1.
Einleitung ^
Im folgenden Beitrag soll es nicht um die arbeitsrechtlichen2, datenschutzrechtlichen3 und strafrechtlichen4 Implikationen des «Whistleblowing» gehen. Vielmehr ist die Frage, wie Enthüllungsplattformen und Whistleblower die Presse- und Medienlandschaft beeinflussen und welche politischen und grundrechtlichen Implikationen damit verbunden sind. Wegen des Produktionsdrucks, der Ressourcenknappheit und der Schnelllebigkeit freier Medien wird die Möglichkeit für Journalisten vor Ort zu recherchieren und investigativen Journalismus zu betreiben zunehmend begrenzt. Umso mehr stellt sich die Frage, wie die Presselandschaft mit Informationen von Whistleblowern umgeht und welche Auswirkungen auf die Gesellschaft damit verbunden sind.
2.
Definitionen ^
Die bekannteste Enthüllungsplattform ist WikiLeaks, eine Website, auf der Dokumente anonym veröffentlicht werden, die durch Geheimhaltung als Verschlusssache, Vertraulichkeit, Zensur oder auf sonstige Weise in ihrer Zugänglichkeit beschränkt sind. WikiLeaks-Anhänger legten im Dezember 2010 mehrere Webesites lahm, um ihre Solidarität zur Enthüllungsplattform zu demonstrieren.8 In Folge schloss sich die Anonymous-Bewegung9 an und betonte, dass das Internet als souveränes Territorium zu betrachten sei. Im Zuge dieser Vorfälle und Prozesse war die Öffentlichkeit erstmals mit der Ethik eines Kollektivs konfrontiert, dessen Fokus die Idee eines offenen Netzes war, die durch das Lahmlegen von Servern zum Ausdruck gebracht wurde.
3.
Informationsfreiheit und Transparenz – Meinungsfreiheit und Wahrheit ^
4.
Synergetische Effekte ^
Wie also verschmelzen vierte Gewalt und fünfte Gewalt? 194 Staaten sind Mitglieder der UNO. In jedem dieser Staaten existiert zumindest eine Tageszeitung, sei sie kritisch oder regimefreundlich. Verkörpern sie die vierte Gewalt? Widmet man sich weiter der Rubrik «Meinung» zum Thema «Whistleblower, zeigt sich auch hier deren immense Bedeutung. Snowden hatte nicht nur das Spähprogramm des US-Geheimdienstes NSA, sondern auch Informationen über ähnliche Aktivitäten des britischen Dienstes GCHQ an die Öffentlichkeit gebracht. Der Guardian und andere Medien veröffentlichten diese Enthüllungen.29 Sowohl zu Snowdens Asylgewährung als auch zur Verurteilung Mannings, sowie zur neuen Diskordanz zwischen Obama und Putin gibt es Stellungnahmen von Experten, Sozial- und Geisteswissenschaftlern wie Juristen, Soziologen und Philosophen.30 Der Journalismus beteiligt sich nicht nur durch Veröffentlichung sondern auch durch die Bewertung der Sachverhalte, Stakeholder aus Politik und Wirtschaft reagieren und beteiligen sich an der Debatte. Im nächsten Schritt kann es zur Formierung von Bürgerbewegungen kommen, Reflexionsprozesse bilden gesellschaftliche Probleme ab.
5.
Conclusio ^
6.
Literatur ^
Aschauer, Paula, Whistleblowing im Arbeitsrecht, Wien 2012.
Frowein, Jochen/Peukert, Wolfgang, Europäische Menschenrechtskonvention, EMRK-Kommentar3, Kehl/Straßburg/Arlington, 2009.
Glaser, Severin/Komenda, Peter, Whistleblowing in Österreich-Gefahren, Probleme und Lösungsmöglichkeiten, JPR 20, 207–225 (2012).
Grabenwarter, Christoph/Holoubek, Michael, Verfassungsrecht. Allgemeines Verwaltungsrecht, Wien 2009.
Grabenwarter, Christoph, Europäische Menschenrechtskonvention4, München 2009.
Jahnel, Dietmar, Handbuch Datenschutzrecht, Wien 2010.
Jahnel, Dietmar, Whistleblowing-Hotlines im Datenschutzrecht, ecolex 2009, 1028.
Kühling, Jürgen, Die Kommunikationsfreiheit als europäisches Gemeinschaftsgrundrecht, Berlin 1999.
Manovich, Lev, Trending: The promises and the challenges of Big Social Data, in: Matthew K. Gold (Hrsg), Debates in the digital humanities, Minneapolis 2012, 460–475.
Meyer, Jürgen (Hrsg.), Charta der Grundrechte der Europäischen Union, Baden-Baden 2010.
Öhlinger, Theo, Verfassungsrecht9, Wien 2013.
Postman, Neil, Wir amüsieren uns zu Tode, Urteilsbildung im Zeitalter der Unterhaltungsindustrie18, Frankfurt am Main 2008.
