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Die Erläuterung der Einhaltung gesetzlicher Corporate Governance-Anforderungen von Kreditinstituten im Internet

  • Author: Christian Szücs
  • Category: Articles
  • Region: Austria
  • Field of law: E-Commerce
  • Collection: Tagungsband IRIS 2014
  • Citation: Christian Szücs, Die Erläuterung der Einhaltung gesetzlicher Corporate Governance-Anforderungen von Kreditinstituten im Internet, in: Jusletter IT 20 February 2014
Ab 1. Jänner 2014 sind Kreditinstitute in Österreich verpflichtet, auf ihren Internetseiten zu erläutern, wie sie bestimmte gesetzliche Corporate Governance-Anforderungen erfüllen. Der neue § 65a Bankwesengesetz (BWG) geht dabei auf Artikel 96 der Richtlinie 2013/36/EU zurück. Diese Richtlinie wird kurz Capital Requirements Directive IV (CRD IV) genannt. Die Nummerierung der Richtlinie signalisiert, dass die Bestimmungen über die Eigenkapitalanforderungen und über die sonstigen Anforderungen bei Kreditinstituten – auch was deren Corporate Governance-System anbelangt – in den letzten Jahren wiederholt geändert wurden. Konkret wurden die Anforderungen als Reaktion auf die aktuelle Finanz- und Wirtschaftskrise verschärft. Eine Verpflichtung, über bestimmte Aspekte des internen Governance-Systems zu berichten, kann nun unter bestimmten Umständen zu einer Verbesserung des Corporate Governance-Systems führen. Bemerkenswert ist, dass weder § 65a BWG einen Bezug zu § 243b UGB herstellt noch die RL 2013/36/EU einen Bezug zur europarechtliche Grundlage der Corporate Governance-Erklärung (RL 2006/46/EG sowie neu: 2013/34/EU). Es gibt somit für jene Kreditinstitute, die in der Rechtsform der Aktiengesellschaft agieren und deren Aktien börsenotiert sind, jeweils zwei unterschiedliche Verpflichtungen (europarechtlich wie national) betreffend Internet und Corporate Governance, deren Nichtabgestimmtheit zu einem Verlust an Transparenz/Durchschaubarkeit führen kann.

Inhaltsverzeichnis

  • 1. Kreditinstitute und Corporate Governance
  • 2. Transparenz und Kreditinstitute
  • 3. Das Internet als Offenlegungsmedium
  • 3.1. Neue europäische Verordnung und Richtlinien-Vorgängerbestimmungen
  • 3.2. Zwingende Internet-Offenlegung nach der (Bank-)Jahresabschlussrichtlinie
  • 3.3. Zwingende Internet-Offenlegung bei Vorhandensein von Internetseiten nach einer neuen europäischen Richtlinie
  • 4. Conclusio
  • 5. Literatur

1.

Kreditinstitute und Corporate Governance ^

[1]
Kreditinstitute (gleichbedeutend: Banken) werden auf der ganzen Welt mehr und minder intensiv vom Staat reguliert. Seit dem Ausbruch der Finanz- und Wirtschaftskrise im Jahr 2008 ist es wieder ein Mehr an Regulierung. Die Beweggründe für diese Regulierung sind u.a. die Bedeutung der Kreditinstitute für die Volkswirtschaft, die Komplexität und Intransparenz des Bankgeschäfts, seine Krisenanfälligkeit, der Schutz der Einleger sowie die Notwendigkeit, das Vertrauen in die einzelne Bank bzw. das Bankensystem als Ganzes aufrecht zu halten.1
[2]
Bereits vor der Finanz- und Wirtschaftskrise war die Corporate Governance von Kreditinstituten zunehmend ins Blickfeld gerückt.2 Sie wurde und wird zunehmend als etwas Spezielles aufgefasst.3 Selbst wenn nach Ansicht der Europäischen Kommission4 die Krise nicht unmittelbar Mängeln im System der Unternehmensführung, -steuerung und -kontrolle von Kreditinstituten anzulasten sei, so habe das Fehlen wirksamer Kontrollmechanismen doch wesentlich dazu beigetragen, dass Kreditinstitute überhöhte Risiken eingegangen seien. Die Finanz- und Wirtschaftskrise habe – so die Kommission5 – gezeigt, dass die Grundsätze der Corporate Governance im Sektor der Finanzdienstleistungen und insbesondere im Bankensektor keine ausreichende praktische Wirkung gehabt hätten. Zur Erklärung dieses Umstands seien mehrere Gründe zu nennen. Zum einen seien die bestehenden Grundsätze zu weit gefasst und nicht ausreichend präzise, zum anderen habe eine klare Zuteilung der Aufgaben und Verantwortlichkeiten bei der Durchführung der Grundsätze sowohl innerhalb der Kreditinstitute als auch in den Beziehungen mit der Aufsichtsbehörde gefehlt. Letztlich habe es auch am rechtlichen Charakter vieler Corporate Governance-Grundsätze gelegen, denen keine verbindliche Einhaltungspflicht zukomme. Dort, wo eine solche bestanden habe, fehlte es oft an abschreckenden Sanktionen.
[3]

