Jusletter IT

Fragen zum Datenschutz im Zivilverfahren

  • Author: Jürgen C. T. Rassi
  • Category: Articles
  • Region: Austria
  • Field of law: Legal Informatics, Information Technology, Data Protection
  • Citation: Jürgen C. T. Rassi, Fragen zum Datenschutz im Zivilverfahren, in: Jusletter IT 19 November 2015
Mit der Zivilverfahrensnovelle 2004 sah der Gesetzgeber eine Reihe von datenschutzrechtlichen Maßnahmen für die Gerichtsbarkeit vor. Zehn Jahre danach sollen in diesem Beitrag nach einer groben Skizzierung der Grundzüge des Datenschutzrechts ausgewählte datenschutzrechtliche Fragen erörtert werden, die im Zivilverfahren von Bedeutung sind.

Inhaltsverzeichnis

  • 1. Allgemeines
  • 2. Das Grundrecht auf Datenschutz
  • 2.1. Verfassungsrechtliche und europarechtliche Grundlagen
  • 2.2. Allgemeines zum Schutzbereich nach § 1 DSG 2010
  • 2.3. Einschränkung des Schutzbereichs auf Dateien?
  • 2.4. Das schutzwürdige Interesse
  • 2.5. Eingriffe in den Schutzbereich
  • 3. Datenschutz und Akteneinsicht Dritter
  • 3.1. Neuregelung des § 219 ZPO durch die ZVN 2004
  • 3.2. Geschützte Interessen anderer Personen
  • 3.3. Interessensabwägung nach § 219 ZPO
  • 3.4. Sonderfragen bei der Akteneinsicht
  • 3.4.1. Beschränkung auf Aktenteile
  • 3.4.2. Verstoß gegen das Verbot des Ausforschungsbeweises?
  • 3.4.3. Akteneinsicht in Rechtsmittelakten?
  • 4. Aktenübersendung, Beiakten und Datenschutz
  • 4.1. Aktenübersendung als Akt der Rechtshilfe
  • 4.2. Anwendung des § 298 ZPO für Akten?
  • 4.3. Handhabung der Geheimhaltung bei Aktenübersendung
  • 5. Parteiöffentlichkeit und Datenschutz
  • 6. Einschränkungen im Beweisverfahren durch den Datenschutz?
  • 6.1. Datenschutzrechtliche Einschränkungen bei der Einholung von Auskünften und bei Aufträgen zur Vorlage von Urkunden
  • 6.1.1. Problematik
  • 6.1.2. Ganzheitliche Sicht im Lichte der ZPO und des DSG
  • 6.2. Beweisverbot bei Verstoß gegen das DSG?
  • 6.3. Einschränkung der Pflicht zur Aussage und Urkundenvorlage durch das Datengeheimnis?
  • 7. Datenschutz und IT-Anwendungen im Zivilverfahren
  • 7.1. Allgemeines
  • 7.2. Im RIS veröffentlichte Entscheidungen
  • 7.3. Datenschutzfragen zu elektronischen Registern
  • 7.3.1. Abgrenzung Justizverwaltung und Rechtsprechung
  • 7.3.2. Verhältnis des DSG zu Justizgesetzen
  • 7.3.3. Elektronische Einsicht nach § 89i GOG
  • 7.3.4. Abfrage nach § 73a EO alt
  • 7.3.5. Registerauskunft nach § 89l GOG
  • 7.3.6. Einsicht in das Personenverzeichnis des Grundbuchs
  • 8. Schlussfolgerungen

1.

Allgemeines ^

[1]

Das Grundrecht auf Datenschutz fand nach der Schaffung des DSG im Jahr 1978 bzw. des Datenschutzgesetzes 2000 (DSG 2000) bis zur Zivilverfahrens-Novelle 2004 BGBl I 2004/128 (ZVN 2004) zunächst keinen ausdrücklichen Niederschlag in den Justiz- bzw. Zivilverfahrensgesetzen. Akten der Gerichtsbarkeit waren seit jeher vom speziellen Rechtsschutzsystem des DSG ausgenommen und nicht der Überprüfung der Datenschutzkommission (ab 2014: Datenschutzbehörde1) unterworfen (§ 5 Abs. 4 und § 31 Abs. 1 und DSG 20002 bzw. §§ 36 Abs. 1 Z 1 des Datenschutzgesetzes 1978 [DSG 1978]). Daraus ist freilich nicht abzuleiten, dass materiellrechtliche datenschutzrechtliche Fragen insb. das Grundrecht auf Datenschutz für die Justiz unbeachtlich waren bzw. sind. Die Datenschutzrechte galten inhaltlich immer auch schon für die Gerichtsbarkeit.3 Personenbezogene Geheimhaltungsinteressen waren im Zivilprozess schon vor der ZVN 2004 bzw. auch vor dem DSG zu beachten. Schon nach den zivilgerichtlichen Verfahrensbestimmungen können datenschutzrechtlichen Vorgaben weitgehend umgesetzt werden, wenngleich nach der Stammfassung der Zivilprozessordnung (ZPO) nicht alle damit verbundenen Probleme gelöst wurden. Die ZPO hat Antwort auf eine Reihe von Problemstellungen im Spannungsfeld der Informations- zu den Geheimhaltungsinteressen (vgl. etwa die Bestimmungen über die Akteneinsicht, die Urkundenvorlage, den Ausschluss der Öffentlichkeit oder die Aussageverweigerungsgründe). Von der Rsp. wurde in verfahrensrechtlichen Konstellationen auf den Begriff des Datenschutzes, abgesehen von Fragen der Akteneinsicht,4 explizit freilich bislang nur am Rande eingegangen.5 Vom eher spärlichen Schrifttum vor der ZVN 2004 wurden die datenschutzrechtliche Auswirkungen auf das Zivilverfahren vor allem dahin untersucht, ob das Informations- bzw. Auskunftsinteresse eines am Verfahren nicht beteiligten Dritten die vom Datenschutz umfasste Sphäre der Parteien oder anderer Personen berührt, etwa bei der Akteneinsicht Dritter und bei der Einschränkung der Volksöffentlichkeit.6

[2]
Der Gesetzgeber der ZVN 2004 erkannte, dass das Grundrecht auf Datenschutz und die entsprechenden Begleitrechte inhaltlich auch für den Bereich der Gerichtsbarkeit gelten, weshalb er auch in diesem Bereich einen ausreichenden Rechtsschutz vorsah. Mit der ZVN 2004 wurde daher zum einen zur Durchsetzung der aus dem Datenschutz sich ergebenden Rechte im Bereich der Gerichtsbarkeit ein Rechtsschutzsystem im Gerichtsorganisationsgesetz (GOG) geschaffen. Gleichzeitig wurden einzelne die Gerichtsbarkeit betreffenden Gesetze an die Vorgaben des Datenschutzgesetzes 2000 angepasst. In Angelegenheiten der Gerichtsbarkeit richtet sich die Durchsetzung der im DSG geregelten Rechte des Betroffenen nach den Vorschriften des GOG und – das ist entscheidend – den jeweiligen Verfahrensvorschriften (§ 83 GOG). Nach § 84 GOG steht dem Betroffenen das Recht auf Auskunft der ihn betreffenden Daten sowie auf Richtigstellung und Löschung unrichtiger oder unzulässigerweise verarbeiteter personenbezogener Daten zu.7 Diese Rechte sind vor dem Gericht, das für die Eintragung der Daten zuständig ist (Auftraggeber nach § 4 Z 4 DSG 2000), geltend zu machen. Dieses hat bei Vorliegen der Voraussetzungen die Auskunft binnen acht Wochen zu erteilen sowie unrichtige oder unzulässigerweise verarbeitete personenbezogene Daten richtig zu stellen oder zu löschen. Die entsprechende Entscheidung ergeht in bürgerlichen Rechtssachen im Verfahren außer Streitsachen, wobei eine den Antrag abweisende Entscheidung nicht bekämpft werden kann. Diese datenschutzrechtlichen Begleitrechte nach § 84 GOG haben in der Gerichtsbarkeit kaum praktische Bedeutung erlangt, zumal die Verfahrensrechte ohnedies eine ausreichende Handhabung bieten, um die entsprechende Ansprüche zu decken.8 Schließlich kann gemäß § 85 GOG der in seinen Rechten nach § 83 GOG Verletzte dem Bund gegenüber die Feststellung der Verletzung begehren, wenn diese durch ein Organ der Gerichtsbarkeit in Ausübung dessen Tätigkeit geschah. Auch über diesen Antrag ist im Verfahren außer Streitsachen zu entscheiden, wobei der im Instanzenzug übergeordnete Gerichtshof zuständig ist. Das Gericht hat auszusprechen, ob die Rechtsverletzung stattgefunden hat, und allfällige Aufträge zu erteilen. Bei Vorliegen einer Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung ist die Entscheidung an den Obersten Gerichtshof anfechtbar. Auch Anträge nach § 85 GOG spielen in der Praxis kaum eine Rolle.9 Dessen ungeachtet kommt den §§ 83 bis 85 GOG bei der Anwendung des materiellen Datenschutzrechts in der Gerichtsbarkeit Bedeutung zu.
[3]
Mit Blick auf die untergeordnete Bedeutung der datenschutzrechtlichen Begleitrechte im Zivilverfahren soll im Folgenden vor allem das Grundrecht auf Datenschutz skizziert und im Anschluss daran verschiedene ausgewählte datenschutzrechtliche Fragen im Zivilverfahren erörtert werden.

2.

Das Grundrecht auf Datenschutz ^

2.1.

Verfassungsrechtliche und europarechtliche Grundlagen ^

[4]
Das Grundrecht auf Datenschutz kann sich auf mannigfaltige Rechtsgrundlagen stützen. Innerstaatlich ist die Verfassungsbestimmung des § 1 Abs. 1 DSG 2010 hervorzuheben, wonach jedermann im Umfang eines schutzwürdigen Interesses Anspruch auf Geheimhaltung der ihn betreffenden personenbezogenen Daten hat. Aus Art. 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) (Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens) ist ein Recht auf Datenschutz abzuleiten;10 die bloße Speicherung von Daten, die sich auf das Privatleben einer Person beziehen, berührt den Schutzbereich dieser Norm.11 Das Grundrecht auf Schutz personenbezogener Daten findet sich auch in Art. 8 der Europäischen Grundrechtscharta (GRC). Die Charta ist von den Mitgliedsstaaten bei der Durchführung des Rechts der Union zu beachten (vgl. Art. 51 Abs. 1 GRC). Art. 8 GRC liegt Art. 16 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) zugrunde, wonach jede Person das Recht auf Schutz der sie betreffenden personenbezogenen Daten hat. In Deutschland gilt nach der Judikatur des BVerfG als Datenschutzgrundrecht das Recht auf informationelle Selbstbestimmung des Einzelnen, grundsätzlich selbst über die Preisgabe und Verwendung seiner personenbezogenen Daten zu bestimmen,12 wobei dieses Recht im deutschen Grundgesetz (GG) nicht ausdrücklich erwähnt, aber aus Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG abgeleitet wird.13
[5]
Aus europarechtlicher Sicht sind (neben der GRC und der EMRK) u.a. die Richtlinie 95/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. Oktober 1995 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr (Datenschutzrichtlinie), die Richtlinie 2002/58/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Juli 2002 über die Verarbeitung personenbezogener Daten und den Schutz der Privatsphäre in der elektronischen Kommunikation (Datenschutzrichtlinie für elektronische Kommunikation),14 die Verordnung (EG) Nr 45/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Dezember 2000 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten durch die Organe und Einrichtungen der Gemeinschaft und zum freien Datenverkehr (Datenschutzverordnung) sowie das Übereinkommen zum Schutz des Menschen bei der automatischen Verarbeitung personenbezogener Daten samt Interpretativen Erklärungen und Mitteilungen des Europarats (Datenschutzkonvention, BGBl 1988/317) zu beachten. Für 2013 / 2014 ist eine neue EU-Datenschutzverordnung geplant.

2.2.

Allgemeines zum Schutzbereich nach § 1 DSG 2010 ^

[6]
Nach dem weiten Schutzbereich des Grundrechts auf Datenschutz nach § 1 Abs. 1 DSG 2000 hat jedermann Anspruch auf Geheimhaltung der ihn betreffenden personenbezogenen Daten, wenn ein schutzwürdiges Interesse daran besteht. Das Grundrecht geht über den Bereich des Privat- und Familienlebens hinaus,15 weil die Achtung des Privat- und Familienlebens in § 1 Abs. 1 DSG 2000 nur beispielshaft («insbesondere auch») erwähnt wird. Nach der Definition des Begriffs der «personenbezogenen Daten» in § 4 Z 1 DSG 2000 sind davon alle Angaben über Betroffene umfasst, deren Identität bestimmt oder bestimmbar ist. Dazu zählen z.B. Name, Geburtsdatum, Geschlecht, Adresse, Telefon- und Kontonummer, Personenkennzeichen (z.B. Sozialversicherungsnummer, ZMR, Matrikelnummer), Information über Religion, Gesundheit, Einkommen, Vermögen, Leumund, Lebensgewohnheiten, Intelligenzquotient, Umsatz, Gewinn, Beschäftigtenzahl und Bonität, aber auch Daten wie Fingerabdruck, genetische Merkmale, Bild (z.B. digitale Bildaufzeichnungen aus einer Videoüberwachung) und Stimme.16 Betroffener i.S.d. DSG ist jede vom Auftraggeber verschiedene natürliche oder juristische Person oder Personengemeinschaft, deren Daten verwendet werden (§ 4 Z 1 und 3 DSG 2000). Auftraggeber sind natürliche oder juristische Personen, Personengemeinschaften oder Organe einer Gebietskörperschaft bzw. die «Geschäftsapparate» solcher Organe, wenn sie allein oder gemeinsam mit anderen die Entscheidung getroffen haben, Daten zu verwenden, unabhängig davon, ob sie die Daten selbst verwenden oder damit einen Dienstleister beauftragen (§ 4 Z 4 DSG 2000). Auch Gerichte oder Justizverwaltungsbehörden fallen unter den Begriff des Auftraggebers i.S.d. DSG (vgl. § 84 GOG). Die Bundesrechenzentrum GmbH fungiert in der Justiz als Dienstleister i.S.d. § 4 Z 5 DSG 2000, der «Daten nur zur Herstellung eines ihnen aufgetragenen Werkes verwendet» (vgl. § 89f GOG), wobei zu den Werken die zahlreichen IT-Anwendungen der Justiz gehören.17 Nach § 4 Z 8 DSG 2000 ist unter Verwendung von Daten jede Art der Handhabung von Daten, also sowohl das Verarbeiten als auch das Übermitteln zu verstehen. Nach Z 9 leg. cit. fällt unter das «Verarbeiten von Daten» u.a. das Ermitteln, Erfassen, Speichern, Verändern, Verknüpfen, Abfragen, Ausgeben, Benützen, Sperren, Löschen oder Vernichten.
[7]
Das Gesagte zeigt, dass der Umgang mit personenbezogenen Daten in der Gerichtspraxis an der Tagesordnung steht. In fast jedem Zivilprozess müssen derartige personenbezogene Daten behauptet, erhoben, bewiesen und festgestellt werden, um die Rechtssache umfassend rechtlich beurteilen zu können. Dessen ungeachtet lähmt der Datenschutz nicht die tägliche Gerichtspraxis. Schon aus dem DSG 2000 ist nämlich klar ersichtlich, dass der dort verbürgte Anspruch auf Geheimhaltung nicht absolut gilt. § 83 GOG stellt klar, dass die Durchsetzung der im DSG 2000 geregelten Rechte sich (u.a.) nach den jeweiligen Verfahrensvorschriften richtet. Daraus ist aber auch ableitbar, dass das anzuwendende Verfahrensrecht (ZPO, Außerstreitgesetz [AußStrG], Exekutionsordnung [EO], Insolvenzordnung [IO], etc.) den Schutzbereich beschränkt.18 Eine Verletzung datenschutzrechtlicher Ansprüche ist i.d.R. dann auszuschließen, wenn die Zivilgerichte im Rahmen ihrer Verfahrensgesetze agieren und personenbezogene Daten im Zusammenhang mit dem Verfahrenszweck verwenden, zumal auch Verfahrensgesetze unter den Begriff der Gesetze i.S.d. § 1 Abs. 2 DSG 2010 fallen, aufgrund derer Eingriffe staatlicher Behörden in das Grundrecht auf Datenschutz möglich sind. Unten wird beispielshaft darauf eingegangen, in welchem Umfang datenschutzrechtliche Aspekte im streitigen Zivilverfahren zu beachten sind (vgl. Punkte 3 ff.).

2.3.

