Jusletter IT

Prozesstransparenz, Nachvollziehbarkeit und nutzerorientierte Akzeptanzsicherung in (Verwaltungs-)Netzwerken

  • Authors: Andreas Wiesner-Steiner / Margit Scholl / Peter Ehrlich
  • Category: Articles
  • Region: Germany
  • Field of law: Wissensbasiertes Prozessmanagement in Verwaltungsnetzwerken
  • Collection: Tagungsband IRIS 2014
  • Citation: Andreas Wiesner-Steiner / Margit Scholl / Peter Ehrlich, Prozesstransparenz, Nachvollziehbarkeit und nutzerorientierte Akzeptanzsicherung in (Verwaltungs-)Netzwerken, in: Jusletter IT 20 February 2014
Um genaue Erkenntnisse zur Qualität, Transparenz und Nachvollziehbarkeit von Verwaltungs- und Behördenangeboten zu gewinnen und die Akzeptanz bei den Nut-zern und Nutzerinnen zu erhöhen, haben wir das auf Robert S. Taylor aufbauende TEDS-Framework der iSchool (University of Washington) in die Moodle Lernplatt-form der TH Wildau integriert. Anhand von ersten empirischen Ergebnissen dieser von uns entwickelten Evaluationsaktivität TEDS*MOODLE erläutern wir die Mög-lichkeiten unserer Integrationsapplikation. Die Ergebnisse der evaluierten Moodle-Kursräumen zu den Lehrgebieten «E-Government» und «Verwaltungsmodernisie-rung» verweisen auf weitere Einsatzgebiete in Verwaltungsnetzwerken und im E-Government und adressieren damit Kernbedürfnisse nach Akzeptanzsicherung auch in diesen Bereichen.

Inhaltsverzeichnis

  • 1. Einleitung
  • 2. Herausforderungen im E-Government
  • 3. TEDS-Methode und Evaluation von Informationsartefakten
  • 3.1. Die Kursräume
  • 4. Evaluationsergebnisse
  • 4.1. Ergebnisse zum Moodle-Kursraum
  • 4.2. Ergebnisse zum Moodle-Kursraum
  • 5. Diskussion und Fazit
  • 6. Quellen
  • 7. Index der Abkürzungen:

1.

Einleitung ^

[1]
Wie sind in der Zeit von weltweiten NSA-Skandalen und gesteigerten deutschen Datenschutz-Ängsten kundenfreundliche Interaktionen innerhalb von Regierungs- und Verwaltungsnetzwerken herzustellen? Welche Prozesse müssen hier in welcher Transparenz den Bürgerinnen und Bürgern vermittelt werden? Zur Beantwortung dieser Fragen und zur Schaffung von Akzeptanz ist der Einbezug der Bedürfnisse menschlicher Akteure als Nutzer und Nutzerinnen technischer Systeme von zentraler Bedeutung.
[2]
Um die Akzeptanz im Umgang mit E-Government-Angeboten zu erhöhen, die wir als «Informationsartefakte» (IA) verstehen, haben wir das TEDS-Framework in die MOODLE Lernplattform der Technischen Hochschule Wildau integriert. Der methodische Hintergrund inklusive unserer ursprünglichen Forschungsfragen ist in Scholl et. al. (2014 a) beschrieben. Die Applikation TEDS* MOODLE war zum Wintersemester 2013/14 samt didaktischer und technischer Unterstützung voll einsatzfähig und wurde in zwei unterschiedlichen Lehrveranstaltungen mit jeweils 40 Studierenden getestet. Diese studentischen Evaluationen waren freiwillig. Anhand von diesen ersten empirischen Evaluationsergebnissen zeigen wir, wie sich einzelne Angebote nutzerorientiert bewerten und begründet verbessern lassen. Damit geben wir konkrete Hinweise für die durch die Inklusion von Bürgern, Bürgerinnen und ihre Interaktion mit elektronischen Angeboten möglich werdende Verbesserung von E-Government-Dienstleistungen. Wir skizzieren, wie Bürger und Bürgerinnen (analog zu unserem Fall von Studierenden aus «Verwaltung und Recht» an der TH Wildau) zu aktiven Mitgestaltern solcher Dienstleistungen werden, und gleichzeitig Transparenz und Nachvollziehbarkeit in Verbindung mit ihren Bedürfnissen bei der Nutzung von Informationssystemen (IS) erfahren können. Damit wiederum adressieren wir die Erfüllung von Kernbedürfnissen, die heute auch mit dem Themenfeld E-Government und speziell mit elektronischen Dienstleistungen von Verwaltungsnetzwerken verbunden sind.