Für den Bereich der Kreditinstitute gilt zunächst dasselbe grundsätzliche Verständnis von Corporate Governance wie auch sonst.6 Eine für diesen Bereich eigenständige Definition für Corporate Governance existiert nicht. Artikel 22 der Richtlinie 2006/48/EG verlangte schon in seiner Urfassung, «dass jedes Kreditinstitut über eine solide Unternehmenssteuerung verfügt, wozu eine klare Organisationsstruktur mit genau abgegrenzten, transparenten und kohärenten Verantwortungsbereichen, wirksame Verfahren zur Ermittlung, Steuerung und Überwachung und Meldung der Risiken, denen es ausgesetzt ist oder ausgesetzt sein könnte, sowie angemessene interne Kontrollmechanismen, einschließlich solider Verwaltungs- und Rechnungslegungsverfahren zählen.»7 Diese nähere inhaltliche Ausführung8 wurde durch die Änderungsrichtlinie 2010/76/EU9 um eine Vergütungspolitik und -praxis, die mit einem soliden und wirksamen Risikomanagement vereinbar und diesem förderlich ist, ergänzt. Der erweiterte Text ist beinahe wortident als Artikel 74 Abs. 1 in die Richtlinie 2013/36/EU10 eingegangen.11

[4]

Die nationalen wie übernationalen Gesetzgeber vertrauen im Bereich der Corporate Governance von Kreditinstituten seit Beginn der Krise deutlich weniger auf eine freiwillige Selbstverpflichtung. Diese sei nicht in jedem Fall das geeignete Instrument für eine gute Corporate Governance von Kreditinstituten.12 Einzelne Grundsätze, die für Nicht-Kreditinstitute später oder auf einer niedrigeren Verbindlichkeitsstufe in allgemeine, d.h. für alle börsenotierte Gesellschaften ausgelegten Corporate Governance-Kodizes eingeführt werden, werden bei Kreditinstituten früher eingeführt und/oder gleich von Anfang an gesetzlich verpflichtend gemacht. Diese Besonderheit gab es – wenn auch in geringerem Umfang – schon vor Beginn der Finanz- und Wirtschaftskrise.13

2.

Transparenz und Kreditinstitute ^

[5]

Das Thema Transparenz wurde bei Kreditinstituten «lange Zeit (äußerst) defensiv behandelt»14. Statt Transparenz – gemeint als die Durchschaubarkeit von Geschäften, Prozessen und Strukturen – stand Regulierung oder die Möglichkeit zur Regulierung im Vordergrund. Die Vertraulichkeit von Kreditgeschäftsbeziehungen, aber auch die Probleme bei der Bewertung komplexer Finanzprodukte als Bestandteile des Vermögens von Kreditinstituten führten beinahe zwangsläufig zur umfassenden Regulierung. Je mehr staatliche Regulierung bei Kreditinstituten existiere, umso weniger Bedeutung habe ein Corporate Governance-System, das auf die Wahrnehmung von Kontrollaufgaben durch Anteilseigner und andere Stakeholdergruppen setze.15

[6]
Im Laufe der Zeit hat sich diese negative Grundhaltung zur Transparenz bei Kreditinstituten «fundamental geändert».16 Weniger was eine Offenlegung einzelner Geschäftsbeziehungen anbelangt – das Bankgeheimnis verbietet eine solche –, sondern was die Darstellung der Geschäfte in Summe, die Struktur der Geschäfte sowie das System der Unternehmensführung, -steuerung und -kontrolle eines Kreditinstituts anbelangt. Über die Schaffung von Transparenzpflichten gelingt es, «eine zusätzliche Überwachungsschiene»17 zur staatlichen Regulierung einzurichten. Durch die Transparenzpflichten werde ein gewisser Disziplinierungsdruck auf die Kreditinstitute ausgeübt.
[7]