Einschränkung des Schutzbereichs auf Dateien? ^

[8]
Nach in der Rsp. verbreiteter Ansicht bezieht sich das Grundrecht auf Datenschutz nur auf personenbezogene Daten, die in einer Datei i.S.d. § 4 Z 6 DSG 2000 aufscheinen,19 also in einer strukturierten Sammlung von Daten, die nach mindestens einem Suchkriterium zugänglich sei.20 Diese Einschränkung des Datenschutzes auf Dateien vertrat der Oberste Gerichtshof etwa in der Entscheidung zu 6 Ob 148/00h, in der ein Sachverständigengutachten zutreffend nicht als Datei qualifiziert wurde,21 «aufgrund einer systematischen und teleologischen Interpretation». Dabei nahm das Höchstgericht auch auf Art. 3 Abs. 1 der Datenschutzrichlinie Bezug, die den Anwendungsbereich klarstellen würde. Die Datenschutzrichlinie gelte demnach auch für manuell hergestellte Dateien, zumal es sich dabei nach der Richtlinie um eine strukturierte Sammlung personenbezogener Daten handle, die nach bestimmten Kriterien zugänglich seien, gleichgültig ob diese Sammlung zentral, dezentralisiert oder nach funktionalen oder geografischen Gesichtspunkten aufgeteilt geführt werde.
[9]

Dieser Rsp. ist insoweit zuzustimmen, als sie nicht nur automationsunterstützte Dateien, sondern auch manuell hergestellte Dateien unter den Begriff der Datei subsumiert. Mit einer Einschränkung auf Dateien22 wäre auch der Schutzbereich des Datenschutzrechts beträchtlich eingeschränkt und jedenfalls ein praktikabler Umgang mit dem Datenschutz im Zivilprozess möglich. Die vom Obersten Gerichtshof vorgenommene Einschränkung des Grundrechts auf Dateien ist aus dem Gesetz aber nicht ableitbar. Wenngleich der Datenschutz nach dem DSG bei Dateien ausgeprägter ist, ist das Grundrecht auf Datenschutz (§ 1 Abs. 1 DSG 2000) darauf nicht beschränkt. Auch die außerhalb einer Datei aufscheinenden personenbezogenen Daten fallen unter das Grundrecht auf Geheimhaltung;23 nur die sogenannten «Begleitgrundrechte» (Auskunft, Richtigstellung und Löschung) gelten für eine automationsunterstützte oder manuell-strukturierte Datenverwendung.24 Rosenmayr-Klemenz wies zutreffend darauf hin, dass in 6 Ob 148/00h nicht zwischen § 1 Abs. 1 DSG 2000 und Abs. 3 leg. cit. differenziert werde.25 In der Tat regelt Abs. 1 den Schutz der personenbezogenen Daten, während der Anwendungsbereich für die Begleitgrundrechte nach Abs. 3 leg. cit. auf die Verarbeitung von Daten in Dateien eingeschränkter ist. Auch die Bezugnahme auf die Datenschutzrichtlinie kann die Einschränkung auf Dateien nicht begründen, weil es durch die Umsetzung der Datenschutzrichtlinie nicht zu einer Verringerung des durch die einzelstaatlichen Rechtsvorschriften garantierten Schutzes kommen darf.26 Die Entscheidung 4 Ob 50/04p lässt indes einen breiteren Anwendungsbereich des DSG erkennen.27 Schließlich nimmt auch § 219 Abs. 2 ZPO eindeutig nur auf (Papier)Gerichtsakten Bezug,28 die keine Dateiqualität haben.29

2.4.

Das schutzwürdige Interesse ^

[10]
Auch ohne die (abzulehnende) Einschränkung des Grundrechts auf Dateien erscheint seine praktikable Anwendung in der täglichen Gerichtspraxis durchaus gewährleistet, weil das Grundrecht auf Datenschutz nicht schrankenlos zu gewähren ist. Vielmehr setzt es ein schutzwürdiges Interesse voraus (§ 1 Abs. 1 DSG 2000).
[11]
Um ein solches zu bejahen, müssen schutzwürdige von nicht schutzwürdigen Interessen getrennt werden, was nur im Rahmen einer Interessensabwägung vorgenommen werden kann.30 Nach § 1 Abs. 1 Satz 2 DSG 2000 ist das Bestehen eines solchen Interesses ausgeschlossen, wenn Daten infolge ihrer allgemeinen Verfügbarkeit oder wegen ihrer mangelnden Rückführbarkeit auf den Betroffenen einem Geheimhaltungsanspruch nicht zugänglich sind. Diese Klarstellung des Gesetzgebers hilft aber kaum, den Umfang des schutzwürdigen Interesses umfassend abzustecken, weil derartige Daten für einen Anspruch auf Geheimhaltung per se ungeeignet sind, ohne dass die Frage eines schutzwürdigen Interesses überhaupt gestellt werden müsste. Die Schutzwürdigkeit muss sich im Regelfall auf eine gesetzliche Regelung stützen, in deren Schutzzweck die Geheimhaltung der Daten (i.w.S.) fällt. Derartiges ist auch über die speziellen und ausdrücklichen Geheimhaltungsregeln31 hinaus zu bejahen, etwa auch bei bestimmten verfassungsrechtlich gewährleisteten Grundrechten (z.B. Schutz des Privat- und Familienlebens), wenn deren Zweck auch die Geheimhaltung umfasst.32 Anderseits reicht eine ausdrückliche Geheimhaltungsregel dann nicht, wenn keine personenbezogenen Daten vorliegen.33 Simotta zählt folgende schutzwürdigen Interessen auf: die in Art. 20 Abs. 3 des Bundes-Verfassungsgesetzes (B-VG) genannten Interessen der Parteien, die Geheimsphäre i.S.d. § 16 des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches (ABGB), das Steuergeheimnis, das Bankgeheimnis, Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse, das Brief- und Fernmeldegeheimnis, das Hausrecht, die beruflichen Verschwiegenheitspflichten verschiedenster Art, die Geheimhaltungsvorschriften in den Regelungen betreffend die öffentlichen Bücher, der höchstpersönliche Lebensbereich i.S.d. § 8 des Mediengesetzes (MedienG).34

2.5.

Eingriffe in den Schutzbereich ^

[12]

Datenschutz hat keine unbeschränkte Wirkung.35 Der Schutzbereich des Grundrechts weist mit Blick auf andere Grundrechte Beschränkungen auf, was im Bereich der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Grund- und Menschenrechte üblich ist. Für das Zivilverfahren sind bei der Beurteilung der Zulässigkeit von Eingriffen in das Datenschutzgrundrecht vor allem das Recht auf Gehör und der Justizgewährungsanspruch von großer Bedeutung (Art. 6 EMRK), zumal die im Spannungsfeld zu Geheimhaltungsinteressen bzw. zum Datenschutz stehenden prozessuale Aufklärungs-, Mitwirkungs- und Auskunftsrechte sich auf Art. 6 EMRK stützen können.36 Nicht nur das Datenschutzrecht, sondern auch die dazu im Spannungsfeld stehenden Rechte auf effektive Rechtsverfolgung, Rechtsverteidigung bzw. auf unbehinderte Prozessführung37 sind somit verfassungsrechtlich geschützt.

[13]

Die damit verbundenen Eingriffe in den Schutzbereich des Datenschutzrechts müssen nicht notwendigerweise auch dessen Verletzung zur Folge haben. Zu erinnern ist in diesem Zusammenhang an die für diverse verfassungsrechtlich geschützten Rechte im Fall von grundrechtlichen Normenkollisionen entwickelten Grund-sätze,38 an Gesetzesvorbehalte und an die Idee sog. immanenter Grundrechtsschranken. Schon im Regelungstatbestand vieler Grundrechte sind Einschränkungen bzw. Ausnahmen vorgesehen, manche Grundrechte stehen unter einem allgemeinen oder eingeschränkten Gesetzesvorbehalt. Art. 8 Abs. 2 EMRK normiert die Zulässigkeit von Eingriffen in das Recht auf Privatleben (im weiten Verständnis auch auf Datenschutz). Im Bereich der GRC wird verlangt, dass Ausnahmen gesetzlich vorgesehen sein und den Wesensgehalt der Grundrechte achten müssen.39 Art. 8 Abs. 2 GRC legt fest, dass personenbezogene Daten für festgelegte Zwecke nach Treu und Glauben und mit Einwilligung der betroffenen Person oder auf einer sonstigen gesetzlich geregelten legitimen Grundlage verarbeitet werden können.

[14]
Das Grundrecht auf Datenschutz bewirkt daher kein absolutes Verbot der Verwendung fremder personenbezogener Daten.40 Auch bei einem schutzwürdigen Interesse des Betroffenen darf der nach § 1 Abs. 1 DSG 2000 verbürgte Anspruch auf Geheimhaltung personenbezogener Daten nach Maßgabe des § 1 Abs. 2 DSG 2000 durchbrochen werden.41 Der Betroffene kann nicht auf das Grundrecht auf Datenschutz berufen, wenn er der Verwendung seiner personenbezogenen Daten zugestimmt hat oder dieser in seinem lebenswichtigen Interesse erfolgt. Darüber hinaus macht Abs. 2 leg. cit. Eingriffe in das Grundrecht auf Datenschutz zur Wahrung überwiegender berechtigter Interessen eines anderen möglich. Ein Eingriff einer staatlichen Behörde ist nach dem Vorbild des Art. 8 Abs. 2 EMRK dann möglich, soweit dieser «gesetzlich vorgesehen und in einer demokratischen Gesellschaft notwendig ist für die nationale oder öffentliche Sicherheit, für das wirtschaftliche Wohl des Landes, zur Aufrechterhaltung der Ordnung, zur Verhütung von Straftaten, zum Schutz der Gesundheit oder der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer.» Derartige Gesetze dürfen die Verwendung von Daten, die ihrer Art nach besonders schutzwürdig sind, nur zur Wahrung wichtiger öffentlicher Interessen vorsehen (§ 1 Abs. 2 DSG 2010). Gleichzeitig müssen angemessene Garantien für den Schutz der Geheimhaltungsinteressen der Betroffenen festgelegt werden. Auch im Falle zulässiger Beschränkungen darf der Eingriff in das Grundrecht jeweils nur in der gelindesten, zum Ziel führenden Art vorgenommen werden. Damit setzt eine Bedachtnahme von datenschutzrechtlichen Geheimhaltungsinteressen eine doppelte Interessensabwägung voraus. Zum einen muss ein schutzwürdiges Interesse des Betroffenen vorliegen. Zum anderen müssen überwiegende Interessen eines anderen zu verneint werden. Bei den im Zivilprozess im Zusammenhang mit dem Datenschutz zu beobachtende Konstellationen können die Parteien des Zivilprozesses die vom DSG Betroffenen, aber auch jene «Andere» sein, deren Interesse jenen der von den Betroffenen des DSG gegenüberzustellen ist. Zu den denkbaren nach Art. 8 Abs. 2 EMRK zulässigen Gesetzen zählen auch zivilverfahrensrechtliche Bestimmungen (etwa über Beweisaufnahme oder die Gewährung der Parteiöffentlichkeit), weil damit in den Datenschutz «zum Schutz der Rechte anderer» eingegriffen wird.
[15]
Im Einzelfall kann die Grenzziehung zwischen einer zulässigen, weil gerechtfertigten Einschränkung eines Grundrechts und seiner unzulässigen Verletzung nur durch eine Abwägung der dabei zu beachtenden Interessen erfolgen. Dem Interesse am gefährdeten Gut müssen die Interessen des Handelnden und die der Allgemeinheit gegenübergestellt werden. Dabei kommt es auf die Art des eingeschränkten Rechts, die Schwere des Eingriffs, die Verhältnismäßigkeit zum verfolgten Zweck und den Grad der Schutzwürdigkeit dieses Interesses an.42 Diese allgemein für die Interessenabwägung im Grundrechtsbereich entwickelten Kriterien sind verallgemeinerungsfähig und auch auf den Kollisionsfall Geheimhaltung/Aufklärung anwendbar.43 Für das Grundrecht auf Datenschutz ergibt sich die Notwendigkeit einer Interessensabwägung bereits aus § 1 Abs. 1 DSG 2000. Jeder Weitergabe von Daten muss eine Interessenabwägung zwischen einem schutzwürdigen Interesse des Betroffenen und dem berechtigten Interesse eines Dritten vorangehen.44 Das bedeutet aber nicht, dass diese Interessensabwägung immer von den Gerichten vorzunehmen ist (wie das etwa im Fall des § 219 Abs. 2 ZPO der Fall sein kann). Bei vielen zivilverfahrensrechtlichen Konstellationen liegt bereits in den gesetzlichen Regelungen die nötige Abwägung der Aufklärungs- und Geheimhaltungsinteressen (vgl. die unten geschilderten Beispiele).

3.

Datenschutz und Akteneinsicht Dritter ^

3.1.

Neuregelung des § 219 ZPO durch die ZVN 2004 ^

[16]

In ihrer grundlegenden Untersuchung über datenschutzrechtliche Probleme im Zivilprozess untersuchte Simotta neben der Problematik der Volksöffentlichkeit45 auch die Frage der Akteneinsicht Dritter.46 Simotta weist zutreffend darauf hin, dass der Datenschutz ungeachtet der Zustimmung der Parteien bei der Akteneinsicht Dritter zu beachten ist, zumal der Inhalt des Akts nicht nur die Sphäre der Parteien betrifft. Die Akteneinsicht sei entweder von der Zustimmung der vom Geheimhaltungsrecht geschützten Person abhängig zu machen oder hänge davon ab, dass die Einsicht zur Erreichung des angestrebten Ziels geeignet und erforderlich sei und der Eingriff in die Geheimsphäre nicht unverhältnismäßig schwer wiege. Wenn die Parteien nicht zustimmen, müsse sowohl ein rechtliches Interesse nach § 219 ZPO als auch ein berechtigtes Interesse nach § 1 Abs. 2 DSG 2000 vorliegen. Diese Interessen würden sich im Regelfall aber decken. Es müsse geprüft werden, ob die Akteneinsicht (zur Rechtsverfolgung oder -verteidigung) unbedingt nötig ist und sie nicht einen unverhältnismäßigen Eingriff in die Privatsphäre der Parteien oder anderer Personen darstellt.47

[17]
Der Gesetzgeber hat diese Vorgaben bei der Gestaltung des Akteneinsichtsrechts nach § 219 ZPO im Zuge der ZVN 2004 im Wesentlichen umgesetzt und angeordnet, dass bei der Beurteilung, ob einem Dritten ein Akteneinsichtsrecht zusteht, immer auch das Recht auf Geheimhaltung derjenigen Personen zu beachten ist, deren personenbezogene Daten im Akt enthalten sind,48 sodass die unter Einhaltung der Bestimmung des § 219 ZPO gewährte Akteneinsicht datenschutzrechtlich zulässig ist.49 Seit der ZVN 2004 werden bei der Akteneinsicht eines Dritten (also einer Nichtpartei) auch überwiegende berechtigte Interessen eines anderen bzw. öffentliche Interessen i.S.d. § 26 Abs. 2 erster Satz DSG 2000 ausdrücklich berücksichtigt.50 Diese Interessen werden in § 219 Abs. 2 ZPO dem Interesse des Dritten auf Akteneinsicht gegenübergestellt.51 Zu den «Anderen» zählen aber nicht nur am Verfahren unbeteiligte Personen,52 sondern auch (und vor allem) die Parteien, Nebenintervenienten, Zeugen oder Sachverständige,53 zumal ein Gerichtsakt in erster Linie personenbezogene Daten über die im Verfahren involvierten Personen enthält.
[18]

Die vom Gesetz ausdrücklich vorgegebene Beachtung der datenschutzrechtlichen Geheimhaltungsinteressen Dritter ist unabhängig davon, ob die Parteien der Akteneinsicht zustimmen. Stimmen die Parteien der Akteneinsicht eines Dritten zu, sind sie in die Interessensabwägung des § 219 Abs. 2 Satz 1 ZPO freilich nicht einzubeziehen. In einem solchen Fall liegt kein schutzwürdiges Interesse der zustimmenden Person vor.54 Zur Akteneinsicht der Parteien vgl. die Ausführungen zu Punkt 5.

3.2.