2.

Herausforderungen im E-Government ^

[3]

Die konkrete Interaktion zwischen Bürgern und öffentlicher Verwaltung hat sich mit der Fortentwicklung der IT-Infrastrukturen in den vergangenen Jahren enorm gewandelt. Unter E-Government wird heute die Durchführung von Prozessen der öffentlichen Willensbildung, der Entscheidung und der Leistungserstellung in Politik, Staat und Verwaltung unter sehr intensiver Nutzung der Informationstechnik verstanden.1 Elektronische Verwaltungsdienste und E-Government-Angebote ermöglichen es laut aktueller internationaler Zukunftsstudie des Münchner Kreis e.V. (2013, 224), Verwaltungsangelegenheiten orts- und zeitunabhängig im Internet zu erledigen und Behördenbesuche zu reduzieren. Im Idealfall tragen IA wie Onlineausweisfunktion, elektronische Bezahlverfahren, die elektronische Steuererklärung ELSTER oder das Beantragen des Führungszeugnisses über das Internet dabei zum Abbau von Bürokratie und zur Zufriedenheit der Bürger bei.

[4]
Die Studie unterteilt die zukünftige Bedürfniswelt im Feld E-Government in vier übergreifende Kernbedürfnisse: Einfachheit und Spontaneität, Transparenz der Prozesse, Persönliche Interaktion und politischer Einfluss. Im Rahmen dieser Kernbedürfnisse lassen sich wiederum unterschiedliche Bedürfnismuster gewichten. So stehen einfache und zuverlässige Prozesse an erster Stelle, gefolgt von einem individuellen Informationsservice, sicheren und vertrauenswürdigen Anwendungen und ebenso persönlicher wie aktiver Einbindung, welche Mitsprache «auf Augenhöhe» ermöglicht (Münchner Kreis 2013, 232).
[5]
Definieren sich einfache und zuverlässige Prozesse u.a. durch Nachvollziehbarkeit und Transparenz sowie Flexibilität und Zuverlässigkeit, liegt der Fokus bei individuellem Informationsservice auf Informationen, die den Nutzern proaktiv und individuell bereitgestellt werden. Sichere und vertrauliche Anwendung hingegen fokussieren nach Einschätzung des Münchner Kreises die Informationssicherheit und den Datenschutz sowie die sichere Archivierung relevanter Informationen. Persönliche und aktive Einbindung ist auf die Dimensionen Wertschätzung und Achtung sowie die Möglichkeit der aktiven Mitgestaltung von Prozessen und Leistungen bezogen, während Mitsprache auf Augenhöhe vor allem den Wunsch nach freier Meinungsäußerung und Benutzerfreundlichkeit thematisiert (a.a.O., 234).
[6]
Trotz weltweiter Unterschiede lässt sich ein genereller Bedürfnistrend nach einfachen, schnellen und vertrauenswürdigen Prozessen festhalten. Und nach wie vor ist ein Mehr an Kundenfreundlichkeit eine wichtige Herausforderung für die zukünftige Interaktion zwischen Verwaltung und Bürgern. Nach den Autoren der Münchner Studie ist als Konsequenz zu prüfen, «durch welche neuen innovativen Serviceleistungen oder organisatorischen Veränderungen dieser Wunsch auf Seiten der Verwaltung realisierbar ist (...).» (Münchner Kreis 2013, 34).
[7]
Die Bürger erwarten aus unserer Sicht somit, dass die von ihnen im Privat- und Berufsleben genutzten modernen Gestaltungs- und Interaktionsmöglichkeiten in differenzierter Weise als «didaktisch-elektronische Akteure» (vgl. Wiesner-Steiner et. al. 2009) auch in der Kommunikation mit den Behörden zur Verfügung stehen. IA – begriffen als Bausteine elektronisch gesteuerter Verwaltungsprozesse – beeinflussen, verändern und kanalisieren aus dieser Technik und Soziales nicht trennenden sondern einenden Perspektive das Handeln und Verhalten von Bürgern und Bürgerinnen. Das Trendbarometer des aktuellen «eGovernment MONITOR» verweist trotz gestiegener Ansprüche allerdings gleichzeitig auf eine rückgängige Nutzung von Angeboten, die mit einer rückläufigen Zufriedenheit von Verwaltungsangeboten und einem drastischen Anstieg der Furcht vor Datendiebstahl einhergeht (eGovernment MONITOR 2013, 9).
[8]