In Zusammenhang mit der Diskussion betreffend Kreditinstitute geht es bei Transparenz um die Darstellung der Geschäfte eines Kreditinstituts und seines Systems der Unternehmens-führung, steuerung und -kontrolle «nach bzw. von außen»18, sodass (aggregierte) Geschäfte und Corporate Governance-System auch für Außenstehende und nicht bloß für Insider durchschaubar werden. Das Mittel hierzu ist die Offenlegung, wobei der zum Firmenbuch einzureichende Jahresabschluss inklusive Lagebericht das traditionelle Offenlegungsinstrument ist und zwar nicht bloß für Kreditinstitute, sondern für alle Gesellschaften.19 Werden unterjährige oder anlassbezogene Offenlegungspflichten geschaffen, reicht eine Offenlegung im Jahresabschluss oder im Lagebericht nicht aus, um eine Durchschaubarkeit für Außenstehende zeitgerecht und fortlaufend zu gewährleisten. Es bedarf eines anderen Instruments.

[8]

Der Basler Ausschuss für Bankenaufsicht (Basel Committee on Banking Supervision)20 hat in mehreren Rahmenvereinbarungen21 eine Vielzahl von Kriterien festgeschrieben, die von Kreditinstituten eingehalten werden sollen. Diese Kriterien gilt es durch entsprechende Rechtsetzungsakte in den jeweiligen Rechtsräumen (Nationalstaaten bzw. Europäischen Union) für die Kreditinstitute rechtlich verbindlich zu machen. Die Eigenkapitalempfehlungen nach Basel II – vereinbart noch vor Ausbruch der Finanz- und Wirtschaftskrise – bestehen aus drei Säulen, deren erste (Mindesteigenkapitalanforderungen) und zweite (bankaufsichtlicher Überprüfungsprozess) durch eine erweiterte Offenlegung als dritte Säule ergänzt werden.22 Die «Erweiterung» besteht insbesondere darin, dass Informationen zu den wesentlichen Elementen des Risikomanagements sowie zur Organisations- und Geschäftsstruktur eines Kreditinstituts, somit Informationen zum Corporate Governance-System, offenzulegen sind.23 Basel III stellt eine Reform bzw. Weiterentwicklung der Bankenregulierung nach Basel II dar. Für Kreditinstitute steigt durch diese Rahmenvereinbarung u.a. der Eigenkapitalbedarf. Damit wurden materielle, inhaltliche Vorgaben verschärft. Im Gegenzug wurden Transparenzpflichten nicht zurückgefahren.24

[9]

Obwohl eine gewisse Ernüchterung über die Wirksamkeit der bei Kreditinstituten in der Praxis anzutreffenden Corporate Governance-Systeme im Verlauf der Finanz- und Wirtschaftskrise eingetreten ist25, kann in der Offenlegung doch ein zentrales Instrument zur Verbesserung der Corporate Governance von Kreditinstituten gesehen werden.26 Durch die Arbeit an der Erfüllung diesbezüglicher Veröffentlichungspflichten und durch das Sich-Hineinversetzen in den Empfänger von Informationen werden allfällig bestehende Defizite u.U. erst für jene ersichtlich, die über das konkrete System der Unternehmensführung, -steuerung und -kontrolle berichten sollen. Gleichwohl ist der mit der Erfüllung der Transparenzpflichten verbundene Aufwand nicht zu unterschätzen.27

3.

Das Internet als Offenlegungsmedium ^

3.1.

Neue europäische Verordnung und Richtlinien-Vorgängerbestimmungen ^

[10]

Ein Grundsatz der speziellen Transparenzpflichten für Kreditinstitute war bislang, dass das Medium für die Offenlegung von den Kreditinstituten prinzipiell frei wählbar, jedoch möglichst durchgängig anzuwenden ist. Einzige Voraussetzung nach den europarechtlichen Vorschriften war, dass das Medium allgemein zugänglich ist.28 Insofern wäre das Internet für die Erfüllung der speziellen Transparenzpflichten für Kreditinstitute prädestiniert. Daran hat nun auch Artikel 434 der neuen europäischen Capital Requirements Regulative (CRR)29 nichts geändert. Eingefügt wurde in diese Verordnung, die insoweit30 die Artikel 145 bis 149 sowie den Anhang XII der Richtlinie 2006/48/EG ersetzt, aber ein Satz, wonach bei Veröffentlichung einer Information in zwei oder mehr Medien, in jedem Medium auf die gleichlautende Information in dem anderen Medium/ in den anderen Medien zu verweisen ist. Bei entsprechender Offenlegung im Jahresabschluss oder im Lagebericht galten nach der Richtlinie 2006/48/EG die speziellen Transparenzpflichten als erfüllt. Falls die offenlegungspflichtigen Informationen nicht im Jahresabschluss oder im Lagebericht angegeben wurden, war nach Artikel 148 Abs. 2 der Richtlinie dort die entsprechende Fundstelle anzugeben.31 Dieses «System» wurde mit Artikel 434 Abs. 2 CRR in die Nachfolge-Verordnung übernommen.