Geschützte Interessen anderer Personen ^

[19]
Bei der Beurteilung, ob einem Dritten ein Akteneinsichtsrecht zusteht, ist daher immer auch das Recht auf Geheimhaltung anderer Personen zu beachten. § 219 Abs. 2 ZPO soll Personen, deren Daten von der rechtswidrigen Verletzung des Amtsgeheimnisses und der amtlichen Akteneinsicht betroffen sind, vor Vermögensnachteilen schützen.55 Welche Geheimhaltungsinteressen schützt § 219 Abs. 2 ZPO? Die Norm knüpft an § 26 Abs. 2 erster Satz DSG 2000 an. Diese Bestimmung regelt die Einschränkung des aus dem Datenschutzrecht erfließenden Auskunftsrechts. Eine Auskunft ist demnach nicht zu erteilen, soweit dies zum Schutz des Auskunftswerbers aus besonderen Gründen notwendig ist oder überwiegende berechtigte Interessen des Auftraggebers oder eines Dritten, insb. auch überwiegende öffentliche Interessen, der Auskunftserteilung entgegenstehen. Die öffentlichen Interessen ergeben sich aus § 26 DSG 2000.56 Unter die berechtigten Interessen eines anderen, dessen «persönliche Daten, wie auch immer in das Verfahren eingeflossen sind»,57 fällt vor allem das Grundrecht auf Geheimhaltung personenbezogener Daten. Bei der Beurteilung, ob einem Dritten ein Akteneinsichtsrecht zusteht, ist somit immer auch das Recht auf Geheimhaltung derjenigen Personen zu beachten, deren personenbezogene Daten im Akt enthalten sind.58 Es ist im Einzelfall zu prüfen, ob die Akteneinsicht des Dritten unbedingt nötig ist oder ob sie einen unverhältnismäßigen Eingriff in die Privatsphäre darstellt.59 Im Gegensatz zu anderen Regelungen der ZPO knüpft § 219 Abs. 2 ZPO somit nicht (nur) an die in Spezialbestimmungen geschützten Geheimnisse oder Verschwiegenheitspflichten,60 sondern an den weiteren Begriff der «personenbezogene Daten» i.S.d. § 4 Z 1 DSG 2000 an.61 Derartige personenbezogene Daten sollen bei einem überwiegenden Interesse anderer Personen vor der Akteneinsicht Dritter geschützt werden.62 Der datenschutzrechliche Anspruch auf Geheimhaltung personenbezogenen Daten besteht daher nur bei einem schutzwürdigen Interesse i.S.d. § 1 Abs. 1 DSG» 2000 («insbesondere auch im Hinblick auf die Achtung des Privat- und Familienlebens»). Ein solches schutzwürdiges Interesse kann nur nach einer Interessensabwägung ermittelt werden (dazu oben Punkt 2.4), die jener nach § 219 Abs. 2 ZPO vorgelagert sein muss.63

3.3.

Interessensabwägung nach § 219 ZPO ^

[20]
Die nach § 219 Abs. 2 ZPO vorzunehmende Interessensabwägung nimmt auf das DSG Bezug. Allerdings fällt auf, dass die Verweigerung des Akteneinsichtsrechts des Dritten (nur) durch überwiegende berechtigte Interessen eines anderen gerechtfertigt wird, wenngleich § 1 Abs. 2 DSG 2000 einen Eingriff in das Grundrecht auf Datenschutz nur bei einem überwiegenden Interesse eines anderen (hier also des akteneinsichtsnehmenden Dritten) zulässt. Eine oberflächliche Betrachtung kommt zum Schluss, dass § 219 ZPO und § 1 DSG 2000 die Interessensabwägung zwischen Geheimhaltung und Datenschutz bei einem Gleichstand der Interessen unterschiedlich regeln: Dem Dritten wäre demnach die Akteneinsicht nach § 219 ZPO zu gewähren, weil die Interessen des vom DSG geschützten Betroffenen nicht überwiegen. Die Formulierung des § 219 ZPO wird aber verständlich, wenn man sich vor Augen hält, dass nicht die Regelung über Geheimhaltungsinteressen des Betroffenen, sondern dessen datenschutzrechtliches Auskunftsrecht nach § 26 DSG 2000 hier als (einfachgesetzliches) Vorbild fungiert (vgl. Punkt 3.2). Dieses Auskunftsrecht steht als datenschutzrechtliches Begleitrecht dem vom Datenschutz geschützten Betroffenen zu. Sein Anspruch auf Auskunft wird – durchaus i.S.d. § 1 Abs. 2 DSG 2000 – nur dann verdrängt, wenn das Interesse des Auskunftspflichtigen überwiegt. Bei der der § 219 Abs. 2 ZPO zugrundeliegende Konstellation sollen bei der Akteneinsicht Dritter freilich die Geheimhaltungsinteressen des Betroffenen geschützt werden, wobei offenbar nicht beachtet wurde, dass der Betroffene (= die vom DSG geschützte Person) nicht Akteneinsicht nimmt, sondern die Akteneinsicht Dritter zu seinem Gunsten eingeschränkt ist.
[21]
Dessen ungeachtet bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen § 219 ZPO. Die verfassungsgesetzliche Vorgaben, dass in das Grundrecht auf Datenschutz nur bei überwiegenden Interessen Dritter (hier: des Einsichtsnehmenden) eingegriffen werden darf, kann nämlich deshalb als erfüllt betrachtet werden, weil der Einsichtsnehmende überdies nach § 219 Abs. 2 ZPO entweder die Zustimmung beider Parteien oder ein rechtliches Interesse aufweisen muss. Aufgrund dieser zusätzlichen qualifizierten Merkmale erscheint es bei einem Gleichklang der gegenseitigen Interessen vertretbar, davon auszugehen, dass durch die Akteneinsicht des Dritten dessen überwiegende berechtigte Interessen insgesamt gewahrt werden sollen.
[22]
Der nach § 219 Abs. 2 ZPO vorzunehmenden Interessensabwägung ist die Prüfung des rechtlichen Interesses des Dritten auf Akteneinsicht vorgelagert, wenn eine der Parteien der Einsicht nicht zustimmt.64 Erst wenn ein solches rechtliches Interesse bejaht wird, ist eine Abwägung dahin vorzunehmen, ob die in § 219 Abs. 2 ZPO genannten Interessen das Recht des Dritten auf Akteneinsicht überwiegen. Das Prüfungsverfahren ist bei fehlender Zustimmung der Parteien somit zwingend zweistufig.65 Die Abwägung mit datenschutzrechtlichen Interessen ist freilich auch dann vorzunehmen, wenn beide Parteien der Einsicht zugestimmt haben (arg.: Mit Zustimmung … soweit dem nicht … entgegenstehen) und es daher eines rechtlichen Interesses des die Einsicht Beantragenden nicht bedarf.66 Die Zustimmung der Parteien ersetzt nur das geforderte rechtliche Interesse, nicht aber die Interessensabwägung i.S.d. § 219 Abs. 2 Satz 1 ZPO. In diese Abwägung sind bei Zustimmung der Parteien nur mehr die Interessen von Nichtparteien einzubeziehen, weil die Parteien durch ihre Zustimmung zur Akteneinsicht ihr berechtigtes Interesse auf Geheimhaltung ihrer personenbezogenen Daten verloren haben.67

3.4.

Sonderfragen bei der Akteneinsicht ^

3.4.1.

Beschränkung auf Aktenteile ^

[23]

Es ist nicht ausdrücklich geregelt, ob die Akteneinsicht auf Teile des Akts beschränkt werden kann. Nach verständiger Würdigung der auszulegenden Norm, muss eine solche Vorgangsweise möglich sein.68 Gerade die normierte Interessensabwägung legt eine flexible Handhabung und keine Alles oder Nichts-Lösung nahe. Auch der Wortlaut des § 219 Abs. 2 ZPO stützt diese Meinung, weil das Wort «soweit» und nicht «sofern» gewählt wurde. Es ist nicht einzusehen, einem Dritten die Einsicht in einen bestimmten Teil des Akts (z.B. ein Gutachten) nur deshalb zu verwehren, weil eine andere Person Anspruch auf Geheimhaltung ihrer Daten hat, die sich aus einem anderen Aktenteil ergeben. Der derart beschränkten Akteneinsicht stehen in einem solchen Fall keine damit gegenläufigen Interessen entgegen. Zudem kann eine Beschränkung der Einsicht auf Teile des Akts auch auf § 298 Abs. 2 ZPO gestützt werden (vgl. Punkte 4.2 und 5).

3.4.2.

Verstoß gegen das Verbot des Ausforschungsbeweises? ^

[24]
Von der die Akteneinsicht beantragenden Partei kann nicht mit einem lapidaren und hier verfehlten Hinweis auf das Verbot des Ausforschungsbeweises verlangt werden, die Kenntnis der Tatsachen genau anzugeben, die sie sich aus der Akteneinsicht erwarte. Dem Antrag auf Akteneinsicht liegt notwendigerweise ein Ausforschungsinteresse zugrunde.69 Erst durch die Akteneinsicht kann der Antragsteller Kenntnis von den relevanten Umständen erlangen.70 Ist die Glaubhaftmachung des rechtlichen Interesses erforderlich, um Akteneinsicht gewährt zu bekommen, kann vom Antragsteller nicht verlangt werden, dass er dieses auf den (ihm unbekannten) konkreten Inhalt des Akts stützt.

3.4.3.

Akteneinsicht in Rechtsmittelakten? ^

[25]
Für Rechtsmittelakten schränkt die Praxis das Akteneinsichtsrecht stark ein. Im Allgemeinen wird die Einsicht in Rechtsmittelakten unter Hinweis darauf verweigert, dass diese Akten in aller Regel nur aus den Ausfertigungen der vorinstanzlichen Entscheidungen, dem Entscheidungsentwurf sowie dem Protokoll über die Abstimmung bzw. dem Abstimmungsvermerk bestünden.71 Nach § 219 Abs. 1 ZPO ist es den Parteien verwehrt, in Entwürfe zu Urteilen und Beschlüssen sowie in Protokolle über Beratungen und Abstimmungen des Gerichts Einsicht zu nehmen. Daraus zieht die Rsp. den Schluss, dass der der Einsicht einer Partei zugängliche Teil des Rechtsmittelakts (vgl. auch § 170 der Geschäftsordnung [Geo]72) nur die Entscheidung des Rechtsmittelgerichts enthält, deren Ausfertigung den Parteien ohnedies zugestellt werde.73 Wenngleich die referierte Rsp. aus praktischen Gesichtspunkten mit Blick auf den Aufwand der Gerichte im Verhältnis zum Nutzen (Interesse) der einsichtsnehmenden Partei nachvollziehbar ist, kann sie keinen generellen Ausschluss der Akteneinsicht stützen. Derartiges vertritt Gitschthaler, wonach «grundsätzlich die R-Akten eines Rechtsmittelgerichts überhaupt nicht der Akteneinsicht unterliegen» sollen.74
[26]

Ein solch kategorischer Ausschluss des Akteneinsichtsrechts lässt sich freilich auch aus der referierten Rsp. nicht ableiten, weil darin betont wird, dass die Zustellung der Entscheidungsausfertigung «im Regelfall» zur Wahrung der verfahrensrechtlichen Interessen der Partei hinreichend sei.75 Wenngleich es dem Inhalt des § 219 ZPO widerspricht, von den Parteien die Darlegung oder Behauptung eines rechtlichen Interesses zu verlangen, wird mit der Abstellung auf den Regelfall ein darüber hinausgehendes Interesse der Betroffenen nicht ausgeschlossen. Es sind aber durchaus Fälle denkbar, bei denen eine Einsicht in einen Rechtsmittelakt nicht sinnlos erscheint. So etwa dann, wenn das Rechtsmittelverfahren noch nicht abgeschlossen ist und die aus dem Akt ersichtlichen Verfahrensschritte (Protokolle, Beschlüsse, Verfügungen) noch nicht Teil des erstinstanzlichen Akts sind. Auch für die Prüfung eines Fristsetzungs- oder Ablehnungsantrags ist es nicht ausgeschlossen, dass der Inhalt des Rechtsmittelakts für die Partei wichtig ist. Schließlich kann auch die Einsicht in die Urschrift auf ein Interesse gestützt werden, wenn etwa fraglich ist, ob die Ausfertigung mit der Urschrift übereinstimmt. Von der Beurteilung dieser Frage hängt nämlich ab, ob die Entscheidung mit einem Rechtsmittel zu bekämpfen oder ein Berichtigungsantrag zu stellen ist.

[27]
Nach 6 Ob 551/90 ist die Urschrift hingegen jedenfalls von der Akteneinsicht auszunehmen. Aus der Urschrift könnten sich nämlich im Hinblick auf mögliche Abänderungen, Streichungen und Ergänzungen des Entwurfs und ebenso das Vorhandensein oder Fehlen eines Abstimmungsvermerks weitreichende Rückschlüsse auf die Meinungsbildung im Senat und auf das Abstimmungsverhalten der einzelnen Senatsmitglieder ableiten lassen. Die Meinungsbildung im Senat soll aber auch gegenüben den Parteien geheim bleiben. Auch nach 1 Nd 30/9476 stünden Abänderungen, Streichungen und Ergänzungen des ursprünglichen Entwurfs, der die Urschrift bildet, mit der konkreten Meinungsbildung im Senat bzw. den vom Gesetz geheim zu haltenden Beratungen oder Abstimmungen im Zusammenhang, sodass diesbezüglich keine Akteneinsicht zu gewähren ist.
[28]
Diese Annahmen sind weder zwingend noch vermögen sie eine generelle Einschränkung der Akteneinsicht für Parteien zu rechtfertigen. Die Urschrift ist weder Entwurf noch Protokoll über Beratungen und Abstimmungen. Lediglich der darauf ersichtliche Abstimmungsvermerk ist zu verdecken und von der Einsicht auszunehmen. Wenn Anträge, Stellungnahmen und Äußerungen von Senatsmitgliedern tatsächlich im Zusammenhang mit der Meinungsbildung zu bringen sind, ist die Urschrift insoweit oder allenfalls zur Gänze von der Einsicht auszunehmen. Der Umstand, dass aus manchen Urschriften die Meinungsbildung abzuleiten ist, rechtfertigt nicht, Urschriften von der Akteneinsicht stets auszunehmen. Es liegen auch keine Gesichtspunkte aus datenschutzrechtlicher Sicht vor, die einen generellen Ausschluss der Akteneinsicht für Rechtsmittelakten rechtfertigen können. Der referierten Rsp. ist nur insoweit zu folgen, als ein (evident!) rechtsmissbräuchlicher Antrag abzuweisen ist.

4.

Aktenübersendung, Beiakten und Datenschutz ^

4.1.

Aktenübersendung als Akt der Rechtshilfe ^

[29]
Welchen Einfluss hat das Recht auf Datenschutz bei der im Rahmen der Rechts- bzw. Amtshilfe vorzunehmenden Aktenübersendung? Das Ersuchen um Übersendung von Akten für Beweiszwecke ist als Rechtshilfeersuchen i.S.d. § 37 der Jurisdiktionsnorm (JN) zu beurteilen,77 weshalb die datenschutzrechtlich als Verwendung von Daten zu qualifizierende Aktenübersendung von nicht-sensiblen Daten bereits durch § 8 Abs. 1 Z 1 DSG 2000 gedeckt ist. Die Bestimmungen über die Rechtshilfe erfüllen das Erfordernis der ausdrücklichen gesetzlichen Ermächtigung bzw. Verpflichtung zur Verwendung der Daten. Darüber hinaus gilt für die Rechtshilfe die Bestimmung des § 8 Abs. 1 Z 4 DSG 2000, wonach schutzwürdige Geheimhaltungsinteressen bei der Verwendung nicht-sensibler Daten dann nicht verletzt sind, wenn überwiegende berechtigte Interessen des Auftraggebers oder eines Dritten die Verwendung erfordern. Das ist nach § 8 Abs. 3 Z 2 DSG 2000 der Fall, wenn die Verwendung der Daten durch Auftraggeber des öffentlichen Bereichs in Erfüllung der Verpflichtung zur Amtshilfe geschieht, worunter auch die Rechtshilfe unter § 37 JN fällt.78 Aber auch für den Bereich der sensiblen Daten gilt die Amtshilfe als Rechtfertigung für den Eingriff in das Grundrecht auf Datenschutz (§ 9 Z 4 DSG 2000).79 Zudem ermöglicht das DSG auch im Bereich der sensiblen Daten den Rückgriff auf gesetzliche Vorschriften, wenngleich diese der Wahrung eines wichtigen öffentlichen Interesses dienen müssen (§ 9 Z 3 DSG 2000). Die Sicherung der Rechtspflege, eines fairen Verfahrens bzw. des Justizgewährunganspruchs rechtfertigt das wichtige öffentliche Interesse im Zusammenhang mit den Regeln über die Rechtshilfe.
[30]

Auch bei der Aktenübersendung ist allerdings zu achten, dass die Eingriffe in das Grundrecht zur Rechtsverfolgung oder -verteidigung nur im notwendigen Umfang erfolgen,80 zumal ein Eingriff in das Grundrecht jeweils nur in der gelindesten zum Ziel führenden Art vorgenommen werden darf (§ 1 Abs. 2 DSG). Um diese Vorgabe zu erreichen, ist danach zu differenzieren, inwieweit die übermittelten Akten für das Verfahren des ersuchenden Gerichts von Relevanz sind oder nicht.81 Ein Großteil der zivilverfahrensrechtlichen datenschutzrechtlichen Probleme ließe sich weitgehend entschärfen, wenn im Verfahren personenbezogene Daten nur zur eigentlichen Prüfung der Rechtssache verwendet werden (vgl. dazu auch Punkt 5). Im Zusammenhang mit der Aktenübersendung und Verwertung von Beiakten ergeben sich problematische Konstellationen vor allem daraus, dass den Parteien, den akteneinsichtnehmenden Dritten, den Sachverständigen82 oder der Öffentlichkeit Umstände bekannt werden, die in keinem Zusammenhang mit der eigentlichen Streitsache stehen. Werden etwa umfassende Fremdakten beigeschafft und im Prozess verlesen, dargetan oder sonst verwertet, fließen zahlreiche Informationen auch ohne überwiegende berechtigte Interesse der Parteien in das Verfahren ein, was die Geheimhaltungsinteressen der davon Betroffenen empfindlich berühren könnte. Bei nicht notwendigen oder unverhältnismäßigen Eingriffen in den Datenschutz besteht die Gefahr, dass das Grundrecht verletzt wird.

