten Mal wurde höchstgerichtlich festgehalten, dass die Verwendung einer bekannten Marke als Schlüsselwort einer Adwordsanzeige zu einer Markenverletzung gem. Art. 9 Abs. 1 lit. c GMV führen kann. Wird jedoch eine echte Alternative zu den Waren oder Dienstleistungen des Inhabers der bekannten Marke angegeben, kann darin ein rechtfertigender Grund gesehen werden und die Verwendung der bekannten Marke zulässig sein. Fraglich ist, wann eine zulässige Verwendung einer bekannten Marke in der Praxis denkbar ist.

Inhaltsverzeichnis

  • 1. Ausgangsbasis
  • 2. Zur Verwendung einer bekannten Marke
  • 2.1. Allgemeines
  • 2.2. Zur Nachahmung von Waren
  • 2.3. Zur Vermeidung von Funktionsbeeinträchtigungen
  • 2.4. Zur Vermeidung der Verwässerung und Verunglimpfung
  • 3. Schlussfolgerung
  • 4. Literatur

1.

Ausgangsbasis ^

[1]

Schlagwörter erobern das Internet, man denke beispielsweise an die Verwendung von Schlüsselwörtern bzw. Keywords. Ein Keyword ist nach allgemeinem Verständnis eine Texteinheit, meist ein gängiger Begriff, der entweder im Text selbst vorkommt (Stichwort) oder mit dem ein Text «verschlagwortet» wird.1 Der BGH hat kürzlich wieder festgehalten, dass die Verwendung einer bekannten Marke als Keyword markenverletzend sein kann; dies insbesondere dann, wenn der Werbende Nachahmungen von Waren des Markeninhabers anbietet oder die mit der bekannten Marke versehenen Waren negativ darstellt.2 Unter Verweis auf die EuGH-Judikatur zu Interflora hat der BGH festgestellt, dass die Verwendung einer bekannten Marke als Keyword nicht per se unlauter ist und für den Fall, dass eine echte Alternative zu den Waren und Dienstleistungen des Markeninhabers angeboten wird, davon auszugehen ist, dass dies mit einem gesunden Wettbewerb vereinbar ist.3 Welche Fälle kommen nun für den EuGH und den BGH als gerechtfertigte Verwendung einer bekannten Marke als Keyword in Betracht?

2.

Zur Verwendung einer bekannten Marke ^

2.1.

Allgemeines ^

[2]
Der BGH hat unter Verweis auf die EuGH-Entscheidung zu Interflora und den dort definierten Leitlinien festgehalten, dass die Verwendung eines Keywords, das einer bekannten Marke entspricht, zulässig sein kann. Damit unterstreicht der BGH einmal mehr, dass die zulässige Verwendung von Marken als Keywords auf den Einzelfall beruht und nicht von Vornherein rechtswidrig ist. Eine bekannte Marke als Keyword ist nicht unlauter wenn (i) keine Waren angeboten werden, die eine bloße Nachahmung der unter der bekannten Marke vertriebenen Waren darstellen, (ii) wenn keine Verwässerung oder Verunglimpfung der bekannten Marke hervorgerufen wird, (iii) wenn die Funktionen der bekannten Marken nicht beeinträchtigt werden und (iv) wenn eine echte Alternative zu den Markenwaren angeboten wird.

2.2.

Zur Nachahmung von Waren ^

[3]

In der Entscheidung zu Interflora hat der EuGH bereits ausgeführt, dass eine unlautere Ausnutzung von fremden Markenrechten dann vorliegt, wenn der Werbende im Internet Schlüsselwörter benutzt, die einer bekannten Marke entsprechen und er dabei Nachahmungen von Waren des Inhabers dieser Marke anbietet oder die mit der bekannten Marke versehenen Waren negativ darstellt; der Begriff der Nachahmung wurde dabei allerdings nicht näher definiert. Dem Duden zu Folge ist eine Nachahmung eine Fälschung, Imitat, Imitation oder Kopie; unter Heranziehung der Bestimmungen des Lauterkeitsrechtes ist eine Nachahmung unter bestimmten Umständen unlauter. Nach ständiger Rechtsprechung setzt die Unlauterkeit einer Nachahmung voraus, dass eine bewusste Nachahmung erfolgt, wodurch die Gefahr von Verwechslungen herbeigeführt wird, obwohl eine andersartige Gestaltung zumutbar gewesen wäre. Dabei muss die nachgeahmte Leistung eine wettbewerbsrechtliche Eigenart besitzen und eine gewissen Bekanntheit aufweisen4. Unter Zugrundelegung dieser Ausführungen liegt keine Nachahmung vor, wenn der Werbende Waren anbietet, die nicht zur Verwechslung mit den Waren des Markeninhabers geeignet sind. Der Werbende hat eine echte Alternative zu den Waren und Dienstleistungen des Markeninhabers anzubieten. Was unter einer echten Alternative zu verstehen ist, lassen EuGH und BGH offen. Im Lichte des Markenrechtes ist dabei entscheidend, dass der Werbende Waren oder Dienstleistungen anbietet, die sich von jenen des Markeninhabers der bekannten Marke charakteristisch abheben und unterscheiden; nur dann wird eine Abgrenzung erreicht und die beteiligten Verkehrskreise fassen das Warenangebot nicht als Angebot des Markeninhabers auf.