[11]

Artikel 146a der Richtlinie 2006/48/EG – welcher erst durch die Änderungsrichtlinie 2011/89/EU32 in die Richtlinie eingefügt wurde – sah vor, dass Finanzkonglomerate einmal jährlich entweder vollständig oder durch Verweis auf gleichwertige Informationen eine Beschreibung ihrer Rechtsstruktur sowie ihrer Governance- und Organisationsstruktur zu veröffentlichen haben. Art. 435 Abs. 2 CRR verlangt, dass Kreditinstitute hinsichtlich ihrer Corporate Governance-Systeme regelmäßig, mindestens jedoch einmal jährlich aktualisierend folgende Informationen offenlegen: die Anzahl der von Mitgliedern des Leitungsorgans bekleideten Leitungs- und Aufsichtsfunktionen, die Strategie für die Auswahl von Leitungsorganen, die Diversitätsstrategie einschließlich allfälliger Zielvorgaben und des Zielerreichungsgrades, die Angabe, ob ein separater Risikoausschuss gebildet worden ist und falls ja, die Anzahl der stattgefundenen Ausschusssitzungen sowie die Beschreibung des Informationsflusses des Leitungsorgans bei Fragen des Risikos. Das Mindestintervall von einem Jahr eröffnet auch hier die Möglichkeit zur Verwendung des Jahresabschlusses bzw. des Lageberichts.

[12]
Zusammenfassend kann gesagt werden, dass die das Corporate Governance-System betreffenden speziellen Transparenzpflichten für Kreditinstitute sowohl nach der neuen CRR als auch nach der alten Vorgänger-Richtlinie 2006/48/EG eine Offenlegung mittels Internet nicht zwingend vorsehen. Die entsprechenden Regelungen waren und sind so konstruiert, dass der Jahresabschluss bzw. der Lagebericht zur Erfüllung der Transparenzpflichten in den meisten Fällen Verwendung finden kann.

3.2.

Zwingende Internet-Offenlegung nach der (Bank-)Jahresabschlussrichtlinie ^

[13]

Eine allgemeine, d.h. nicht allein auf Kreditinstitute bezogene Transparenzpflicht betreffend das Corporate Governance-System ergibt sich aus Artikel 46a der alten Jahresabschlussrichtlinie.33 Dabei wurde Artikel 46a erst im Jahr 2006 durch die Änderungs-Richtlinie 2006/46/EG34 eingefügt. Nach dieser Regelung hatten (und haben) börsenotierte Gesellschaften verpflichtend eine Corporate Governance-Erklärung abzugeben. Mit dieser Erklärung sollen Anleger Grundsätzliches über das System der Unternehmensführung, -steuerung und -kontrolle bei diesen Gesellschaften erfahren, insbesondere ob und inwieweit ein allgemeiner Corporate Governance-Kodex von der Gesellschaft eingehalten wird. Die Nicht-Einhaltung eines Kodex bzw. die Nicht-Einhaltung einzelner Regeln des Kodex war offenzulegen und zu begründen. Die neue Bilanz-Richtlinie der Europäischen Union35, welche bis längstens 20. Juli 2015 von den Mitgliedstaaten umzusetzen ist, sieht diese Verpflichtung weiterhin vor. Aufgrund von Artikel 1 Abs. 1 der Banken-Jahresabschlussrichtlinie36 galt/gilt diese Verpflichtung auch für börsenotierte Kreditinstitute.

[14]

Als Ort für die Corporate Governance-Erklärung ist europarechtlich zunächst der Lagebericht vorgesehen.37 Die Mitgliedstaaten der Europäischen Union können jedoch vorsehen, dass die Corporate Governance-Erklärung nicht im Lagebericht, sondern in einem gesonderten Bericht, der zusammen mit dem Lagebericht offengelegt wird, oder – sofern im Lagebericht darauf Bezug genommen wird – auf den Internetseiten des Unternehmens erfolgt.38 In Österreich hat man sich für einen gesonderten Bericht neben dem Lagebericht, der gleichzeitig mit dem Lagebericht zum Firmenbuch einzureichen ist, entschieden.39 Die reine Internetvariante wurde nicht gewählt.40 Jedoch haben börsenotierte Aktiengesellschaften in Österreich nach § 108 Abs. 4 Z 2 Aktiengesetz41 zwingend ihren Jahresabschluss, ihren Lagebericht und ihren Corporate Governance-Bericht auf ihren Internetseiten zu veröffentlichen.42 Jahresabschluss, Lagebericht und Corporate Governance-Bericht müssen dabei jedoch nicht ständig, sondern nur für einen begrenzten Zeitraum vor, während und nach der Hauptversammlung verfügbar sein.43 Zu beachten ist, dass es die gesetzliche Verpflichtung zur Unterhaltung eigener Internetseiten für börsenotierte Gesellschaften in Österreich erst seit der Umsetzung der Aktionärsrechte-Richtlinie44, also seit dem Aktienrechts-Änderungsgesetz 2009 gibt.45