4.2.

Anwendung des § 298 ZPO für Akten? ^

[31]

Was sieht sie ZPO vor, um datenschutzrechtliche Verletzungen im Zusammenhang mit übersandten Akten zu vermeiden? Einer beweispflichtigen Partei wird es durch § 298 Abs. 2 ZPO bei der Urkundenvorlage ermöglicht, nicht relevante Urkundenteile von der Einsicht des Gegners und in weiterer Folge damit auch von der Verwertung im Verfahren auszuschließen.83 Das korreliert auch mit § 1 Abs. 2 DSG 2010, wonach Eingriffe in den Datenschutz nur in der gelindesten, zum Ziel führenden Art vorgenommen werden dürfen. Fraglich ist aber, ob ein gesamter Akt unter den Begriff der Urkunde nach der ZPO (und damit auch in den Anwendungsbereich des § 298 Abs. 2 ZPO) fällt oder er aus mehreren eigenständigen Urkunden besteht. § 183 Abs. 1 Z 2 ZPO verleiht dem Begriff des Akts gegenüber einzelnen Urkunden eine eigenständige Bedeutung, sodass es verfehlt wäre, beide Begriffe a priori gleichzusetzen. Es ist aufgrund der systematischen Stellung des § 298 ZPO davon auszugehen, dass sich diese Bestimmung auf einzelne Urkunden bezieht. Auch die Formulierung in § 298 Abs. 2 ZPO deutet darauf hin, dass damit nur ein einzelnes Schriftstück zu verstehen ist (arg. « ... dem Eingange, dem Schlusse, dem Datum und der Unterschrift ...»).84 Im Sinne von Fasching ist der Akt aber als Ganzes als eine öffentliche Urkunde zu betrachten,85 wobei die einzelnen Bestandteile für sich alleine aber – je nachdem – Privaturkunden oder öffentliche Urkunden bleiben.86 Nach einer hier gebotenen extensiven Auslegung des Begriffs Urkunde ist darunter auch ein gesamter Akt zu verstehen. Es erscheint daher (ohne Rückgriff auf Analogie) geboten, auf Akten grundsätzlich die Bestimmungen des Urkundenbeweises anzuwenden, insoweit dies bei einzelnen Regelungen nach deren Sinn nicht ausgeschlossen ist. Nach § 298 ZPO sind die dem Beweisverfahren zugrundezulegenden Urkunden dem Gericht und dem Gegner vorzulegen. Letzterer hat sich dazu zu erklären; die für die Streitsachen nicht relevanten Urkundenteile fließen hingegen nicht in das Verfahren ein. Die aus dieser Bestimmung abzuleitenden Wertungen (Offenlegung der relevanten Urkundenteile und die Abgaben entsprechender Erklärungen; Verschluss und keine Verwertung der irrelevanten Teile) treffen auch auf Akten zu, sodass Fremdakten nur insoweit ins Verfahren einfließen dürfen, als sie sich auf den Streitgegenstand beziehen.87 Auch die Materialien zur ZVN 2004 stützen einen Ausschluss von Teilen beigeschaffter Fremdakten, «die den Streitgegenstand nicht betreffen und daher nicht in das Verfahren einbezogen werden», auf § 298 Abs. 2 ZPO.88

4.3.

Handhabung der Geheimhaltung bei Aktenübersendung ^

[32]
Personenbezogene Daten können bereits im Wege der Aktenübersendung oder im Zuge der Einsicht in den übersandten Akt bzw. erst bei der Verwertung des Akts im Beweisverfahren enthüllt werden. Das zivilverfahrensrechtliche Gebot der Bestimmtheit des Beweisantrags kann allfälligen datenschutzrechtlichen Verletzungen bereits im Vorfeld vorbeugen und verhindert auch, dass das ersuchende Gericht nach der Übersendung zunächst das Wesentliche aus den beigeschafften Akten selbst heraussuchen muss. Ein Antrag auf Herbeischaffung ganzer Akten, wobei sich das Gericht etwaige für den Prozess relevante Urkunden selbst heraussuchen müsste, wäre somit unzulässig. Vielmehr muss bereits im Beweisantrag ein konkretes Thema angegeben werden, das durch die Herbeischaffung der vom Beweisführer angeführten Akten bewiesen werden soll.89 Grundsätzlich können daher nur einzelne bestimmte Aktenstücke als Beweismittel angeboten und zugelassen werden. Daraus ist abzuleiten, dass ein Beweisantrag zur Beischaffung eines Akts grundsätzlich die relevanten Aktenbestandteile, also die einzelnen Urkunden, anzuführen hat. Ein Beweisantrag, in dem sich der Antragsteller bloß auf einen Akt beruft, ist daher im Allgemeinen unzulässig.90 Auch wenn das Gericht Akten ohne Rücksicht auf diese Vorgaben beischafft, gehört es nicht zu seiner Aufgabe, die wesentlichen Teile herauszufiltern.91
[33]
Die amtswegige Beischaffung eines Akts im Rahmen der diskretionären Gewalt des Gerichts ist indes durch die hier geschilderten Anforderungen nicht beschränkt (arg. «Akten» in § 183 Abs. 1 Z 2 ZPO). In einem solchen Fall muss das Gericht freilich darauf achten, dass die datenschutzrechtlichen problematischen und für die Streitsache nicht relevanten Teile der Beiakten nicht ins Verfahren einfließen. Das Akteneinsichtsrecht der Parteien umfasst die Beiakten nämlich erst dann, sie Bestandteile der Prozessakten werden.92 Das Gericht hätte somit vor diesem Zeitpunkt den Inhalt der amtswegig beigeschafften Akten zu prüfen, damit in weiterer Folge die Einsicht der Parteien durch die entsprechende Anwendung des § 298 Abs. 2 ZPO beschränkt werden kann.93
[34]
Die Rsp. ist nicht dahin einheitlich, welches Gericht die Geheimhaltungsinteressen im Zuge einer Aktenübersendung wahrzunehmen hat. Nach 7 Ob 663/86 und 6 Ob 654/86 obliegt es nicht dem ersuchten Gericht, die Beschränkungen bei der Akteneinsicht in «seinen Akt» gegenüber dem ersuchenden Gericht wahrzunehmen. Die Frage, ob durch eine allfällige Gewährung der Akteneinsicht Geheimhaltungsinteressen verletzt werden könnten, hat ausschließlich das ersuchende Gericht zu entscheiden.94 Die Ansicht des Obersten Gerichtshofs, dass erst nach Übersendung der Akten an das ersuchte Gericht von diesem entschieden werden kann, ob Akteneinsicht zu gewähren ist oder nicht, fügt sich in die Rechtsprechung zur Rechtshilfe, wonach dem ersuchten Gericht die Prüfung der Zweckmäßigkeit und der prozessualen Richtigkeit des Rechtshilfeersuchens versagt ist.95 Einen anderen Ansatz wählte der Oberste Gerichtshof zu 1 Nd 30/94. Hier musste im Wege der analogen Anwendung des § 47 JN über die Rechtmäßigkeit der Ablehnung eines Rechtshilfeersuchens entschieden werden. Der Oberste Gerichtshof betrachtete die Weigerung des ersuchten Gerichts insoweit für berechtigt, als damit die Übermittlung der von der Akteneinsicht ausgeschlossenen Aktenbestandteile i.S.d. § 219 Abs. 1 ZPO verweigert wurden. Damit verschmolzen die Anforderungen an das Akteneinsichtsrecht mit dem Umfang des zu befolgenden Rechtshilfeersuchens.
[35]

Nach Ansicht des OLG Wien soll die Bestimmung des § 39 Abs. 2 des Kartellgesetzes (KartellG) (wonach Akteneinsicht nur mit Zustimmung der Parteien des Kartellverfahrens gewährt werden darf)96 bei der Rechtshilfe vom ersuchten Kartellgericht geprüft werden. Eine Aktenübersendung wäre bei Fehlen der Voraussetzungen des § 39 Abs. 2 KartellG unzulässig.97 Stimmen in der Literatur stützen diese Ansicht. Nach Polster/Zellhofer habe das um Aktenübermittlung ersuchte Kartellgericht die Zustimmung der Parteien des kartellgerichtlichen Verfahrens einzuholen.98 Die Autoren begründen das mit dem vom Gesetzgeber in den Materialien vertretenen Vorrang des Geheimnisschutzes vor der Förderung von «Private Enforcement». Ähnliches vertreten Bauer/Kitzberger,99 wonach die Amtshilfe durch Geheimhaltungspflichten beschränkt werden könne. § 39 KartellG sei die Wertung des Gesetzgebers zu entnehmen, dass Geschäftsgeheimnisse, die die Bundeswettbewerbsbehörde im Zuge ihrer Tätigkeit als Aufgriffsbehörde erhält, nicht für Parteien anderer Verfahren verwendbar sein sollten. Das Aufklärungsinteresse der Bundeswettbewerbsbehörde sei vorrangig, weil Unternehmen andernfalls zu verhindern suchten, ihrer Auskunftspflicht nachzukommen. Diese Wertung sollte daher den Umfang der Amtshilfe mitbestimmen. Es sollte überdacht werden, ob die Wertung des Gesetzgebers eine Beschränkung der Amtshilfe rechtfertigen könnte, wenngleich die Autoren für eine gesetzliche Klarstellung plädieren.100 Auch nach Solé hat das Kartellgericht bei einem Ersuchen um Aktenübersendung im Rahmen der Amtshilfe zu prüfen, ob bei der ersuchenden Behörde durch diesen Vorgang am kartellgerichtlichen Verfahren Nichtbeteiligten Akteneinsicht gewährt werden wird; bejahendenfalls sei eine Aktenübermittlung nur bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 39 Abs. 2 KartG zulässig.101

[36]
Diesen Ansichten wurde vom Obersten Gerichtshof in der Entscheidung 16 Ok 3/10102 eine Absage erteilt, wobei ein Amtshilfeersuchen einer Staatsanwaltschaft zu prüfen war. Die Pflicht zur Amts- und Rechtshilfe sei verfassungsgesetzlich angeordnet, werde für den Bereich des Strafverfahrens in § 76 der Strafprozessordnung (StPO) zulässigerweise präzisiert und durch das Amtsgeheimnis, den Datenschutz und sonstige gesetzliche Geheimhaltungspflichten beschränkt. Mit § 39 Abs. 2 KartellG werde keine spezifische behördliche Geheimhaltungspflicht im zuletzt genannten Sinn normiert. Auch datenschutzrechtliche Erwägungen stünden der Amtshilfe nicht entgegen.103
[37]
Freilich lässt bereits die deutliche Bestimmung des § 76 Abs. 2 StPO keine andere Interpretation zu.104 Selbst unter der Annahme, dass ein im Rechtshilfeweg ersuchtes Zivilgericht Geheimhaltungspflichten bei der Aktenübersendung an eine Strafbehörde zu prüfen hat, dürfte dies nur in den engen Grenzen des § 76 StPO geschehen. Auch bei einem zivilgerichtlichen Rechtshilfeersuchen (also außerhalb des Anwendungsbereichs des § 76 StPO) ist freilich an die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs anzuknüpfen. Die Möglichkeit des ersuchten Gerichts, die Amtshilfe von der Einhaltung der Geheimhaltungsinteressen abhängig zu machen, würde zu einer unzulässigen Einschränkung der verfassungsrechtlich abgesicherten Pflicht auf Amts- und Rechtshilfe führen. Eine Einschränkung zugunsten von Geheimhaltungsinteressen ist aber weder aus Art. 22 B-VG noch aus dem entsprechenden Ausführungsgesetz (§ 37 JN) ableitbar.
[38]
Auch § 39 KartellG schränkt die Pflicht zur Rechtshilfe nicht ein. Dagegen spricht auch nicht, dass diese Bestimmung zugunsten des öffentlichen Interesses an der Aufdeckung von kartellrechtlichen Zuwiderhandlungen die Einsichtsrechte einschränken soll.105 Auch wenn das ersuchte Kartellgericht die Amtshilfe nicht von der Zustimmung der Parteien des Kartellverfahrens abhängig machen soll, bedeutet das nicht, dass die durch § 39 KartellG geschützten Geheimhaltungsinteressen im Zivilprozess bedingungslos offen stehen. Nur der für den Prozess relevante Teil des Kartellverfahrens darf nach den oben entwickelten Grundsätzen ins Verfahren fließen, zumal Eingriffe in den Datenschutz nur in der gelindesten, zum Ziel führenden Art vorgenommen werden dürfen (§ 1 Abs. 2 DSG 2010). Darüber hinaus steht das Unionsrecht (insb. der Effektivitätsgrundsatz) § 39 KartellG entgegen, weil das Gericht bei einem Veto einer der beiden Parteien keine Möglichkeit hätte, die betroffenen Interessen gegeneinander abzuwägen.106

5.

Parteiöffentlichkeit und Datenschutz ^

[39]
Der Grundsatz der Parteiöffentlichkeit ist eine wichtige Ausprägung des Rechts auf Gehör und gewährleistet eine effektive Rechtsverfolgung bzw. -verteidigung. Nur eine über den Stand und Inhalt eines Verfahrens informierte Partei kann auch die ihr zustehenden Rechte geltend machen, Aktenwidrigkeiten als solche erkennen und allfällige Vermutungen behördlicher Willkür auf diese Weise beseitigen helfen. Die Transparenz der behördlichen Entscheidung trägt daher nicht unmaßgeblich zu deren Akzeptanz bei.107 Der Grundsatz der Parteiöffentlichkeit umfasst das Recht der Parteien, von allen Gerichtshandlungen und allen Prozesshandlungen des Gegners Kenntnis zu erlangen und an allen Tagsatzungen teilzunehmen, auch im Rechtshilfeweg und auch dann, wenn die Volksöffentlichkeit ausgeschlossen ist.108 Dazu gehört das Recht auf Akteneinsicht, das als besondere Form des Parteiengehörs zu den wesentlichen und anerkannten Einrichtungen des Rechtsstaats zählt. Es ist mit Art. 6 EMRK nicht in Einklang zu bringen, einem unmittelbar Verfahrensbeteiligten durch die vom Prozessgegner angestrebte Geheimhaltung gerade jene Argumente und Ausführungen verborgen zu halten, die jener jedoch im Rahmen eines «fair trial» kennen und wissen muss, um seinerseits nicht bloß dagegen sachgerecht erwidern zu können, sondern auch seinen eigenen gestellten Antrag effektiv durchsetzen und ihm rechtsstaatlich einwandfrei zum Durchbruch verhelfen zu können.109 Sind datenschutzrechtliche Einschränkungen der Parteienöffentlichkeit im Allgemeinen bzw. des Akteneinsichtsrechts der Parteien im Besonderen möglich?
[40]
Nach § 219 Abs. 1 ZPO ist das Akteneinsichtsrecht (abgesehen von den dort explizit angeführten Ausnahmen110) umfassend dahin formuliert, dass die Parteien in «sämtliche ihre Rechtssache betreffenden Akten (Prozessakten)» Einsicht nehmen können. Simotta erachtet das aus der Parteienöffentlichkeit erfließende Akteneinsichtsrecht der Parteien im Zusammenhang mit dem DSG als «völlig unbedenklich». In dem Moment, in dem eine Partei etwas schriftlich oder mündlich vorbringt, habe sie sich ihres Rechts auf Geheimhaltung dieser Daten vor der Gegenpartei begeben.111 Die Materialien zur ZVN 2004 bejahen freilich im Zusammenhang mit der Aktenübersendung eine Beschränkung des Akteneinsichtsrechts der Parteien: «Auch eine Verweigerung der Akteneinsicht den Parteien gegenüber ist denkbar. Zu allfälligen Meinungsverschiedenheiten hinsichtlich des Akteneinsichtsrechts durch die Parteien kann es etwa dann kommen, wenn Teile beigeschaffter Fremdakten (Akt des Finanzamts, Strafverfahrensakt) von der Akteneinsicht ausgenommen sind, weil sie den Streitgegenstand nicht betreffen und daher nicht in das Verfahren einbezogen werden (siehe auch § 298 Abs. 2).»112
[41]
Der Hinweis auf § 298 Abs. 2 ZPO (vgl. dazu Punkt 4.2) zeigt, dass nach der ZPO die Parteienöffentlichkeit nicht schrankenlos zu gewähren ist. Bereits die Stammfassung der ZPO regelt damit datenschutzrechtliche Aspekte. Entscheidend ist dabei die Tatsache, dass eine Partei nur von der Einsicht in nicht relevante Unterlagen ausgeschlossen werden darf. Das korreliert mit der ratio vieler Regelungen des DSG. Bei Daten, die nicht im Zusammenhang mit dem Streitgegenstand bestehen, sind «überwiegende berechtigte Interessen eines anderen» i.S.d. § 1 Abs. 2 DSG 2000 (also der hier von der Einsicht ausgeschlossenen Partei) zu verneinen. Ein Eingriff (= uneingeschränkte Verwendung der Urkunde) einer staatlichen Behörde (= das zuständige Gericht) in die Geheimhaltungsinteressen des Betroffenen (= der die Urkunde vorlegende Beweisführer) ist hinsichtlich der nicht relevanten Urkundenteile i.S.d. § 1 Abs. 2 DSG 2000 nicht notwendig. Die Einräumung der Einsicht in für das Verfahren unwesentliche Urkundenteile ist weder eine wesentliche Voraussetzung für die Wahrnehmung einer einem Auftraggeber des öffentlichen Bereichs (Gericht) gesetzlich übertragenen Aufgabe (§ 8 Abs. 3 Z 1 DSG 2000) noch dient die Nutzung von für das Verfahren unwesentlichen Daten der Wahrung eines wichtigen öffentlichen Interesses (§ 9 Z 3 DSG 2000). Überwiegende berechtigte Interessen des Auftraggebers (Gerichts) oder eines Dritten (Partei) erfordern nicht die Verwendung irrelevanter Teile einer Urkunde im Verfahren (§ 1 Abs. 2 und § 8 Abs. 1 Z 4 DSG 2000). Auch liegt bei nicht erheblichen Urkundenteilen keine Notwendigkeit der Verwendung zur Geltendmachung, Ausübung oder Verteidigung von Rechtsansprüchen (vgl. § 8 Abs. 3 Z 5, § 9 Z 9 DSG 2000)113 vor.
[42]
Neben § 298 Abs. 2 ZPO kann aus weiteren zivilverfahrensrechtliche Bestimmungen im Einklang mit dem Datenschutzrecht der Grundsatz abgeleitet werden, dass die Geheimhaltungsinteressen die Rechte der Parteien auf Beteiligung im Verfahren bzw. den Grundsatz der Parteienöffentlichkeit bei für das Verfahren nicht relevanten Umständen einschränken können.
[43]
Zu denken ist etwa an § 75a ZPO, wonach eine Partei in Schriftsätzen, aber auch im Rahmen ihres Vorbringens (§ 177 Abs. 1 ZPO) oder bei der Parteienvernehmung (§§ 340 Abs. 1 i.V.m. 375 Abs. 1 ZPO) von der Angabe ihres Wohnorts (gemeint: ihrer Anschrift, Adresse) absehen kann.114 Nur bei einem überwiegenden Interesse des Gegners hat dieser Anspruch darauf, die unter Verschluss gehaltene Adresse zu erfahren. Eine derartige Interessensabwägung wird wohl i.d.R. nur dann gegen die Geheimhaltungsinteressen ausfallen, wenn die Anschrift zur effektiven Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung des Gegners unabdingbar ist und damit für das Verfahren relevant ist.115
[44]