Rell, Christian, Macht und Wahrnehmung – Journalismus in der Datenfalle? München 2009.
Schweighofer, Erich, Transformation Juristischer Sprachen, in: Schweighofer/Kummer/Hötzendorfer (Hrsg.), Tranformation Juristischer Sprachen. Tagungsband des 15. Internationalen Rechtsinformatik Symposions, Wien 2012, 35-38.
Trenkelbach, Holger, Internetfreiheit. Die Europäische Menschenrechtskonvention als «Living Instrument» vor neuen Herausforderungen?, Berlin 2005.
Uerpmann-Wittzack, Robert/Jankowska-Gilberg, Magdalena, Die Europäische Menschenrechtskonvention als Ordnungsrahmen für das Internet, MMR 2008, 8.
Walter, Robert/Mayer, Heinz/Kucsko-Stadlmayer, Gabriele, Bundesverfassungsrecht10, Wien 2007.
Elisabeth Hödl
Lektorin, Institut für Rechtsphilosophie, Rechtssoziologie und Rechtsinformatik an der Karl-Franzens-Universität Graz
Universitätsstraße 15/BE, 8010 Graz, AT
www.ubifacts.org, office@ubifacts.org
Sebastian Lukic
Studienassistent, Institut für Europarecht/Institut für Zivilrecht an der Karl-Franzens Universität Graz
Universitätsstraße 15/C1/B4, 8010 Graz, AT
www.ubifacts.org, office@ubifacts.org
- 1 Snowden, Ein Manifest für die Wahrheit, in Der Spiegel, 45/2013, 24.
- 2 Aschauer, Whistleblowing im Arbeitsrecht (2012).
- 3 Jahnel, Handbuch Datenschutzrecht (2010); Jahnel, Whistleblowing-Hotlines im Datenschutzrecht, ecolex 2009, 1028.
- 4 Glaser/Komenda, Whistleblowing in Österreich – Gefahren, Probleme und Lösungsmöglichkeiten, JPR 20, 207–225 (2012).
- 5 Durch die Massenpresse trifft ein zunehmend überregional getakteter Nachrichtenfluss auf ein breit gestreutes Lesepublikum.
- 6 Prigge, Die Fünfte Gewalt, www.heise.de/tp/artikel/20/20864/1.html (24. Dezember 2013). Der Journalist Thomas Leif und der Politikwissenschaftler Rudolf Speth haben den Begriff der «fünften Gewalt» für den Lobbyismus geprägt, eine Definition, die in dem hier aufgezeigten Kontext allerdings nicht zur Anwendung kommen soll. de.wikipedia.org/wiki/Lobbyismus (24. Dezember 2013).
- 7 Hier hat sich nicht zuletzt als Variante des Lokaljournalismus der Hyperjournalismus entwickelt, bei dem Nachrichten für kleine Gruppen und Nachbarschaften von Bürgern in Foren und Blogs unter redaktioneller Betreuung diskutiert werden, vgl. The Bakersfield Voice oder «YourHub»; für den deutschsprachigen Raum: www.myheimat.de (24. Dezember 2013).
- 8 Seit September 2010 können keine Unterlagen mehr hochgeladen werden, im Oktober 2011 wurde auch die Veröffentlichung von Dokumenten vorübergehend ausgesetzt. Der Allgemeinheit wurden viele Aktivitäten der Enthüllungsplattform WikiLeaks insbesondere durch die Vorfälle bekannt, die sich um den WikiLeaks GründerJulian Assange abspielten. Am 7. April 2010 stellte sich Assange den Behörden, er wurde als mutmaßlicher Vergewaltiger verfolgt. de.wikipedia.org/wiki/WikiLeaks (24. Dezember 2013).
- 9 Es handelt sich um ein Internet-Phänomen, das ein Kollektiv darstellt. Anonymous betrachtete das Internet als eigenständigen Raum, der von staatlichen Eingriffen frei bleiben soll. Cyber-Attacken sollten ein Zeichen für Transparenz sein und zugleich Szenarien sichtbar machen, die sich in der Informationsgesellschaft ereigneten und für diese maßgeblich seien.derstandard.at/1291454865216/Kommentar-der-anderen-Anonymous---das-Manifest (24. Dezember 2013).
- 10 derstandard.at/1291454865216/Kommentar-der-anderen-Anonymous---das-Manifest (24. Dezember 2013).
- 11 Ebenda.
- 12 Bernsdorff in Meyer, Charta der Grundrechte der Europäischen Union, Art. 11, Rz. 1.
- 13 Walter-Mayer/Kucsko-Stadlmayer, Bundesverfassungsrecht10, Rz. 1456; vgl. VfSlg 12.086.
- 14 Mayer, B-VG4 (2007), Art. 13 StGG.
- 15 EGMR 2. November 2006 Kobenter, ÖJZ 2007, 342.
- 16 VfSlg 10.393.