2.3.

Zur Vermeidung von Funktionsbeeinträchtigungen ^

[4]

Als weitere Voraussetzung für eine zulässige Verwendung einer bekannten Marke als Keyword wird gefordert, dass die Funktion der bekannten Marke durch die resultierenden Anzeigen nicht beeinträchtigt wird. Eine Marke weist zahlreiche Funktionen auf. Die Hauptfunktion einer Marke besteht darin, dem Verbraucher oder Endabnehmer die Ursprungsidentität der mit der Marke versehenen Waren zu garantieren.5 Eine Beeinträchtigung der Interessen des Markeninhabers ist daher gegeben, wenn die Benutzung eines identen oder verwechslungsfähigen Zeichens den Eindruck vermittelt, dass eine Verbindung zwischen jenen Produkten und dem Markeninhaber besteht. Daher ist es entscheidend, wie die beteiligten und relevanten Verkehrskreise die Präsentation auffassen.6 Vor dem Hintergrund des Grundsatzes der freien Übertragbarkeit von Markenrechten ist davon auszugehen, dass die Herkunftsfunktion der Marke kontinuierlich von der Identitätsfunktion der Marke abgelöst wird; letztere ist wesentlich produktbezogener, weil das Prüfungskriterium darin besteht, ob die Marke einen Hinweis auf ein bestimmtes Erzeugnis und/oder dessen Beschaffenheit gewährt.7 Ob nunmehr durch die unter der Verwendung eines Keywords gezeigte Anzeige eine der genannten Funktionen verletzt oder beeinträchtigt wird, hängt wiederum von der Gestaltung der Anzeige ab. Ähnlich wie das Angebot einer echten Alternative darf sich auch vor diesem Hintergrund die Werbung nicht derart gestalten, dass aus der Anzeige für einen normal informierten und angemessen aufmerksamen Internetuser nicht oder nur schwer zu erkennen ist, ob die in der Anzeige beworbenen Waren oder Dienstleistungen von dem Markeninhaber oder von einem mit ihm wirtschaftlich verbundenen Unternehmen stammen. Eine Beeinträchtigung der herkunftshinweisenden und vertrauensbildenden Funktion ist daher gegeben, wenn die Anzeige (zumindest) suggeriert, dass zwischen diesem Dritten und dem Markeninhaber eine wirtschaftliche Verbindung besteht; dies auch, wenn zwar eine wirtschaftliche Verbindung durch die Anzeige nicht suggeriert wird, aber die Anzeige hinsichtlich der Herkunft der Waren und Dienstleistungen derart vage ist, dass ein normal informierter und angemessen aufmerksamer Internetuser nicht erkennen kann, ob der Werbende im Verhältnis zum Markeninhaber ein Dritter ist oder mit diesem wirtschaftlich verbunden ist.8 Gerade wenn eine bekannte Marke ein breites Sortiment umfasst ist nicht auszuschließen, dass die beteiligten Verkehrskreise annehmen, dass mit der Anzeige Produkte, die derzeit nicht vom Produktsortiment der bekannten Marke umfasst sind, beworben werden (z.B. nunmehr digital statt wie bisher analog). Nur wenn für die beteiligten Verkehrskreise völlig auszuschließen ist, dass es sich um kein weiteres Warenangebot des Markeninhabers handelt, lässt sich diese Voraussetzung tatsächlich verwirklichen.

2.4.