Will man diesen Herausforderungen gerecht werden, erfordert dies nicht nur eine höhere Medienkompetenz aller Beteiligten, sondern auch eine Überprüfung der eingesetzten Instrumente und ihres Zusammenspiels. Obwohl es erste methodische Ansätze gibt, sog. Open Government Data-Infrastrukturen (OGD-I) auf Landesebene wie für individuelle Regierungsinstitutionen zu evaluieren (Ubaldi 2013), existieren bislang nur wenige Ansätze für ein Verständnis dafür, welche Werte durch OGD-I generiert werden (vgl. Charalabidis et al. 2014; Solar et al. 2013). Hier könnte unser Integrationsprodukt TEDS*MOODLE auch für E-Government Plattformen und deren Inhalte als IA mit entsprechenden Verwaltungsangeboten genutzt werden, um die Angebote gezielt nach einzelnen spezifischen Nutzungsbereichen (Szenarios) und konkreten Zielgruppen (Personae) kampagnenmäßig oder auch kontinuierlich feingliedrig bewerten zu lassen und begründet verbessern zu können. Die Verwaltung würde konkrete Hinweise für die Verbesserung der angebotenen IA erhalten und Bürger wie Bürgerinnen würden zu aktiven Mitgestaltern der Informationsangebote und ihres Designs werden. Ihre Bedürfnisse und ihr Wissen würden online fruchtbar gemacht2.

3.

TEDS-Methode und Evaluation von Informationsartefakten ^

[9]

Das ursprüngliche TEDS-Framework (vgl. H.-J. Scholl et al. 2011; 2012; H.-J. Scholl 2013) ist grundsätzlich offen für jede Art von IA, sei es ein Buch, eine Zeitung, TV Werbung, Websites, Dokumente oder OGD-I. Auch die von uns abgeleitete TEDS*MOODLE Integration ist nicht auf den akademischen Sektor begrenzt und lediglich als erster konkreter Anwendungsbereich zu verstehen An anderer Stelle (M. Scholl et.al. 2014 a/b) gehen wir auf die An- und Herausforderungen ein, die mit der Integration des TEDS-Frameworks in die MOODLE-Lernplattform verbunden waren und zeigen unsere Integrationslösung als Beitrag zur konkreten Anwendungsweiterentwicklung, die in dieser elektronisch-basierten Form als kontextsensitive Operationalisierung und Konkretisierung des flexiblen Instruments TEDS-Framework weltweit bislang einmalig ist. Das adaptierte TEDS-Framework enthält zusammenfassend folgendes aufeinander aufbauende Vorgehen:

  • Identifikation von sog. Personae mit ihren konkreten Wünschen, Bedürfnissen, Werten und Glaubenssystemen. Personae beschreiben dabei Gruppen von Akteuren, die im Rahmen von gleichen Kontexten und Informationsumgebungen mit gleichen Bedürfnissen handeln.
  • Identifikation spezifischer Szenarios und ihre Verwendung als hypothetische Archetypen kontextueller menschlicher Handlungen.
  • Evaluation eines IA entlang von 6 Hauptkategorien: Benutzerfreundlichkeit, Herausfiltern von Störungen, Qualität, Anpassbarkeit, zusätzliche Leistungen, emotionale Wahrnehmung. Diese Hauptkategorien sind von uns in 34 Unterkriterien unterteilt, die für die an den Bewertungen Beteiligten in einem hohen Maße selbsterklärend sein müssen.
  • Diskussion der Ergebnisse und Erstellung detaillierter Verbesserungsvorschläge für das Design des untersuchten IA.
[10]
Nach dem TEDS-Framework wurde in einem ersten Schritt zunächst festgelegt, was als IA festgelegt und bewertet werden soll. Ein weiterer wichtiger Schritt bestand darin, ein Referenz-IA zu finden, das als aussagekräftige Vergleichsbasis (genannt «Anker») für die eigentliche Bewertung genutzt werden kann und mit der die Bewertungen «eingeübt» werden. Der Anker kann beispielsweise eine vergleichbare Webseite einer anderen Lernplattform sein, die als hervorragend gelungen (positiver Anker) oder besonders schlecht (negativer Anker) identifiziert wird.
[11]
Um Abweichungen und Beurteilungsunterschiede zu identifizieren, wurden alle Bewertungen der Studierenden statistisch analysiert. DozentInnen und Studierende diskutierten im Anschluss an die Evaluation etwaige Abweichungen und konsolidierten damit die Vergleichsbasis. Im Sinne eines iterativen Forschungsprozesses wurden dabei die im Rahmen von TEDS*MOODLE entwickelten Fragen, die den Studierenden das Ziel der jeweiligen Bewertungskategorie verdeutlichen sollen, nach der ersten Ankerbewertung nochmals präzisiert und vereinfacht (vgl. M. Scholl et al. 2014 b). Danach erfolgte die Durchführung der Bewertung des ausgewählten IA mittels einer Likert-Skala. Auch diese Bewertungen wurden statistisch analysiert und Abweichungen hervorgehoben. Anschließend erfolgte eine erneute Diskussion über die Abweichungen, um die Ergebnisse abschließend beurteilen zu können. Im finalen Schritt waren schließlich die Stärken, Schwächen und Probleme zu diskutieren und detaillierte Empfehlungen für eine Verbesserung des evaluierten IA zu entwickeln und zu dokumentieren.

Abbildung 1: Ausschnitt des Bewertungsrasters in TEDS*MOODLE (hier in Englisch)

3.1.

Die Kursräume ^

[12]
Es ist wichtig, festzuhalten, dass die Studierenden mit der TEDS-Methode keine Menschen bewerten, sondern kollaborativ und interaktiv gestaltete Moodle-Kursräume, also IA mit bestimmten hochschuldidaktischen Qualitäten. Von oben nach unten «begehbar», war das erste zu bewertende IA ein Moodle-Kursraum zur Vorlesung eGovernment. Unterteilt in die Hauptbereiche Kommunikation, Organisation, Kurs-Ressourcen, Vorlesung-Kursmaterialien, sowie Übungen, Hausaufgaben und Klausurvorbereitung. Die umfangreichste Sektion Vorlesungen-Kursmaterialien enthält nach Themen sortierte Beiträge in Form von PDF-Dateien sowie Verlinkungen und Videos. Während zu Beginn Inhalte, Historie und Begriffe des eGovernment erklärt werden, finden sich in der Sektion eGovernment neben relevanten Gesetztestexten u.a. auch die nationale eGovernment-Strategie Deutschlands. Weitere Sektionen sind Projektmanagement, IT-Sicherheit sowie als Schwerpunktthema die Sektion Moderne Bürgerdienste. Im Anschluss daran enthält die Sektion Übungen z.B. einen Link zu einem aktuellen Thema (Reduktion von Verwaltungslasten für Eltern) sowie Übungen zur IT-Sicherheit.
[13]
Der zweite von den Studierenden als IA zu bewertende Moodle-Kursraum Verwaltungsmodernisierung weist bis auf die letzte Sektion, die hier studentische Projekte versammelt, eine ähnliche formale Struktur auf. Bei den Kursmaterialien finden sich hier jedoch u.a. Informationen zur Organisation der öffentlichen Verwaltung, zum Projekt- und Prozessmanagement (Auswahl von Geschäftsprozessen, Prozessanalyse) sowie Unterlagen zu Dokumentenmanagement und Vorgangsbearbeitungssystemen (DMS/VBS), insbesondere konkret zum System EL.DOK des Landes Brandenburg. Die Sektion Übungen beinhaltet u.a. Übungen zur elektronischen Ablauforganisation in öffentlichen Verwaltungen sowie Aufgaben zur Prozessmodellierung. Die studentischen Projekte versammeln u.a. Themen wie Vergabeverfahren, Anmeldung einer Eheschließung, Stellen eines Bauantrages oder die Darstellung eines Bußgeldverfahrens.