[15]

Kurz gesagt: Auch wenn Österreich die nach der diesbezüglichen europarechtlichen Vorgabe mögliche reine Internetvariante für die Veröffentlichung des Corporate Governance-Berichts nicht gewählt hat, so ist der Corporate Governance-Bericht einer börsenotierten Gesellschaft und – wenn es sich um ein Kreditinstitut handelt – der Corporate Governance-Bericht eines börsenotierten Kreditinstituts doch zwingend für einen bestimmten Zeitraum auf den Internetseiten des Unternehmens zur Verfügung zu stellen.46

3.3.

Zwingende Internet-Offenlegung bei Vorhandensein von Internetseiten nach einer neuen europäischen Richtlinie ^

[16]
Die Capital Requirements Regulative (CRR) kann und darf nicht isoliert betrachtet werden. Erst zusammen mit der zeitgleich erlassenen Richtlinie 2013/36/EU, Capital Requirements Directive IV (CRD IV) genannt, bildet sie den aktuellen Rechtsrahmen für den Zugang zur Tätigkeit, den Aufsichtsrahmen und die Aufsichtsvorschriften für Kreditinstitute – und damit für die spezifischen Corporate Governance-Anforderungen bei Kreditinstituten inklusive dazugehörender Transparenzvorschriften.
[17]

Die Corporate Governance-Anforderungen finden sich in der CRD IV zentral im 2. Abschnitt des zweiten Kapitels. Dieser Abschnitt ist mit «Regelungen, Verfahren und Mechanismen der Institute» überschrieben. Artikel 74 Abs. 1 CRD IV beschreibt das Corporate Governance-System eines Kreditinstituts allgemein. Darin ist eine nähere inhaltliche Ausführung47 zu sehen. Die Entsprechungstabelle in Anhang 2 zeigt, dass Artikel 74 dem ehemaligen Artikel 22 Abs. 1 der Richtlinie 2006/48/EG48 entspricht. Eine Entsprechungstabelle findet sich nicht nur in der CRD IV, sondern auch in der CRR. Betrachtet man diese beiden Entsprechungstabellen, so ist zu erkennen, dass der Großteil der Governance-Bestimmungen der Richtlinie 2006/48/EG in die CRR und nicht in die CRD IV transferiert worden ist.49 Die speziellen Aspekte der Corporate Governance-Anforderungen in der CRD IV sind sohin primär solche, die sich so noch nicht in der Richtlinie 2006/48/EG gefunden haben.

[18]

Wesentlich für die Frage der Transparenz des Corporate Governance-System ist, dass durch Artikel 96 CRD IV eine neue Corporate Governance bezogene Transparenzpflicht in Zusammenhang mit dem Internet geschaffen worden ist. Artikel 96 CRD IV ist mit «Betrieb einer Website über die Unternehmensführung und -kontrolle und die Vergütung» überschrieben. Nach diesem Artikel haben Kreditinstitute, die eine Website betreiben, darauf zu erläutern, wie sie die Corporate Governance-Anforderungen der Artikel 88 bis 95 dieser Richtlinie erfüllen, also die Modalitäten. Artikel 96 CRD IV wurde in Österreich durch § 65a BWG i.d.F. BGBl I Nr. 184/2013 in innerstaatliches Recht umgesetzt und lautet: «Kreditinstitute haben auf ihrer Internet-Seite zu erörtern, auf welche Art und Weise sie die Bestimmungen der §§ 5 Abs. 1 Z 6 bis 9a, 29, 39b, 39c, 64 Abs. 1 Z 18 und 19 und der Anlage zu 39b einhalten.» Durch die etwas andere sprachliche Formulierung des BWG wird innerstaatlich gleichwohl nicht die Verpflichtung für sämtliche Kreditinstitute geschaffen, Internetseiten zu unterhalten.50 Die Materialien stellen dies auch klar.51 Die Erläuterung der Einhaltung gesetzlicher Corporate Governance-Anforderungen der Artikel 88 bis 95 CRD IV (bzw. der genannten Bestimmungen des BWG) sollen nicht bloß einmal jährlich bereitgestellt werden. Änderungen sind folglich sofort auf den Internetseiten bekanntzumachen. Die einmal jährlich zu erstellenden Jahresabschlüsse, Lageberichte und Corporate Governance-Berichte kommen hierfür nicht in Frage, auch wenn sie auf den Internetseiten eingestellt sind bzw. bei börsenotierten Kreditinstituten dort für einen bestimmten – kurzen – Zeitraum eingestellt sein müssen.