Auch im Kartellverfahren wurden nach dem Vorbild des Strafprozesses Modelle entwickelt, die eine Verwertung von Beweismitteln unter Ausblendung von nicht relevanten Umständen zulässt. Nach § 12 Abs. 5 des Wettbewerbsgesetzes (WettbG) hat bei einer Hausdurchsuchung der Inhaber von geschäftlichen Unterlagen (zur Sicherung von Geheimhaltungspflichten bzw. -rechten) die Möglichkeit, deren Durchsuchung oder Einsichtnahme zu verweigern.116 Die Unterlagen sind in der Folge zu versiegeln («auf geeignete Art und Weise gegen unbefugte Einsichtnahme oder Veränderung zu sichern») und dem Kartellgericht vorzulegen, ohne dass sie zuvor durchsucht oder eingesehen werden. Das Kartellgericht hat die Unterlagen zu sichten und darüber zu entscheiden, ob und in welchem Umfang sie durchsucht, eingesehen und Abschriften und Auszüge daraus angefertigt werden dürfen oder sie dem Inhaber zurückzustellen sind. Diese Sichtung soll auch ermöglichen, die für das konkrete Verfahren unerheblichen Teile von den erheblichen Teilen zu trennen.117

[45]
Nach § 214 des Unternehmensgesetzbuches (UGB) hat das Gericht unter Zuziehung der Parteien Einsicht in Bücher zu nehmen, wenn diese in einem Rechtsstreit vorgelegt werden, soweit sie den Streitpunkt betreffen. § 214 Satz 1 UGB schützt die Geheimhaltungsinteressen des Buchführungspflichtigen, weil die Einsichtnahme auf den Streitpunkt beschränkt wird und erinnert auch an § 298 Abs. 2 ZPO.118
[46]
Das gesetzlich geschützte Beratungs- und Abstimmungsgeheimnis (vgl. § 219 Abs. 1, § 413 ZPO) beschränkt die Parteienöffentlichkeit einschließlich des Akteneinsichtsrecht der Parteien, was eine möglichst unbeeinflusste Meinungsbildung im Senat ermöglichen und damit auch die richterliche Unabhängigkeit stärken soll. Freilich darf bzw. muss eine Verletzung der Vorschriften über die Beratung und Abstimmung ungeachtet der grundsätzlichen Geheimhaltungspflicht aufgegriffen werden. Für die Parteien wird ein derartiger Verstoß aufgrund ihres Ausschlusses nicht manifest werden. Anderes gilt für das Rechtsmittelgericht, das auch in das Beratungsprotokoll Einsicht nehmen darf. Verwirklicht nun ein Verstoß gegen die Meinungsbildung im Senat einen Nichtigkeitsgrund, etwa weil nicht alle Mitglieder über die Entscheidungsanträge abgestimmt haben,119 so ist dieser (nun für das Verfahren relevante) Verst0ß amtswegig aufzugreifen, auch wenn er den Parteien damit das Abstimmungsverhalten offenbart. Die Einschränkung der Parteiöffentlichkeit endet hier, weil die geschützten Umstände für den Ausgang des Verfahrens von inhaltlicher Relevanz sind.
[47]
Auch das europäische Mahnverfahren dokumentiert, dass der Grundsatz der Parteienöffentlichkeit nicht unbeschränkt gilt. Der Verzicht des Antragstellers auf die Überleitung in das ordentliche Verfahren nach Art. 7 Abs. 4 der Verordnung (EG) Nr. 1896/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 zur Einführung eines Europäischen Mahnverfahrens (EuMahnVO) ist deshalb auf einer Anlage zum Antrag zu erklären, weil der Verzicht dem Antragsgegner zweckmäßigerweise nicht zur Kenntnis gebracht wird.120 Auch dieser Verzicht steht nicht im direkten Zusammenhang mit den im Verfahren zu prüfenden materiellrechtlichen Bestimmungen und ist insoweit für die Rechtverfolgung oder -verteidigung irrelevant.
[48]

Schließlich ist auch daran zu erinnern, dass die Befundaufnahme des Sachverständigen außerhalb der mündlichen Verhandlung im Rahmen eigenständiger Ermittlungstätigkeiten des Sachverständigen erfolgen kann (§ 359 Abs. 2 ZPO). Wenngleich die Ermittlungstätigkeiten des Sachverständigen i.d.R. als materielle Beweisaufnahme121 zu qualifizieren und nur dann zulässig sind, wenn die Grundsätze des Parteiengehörs (vor allem die Anwesenheit der Parteien bei der Befundaufnahme) eingehalten werden, besteht (schon mangels fixer Vorgaben) auch hier die Möglichkeit, die Parteienöffentlichkeit einzuschränken. Das ist dann zu bejahen, wenn die Zuziehung der Parteien für andere Personen nicht zumutbar ist (wenn der Beteiligung also berücksichtigungswürdige Interessen entgegenstehen)122 bzw. wenn die Beteiligung evidentermaßen zwecklos wäre. Eine Zurückdrängung der Parteiöffentlichkeit bei der Befundaufnahme wird vom Obersten Gerichtshof in einem obiter dictum zu 3 Ob 27/06a neben den Fällen medizinischer Untersuchungen einer Partei durch einen sachverständigen Arzt auch im Zusammenhang mit Geschäftsgeheimnissen bejaht und darauf verwiesen, dass eine nachträgliche Eröffnung einer Äußerungsmöglichkeit, wie sie in einer der Befundaufnahme des Sachverständigen nachfolgenden Tagsatzung regelmäßig eingeräumt wird, zumindest eine Nichtigkeit ausschließt. Gleichzeitig wird aber betont, dass einer gerichtlichen Entscheidung keine Tatsachen- und Beweisergebnisse zugrunde gelegt werden dürfen, zu denen sich die Beteiligten nicht äußern konnten.123 Auch daraus kann abgeleitet werden, dass die Zurückdrängung der Parteienöffentlichkeit bei der Befundaufnahme dann zulässig ist, wenn es darum geht, für das Verfahren nicht relevante Geheimnisse zu schützen, die der Prozessgegner quasi zufällig erfahren könnte.

[49]
Der Grundsatz der Parteiöffentlichkeit gilt somit nicht unbeschränkt. Dessen Einschränkung ist auch zur Wahrung des Datenschutzes möglich. In einem Zivilprozess ermöglicht das Grundrecht auf Datenschutz gegenüber dem durch Art. 6 EMRK geschützten Grundrecht auf «fair trial» im Zusammenhang mit der Rechtsdurchsetzung aber keine entscheidende Einschränkung der Parteienrechte.124 Grundsätzlich muss das Grundrecht auf Datenschutz gegenüber dem Grundrecht eines fairen Verfahrens zurücktreten und zwar i.d.R. dann, wenn die Daten die für das Verfahren relevanten Tatsachen betreffen.125 Das korrespondiert mit der Vorgabe in § 83 GOG, wonach sich die Durchsetzung der im DSG geregelten Rechte des Betroffenen auch nach den jeweiligen Verfahrensvorschriften richtet. Auch aus dieser Bestimmung ist ableitbar, dass das Verfahrensrecht dem Datenschutz inhaltliche Schranken auferlegt. Die Parteienöffentlichkeit darf zugunsten gesetzlich geschützter Geheimnisse (etwa auch i.S.d. Datenschutzes) somit dann nicht beschränkt werden, wenn davon betroffene Umstände für die eigentliche Entscheidung verwertet werden können bzw. müssen.126 Hingegen kann die Parteienöffentlichkeit überall dann ausgeschlossen werden, wenn Geheimnisse für das Verfahren nicht relevant sind. Das hier für die Parteiöffentlichkeit Gesagte trifft sinngemäß auch für das Beweisverfahren zu (vgl. Punkt 6).

6.

Einschränkungen im Beweisverfahren durch den Datenschutz? ^

6.1.

Datenschutzrechtliche Einschränkungen bei der Einholung von Auskünften und bei Aufträgen zur Vorlage von Urkunden ^

6.1.1.

Problematik ^

[50]

Von der Rsp. und Lehre noch weitgehend ungeklärt sind die Fragen, ob die Berufung auf den verfassungsgesetzlich gewährleisteten Datenschutz die traditionelle starke Stellung des Gerichts (materielle Prozessleitung und diskretionären Gewalt) einschränkt und ob unter Hinweis auf den Datenschutz die Aufnahme, Erlangung oder Verwertung von Beweisen abgelehnt werden kann. Nach einer verbreiteten Praxis im Bestandverfahren werden auch schon vor Beginn der Verhandlung Auskünfte von Versorgungsunternehmungen eingeholt, wenn es etwa darum geht, die Benutzung einer Wohnung durch den Strom-, Gasverbrauch oder das Telefonverhalten zu überprüfen. Eine ähnliche Vorgangsweise ist bei der Einholung einer Gehaltsauskunft in Unterhaltsprozessen zu beobachten. Röhsner sieht in der Übermittlung der Daten durch Unternehmen und in weiterer Folge in der Verwendung der Daten durch das Gericht mit Blick auf §§ 1, 6 und 7 DSG 2000 mangels Vorliegens einer Ausnahmebestimmung eine Verletzung des Grundrechts auf Datenschutz.127 Aufgrund der Verletzung eines verfassungsrechtlich gewährleisteten Grundrechts bedrohe die eingeholte und verlesene Auskunft das Verfahren mit Nichtigkeit, zumindest aber stelle sie einen gravierenden Verfahrensmangel dar.128 Nach der Entscheidung 40 R 121/12b des LGZ Wien soll eine amtswegige Auskunft über den Stromverbrauch ohne Zustimmung des Mieters «gegen den österreichischen Datenschutz» verstoßen; eine Verweigerung der Zustimmung durch den Mieter dürfe nicht gewürdigt werden. Aus der Entscheidung geht hervor, dass die Einholung bei einem Antrag der Parteien zulässig gewesen wäre.

6.1.2.

Ganzheitliche Sicht im Lichte der ZPO und des DSG ^

[51]
Im Gegensatz zur Auffassung von Röhsner ist die datenschutzrechtliche Problematik freilich nicht isoliert von den Vorschriften für den streitigen Zivilprozess zu lösen. Vielmehr ist die Frage in einer Gesamtschau des DSG mit der ZPO sinnvoll zu beantworten, zumal sich die Durchsetzung von datenschutzrechtlichen Ansprüchen in der Gerichtsbarkeit auch nach den jeweiligen Verfahrensgesetzen richtet (§ 83 GOG). Datenschutzrechtliche Probleme können in diesem Zusammenhang nicht ohne Klärung der zivilverfahrensrechtlichen Grundlagen gelöst werden, nach denen sich die Einholung einer Auskunft bei einem Dritten oder die Beischaffung von Urkunden richtet. Eine durch die Verfahrensgesetze gedeckte Ermittlung, Verarbeitung oder Weitergabe personenbezogener Daten verletzt aufgrund der damit vorliegenden Rechtsgrundlage nicht die Datenschutzrechte der Betroffenen.129 § 301 ZPO ermöglicht auf Antrag einer Partei eine Beischaffung von einer als Beweismittel zu benützenden Urkunde, die sich bei einer öffentlichen Behörde oder in der Verwahrung eines Notars befinden muss und deren Ausfolgung oder Vorlage die Partei nicht selbst erreichen kann.
[52]
Daraus verneint die Rsp. im Umkehrschluss eine Verpflichtung des Gerichts, Auskünfte bei sonstigen Dritten einzuholen; eine Anfrage an Dritte sei in der ZPO nicht vorgesehen,130 anderes gelte freilich für Anfragen an Behörden.131 Eine allenfalls durch Analogie zu bejahende Pflicht zur Beischaffung von Urkunden durch das Gericht wird zudem auch dann verneint, wenn kein § 229 Abs. 2 ZPO gleichzuhaltendes Schutzbedürfnis vorliegt, das die Partei an der eigenständigen Beischaffung von ihr zur Beweisführung benötigter Unterlagen hindert.132
[53]
Diese Argumentation bezieht sich aber nur darauf, dass das Gericht einem Antrag einer Partei auf Einholung einer Auskunft bzw. auf Vorlage von Urkunden Dritter grundsätzlich nicht nachkommen muss, wenn nicht die Voraussetzungen des § 301 ZPO erfüllt ist oder – was zu ergänzen ist – die Vorschriften der Vorlage durch einen Dritten nach § 308 ZPO nicht gegeben sind. Kodek weist zutreffend darauf hin, dass daraus nicht die Unzulässigkeit dennoch eingeholter Auskünfte bzw. beigeschaffter Urkunden abzuleiten ist.133 § 301 ZPO wolle nur eine ungerechtfertigte Belastung des Gerichts verhindern, nicht aber den Kreis der zulässigen Erkenntnisquellen beschränken. Das korrespondiert auch mit den Materialien zur ZPO, die zu § 301 ZPO darauf hinweisen, dass bei der Beischaffung von Urkunden die richterliche Requisition nicht an Stelle des eigenen Einschreitens einer Partei tritt.134 Das bedeutet aber nur eine Absage einer Pflicht bzw. die Verneinung eines Verfahrensmangels bei einer unterlassenen Einholung von Auskünften und Urkunden, nicht aber die Verneinung der Zulässigkeit einer derartigen Vorgangsweise. Auch die Rsp. erachtet (vornehmlich im Provisorialverfahren,135 aber nicht nur dort136) in einer derartige Vorgangsweise eine zulässige Methode zur Klärung des Sachverhalts, vor allem dann, wenn die beweisbelastete Partei selbst dazu nicht in der Lage ist. Diesen Ausführungen ist zuzustimmen.
[54]