- 17 EGMR 26. April 1979, Sunday Times, EuGRZ 1979, 386; 24.9.1992 Herczegfalvy, ÖJZ 1993, 96;Frowein in Frowein/Peukert, EMRK, S. 390.
- 18 Kühling, Die Kommunikationsfreiheit als europäisches Gemeinschaftsgrundrecht, 1999, S. 82 ff.; Trenkelbach, Internetfreiheit. Die Europäische Menschenrechtskonvention als «Living Instrument» vor neuen Herausforderungen?, 2005, S. 59.
- 19 Bernsdorff in Meyer, Charta der Grundrechte der Europäischen Union, Art. 11, Rz. 9.
- 20 Ebenda.
- 21 Mayer, B-VG4 (2007), Art. 10 EMRK, III.2.
- 22 VfSlg 12.086.
- 23 Mayer, B-VG4 (2007), Art. 10 EMRK, III.3.
- 24 EGMR 29. August 1997 Worm, ÖJZ 1998, 35.
- 25 EGMR 21.Januar 1999 Fressoz u. Roire/Frankreich; EGMR 20. Mai 1999 Bladet Tromsö u. Stensaas/Norwegen.
- 26 EGMR 20. Mai 1998 Schöpfer, ÖJZ 1999, 237; VfSlg 13.694, 13.978, 14.005, 14.006, 14.007, 14.037, 14.218, 14.233, 14.316.
- 27 Christine M.Schenone. CWILJ 14 (1984), 501/529.
- 28 Uerpmann-Wittzack/Jankowska-Gilberg, Die Europäische Menschenrechtskonvention als Ordnungsrahmen für das Internet, MMR 2008, S. 8.
- 29 Die britischen Zeitungen wurden nach eigenen Angaben zur Vernichtung der Snowden Dokumente gezwungen http://www.zeit.de/politik/ausland/2013-08/grossbritannien-nyt-snowden (8. November 2013).
- 30 Etwa Washington Post, El País, La Repubblica, Der Standard, AllAfrica, Oslobodenje oder Pravda.
- 31 Manovich, Trending: The promises and the challenges of Big Social Data, in Gold (Hg.), Debates in the digital humanities, Minneapolis 2012, 460–475.
- 32 Als rechtliche Grundlage für die Offenlegung von Daten und Informationen des öffentlichen Bereichs vgl. PSI-RL RL 2003/98/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. November 2003 über die Weiterverwendung von Informationen des öffentlichen Sektors (Abl Nr. L 345 vom 31. Dezember 2003 S. 0090 – 0096) novelliert durch RL 2013/37/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Änderung der RL 2003/98/EG über die Weiterverwendung von Informationen des öffentlichen Sektors; sowie die Bundesgesetz über die Weiterverwendung von Informationen öffentlicher Stellen (Informationsweiterverwendungsgesetz – IWG) und das Gesetz über die Weiterverwendung von Dokumenten öffentlicher Stellen (Dokumenten-Weiterverwendungsgesetz – DokWG).
- 33 Ein Beispiel für die Wiederbelebung des Investigativen Journalismus ist die Vereinigung «Netzwerk Recherche», die 2001 von Journalisten gegründet wurde. Zentrale Bausteine des «10-Punkte Programms» sind eine unabhängige, sorgfältige, umfassende und wahrhaftige Berichterstattung. Dabei soll der Grundsatz «Sicherheit vor Schnelligkeit» gelten. Das wichtigste Qualitäts-Scharnier in der täglichen journalistischen Praxis ist die «handwerklich saubere und ausführliche Recherche aller zur Verfügung stehenden Quellen.» Ein «uneingeschränkter Informantenschutz» ergänzt diese Leitlinien. Netzwerk Recherche setzt in dem neuen Medienkodex auf eine strikte Trennung zwischen Journalismus und PR. Gerade weil es in der Ausbildung und der journalistischen Praxis zu höchst bedenklichen Vermischungen dieser entgegengesetzten Berufsbilder kommt, heißt es in dem neuen Medienkodex eindeutig: «Journalisten machen keine PR.» www.netzwerkrecherche.de/ (24. Dezember 2013).
- 34 Vgl.Schweighofer, Transformation Juristischer Sprachen, in Schweighofer/Kummer/Hötzendorfer (Hrsg.), Transformation Juristischer Sprachen. Tagungsband des 15. Internationalen Rechtsinformatik Symposions, Wien 2012, 35–38.
- 35 Postman, Wir amüsieren uns zu Tode, Urteilsbildung im Zeitalter der Unterhaltungsindustrie18, Frankfurt am Main 2008, 11–26.
- 36 Wolschan, Österreich hinkt bei Datenjournalismus hinterher www.computerwelt.at/news/wirtschaft-politik/netzpolitik/detail/artikel/oesterreich-hinkt-bei-datenjournalismus-hinterher/ (24. Dezember 2013).
- 37 Brin, Earth, New York 1994.
- 38 Ingeborg Bachmann, Rede anlässlich der Verleihung des Hörspielpreises der Kriegsblinden 1958.