Zur Vermeidung der Verwässerung und Verunglimpfung ^

[5]

Die Verwendung der bekannten Marke als Keyword kann vor dem Hintergrund der höchstgerichtlichen Judikatur gerechtfertigt sein, wenn die Verwendung nicht zu einer Verwässerung oder Verunglimpfung der bekannten Marke führt. Unter Verwässerung wird die Beeinträchtigung der Unterscheidungskraft der bekannten Marke bezeichnet; diese liegt etwa vor, wenn die Eignung der Marke, die Waren oder Dienstleistungen für die sie eingetragen ist, zu identifizieren, geschwächt wird. Unter Verunglimpfung wird die Beeinträchtigung der Wertschätzung der Marke verstanden; diese liegt dann vor, wenn die Waren oder Dienstleistungen, für die das identische oder ähnliche Zeichen von Dritten benutzt wird, auf die Öffentlichkeit in einer solchen Weise wirken können, dass die Anziehungskraft der Marke geschmälert wird.9

[6]
Die Verwässerung bewirkt, dass der Verbraucher nicht mehr in der Lage ist, eine unmittelbare gedankliche Verbindung mit einer bestimmten gewerblichen Herkunft herzustellen. Der Markeninhaber darf daher jegliche Benutzung eines mit der Marke identen oder ähnlichen Zeichens verbieten, durch die die Kennzeichnungskraft verringert wird, ohne dass er selbst abwarten muss, dass es tatsächlich zu einem Verlust der Unterscheidungskraft kommt. Der EuGH hat bereits klargestellt, dass bei der Verwendung von Zeichen als Keywords die fremden bekannten Marken entsprechen, grundsätzlich von einer Benutzung auszugehen ist, bei der sich Werbende in den Bereich der Sogwirkung der bekannten Marke begeben.10 Völlig zu Recht unterstellt der EuGH dem Werbenden sohin, dass er die bekannte Marke als Keyword verwendet, um den positiven Einfluss der bekannten Marke auszunutzen. Hinzu kommt, dass aus der Sicht der höchstgerichtlichen Judikatur bekannte Marken oder Zeichen von den Internetnutzern häufiger als Suchworte eingegeben werden, als weniger bekannte Zeichen, sodass in der Regel die Verwendung einer bekannten Marke als Keyword in einer Suchmaschine die Wertschätzung und Unterscheidungskraft der bekannten Marke ausnutzt.11
[7]

Auch der OGH hat zu diesem Thema festgehalten, dass bei einer identen Verwendung eines bekannten Kennzeichens die Unlauterkeit häufig zu vermuten ist. Es liegt nämlich bei der Verwendung eines dem bekannten Zeichen ähnlichen Zeichens für eine idente Marke nahe, dass unlautere Motive gegeben sind. Dies erlaubt zudem den Schluss, dass Rufausbeutung, Rufbeeinträchtigung und Verwässerung bekannter Marken grundsätzlich eine Rechtswidrigkeit indizieren und dass diese nur entfällt, wenn der Angegriffene besondere rechtfertigende Umstände geltend macht. Dieser Judikatur zu Folge ist sohin in aller Regel von einer Rechtswidrigkeit auszugehen, wobei dies nicht nur bei der Verwendung von gleichen, sondern auch von ähnlichen Zeichen gilt.12 In weiterer Folge stellt sich die Frage, welche rechtfertigenden Umstände aus der Sicht der höchstgerichtlichen österreichischen Judikatur in Frage kommen könnten. Es ist dabei etwa an Unkenntnis zu denken. Der OGH hat bereits einmal festgehalten, dass derjenige, der keinerlei Kenntnis von Tatsachen hat aus denen er auf eine Verletzung von Marken oder sonstigen Kennzeichen schließen muss, annehmen kann, dass seine Marke mit Zustimmung des Markeninhabers angebracht wurde und daher keine Markenverletzung begeht.13 Der OGH hat im zu entscheidenden Fall die Haftung eines Handelsunternehmens, welches Zigaretten der Marke BOSS in einem Duty Free Shop verkauft hat, verneint, zumal das Handelsunternehmen zwar eine kennzeichenrechtliche Benutzungshandlung setzt, diese jedoch nicht unlauter ist, zumal es keine positive Kenntnis davon gehabt hat, dass der Verkauf nicht mit Zustimmung des Markeninhabers der bekannten Marke BOSS erfolgt ist.14