In diesem Zusammenhang ist wichtig hervorzuheben, dass zwischen der Befugnis des Gerichts und einer entsprechenden Pflicht zu unterscheiden ist. Aus den Bestimmungen über die materielle Prozessleitung ist abzuleiten, dass das Gericht amtswegig (nahezu) zur umfassenden Beweisaufnahme befugt ist. Das Gesetz sieht nämlich im engen Zusammenhang mit der Erfüllung der dem Vorsitzenden nach § 182 ZPO obliegenden Verpflichtungen in § 183 Abs. 1 ZPO demonstrativ vor, welche Verfügungen und Erhebungen das Gericht treffen darf, aber nicht muss (arg. «kann»). Bereits die Materialien zur ZPO halten unmissverständlich fest, dass es zur Umsetzung der materiellen Prozessleistung des Richters weitreichende Vollmachten bedarf.137 Soweit erforderlich und ausführbar, soll es dem Gericht demnach ermöglicht werden, alle ihm aus dem Prozess bekannt gewordenen Beweismittel auch von amtswegen heranzuziehen.138 Auch aus der in § 183 Abs. 2 ZPO normierten Einschränkung der diskretionären Gewalt des Gerichts hinsichtlich Urkunden und Zeugen bei ablehnenden Erklärungen beider Parteien, ist die Möglichkeit zu derartigen Beweisaufnahmen auch ohne Antrag abzuleiten. Es ist wohl nicht davon auszugehen, dass eine Partei einen Beweisantrag stellt, sich dann aber mit ihrem Gegner gegen eine entsprechende Verfügung des Gerichts wendet.139 Erhebungen des Gerichts können auch vor Beginn der mündlichen Verhandlung angeordnet werden, wobei es seit der ZVN 2002 nicht mehr zu besorgen sein muss, dass sich die für die Entscheidung wichtigen Umstände andernfalls nicht mehr feststellen ließen oder ein Beweismittel später nicht mehr oder doch nur unter erheblich schwereren Bedingungen benützt werden könnte. Die Materialien zur ZVN 2002 erteilen wohl «inquisitorischen Maßnahmen» eine Absage, halten aber gleichzeitig fest, dass § 183 Abs. 3 ZPO die amtswegige Beischaffung beantragter Beweismittel, wie etwa von Akten oder Urkunden, ermöglicht.140 Ungeachtet der etwas missverständlichen (bzw. widersprüchlichen) Formulierung von der «amtswegigen Beischaffung beantragter Beweismittel» erfordert auch § 183 Abs. 3 ZPO keinen Beweisantrag. Gemeint ist vielmehr, dass das Gericht nicht ohne konkrete Tatsachenbehauptungen amtswegig ermitteln kann und sich im Rahmen des Vorbringens halten muss. Wenn das Gericht Auskünfte einholt oder Urkunden abverlangt, muss für die Zulässigkeit einer derartigen Vorgangsweise nicht danach unterschieden werden, ob dem ein Antrag zugrunde liegt oder ob das Gericht amtswegig ermittelt. Die dem Richter durch die diskretionäre Gewalt eingeräumten Befugnisse werden nicht durch Anträge beschränkt oder von diesen abhängig gemacht.

[55]

Auch eine Unterscheidung einer zulässigen Einholung einer Auskunft bei einem Antrag und einem unzulässigen amtswegigen Vorgehen i.S.d. der oben unter Punkt 6.1.1 referierten Entscheidung 40 R 121/12b des LGZ Wien erscheint mit Blick auf die starke Stellung des Richters auch im streitigen Zivilverfahren verfehlt. Nur dann, wenn das wechselseitige Vorbringen der Streitteilen keine Grundlage dafür bietet, Feststellungen zu treffen, die mit der Auskunft im Zusammenhang stehen oder sich beide Parteien gegen die Vorgangsweise des Gerichts aussprechen (§ 183 Abs. 2 ZPO),141 ist ein amtswegiges Vorgehen unzulässig.

[56]
Darüber hinaus ist freilich zu beachten, dass die in der ZPO festgelegten beweisrechtlichen Bestimmungen nicht umgangen werden dürfen und etwa das Gebot der Unmittelbarkeit von Beweisaufnahmen zu beachten ist. Das Einholen von Auskünften ist daher etwa dann unzulässig, wenn diese die unmittelbare Vernehmung von Zeugen bzw. Parteien oder die Durchführung eines Augenscheins ersetzen soll. Mit einer derartigen «schriftlichen Zeugen- oder Parteiaussage» würde zudem auch das Fragerecht der Parteien umgangen. Mit der Aufschlüsselung des Strom- oder Gasverbrauchs bzw. der Telefondaten sind (ebenso wie im vergleichbaren Fall der Einholung einer Gehaltsauskunft) jedoch in der Regel keine eigenen Wahrnehmungen des Urkundenausstellers verbunden. Vielmehr wird er dabei auf die ihm zur Verfügung stehenden Daten/Dateien zurückgreifen oder die Zusammenstellung automationsunterstützt erstellen. Knüpft der Dritte bloß an die ihm vorliegenden Unterlagen an, erscheint seine Vernehmung entbehrlich, sodass schriftliche Auskünfte bzw. übermittelte Unterlagen als Urkunden im Verfahren verwertet werden können. Eine solche Verwertung setzt ohnedies die gemeinsame Beweiserörterung voraus (§ 259 Abs. 1 ZPO), im Zuge derer die Parteien auch die Zeugenvernehmung des Urkundenverfassers/Auskunftsgebers beantragten können, wenn inhaltliche Bedenken gegen die Richtigkeit oder Echtheit schlüssig behauptet werden. Das Gesagte spricht aus der Sicht der ZPO für die grundsätzliche Zulässigkeit der Beschaffung von Urkunden oder der Einholung von Auskünften bei einem Versorgungsunternehmen, unabhängig ob dies amtswegig oder auf Antrag geschieht. Gegen die Zulässigkeit der Beischaffung von Urkunden bei einem Versorgungsunternehmen kann indes nicht eingewendet werden, dass eine solche nicht unter § 183 Abs. 1 Z 3 ZPO fällt (arg. «öffentliche Behörde oder Notar»), zumal die Mitteln der diskretionären Gewalt des Gerichts in § 183 Abs. 1 ZPO nur demonstrativ aufgezählt sind.142
[57]
Von der Zulässigkeit der Auskunfteinholung oder Urkundenbeschaffung ist schließlich auch die Frage zu trennen, ob die ersuchte Person dazu verpflichtet ist. Eine solche Pflicht ist zu verneinen, weil die Übermittlung einer derartigen Auskunft weder unter § 308 ZPO fällt noch Ausfluss der Zeugenpflicht ist.143
[58]
Gegen die Zulässigkeit einer Urkundenbeschaffung bzw. Auskunftseinholung im Rahmen eines Zivilprozesses sprechen auch nicht datenschutzrechtliche Vorschriften. Röhsner misst die Zulässigkeit derartiger Anfragen fast ausschließlich nach dem DSG, wonach Daten nur für festgelegte, eindeutige und rechtmäßige Zwecke ermittelt bzw. weiterverwendet werden dürfen (§ 6 Abs. 1 Z 2 DSG 2000) und eine Übermittlung nicht erfolgen darf, wenn dadurch die schutzwürdigen Geheimhaltungsinteressen des Betroffenen verletzt werden (§ 7 Abs. 1 DSG 2000). Vom Autor werden zivilprozessuale Vorschriften ausgeblendet bzw. (§ 183 Abs. 1 Z 3 ZPO) einer vergangenen Zeit zugeordnet.
[59]

Röhsner ist zwar zuzugestehen, dass die allgemeine datenschutzrechtliche Privilegierung für den öffentlichen Bereich i.S.d. § 7 Abs. 2 DSG 1978144 nicht ins DSG 2000 übernommen wurde. Dessen ungeachtet können in einem Zivilprozess Daten auch ohne Zustimmung bzw. gegen den Willen des Betroffenen verwendet werden. Der Übermittlung von Daten an das Gericht kann insb. nicht entgegengehalten werden, dass Daten nur für den Zweck, zu dem sie (rechtmäßigerweise) erhoben wurden, verwendet werden dürfen (§ 6 DSG 2000). Zum einen ist hier davon auszugehen, dass die Daten vom Versorgungsunternehmen zum Zwecke der Feststellung des jeweiligen Verbrauchs erhoben wurden. Gerade der Verbrauch soll auch im Zivilprozess festgestellt werden, sodass sich die Zwecke decken. Das enge Verständnis von Röhnser von § 6 DSG 2000, der offenbar in der Verwendung von Verbrauchsdaten in einem Verfahren einen anderen Zweck sieht, hätte zur Folge, dass nahezu jegliche Verwendung von Daten in einem behördlichen Verfahren ohne Zustimmung des Betroffenen unzulässig wäre. Diese Auslegung widerspräche freilich den sonstigen Bestimmungen des DSG. § 1 Abs. 2 DSG 2000 erlaubt Eingriffe einer staatlichen Behörde aufgrund von Gesetzen. Bei derartigen Eingriffen ist es wohl nicht ausgeschlossen, dass Daten von den Behörden in einer «mit den Zwecken der Datenermittlung unvereinbaren Weise» weiterverwendet werden. Gemäß § 6 Abs. 1 Z 2 und Z 3 DSG 2000 dürfen die Daten zwar ausschließlich für jenen Zweck verwendet werden, für den sie ermittelt wurden und nur soweit sie für diesen Zweck wesentlich sind und nicht darüber hinausgehen. Eine Verwendung der Daten für einen anderen als den ursprünglichen Zweck ist grundsätzlich nicht zulässig. In der hier zu untersuchenden Konstellation ist nicht die eigene Verwendung der Daten durch den Auftraggeber i.S.d. DSG (also das Versorgungsunternehmen) sondern eine Verwendung der Daten im Außenbereich für andere Zwecke durch Übermittlung (i.S.d. § 4 Z 12 DSG 2000) an das Gericht und die Verwendung der Daten im Beweisverfahren zu klären. Diese datenschutzrechtlich als Übermittlung geltende Verwendung ist daher (aber immerhin) nur unter den dafür geltenden Voraussetzungen (insb. nach § 7 Abs. 2 DSG 2000) zulässig.145 Sie setzt voraus, dass die Daten aus einer nach § 7 Abs. 1 DSG 2000 zulässigen Datenanwendung stammen (Abs. 2 Z 1 leg. cit.). Das ist zu bejahen, weil die Verarbeitung der Verbrauchsdaten der Kunden durch den Unternehmer nach ihrem Zweck und Inhalt in rechtlich zulässiger Weise erfolgt.146 Auch die Voraussetzung nach Abs. 2 Z 2 leg. cit., wonach der Empfänger dem Übermittelnden seine ausreichende gesetzliche Zuständigkeit oder rechtliche Befugnis – soweit diese nicht außer Zweifel steht – im Hinblick auf den Übermittlungszweck glaubhaft gemacht hat, ist dann unproblematisch, wenn aus dem Ersuchen des Gerichts hinreichend hervorgeht, dass das Gericht die Daten zur Klärung bzw. Beurteilung der Streitsache benötigt. Zudem werden die schutzwürdigen Geheimhaltungsinteressen des Betroffenen nach Abs. 2 Z 3 leg. cit. durch die Übermittlung nicht verletzt. Durch die ausdrückliche (zivilverfahrens)gesetzliche Ermächtigung zur Verwendung der Daten werden die Interessen des Betroffenen (= Mieters) durch Zweck und Inhalt der Übermittlung an das Gericht nicht verletzt (vgl. § 8 Abs. 1 Z 1 DSG 2000). Zudem liegen hier überwiegende berechtigte Interessen eines Dritten (= Klägers) vor (§ 8 Abs. 1 Z 4 DSG 2000). Das Geheimhaltungsinteresse des Mieters läge in einem solchen Fall nur darin, die Klärung der Anspruchsvoraussetzungen einer Aufkündigung oder Räumungsklage zu verhindern. Der Umstand, dass ein Mieter im Prozess verschleiern will, er bewohne die vermietete Wohnung entgegen seiner Behauptung nicht zur Deckung seines Wohnbedürfnisses, ist nicht schutzwürdig.147 Gerade der Schutz der Rechte anderer i.S.d. Art. 8 Abs. 2 EMRK rechtfertigt nach § 1 Abs. 2 DSG 2000 einen gesetzlichen Eingriff in die Geheimhaltungsinteressen des Betroffenen. Das DSG selbst stellt den schutzwürdigen Geheimhaltungsinteressen des Betroffenen das Recht des Auftraggebers auf Verwendung von Daten gegenüber, die er zur Geltendmachung, Ausübung oder Verteidigung von Rechtsansprüchen vor einer Behörde benötigt (§ 8 Abs. 3 Z 5 DSG 2000), was auch für die Verwendung sensibler Daten gilt (§ 9 Z 9 DSG 2000).148 Schließlich ist auch auf die Regelung über das Datengeheimnis nach § 15 DSG 2000 hinzuweisen (vgl. auch Punkt 6.3). Demnach haben Auftraggeber, Dienstleister und ihre Mitarbeiter Daten aus Datenanwendungen, die ihnen ausschließlich aufgrund ihrer berufsmäßigen Beschäftigung anvertraut wurden oder zugänglich geworden sind, unbeschadet sonstiger gesetzlicher Verschwiegenheitspflichten, geheim zu halten, soweit kein rechtlich zulässiger Grund für eine Übermittlung der anvertrauten oder zugänglich gewordenen Daten besteht. Die ZPO bietet einen ausreichenden Grund für die Übermittlung der Daten, weshalb das Datengeheimnis die Übermittlung nicht hindert.149 Die von Röhsner ins Spiel gebrachten datenschutzrechtlichen Bedenken können die Unzulässigkeit einer derartigen Beweisaufnahme daher nicht stützen. Die von ihm vermisste gesetzliche Grundlage ergibt sich aus den referierten Bestimmungen über die diskretionäre Gewalt des Gerichts. Auch nach der ständigen Spruchpraxis der Datenschutzkommission verstießen Ermittlungshandlungen, die sich auf das jeweilige Verfahrensgesetz stützen können, nicht gegen das DSG.150 Folgerichtig ist eine Ermittlung (Verarbeitung) von Daten durch Behörden gemäß § 1 Abs. 2 DSG 2000 zulässig, soweit der Zweck und der Inhalt der Datenverwendung von den gesetzlichen Zuständigkeiten oder rechtlichen Befugnissen dieser Behörde gedeckt sind.151 Die vom Gericht eingeholten Auskünfte dürfen somit im weiteren Verfahren verwertet werden.

[60]
Bei dieser und auch der im Folgenden beschriebenen datenschutzschutzrechtlichen Konstellationen im Beweisverfahren ist (im Gegensatz zur Situation bei der Akteneinsicht Dritter, vgl. oben) eine Interessensabwägung zwischen den Geheimhaltungs- und Informationsrechten nicht erforderlich. Bereits der Gesetzgeber selbst gibt hier einen Ausgleich der Interessenslage vor, indem er Eingriffe in die Geheimschutzsphäre im Rahmen des Verfahrensrechts ermöglicht und diese gleichzeitig durch den Zweck des Verfahrens (hier des Zivilprozesses) begrenzt, was auch mit § 83 GOG korrespondiert, wonach sich die Durchsetzung der datenschutzrechtlichen Ansprüche nach den jeweiligen Verfahrensgesetzen richtet.
[61]

Selbst wenn man hier dennoch i.S. von Röhnser von einem aus dem DSG abzuleitenden Beweisverwertungsverbot ausgeht (vgl. dazu auch Punkt 6.2), könnten bei einem entsprechenden Auftrag durch das Gericht für das Verfahren keine Konsequenzen abgeleitet werden.152 Eine Nichtigkeit käme nur bei einem Beweismethodenverbot in Betracht. Darunter fällt eine rechtswidrige Beweiserlangung durch das Gericht bei der Aufnahme eines an sich zulässigen Beweismittels,153 etwa die Erzwingung einer Parteienaussage durch Ordnungsstrafen oder die Misshandlung bei einer Zeugenvernehmung durch den Richter. Ein Abfordern von Verbrauchsdaten bei einem Versorgungsunternehmen (oder ähnliches) fällt freilich nicht darunter, zumal die Daten im Zeitpunkt des Beschlusses bereits vorhanden sind. Die Mangelhaftigkeit des Verfahrens i.S.d. § 496 Abs. 1 Z 2 ZPO kann schon aus grundsätzlichen Gründen nicht darauf gestützt werden, dass das Gericht Beweise aufgenommen hat.154 Selbst wenn die Anfragen unzulässig wären, können diese die erschöpfende Erörterung und die gründliche Beurteilung der Streitsachen nicht hindern.

6.2.