4.

Conclusio ^

[19]
Artikel 96 CRD IV sieht zwingend die Erläuterung der Einhaltung bestimmter gesetzlicher Corporate Governance-Anforderungen von Kreditinstituten im Internet vor, sofern die Kreditinstitute über eigene Internetseiten verfügen.
[20]
Anders verhält es sich mit dem Corporate Governance-Bericht nach § 243b UGB. Einen solchen Bericht müssen börsenotierte Gesellschaften – also auch Kreditinstitute, die in der Rechtsform einer Aktiengesellschaft agieren und deren Aktien börsenotiert sind – nicht nur gemeinsam mit dem Jahresabschluss und dem Lagebericht zum Firmenbuch einreichen; der Corporate Governance-Bericht muss darüber hinaus für einen bestimmten Zeitraum auf den Internetseiten der Gesellschaft bereitgestellt sein. Zu Internetseiten sind börsenotierte Kreditinstitute gesetzlich verpflichtet.
[21]
Die Offenlegung der Transparenzverpflichtungen nach der CRR soll durchgängig in einem Medium geschehen. In den meisten Fällen wird in der CRR auf eine jährliche Offenlegung abgestellt, sodass die Möglichkeit einer Offenlegung im Jahresabschluss bzw. im Lagebericht in Frage kommt. Eine Nutzung des Internet ist für die Kreditinstitute nach der CRR nicht zwingend vorgeschrieben.
[22]
Was sind nun die Konsequenzen aus all dem?
[23]
In der Praxis empfiehlt es sich auf der Internetseite eines Kreditinstituts einen Unterbereich «Corporate Governance» zu schaffen, mit dem Artikel 96 CRD IV bzw. § 65a BWG nachgekommen wird. Gleichzeitig sollten dort auch der Jahresabschluss, der Lagebericht und ein allfälliger Corporate Governance-Bericht eingestellt sein, sodass – obwohl die einzelnen rechtlichen Bestimmungen (europarechtlich wie national), was die Offenlegung mittels Internet anbelangt, nicht aufeinander abgestimmt sind – die Einhaltung sämtlicher gesetzlicher Corporate Governance-Anforderungen bei Kreditinstituten im Internet ersichtlich wird – und zwar in einem eigenen Bereich und nicht über mehrere Bereiche/Stellen verstreut.

5.

Literatur ^

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Christian Szücs

FH-Professor, Fachhochschule Oberösterreich, Standort Linz

Garnisonstraße 21, 4020 Linz, AT

christian.szuecs@fh-linz.at; http://www.fh-ooe.at/campus-linz/

 