4.

Evaluationsergebnisse ^

[14]
Aus Platzgründen werden im Folgenden lediglich die groben Bewertungstendenzen für die beiden Kursraum-IA dargestellt und stichprobenartig interpretiert.

4.1.

Ergebnisse zum Moodle-Kursraum ^

Abbildung 2: Evaluationsergebnisse für den Kursraum «eGovernment» (n = 28)

[15]
Die Ergebnisse zeigen zunächst einen hohen Grad an Zufriedenheit mit den verschiedenen Dimensionen der Benutzungsfreundlichkeit, wobei Suchfunktionen, Einfachheit und das Finden des roten Fadens gegenüber der Zugänglichkeit zu Informationen und Funktionen noch ausbaufähig sind. Bei der zweiten Hauptkategorie, dem Herausfiltern von Störungen schneidet die Aktualität der ausgewählten Information am besten ab, gefolgt von einer hohen Identifizierbarkeit des Informationsgehaltes. Auffindbarkeit, Zusammenfassung und Auswählbarkeit der Information werden demgegenüber eher negativ bewertet, ebenso die Genauigkeit der Suche. Wie die Diskussion ergab, ist dies z.T. der Schwierigkeit geschuldet, den Gehalt der Information in dieser Phase des Studiums (1. Semester) z.T. noch nicht einschätzen zu können. Eine eindeutig positive Gesamtbewertung erhält die dritte Kategorie, welche Qualitätskriterien abtastet. Die Diskussion hat jedoch gezeigt, dass die guten Bewertungen der Dimensionen Richtigkeit/Fehlerfreiheit, Vollständigkeit, Zuverlässigkeit und Reputation der Quelle auch mit einem Vertrauensvorschuss für die von der Dozentin eingestellten Inhalte erklärt werden können.
[16]
In der Tendenz am negativsten bewertet wurde die Hauptkategorie der Anpassbarkeit. Dies ist jedoch nicht erstaunlich, da im Moodle-Kursraum für die Studierenden im Wesentlichen keine Eigenaktivitäten hinsichtlich der direkten Anpassbarkeit vorgesehen waren (Rechteverwaltung). Positiv betont werden von den Bewertern und Bewerterinnen hier jedoch die Sozialfunktionalitäten, hinter denen sich die Frage nach der Nutzbarkeit von Foren verbirgt – dies setzt aber immer den zusätzlichen Einsatz der Lehrkraft voraus, zeit- und ortsunabhängig zu kommentieren. Auch waren die Studierenden überwiegend der Ansicht, dass die Information nahe an ihren jeweiligen Problemen lag. Bei der Hauptkategorie der zusätzlichen Leistungen sticht insbesondere die gute Bewertung für die Absicherung der Informationen hervor. Der Faktor «Kosten/Zeit sparen» hingegen – ein gerade für E-Government-Angebote wichtiger Aspekt – erhält jedoch neben 12 positiven auch ebenso viele neutrale Bewertungen. Die letzte TEDS-Hauptkategorie, die emotionale Wahrnehmung, zeigt insgesamt zwar eine hohe Zufriedenheit nach Abruf von Informationen, konträr dazu erfahren stimulierende, unterhaltende oder ästhetische Elemente jedoch eine eher neutrale bis negative Bewertung. Dies hat für uns gleichermaßen etwas mit der Sachlichkeit und Nüchternheit eines elektronischen Lernraumes wie mit der Notwendigkeit, sich mit seinen Inhalten befassen zu müssen zu tun – beides Faktoren, die für E-Government-Angebote noch zu untersuchen sind.

4.2.