Beweisverbot bei Verstoß gegen das DSG? ^

[62]
In der Entscheidung 6 Ob 148/00h wurde ein datenschutzrechtliches Beweisverwertungsverbot vom Obersten Gerichtshof obiter geprüft. Dem lag ein Verfügungsantrag eines Arztes gegen eine Rechtsanwältin zugrunde. Letztere vertrat die damalige klagende Partei in einem Haftungsprozess gegen ein Krankenhaus aufgrund einer vom nunmehrigen Kläger durchgeführten Operation. Im Vorprozess legte sie zur Erschütterung der Glaubwürdigkeit des Arztes ein Gutachten betreffend eine weitere Operation vor. Der Oberste Gerichtshof wies im Provisorialverfahren des Folgeprozesses darauf hin, dass ein allfälliges Beweisverwertungsverbot hinsichtlich des Gutachtens eine Frage der aus dem DSG selbst abzuleitenden Interessensabwägung sei (§§ 1, 8 DSG 2000). Das Gesetz stelle den schutzwürdigen Geheimhaltungsinteressen des Betroffenen das Recht des Auftraggebers auf Verwendung von Daten gegenüber, die er zur Geltendmachung, Ausübung oder Verteidigung von Rechtsansprüchen vor einer Behörde benötigt (§ 8 Abs. 3 Z 5 DSG 2000), was auch für die Verwendung sensibler Daten gelte (§ 9 Z 9 DSG 2000). Die gebotene Interessenabwägung hänge von der Wichtigkeit des Beweisthemas und des Beweismittels ab, dessen Verwendung («das Vorliegen einer Datei vorausgesetzt») notwendigerweise auch einen Eingriff in das Recht auf Datenschutz bedeute. Wenngleich es der Oberste Gerichtshof ausdrücklich verneinte, dass § 9 der Rechtsanwaltsordnung (RAO) und das rechtliche Interesse der Prozesspartei an ungehinderter Prozessführung (Prozessvorbringen und Stellen von Beweisanboten) gegenüber dem Recht auf Datenschutz in jedem Fall, also ohne Interessenabwägung, zurücktreten müsste, lassen seine Ausführungen erkennen, dass Gründe des Datenschutzes einer Verwertung von Beweisen im Zivilprozess entgegenstehen können. Dies auch deshalb, weil der Oberste Gerichtshof die (für die Interessensabwägung entscheidende) Wichtigkeit des Gutachtens aus dem Vorprozess relativiert, das im Vorprozess «offenkundig nicht zum unmittelbaren Beweisthema, sondern nur als Hilfsbeweis zur Erschütterung der Glaubwürdigkeit des Klägers» vorgelegt worden sei. Eine weitere Erörterung, «ob dies gegenüber dem Geheimhaltungsanspruch des Klägers gerechtfertigt war» unterblieb mit dem m.E. unzutreffenden Hinweis dass das Recht auf Datenschutz nur die in einer Datei aufscheinenden personenbezogenen Daten umfassen soll (vgl. dazu Punkt 2.3). Aus der Entscheidung ist zum einen abzuleiten, dass ein Verstoß gegen datenschutzrechtliche Bestimmungen nicht notwendigerweise ein Verwertungsverbot der rechtswidrig erlangten Informationen im Zivilprozess zur Folge haben muss.155 Ein solches wird nach Ansicht des Obersten Gerichtshofs aber auch nicht ausgeschlossen.
[63]
Können daher Angriffs- oder Verteidigungsmittel durch auf das DSG gestützte Geheimhaltungsinteressen der Gegenseite beschränkt werden? In der referierten Entscheidung des Obersten Gerichtshofs war freilich nicht die Frage der Verwertung im Zivilprozess zu beurteilen, sondern vielmehr ein entsprechender materiellrechtlicher Unterlassungsanspruch. Aus der Entscheidung kann somit nicht direkt abgeleitet werden, dass das Gericht aus dem Gesichtspunkt des DSG rechtswidrig erlangte Beweismittel in einem Verfahren nicht verwertet darf. Von Interesse ist hier auch die Entscheidung 4 Ob 50/04p, wonach die Verarbeitung eigener Daten nicht unter das Datenschutzgesetz fällt.156 Der Oberste Gerichtshof verneinte einen auf das DSG gestützten Unterlassungsanspruch, wobei die Kläger hier den Beklagten vorwarfen, Daten aus ihren Kunden- und Lieferantenkarteien zu verwenden. Für das Beweisverfahren würde das bedeuten, dass das DSG in dieser Konstellation keinen Schutz bietet, auch wenn eine Partei unrechtmäßig zu von der Gegenseite verarbeiteten Daten gelangt.
[64]
Schon § 1 DSG kann keinen (generellen) Vorrang des Datenschutzes gegenüber der Verwendung von personenbezogenen Daten im Zivilverfahren stützen. § 1 Abs. 2 DSG 2000 erlaubt ausdrücklich Beschränkungen des Anspruchs auf Geheimhaltung «zur Wahrung überwiegender berechtigter Interessen eines anderen», wobei Eingriffen einer staatlichen Behörde aufgrund von Gesetzen erfolgen und aus den in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Gründen notwendig sein müssen. Der Eingriff in das Grundrecht darf nur in der gelindesten, zum Ziel führenden Art vorgenommen werden (vgl. auch Kapitel 2).
[65]
Auch außerhalb des (allgemeinen) Datenschutzrechts nach dem DSG, etwa im Bereich der Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse, ist ein absoluter Vorrang von Geheimhaltungsinteressen gegenüber dem Recht auf effektive Rechtsverfolgung bzw. Rechtsverteidigung abzulehnen. Der Oberste Gerichtshof hat jüngst in der Entscheidung zu 7 Ob 50/12x zutreffend ausgesprochen, dass Verschwiegenheitspflichten (für Rechtsanwälte oder Ärzte) unter dem Aspekt des Art. 6 EMRK dann nicht bestehen, wenn vertrauliche Informationen oder bekannt gewordene Geheimnisse notwendigerweise vorgebracht werden müssen, um eigene Forderungen durchzusetzen oder Ansprüche abzuwehren. Entscheidend ist allerdings, dass die Geheimnisse den Streitgegenstand betreffen. Von einem Geheimhaltungsinteresse geschützte Umstände, die für den Prozess nicht von Relevanz sind, dürfen nicht vorgebracht oder zum Gegenstand des Beweisverfahrens gemacht werden. Wie bereits oben dargelegt darf der Geheimnisschutz nur bei für die Streitsache relevanten Tatsachen eingeschränkt werden. Das deckt sich auch mit der vom VwGH ergangenen datenschutzrechtlichen Rsp. Zu 98/12/0059-7 wies der VwGH eine Beschwerde gegen einen Bescheid der DSK zurück. Von der DSK wurde eine Verletzung des Grundrechts auf Datenschutz bejaht, weil die in einem Sozialrechtsverfahren beklagte Versicherungsanstalt dort ihren gesamten Anstaltsakt einschließlich rechtswidrig ermittelten Aktenteile aus einem Strafverfahren gegen den Kläger nach §§ 297, 298 ZPO vorgelegt hat. Durch die Vorlage selbstständiger (dem Anstaltsakt einverleibter) Schriftstücke, die mit dem Gegenstand des Zivilprozesses in keinem Zusammenhang standen und daher dort irrelevant waren, würde das Recht auf Datenschutz des Gegners verletzt. Der VwGH hob hervor, dass die Beklagte damit nicht daran gehindert sei, dem Gericht beweisrelevante Urkunden vorzulegen. Aus dem Gesagten ist abzuleiten, dass ein Beweisverwertungsverbot bei verfahrensrelevanten Daten nicht besteht, auch wenn diese rechtswidrig erlangt wurden,157 zumal die datenschutzrechtlichen Regelungen auch gar nicht auf ein Verwertungsverbot abzielen.158

6.3.

Einschränkung der Pflicht zur Aussage und Urkundenvorlage durch das Datengeheimnis? ^

[66]
Nach § 15 Abs. 1 DSG 2000 haben Auftraggeber und Dienstleister i.S.d. DSG sowie ihre Mitarbeiter Daten aus Datenanwendungen, die ihnen ausschließlich aufgrund ihrer berufsmäßigen Beschäftigung anvertraut wurden oder zugänglich geworden sind, geheim zu halten, «soweit kein rechtlich zulässiger Grund für eine Übermittlung der anvertrauten oder zugänglich gewordenen Daten besteht». Diese Verpflichtung soll den Betroffenen davor bewahren, dass seine vom Auftraggeber oder vom Dienstleister verwendeten Daten an Dritte weitergegeben werden.159 Die neuere österreichische ZPO-Kommentarliteratur betrachtet das Datengeheimnis nach § 15 Abs. 1 DSG 2000 ebenso wie das Grundrecht auf Datenschutz nach § 1 DSG 2000 als «staatlich anerkannte Pflicht zur Verschwiegenheit», die den Zeugen zur Verweigerung der Aussage hinsichtlich der davon betroffenen Tatsachen berechtigt, sofern er nicht davon entbunden wurde.160
[67]
Es ist zu bezweifeln, ob § 15 DSG tatsächlich eine unter § 321 Abs. 1 Z 3 ZPO fallende Bestimmung ist. Dagegen spricht die Formulierung, dass das Datengeheimnis bei einem «rechtlich zulässigen Grund» für die Übermittlung nicht besteht. Im Gegensatz zu anderen Verschwiegenheitspflichten161 sind keine Ausnahmen von einer grundsätzlichen Verschwiegenheitspflicht festgelegt. Daraus darf aber nicht der Schluss gezogen werden, dass das Datengeheimnis besonders streng zu handhaben ist und mit Ausnahme der Zustimmung des Betroffenen ausnahmslos gilt. Im Gegenteil. Durch die «weiche» Formulierung vom rechtlich zulässigen Grund soll nur ein grundloses Übermitteln verhindert werden. Das Datengeheimnis gilt somit dann nicht, wenn eine gesetzliche Grundlage für die Übermittlung von Daten besteht. Diese Grundlage kann innerhalb oder außerhalb des DSG liegen. Dazu zählen auch die Bestimmungen über die Pflicht zur Zeugenaussage in einem Zivilverfahren. Die Verpflichtung erfüllt den rechtlich zulässigen Grund i.S.d. § 15 DSG 2000, sodass sich ein Zeuge (oder auch eine Partei, vgl. 380 ZPO) nicht auf das Datengeheimnis berufen kann.162 Das Datengeheimnis fällt somit nicht unter § 321 Abs. 1 Z 3 ZPO. Ebenso wenig lässt sich das Datengeheimnis unter einen wichtigen Grund i.S.d. § 305 Z 5 ZPO subsumieren, der zur Verweigerung der Urkundevorlage berechtigt. Vielmehr ist bereits bei § 303 ZPO anzusetzen, wonach eine die Urkunde innehabende Partei grundsätzlich zur Vorlage verpflichtet ist. Bereits die allgemeine Urkundenvorlagepflicht verdrängt das Datengeheimnis, sodass dieses keinen Urkundenvorlageverweigerungsgrund erfüllen kann. Auch eine lapidare Berufung auf das Grundrecht auf Datenschutz kann ein Aussageverweigerungsrecht bzw. ein Vorlageverweigerungsgrund nicht stützen.

7.

Datenschutz und IT-Anwendungen im Zivilverfahren ^

7.1.

Allgemeines ^

[68]
Ein breites Anwendungsgebiet für Fragen des Datenschutzes ergibt sich aus den zahlreichen IT-Anwendungen, die im Zivilverfahren zum Einsatz kommen. Elektronisch geführte Register und Geschäftsbehelfe (VJ, Grundbuch, Firmenbuch etc.), der elektronische Rechtsverkehr (ERV), die Ediktsdatei und die Judikaturdokumentation des Rechtsinformationssystems (RIS) unterliegen grundsätzlich dem DSG. Im Folgenden sollen einige datenschutzrechtliche Aspekte im Bereich der e-Justice skizziert werden. Herausgegriffen seien dabei Fragen zur Registereinsicht, zur Berichtigung falscher Daten und zur Anonymisierung von veröffentlichten Entscheidungen.

7.2.

Im RIS veröffentlichte Entscheidungen ^

[69]
Nach § 15 Abs. 1 Z 1 des OGH-Gesetzes (OGHG) sind Entscheidungen des Obersten Gerichtshofs, die sich nicht in einer begründungslosen Zurückweisung des Rechtsmittels erschöpfen, in eine allgemein zugängliche Datenbank (Entscheidungsdokumentation Justiz, RIS Justiz, http://www.ris.bka.gv.at/Jus/) aufzunehmen.163 Die Anrufbarkeit des Höchstgerichts ist im Regelfall eingeschränkt und vom Vorliegen einer Rechtsfrage mit erheblicher Bedeutung abhängig, weshalb es schon im Hinblick auf das Rechtsstaatsprinzip erforderlich ist, die Einsichtsmöglichkeit in Entscheidungen des Obersten Gerichtshofs grundsätzlich unbeschränkt zu gewähren.164 Dabei sind nach § 15 Abs. 4 OGHG Namen, Anschriften und sonstige Orts- und Gebietsbezeichnungen, die Rückschlüsse auf die betreffende Rechtssache zulassen, so zu anonymisieren, dass die Nachvollziehbarkeit der Entscheidung nicht verloren geht. Anordnungen nach § 15 Abs. 4 OGHG – also über die Anonymisierung – sind nach § 15 Abs. 5 OGHG vom erkennenden Senat zu treffen. Daneben besteht nach § 15 Abs. 2 OGHG auch die Möglichkeit, von der Veröffentlichung der Volltextentscheidung Abstand zu nehmen, wenn es sich um Rechtssachen handelt, in denen das Verfahren in allen Instanzen ohne Durchführung einer öffentlichen Verhandlung zu führen war.165 Die relativen strengen Vorgaben des Gesetzgebers zur Anonymisierung stehen im Kontrast zur Veröffentlichungspraxis des EuGH, EGMR und im angloamerikanischen Raum.166 Die Anonymisierung nach dem OGHG geschieht im Interesse «des Persönlichkeitsschutzes der Parteien, Zeugen und sonstigen Beteiligten».167 Dieses Interesse hat dem öffentlichen Informationsinteresse freilich dann zu weichen, wenn die Verständlichkeit einer Entscheidung nicht mehr gewährleistet wäre,168 zumal auch die aus Art. 6 Abs. 1 EMRK erfließende Verpflichtung zu beachten ist, Urteile in Zivil- und Strafsachen öffentlich zu verkünden.169 Wenngleich eine derartige (einmalige) Veröffentlichung nicht anonymisiert zu erfolgen hat, würde eine Bereitstellung in einer dauernd allgemein zugänglichen Entscheidungsdokumentation einen wesentlich höheren Grad der Publizität mit sich bringen. Aus datenschutzrechtlicher Sicht scheint der damit gefundene Kompromiss zwischen dem Geheimhaltungsinteresse und der Informationspflicht gelungen.170
[70]
Ist eine Anonymisierung sinnlos, weil sie die Identifizierung der Betroffenen nicht schützen würde, kann sie unterbleiben. So werden beispielsweise bei Amtshaftungsentscheidungen die beklagten Gebietskörperschaften171 oder in Sozialrechtsverfahren die Versicherungungsträger172 nicht anonymisiert. Das trifft auf sonstige Selbstverwaltungskörperschaften (z.B. Rechtsanwaltskammer,173 Gemeinden174) nicht zu. Hier ist (wie bei sonstigen juristischen Personen auch) nur die Rechtsform erkennbar. Die Differenzierung ist in diesen Fällen durchaus sinnvoll, weil von der Anonymisierung aus Datenschutzgründen nur dann Abstand genommen werden sollte, wenn sie zu einem leeren Ritual verkommt. Das ist bei Selbstverwaltungskörperschaften gerade nicht der Fall, wenn sich die Identifizierung nicht von selbst ergibt. Auch diesen juristischen Personen nach öffentlichem Recht steht das Grundrecht auf Datenschutz zu. Die Erkennbarkeit für einen beschränkten Kreis von «Insidern» reicht nicht hin, um von einer Anonymisierung Abstand zu nehmen. Die geschilderten Grundsätze der Anonymisierung gelten grundsätzlich auch für Personen des öffentlichen Lebens, wenngleich die Anonymisierung im RIS hier durchaus unterschiedlich gehandhabt wird. In vielen veröffentlichten Entscheidungen werden die Namen von Amtsträgern, Politikern und Prominenten unanonymisiert wiedergegeben.175 Das ist bei einem bestimmten Bekanntheitsgrad sinnvoll oder zumindest vertretbar,176 manchmal aber – etwa bei deren Angehörigen zu hinterfragen177
[71]
Über den strengen Wortlaut des § 15 OGHG sollte die Anonymisierung derart gestaltet werden, dass auch Informationen außerhalb von «Namen, Anschriften und sonstige Orts- und Gebietsbezeichnungen» zu verbergen sind, wenn daraus Rückschlüsse auf die in der Entscheidung erwähnten Personen möglich sind. Das allerdings nur dann, wenn die Informationen für das Verfahren nicht relevant sind. Leicht zu erkennen ist die Identität des in einer VwGH-Entscheidung wie folgt umschriebenen Baumeisters: «Die erstbeschwerdeführende GmbH, deren zu 10 % beteiligter geschäftsführender Gesellschafter ein u.a. durch Opernballbesuche in Starbegleitung bekanntgewordener Baumeister ist, verwaltet ein dessen Namen tragendes Einkaufszentrum in Wien.», wobei hier die steuerrechtliche Behandlung der mit den Opernballbesuchen verbundenen Kosten verfahrensgegenständlich war, sodass die Hinweise zur Person des Baumeisters nicht zu beanstanden sind.178 Eine Namensnennung wäre hier freilich vertretbar, weil dieser Baumeister eine ohnedies nicht zu übertreffende Publizität genießt. Unschwer ist zu erraten ist auch, wer mit «Graf Alfons M*****, Ehemann der VP-Umweltministerin Maria R*****179 gemeint sein könnte, wobei die entlarvenden Information im konkreten Fall allerdings Teil eines der rechtlichen Beurteilung zu unterziehenden (veröffentlichten) Zitats waren und eine (umfassendere) Anonymisierung zumindest im Spannungsfeld zum Verständnis der Entscheidung gelegen wäre. Auch in anderen Fällen hat der Oberste Gerichtshof zu Recht bei bereits veröffentlichten Zitaten mehr oder weniger Prominente nicht anonymisiert.180
[72]
Nach der ständigen Praxis des Obersten Gerichtshofs werden in der Entscheidungsdokumentation Justiz zwar u.a. die Namen der Parteien, nicht aber jene der als berufsmäßige Parteienvertreter einschreitenden Rechtsanwälte anonymisiert. Nach einer Entscheidung des Obersten Gerichtshofs kann ein Anwalt die Anonymisierung seines Namens nicht unter Hinweis verlangen, dass die Namensnennung «dem Ansehen seiner Kanzlei abträglich» sein könnte.181 Das Angebot von Rechtsanwälten würden sich an die Öffentlichkeit richtet, deren Auftreten lasse regelmäßig auch keine Rückschlüsse auf die betreffende Rechtssache zu.182 Auf den Ausgang des jeweiligen Rechtsstreits werde dabei nicht abgestellt. De lege lata ist die Auffassung des Obersten Gerichtshofs durch den Wortlaut des § 15 OGHG gedeckt. Wenngleich mit Entscheidungen des Obersten Gerichtshofs in der Regel wohl keine geschäftsschädigende Prangerwirkung für die beteiligten Rechtsanwaltskanzleien verbunden ist («harte» Formulierungen des Höchstgerichts zählen zur Ausnahme)183 und Rechtsanwälte ihrer Namensnennung in der Regel positiv eingestellt sind, wäre de lege ferenda freilich zu überlegen, dass Rechtsanwälten die Möglichkeit geboten wird, ihre Anonymisierung zu verlangen, um bei Prozessfehlern eine Negativwerbung auszuschließen.