  1. 1 Vgl. Wohlmannstetter, Corporate Governance von Banken, in: Hommelhoff/Hopt/v.Werder (Hrsg.), Handbuch Corporate Governance, 2. Auflage, O. Schmidt, Köln, S. 916 (2009).
  2. 2 So Mühlbert, Corporate Governance von Banken, ZHR S. 1 (2009).
  3. 3 Es wird von der Notwendigkeit einer bankspezifischen Corporate Governance gesprochen (Wohlmannstetter, Fn. 1, S. 906), u.a. mit der Folge, dass in Deutschland bereits ein eigenes, 800 Seiten starkes Handbuch vorliegt (Hopt/Wohlmannstetter (Hrsg.), Handbuch Corporate Governance von Banken, C.H. Beck, München, 2011).
  4. 4 Europäische Kommission, Grünbuch «Corporate Governance in Finanzinstituten und Vergütungspolitik», KOM (2010) 284 endgültig, S. 2.
  5. 5 Ebenda, S. 6.
  6. 6 Auch die Formulierung «Sonderregelungen für Banken und Versicherungen bleiben vom Kodex unberührt» auf S. 14 im Österreichischen Corporate Governance-Kodex spricht nicht für das Gegenteil. Damit ist nur gemeint, dass dort, wo keine Sonderregelungen für Banken und Versicherungen bestehen, die allgemeinen Regelungen des Österreichischen Corporate Governance-Kodex zur Anwendung gelangen sollen.
  7. 7 Richtlinie 2006/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2006 über die Aufnahme und Ausübung der Tätigkeit der Kreditinstitute, ABl. L 177 vom 30. Juni 2006, S. 19.
  8. 8 Es handelt sich dabei um keine auf Kreditinstitute zugeschnittene Legaldefinition von Corporate Governance (so jedoch Sauerzopf, Corporate Governance für Kreditinstitute im europäischen Kodext, ÖBA S. 609 (2009)).
  9. 9 Richtlinie 2010/76/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 zur Änderung der Richtlinien 2006/48/EG und 2006/49/EG im Hinblick auf die Eigenkapitalanforderungen für Handelsbuch und Wiederverbriefungen und im Hinblick auf die aufsichtliche Überprüfung der Vergütungspolitik, ABl. L 329 vom 14. Dezember 2010, S. 9.
  10. 10 Richtlinie 2013/36/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 über den Zugang zur Tätigkeit von Kreditinstituten und die Beaufsichtigung von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen, zur Änderung der Richtlinie 2002/87/EG und zur Aufhebung der Richtlinien 2006/48/EG und 2006/49/EG, ABl. L 176 vom 27. Juni 2013, S. 338.
  11. 11 Anstatt von einer soliden Unternehmenssteuerung spricht Artikel 74 von soliden Regeln für die Unternehmensführung und -kontrolle. Die englischen Fassungen der beiden Richtlinien formulieren gleich mit «governance arrangements».
  12. 12 Vgl. Sauerzopf, Fn. 8, S. 611.
  13. 13 Man denke beispielsweise an die Cooling-Off-Periode für den Wechsel vom Vorstand(svorsitz) in den Aufsichtsrat (zur Situation in Österreich u.a. Ruhm/Schopper, Gesetzliche Corporate Governance für Organe von Kreditinstituten – Neuerungen durch die Aufsichtsreform 2007, ZFR S. 44 (2008) sowie Augustin, Abkühlphase beim Wechsel eines Vorstandsmitglieds in den Aufsichtsrat, GeS S. 11 (2013)).
  14. 14 Merkt, Transparenz der Banken und des Bankgeschäfts als Elemente der Corporate Governance von Banken, in: Hopt/Wohlmannstetter (Hrsg.), Handbuch Corporate Governance von Banken, C. H. Beck, München, S. 117 (2011).
  15. 15 Sog. Substitutionshypothese (dazu Wohlmannstetter, Fn. 1, S. 916 f.).
  16. 16 Merkt, Fn. 14, S. 118.
  17. 17 Blume, Offenlegung nach Basel II, ZFR S. 69 (2006).
  18. 18 Merkt, Fn. 14, S. 119.
  19. 19 Grundlegend Grünberger/Klein, Offenlegung im Bankabschluss. Basel II Säule 3 und IFRS: Synergien und Praxishinweise, Verlag Neue Wirtschafts-Briefe, Herne (2008).
  20. 20 Dessen Mitglieder sind die Zentralbanken und die Bankenaufsichtsbehörden einer Reihe von Nationalstaaten (ursprünglich jene der G 10-Länder) sowie die Europäische Kommission, die European Banking Authority und die Europäische Zentralbank (Mitgliederliste unter: https://www.bis.org/bcbs/membership.htm).
  21. 21 Basel I, Basel II und Basel III genannt.
  22. 22 Vgl. Merkt, Fn. 14, S. 118.
  23. 23 Dazu Hysek/Lembeck, Die nationale Umsetzung von Basel II in Österreich (Teil 2), ZFR S. 37 (2007).
  24. 24 Wie es die Substitutionshypothese nahelegen würde.
  25. 25 Siehe dazu die Ausführungen der Europäischen Kommission oben unter 1.
  26. 26 So Merkt, Fn. 14, S. 136.