Ergebnisse zum Moodle-Kursraum ^

[17]
Die Hauptkategorie der Benutzerfreundlichkeit erfährt hier durchgängig positive Bewertungen, wobei die Zugänglichkeit zu Informationen den besten Wert erzielt, gefolgt von einer positiven Bewertung der Suchfunktionen. Von Interesse ist hier auch, dass die Kategorie der Einfachheit sowie die (didaktische) Führung durch die Information positiver und damit weniger ausbaufähig als beim Kursraum «eGovernment» bewertet werden. Bei der zweiten Hauptkategorie, dem Herausfiltern von Störungen, erhalten die Identifizierung der Information, ihre Verbindung zu anderen Quellen sowie ihre Aktualität besonders gute Bewertungen, während die Genauigkeit der Suche noch ausbaufähig ist. Beim Blick auf die Kategorie der Qualität fällt zunächst ebenfalls die insgesamt positive Bewertung auf, die wir ähnlich interpretieren wie beim ersten Kursraum. Gleiches gilt für die in der Gesamttendenz negative Bewertung der Kategorie der Anpassbarkeit, wobei auch hier wieder die Sozialfunktionalitäten von Foren positiv hervorstechen, sowie für die zusätzlichen Leistungen und die emotionale Wahrnehmung.

5.

Diskussion und Fazit ^

[18]
Mit TEDS*MOODLE haben wir die Möglichkeit geschaffen, didaktisch und technisch unterstützt, unterschiedliche Zielgruppen in spezifischen Nutzerszenarien in die fundierte Bewertung von angebotenen E-Government-IA kontinuierlich einzubeziehen und damit zur nachhaltigen Verbesserung der Angebote beizutragen. Im Sinne von Usability ist TEDS*MOODLE dabei – auch ohne eine Anbindung an MOODLE – mit entsprechenden Anpassungen skalierbar und flexibel in bestehende Angebote und Verwaltungsnetzwerke zu integrieren.

Abbildung 3: Auszug der Evaluationsergebnisse für den Kursraum «Verwaltungsmodernisierung» (n= 24)

[19]
Die in Abschnitt 2 skizzierte Bedürfniswelt des E-Governments hinsichtlich Einfachheit, Transparenz, Schnelligkeit und Vertrauenswürdigkeit findet sich – um die feinen Unterschiede unserer Entwicklung erweitert – in den dargestellten Evaluationsergebnissen wieder. Einfachheit und Transparenz der Prozesse wird in unseren Kategorien der Benutzerfreundlichkeit und des Herausfilterns von Störungen entsprechend differenziert bewertet. Vertrauenswürdigkeit findet sich – ebenso differenziert – in den Kategorien der Qualität und Anpassbarkeit. Anpassbarkeit, aufgefächert in Dimensionen wie Problemnähe und Sozialfunktionen, befördert zudem die aktive Einbindung und persönliche Interaktion. Die Kategorie der emotionalen Wahrnehmung gibt hierüber ebenfalls differenziert Auskunft.
[20]
Wir interpretieren die Ergebnisse derart, dass Bürger und Bürgerinnen sich die Kommunikation mit Verwaltungsangeboten im Detail auf andere Weise wünschen als erwartet. Involviert man sie als Evaluatoren und Co-Produzenten in das Design von IA des E-Governments (sowohl Plattformen als auch deren Inhalte), erhalten Verwaltungen konkrete Indikatoren zu begrenzenden wie ermöglichenden Faktoren ihrer Informationssysteme. Sicher ist nicht jede Kategorie des TEDS-Frameworks für Verwaltungsnetzwerke und E-Government-Angebote direkt adaptierbar, sondern muss ein Customizing erfahren. Es sollte jedoch deutlich geworden sein, dass sich die Akzeptanz von IA, IS und OGD-I mit diesem flexiblen, auch vergleichend einsetzbaren Ansatz ebenso feingliedrig wie nutzerorientiert steigern lässt.

6.

Quellen ^

Büschenfeldt, Maika/Scholl, Margit, Offene Standards und verteilte Anwendungen als Grundlage «Verteilter Wissensarbeit» (auch) im Open Government. In: TH Wildau, Wissenschaftliche Beiträge, S. 84–90 (2013).

Charalabidis, Yannis/Euripides, Loukis/Charalampos, Alexopoulos, Evaluating Second Generation Open Government Data Infrastructures Using Value Models, Proceedings oft the 47th Hawaii International Conference on System Science, HICCS 47, 978-1-4799-2504-9/14 IEEE, p. 2114–2126 (2014).

eGovernment MONITOR 2013, www.egovernment-monitor.de, aufgerufen 6. Januar 2014 (2013).