[8]
Auf die Verwendung eines Keywords umgemünzt bedeutet dies, dass der Werbende – da er eine Benutzungshandlung setzt – keine Kenntnis davon haben darf, dass hinsichtlich der Verwendung der bekannten Marke als Keyword keine Zustimmung des Markeninhabers vorliegt. In der Praxis verwendet der Werbende eine bekannte Marke als Keyword ja gerade, um deren Anziehungskraft auszunutzen. Der Werbende sucht in der Regel aktiv nach einem oder mehreren für ihn «passenden Schlüsselwörtern», um von der positiven Wirkung des Zeichens zu profitieren. Der Werbende wird sich daher kaum darauf stützen können, (i) er habe nicht gewusst, dass es sich bei seinem Keyword um eine bekannte Marke handelt und (ii) dass der Markeninhaber der Verwendung der bekannten Marke als Keyword nicht zugestimmt hat. Es ist daher völlig offen, welche Rechtfertigung der Werbende entgegenhalten kann, Unkenntnis jedenfalls nicht.

3.

Schlussfolgerung ^

[9]

Die hohe Bekanntheit eines Zeichens ist meist mit einer positiven Grundeinstellung verbunden, weshalb derartige Zeichen in aller Regel positive Emotionen hervorrufen.15 Derartige Zeichen werden häufiger als Keywords verwendet. Es kann im Lichte der obigen Ausführungen die Verwendung einer bekannten Marke als Keyword dann zulässig sein, wenn es sich um ein rein beschreibendes Zeichen handelt. Allerdings werden rein beschreibende Zeichen in der Praxis als Keyword kaum eingesetzt, da gerade dabei die positive Sogwirkung einer bekannten Marke verloren geht; der User erhält bei der Suche von allgemein beschreibenden Begriffen eine Vielzahl an Treffern. Es besteht daher die Gefahr, dass jene Anzeige, die durch das Keyword gezeigt werden soll, ob der Vielzahl der Treffer «untergeht». Vor dem Hintergrund dieser Abhandlung bleibt daher auf weitere Entwicklung der höchstgerichtlichen Judikatur abzuwarten. Möglicherweise kommt es zu einer Konkretisierung der vom EuGH vorgegebenen Leitlinien, denn so wie diese derzeit definiert sind, lässt sich eine zulässige Verwendung einer bekannten Marke als Keyword wohl lediglich in der Theorie umsetzen.

4.

Literatur ^

Korn, Gottfried, Schmarotzen an der Bekanntheit fremder Zeichen, MR 2012, 102.

Engin-Deniz (Hrsg.) Kommentar zum Markenschutzgesetz (2. Auflage), 2010.

Wiebe/Kodek (Hrsg.) Kommentar zum Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb, 2009.

Eisenführ/Schennen (Hrsg.) Kommentar zur Gemeinschaftsmarkenverordnung (2. Auflage), 2007.

Schönherr, Georg, Entscheidungsbesprechung zu 4 Ob 110/01g, ecolex 2001/318.


 

Verena Stolz

Rechtsanwältin, PEHB Rechtsanwälte GmbH

Erzabt-Klotz-Straße 21a, 5020 Salzburg

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  1. 1 Vgl. https://www.wikipedia.org – abgerufen am 3. Januar 2014.
  2. 2 BGHI ZR 172/11 – Beate Uhse.
  3. 3 EuGH C-323/09 Interflora Inc.
  4. 4 Vgl. Wiebe in Wiebe/Kodek (Hrsg.) UWG – Kommentar § 1 Rz. 580 ff.
  5. 5 EuGH C-206/01 – Arsenal.
  6. 6 Eisenführ/Schennen (Hrsg.) Kommentar zur Gemeinschaftsmarkenverordnung (2. Auflage) 258.
  7. 7 Engin-Deniz (Hrsg.) Kommentar zum Markenschutzgesetz (2. Auflage) 49 f.
  8. 8 EuGH C-236/08 – Google France.
  9. 9 EuGH C-324/09 – L`Oréal.
  10. 10 EuGH C-323/09 – Interflora Inc.
  11. 11 EuGH C-323/09 – Interflora Inc.
  12. 12 RIS–Justiz RS 0120365, insbesondere OGH, 4 Ob 122/05b.
  13. 13 OGH, 4 Ob 234/01t.
  14. 14 Krit. Schönherr Georg, Entscheidungsbesprechung 4 Ob 110/01g, ecolex 2001/318.
  15. 15 Vgl. etwa Korn Gottfried, Schmarotzen an der Bekanntheit fremder Zeichen, MR 2012,102 f.