  27. 27 In diesem Sinne bereits Messner, Offenlegungserfordernisse für Banken nach Basel II (Säule 3) und IFRS – Die doppelte Herausforderung, ÖBA S. 866 (2006), die auf einen deutschen Literaturbeitrag verweist, in dem überspitzt die Frage gestellt wird, ob Rechnungslegung und Offenlegung damit nicht zum Hauptzweck von Kreditinstituten werden.
  28. 28 Vgl. Hysek/Lembeck, Fn. 23, S. 38.
  29. 29 Verordnung (EU) Nr. 575/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 über die Aufsichtsanforderungen an Kreditinstitute und zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 646/2012, ABl. L 176 vom 27. Juni 2013, S. 255.
  30. 30 Gemeint: die Offenlegungspflichten von Kreditinstituten betreffend.
  31. 31 Vgl. Blume, Fn. 17, S. 72 f.
  32. 32 Richtlinie 2011/89/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. November 2011 zur Änderung der Richtlinien 98/78/EG, 2002/87/EG, 2006/48/EG und 2009/138/EG hinsichtlich der zusätzlichen Beaufsichtigung der Finanzunternehmen eines Finanzkonglomerats, ABl. L 326 vom 8. Dezember 2011, S. 113.
  33. 33 Vierte Richtlinie des Rates vom 25. Juli 1978 aufgrund von Artikel 54 Absatz 3 Buchstabe g) des Vertrages über den Jahresabschluss von Gesellschaften bestimmter Rechtsformen (78/660/EWG), ABl. L 222 vom 14. August 1978, S. 11.
  34. 34 Richtlinie 2006/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2006 zur Änderung der Richtlinien des Rates 78/660/EWG über den Jahresabschluss von Gesellschaften bestimmter Rechtsformen, 83/349/EWG über den konsolidierten Abschluss, 86/635/EWG über den Jahresabschluss und den konsolidierten Jahresabschluss von Banken und anderen Finanzinstituten und 91/674/EWG über den Jahresabschluss und den konsolidierten Jahresabschluss von Versicherungsunternehmen, ABl. L 224 vom 16. August 2006, S. 1.
  35. 35 Richtlinie 2013/34/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 über den Jahresabschluss, den konsolidierten Jahresabschluss und damit verbundene Berichte von Unternehmen besonderer Rechtsform und zur Änderung der Richtlinie 2006/43/EG des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung der Richtlinien 78/660/EWG und 83/349/EWG des Rates, ABl. L 182 vom 29. Juni 2013, S. 19.
  36. 36 Richtlinie des Rates vom 8. Dezember 1986 über den Jahresabschluss und den konsolidierten Abschluss von Banken und anderen Finanzinstituten (86/635/EWG), ABl. L 372 vom 31. Dezember 1986, S. 1.
  37. 37 Artikel 46a Abs. 1 der Jahresabschlussrichtlinie sowie Artikel 20 Abs. 1 der neuen Bilanz-Richtlinie.
  38. 38 Jeweils Abs. 2 der in Fn. 37 genannten Artikel.
  39. 39 Siehe §§ 243b und 277 UGB.
  40. 40 Dazu Heindl/Szücs Ch., Internet, Corporate Governance und Recht, in: Schweighofer (Hrsg.), Semantisches Web und Soziale Netzwerke im Recht, IRIS 2009, S. 61 (2009).
  41. 41 In Verbindung mit Abs. 3 dieses Paragraphen.
  42. 42 Haben sie keine Internetseiten, so haben sie solche einzurichten.
  43. 43 Ab dem 21. Tag vor der Hauptversammlung bis einen Monat nach der Hauptversammlung.
  44. 44 Richtlinie 2007/36/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Juli 2007 über die Ausübung bestimmter Rechte von Aktionären in börsennotierten Gesellschaften, ABl. L 184 vom 14. Juli 2007, S. 17.
  45. 45 Dazu ausführlich Heindl/Szücs, Ch., Internet und Gesellschaftsrecht: Aktienrechts-Änderungsgesetz 2009, jusIT S. 1 ff. und S. 41 ff. (2010).
  46. 46 In der Praxis dürften die Gesellschaften die Corporate Governance-Berichte länger als gesetzlich verlangt auf den Internetseiten eingestellt lassen.
  47. 47 Dazu schon oben unter 1.
  48. 48 Die Entsprechungstabelle im Anhang 2 der deutschen Fassung schreibt irrtümlicherweise «Verordnung 2006/48/EG» anstatt richtig «Richtlinie 2006/48/EG». In der englischen Fassung heißt es richtig «Directive 2006/48/EC».
  49. 49 Was die Bevorzugung der Regelungstechnik «Verordnung» vor der Regelungstechnik «Richtlinie» in diesem Bereich bedeutet.
  50. 50 In der Praxis wird es in Österreich kaum noch Kreditinstitute geben, die über keine eigenen Internetseiten verfügen (Stichwort: e-banking).
  51. 51 ErläutRV2438 BlgNR 24. GP 25: «[…] wenn das betroffene Kreditinstitut eine Internet-Seite betreibt.»