Hill, Hermann, eGovernment – Mode oder Chance zur nachhaltigen Modernisierung der Verwaltung? http://www.dhv-speyer.de/js-start.htm, aufgerufen: 7. Januar 2014 (2011).

Münchner Kreis e.V. Innovationsfelder der digitalen Welt. Bedürfnisse von übermorgen. Zukunftsstudie Münchner Kreis, Band 5 (2013)

Scholl, Margit/Ehrlich, Peter/Wiesner-Steiner, Andreas/Edich, Denis, The project TEDS@wildau: TEDS Framework Integration into the Moodle platform for user-specific quality assurance of learning scenarios, Proceedings of the 47th Annual Hawaii International Conference on System Sciences, HICCS 47, 978-1-4799-2504-9/14 IEEE, p. 1935–1945 (2014 a)

Scholl, Margit/Wiesner-Steiner, Andreas/Ehrlich, Peter/Edich, Denis, Personalisierte Akzeptanzsicherung und benutzerorientiertes Qualitätsmanagement in elektronisch basierten Lehr- und Lernprozessen dargestellt anhand der Evaluationsaktivität TEDS*MOODLE. In: Lück-Schneider, Dagmar/Kraatz, Eric (Hrsg.), 25 Jahre Glienicker Gespräche, Jubiläumsband, Reihe fhw/HWR Forschung, edition Sigma, (2014 b).

Scholl, Hans-Jochen/Eisenberg, Michael, The TEDS Framework for Assessing Information Systems from a Human Actors» Perspective: Extending and Repurposing Taylor’s Value-Added Model. In: Journal of the American Society for Information Science and Technology, vol. 64, no. 4, S. 789–804 (2011).

Scholl, Hans-Jochen/Carlson, Timothy S., Professional Sports Teams on the Web: A Comparative Study Employing the Information Management Perspective. In: European Sport Management Quarterly, S. 37–41 (2012).

Scholl, Hans-Jochen, Evaluating Sports Websites from an Information Management Perspective. In: P.M. Pedersen (Ed.) Routledge Handbook of Sport Communication, New York: Routledge, S. 289–299 (2013).

Solar, M/Concha, G./Meijueiro, L., A Model to Assess Open Government Data in Public Agencies. In: Scholl, H.-J. et.al. (Hrsg.) Proceedings of IFIP EGOV Conference 2012, LNCS 7443, S. 210–221 (2013).

Ubaldi, B., Open Government Data: Towards Empirical Analysis of Open Government Data Initiatives, OECD Working Papers on Public Governance No. 22 (2013).

Wiesner-Steiner, Andreas/Wiesner, Heike/Schelhowe, Heidi/Luck, Petra, The Didactical Agency of Information Communication Technologies for Enhanced Education and Learning. In: Tomei, L. (Hrsg.) Information Communication Technologies for Enhanced Education, Information Science Reference, S. 59–76 (2009).

7.

Index der Abkürzungen: ^

IA – Informationsartefakte

IS – (Online-) Informationssysteme

OGDI – Open Government Data-Infrastructure


 

Dr. Andreas Wiesner-Steiner

Techniksoziologie, FBR Wirtschaft, Informatik, Recht (WIR)

Bahnhofstraße, 15745 Wildau, DE

andreas.wiesner-steiner@th-wildau.de

 

Prof. Dr. Margit Scholl

Techniksoziologie, FBR Wirtschaft, Informatik, Recht (WIR)

Bahnhofstraße, 15745 Wildau, DE

margit.scholl@th-wildau.de

 

Peter Ehrlich

Techniksoziologie, FBR Wirtschaft, Informatik, Recht (WIR)

Bahnhofstraße, 15745 Wildau, DE

ernst-peter.ehrlich@th-wildau.de

 


  1. 1 Vgl. Hill, Hermann, eGovernment – Mode oder Chance zur nachhaltigen Modernisierung der Verwaltung? http://www.dhv-speyer.de/js-start.htm, Zugriff: 7. Januar 2014.
  2. 2 Wie Büschenfeldt et al. schreiben, bezeichnet der Begriff verteilter Wissensarbeit in diesem Zusammenhang eine Tätigkeit, die sowohl Wissen voraussetzt als auch produziert, und somit durch die Tatsache permanenter Re-Definition definiert ist (Büschenfeldt/M. Scholl 2013).