7.3.

Datenschutzfragen zu elektronischen Registern ^

7.3.1.

Abgrenzung Justizverwaltung und Rechtsprechung ^

[73]
Nach der Rsp des VfGH ist die Einsichtsgewährung in die Geschäftsbehelfe und Register gerichtlicher Verfahren ebenso wie die Einsicht in die Akten gerichtlicher Verfahren dem Bereich der unabhängigen Rechtsprechung zuzuordnen,184 was aber mit Blick auf die fehlende Möglichkeit eines zu klärenden und abzuwägenden Interessengegensatzes zwischen Verfahrensparteien und dem Akteneinsicht verlangenden Dritten nicht für die mittels elektronischer Datenübermittlung erfolgende Einsicht in automatisch generierte Geschäftsbehelfe gelte.185 2007 bejahte der Oberste Gerichtshof unter Berufung auf den VfGH die Zuständigkeit der Rechtsprechung zur Entscheidung über die Frage, ob überhaupt, wenn ja, wem und in welchem Umfang Daten in einem Register zu speichern bzw. Dritten Einsicht in diese Daten zu gewähren ist.186 I.d.S. argumentiert auch Sailer.187
[74]
Wenngleich sich dies nicht ganz aus der Entscheidung des VfGH ableiten lässt, ist dieser Standpunkt aufgrund der mit der ZVN 2004 eingeführten datenschutzrechtlichen Bestimmungen der §§ 83 bis 85 GOG insofern zutreffend, als es um die Entscheidung über die daraus sich ergebenden Anträge geht. Der hier in Betracht kommende § 84 GOG ist im Außerstreitverfahren geltend zu machen. Hingegen ist die Ermöglichung der elektronischen Akteneinsicht nach wie vor ebenso im Rahmen der Justizverwaltung zu gewährleisten, wie die Erteilung der elektronischen Registerauskunft nach § 89i GOG oder § 89l GOG (vgl. unten). Die Entscheidung allerdings, ob der betreffenden Person ein Einsichtsrecht in konkrete Verfahrensdaten zusteht, ist in der Folge von dem zuständigen Gerichtsorgan im Rahmen der Rechtsprechung zu treffen.188

7.3.2.

Verhältnis des DSG zu Justizgesetzen ^

[75]
Die sich aus § 84 GOG ergebenden datenschutzrechtlichen Ansprüchen auf Auskunft, Richtigstellung und Löschung von Daten für die öffentlichen Bücher, wie Grundbuch und Firmenbuch sowie für die Ediktsdatei korrelieren mit den Begleitgrundrechten nach dem DSG. Dabei sind freilich die jeweilige Verfahrensvorschriften zu beachten (§ 83 GOG, §§ 26 Abs. 8 und 27 Abs. 9 DSG 2000).189 Die damit verbundene (teilweise) Zurückdrängung von Regelungen des DSG wird durch weitere Einschränkungen verstärkt.
[76]

Ursprünglich konnte das Recht auf Auskunft i.S.d. § 26 Abs. 1 DSG 2002190 bei öffentlichen Büchern (Registern) wie z.B. Firmenbuch, Grundbuch etc. ausschließlich in Form der Einsicht in die jeweiligen Bücher wahrgenommen werden. Seit der DSG-Novelle 2010 besteht das Auskunftsrecht nun aber auch dann, wenn durch das Einsichtsrecht nicht alle Bestandteile einer Auskunft nach § 26 DSG 2000 erlangt werden können. Die Materialien zur DSG-Novelle 2010 verweisen hier auf die immer häufiger werdende Führung elektronischer Verfahrensakten durch Behörden, wobei jedenfalls die Verfahrensparteien vom Auskunftsrecht umfasst seien.191 Auch mit Blick auf die (teilweise) elektronische Aktenführung im Bereich des Firmen- und Grundbuchs bzw. der Ediktsdatei ist ein praktischer Anwendungsbereich für ein derartiges Auskunftsrecht über die bloße Einsicht hinaus nicht auszuschließen. Allfällige Beschränkungen von Einsichtsrechten dürfen aber auch weiterhin durch das Auskunftsrecht nicht umgangen werden.192

[77]
Die Bestimmungen des DSG über die Richtigstellung und Löschung von Daten werden durch die spezielleren Gesetze über öffentlichen Bücher, Ediktsdatei und Register verdrängt (§ 27 Abs. 9 DSG 2000), als diese anderes bestimmen. Die Anwendung des DSG ist insoweit aber nicht zur Gänze ausgeschlossen, wie dies etwa noch die mit der ZVN 2004 aufgehobene Bestimmung des § 28 Abs. 1 GUG für das umgestellte Grundbuch verfügt hat.

7.3.3.

Elektronische Einsicht nach § 89i GOG ^

[78]
Es ist evident, dass sich im Zusammenhang mit elektronischen Registern datenschutzrechtliche Fragen stellen. Relativ unproblematisch ist der Umstand, dass die Parteien auch elektronische Einsicht in sämtliche gemäß § 219 Abs. 1 ZPO zugängliche, ihre Sache betreffende Daten, die in der Verfahrensautomation Justiz gespeichert sind, nehmen können. Diese rechtlich seit der ZVN 2004 mögliche Einsicht ist gemäß § 89i GOG nach Maßgabe der technischen Möglichkeiten sowie unter Bedachtnahme auf eine einfache und sparsame Verwaltung und eine ausreichende Sicherung vor Missbrauch durch dritte Personen zu ermöglichen. Diese Bestimmung gilt als eine der legistischen Vorboten für den elektronischen Gerichtsakt.193 Die Parteien erlangen durch die elektronische Einsicht keine über den Inhalt des Papierakts hinausgehende zusätzliche Informationen, weil die Registereintragungen aus dem zugehörigen Akt abgeleitet werden.194 Die Bestimmung dient freilich der Verfahrensökonomie und Entlastung des Gerichts bzw. der Parteien(vertreter), weil dadurch Kommissionen zu Gericht und die telefonischer Nachfragen weitgehend vermieden werden können. Die Sicherung vor Missbrauch durch dritte Personen verlangt, dass nur im Verfahren bereits erfasste Personen elektronische Einsicht nehmen können, weshalb sich diese bzw. deren Vertreter auch entsprechend auszuweisen haben.
[79]
Die effektive Wahrnehmung dieser Parteirechte vor dem jeweils für das Verfahren zuständigen Gericht setzt die Kenntnis zumindest von Gericht und Aktenzeichen der die Partei betreffenden Gerichtsverfahren voraus. Sie umfasst nicht die umfassende Recherche etwa nach allen offenen Verfahren einer Person durch diese oder gar durch Dritte (vgl. dazu unten).

7.3.4.

Abfrage nach § 73a EO alt ^

[80]
Bis zur Zivilverfahrensnovelle 2009 ermöglichte es § 73a EO Rechtsanwälten, Notaren und Körperschaften des öffentlichen Rechts in die Geschäftsbehelfe des Exekutionsverfahrens mittels ADV Einsicht zu nehmen «wenn sie die auf diese Weise erlangten Daten zur Einleitung eines Rechtsstreits oder einer Exekution, zur Geltendmachung von Einwendungen gegen eine bereits eingeleitete Exekution oder sonst zur Führung eines gerichtlichen Verfahrens benötigen.» Der unter Anführungszeichen gesetzte Halbsatz wurde erst mit BGBl 1996/201 ergänzt, um durch diese Umschreibung eines rechtlichen Interesses datenschutzrechtlichen Bedenken zur Urfassung195 entgegenzukommen. Damit wurden Bonitätsauskünfte oder Abfragen zu privaten Zwecken unzulässig.196 Ungeachtet dessen blieben datenschutzrechtliche Bedenken auch nach dieser Einschränkung mit Blick auf eine fehlende effektive Kontrolle und fehlende Sanktionen aufrecht.197
[81]
Teile der auf § 73a EO gestützten Durchführungsverordnung wurden mit Erkenntnis des VfGH zu G 194/02, V 45/02 (auch) wegen datenschutzrechtlicher Bedenken aufgehoben. Die auf den Datenschutz reflektierende Auflage in § 73a EO, dass das BMJ die Einsicht (nur) unter Bedachtnahme auf eine Sicherung vor Missbrauch zu ermöglichen hat, wurde vom VfGH dahin interpretiert, dass im Verordnungsweg jene Regelungen zu erlassen sind, die dem Anliegen des Betroffenen Rechnung tragen, hinsichtlich der elektronischen Einsicht Dritter in die ihn betreffenden personenbezogenen Daten die Richtigstellung, worunter auch die Ergänzung personenbezogener Daten für Zwecke der elektronischen Einsicht verstanden werden kann, oder Löschung, etwa im Sinne eines Ausschlusses der elektronischen Einsicht in die in Rede stehenden personenbezogenen Daten, erwirken zu können.198 Mit BGBl II 2003/590 wurde in der Verordnung zur Elektronischen Einsicht in Geschäftsbehelfe des Exekutionsverfahrens die Einsicht dahin beschränkt, dass sie nicht mehr oder nur mit (auf den Verfahrensausgang hinweisenden) Ergänzungen zu gewähren war, wenn sich der Aussagewert der Daten nachträglich in relevanter Weise verändert hatte, insb. deshalb, weil der Exekutionsantrag abgewiesen oder das Exekutionsverfahren eingestellt oder festgestellt wurde, dass der Anspruch schon zum Zeitpunkt der Exekutionsbewilligung erloschen war. Gleichzeitig wurde die Verordnung insofern geändert, als die Namensverzeichnisse der verpflichteten Parteien mindestens 18, höchstens jedoch 20 Monate nach der letzten Veränderung im Geschäftsregister verfügbar zu halten sind. Nicht der Verordnungsgeber allein, sondern der Gesetzgeber verbesserte die datenschutzrechtliche Absicherung. Mit der ZVN 2004 wurden Sanktionen bei Verstößen gegen § 73a EO eingeführt (Verwaltungsstrafen, Entzug der Abfrageberechtigung, vgl. § 403 EO). Gleichzeitig wurden in § 84 GOG Rechte auf Auskunft, Richtigstellung und Löschung normiert. Die datenschutzrechtlichen Bedenken ließen sich damit freilich nicht zur Gänze beseitigen, zumal sich Beschwerden über den vermuteten Abfluss von Daten aus den Geschäftsbehelfen des Exekutionsverfahrens, insb. zu Unternehmen, die auf dieser Basis Bonitätsauskünfte erteilen, häuften und Betroffene über massive faktische Hindernisse im Zusammenhang mit der Durchsetzung ihrer Rechte klagten. Der Gesetzgeber musste eingestehen, dass sich mit den bestehenden Rahmenbedingungen die wünschenswerte Datensicherheit und die datenschutzrechtliche Anforderungen nicht ausreichend gewährleisten ließ,199 sodass die «aus datenschutzrechtlichen und europarechtlichen Gründen in Zweifel gezogene Bestimmung des § 73a EO» 200 mit der ZVN 2009 (BGBl I 2009/30) aufgehoben wurde.201 Begehren auf Übermittlung eines Auszugs aus dem Namensverzeichnis eines Registers haben seither keine gesetzliche Grundlage und sind deshalb zurückzuweisen.202

7.3.5.

Registerauskunft nach § 89l GOG ^

[82]
Seit der ZVN 2004 kennt das Gesetz mit § 89l GOG eine allgemeine Norm für Registerauskunft, die die Bestimmungen des § 219 ZPO, §§ 84 und 89i GOG ergänzt. Diese Regel betrifft nur (aber immerhin) jene Verfahren, in denen der Antragsteller Partei ist. Er kann Auskunft über Gericht und Aktenzahl aller im elektronischen Register enthaltenen zivilgerichtlichen Verfahren beantragen. Aus datenschutzrechtlicher Sicht ist eine derartige Auskunft an die Partei (bzw. deren Vertreter) grundsätzlich unbedenklich, zumal die Auskunft nur unter Bedachtnahme auf eine ausreichende Sicherung vor Missbrauch durch dritte Personen zu erteilen ist. Um letzteres zu gewährleisten, hat der Antragsteller Identität (Name, Geburtsdatum, Wohnanschrift) und damit das Vorliegen der Voraussetzungen einer Auskunftserteilung nachzuweisen.203 Telefonische Auskünfte sind daher nicht zu erteilen.

7.3.6.

Einsicht in das Personenverzeichnis des Grundbuchs ^

[83]

Im Gegensatz zu den übrigen Hilfsverzeichnissen des Grundbuchs ist die Einsicht in das Personenverzeichnis aus Datenschutzgründen beschränkt.204 Nur Personen, die ein rechtliches Interesse darlegen, ist die Einsicht in dem dadurch gerechtfertigten Umfang zu erteilen (§ 5 Abs. 4 GUG). Zu denken ist etwa an die Geltendmachung einer Forderung im Wege der Realexekution gegen die Person, über deren Liegenschaften Auskunft begehrt wird. Jedenfalls zur Abfrage berechtigt sind Notare, die als Gerichtskommissäre oder Erbenmachthaber einschreiten, Rechtsanwälte als Erbenmachthaber sowie Dienststellen des Bundes, der Länder und der Gemeinden sowie die Sozialversicherungsträger bzw. der Hauptverband der Sozialversicherungsträger sowie Abgabenbehörden, soweit dies zur Erfüllung der ihnen übertragenen Aufgaben notwendig ist (§ 6 Abs. 2 GUG, § 158 BAO und div. LAO). Seit der Grundbuchsnovelle 2008 haben Rechtsanwälte und Notare auch dann die Möglichkeit zur Einsicht, wenn sie als Vertreter eines Gläubigers einer vollstreckbaren Geldforderung verbücherte Rechte des Schuldners ermitteln müssen (§ 6 Abs. 2 Z 1b GUG). Dieser (durchgesetzte) «Wunsch der Standesvertretung der Rechtsanwälte»205 auf möglichst unkomplizierte Informationsbeschaffung ist durchaus nachvollziehbar,206 wenngleich die Zulässigkeit der Neuregelung aus datenschutzrechtlichen Gründen von der konkreten Ausgestaltung (insb. der Kontrolle) abhängt. Schon vor dieser Regelung war es anerkannt, dass das Bestehen eines Exekutionstitels ein ausreichendes rechtliches Interesse i.S.d. § 5 Abs. 2 GUG darstellt. Einer Einsichtnahme (nach vorhergehender Prüfung des rechtlichen Interesses durch das Gericht) stand daher nichts im Weg. Das wird nun durch eine technisch unbeschränkte Einsichtsmöglichkeit ersetzt, bei der der Notar oder Rechtsanwalt keiner Ex-ante-Kontrolle unterliegt. Das ist nur dann unbedenklich, wenn das standesrechtliche Disziplinarrecht bzw. § 42c der Richtlinien für die Ausübung des Rechtsanwaltsberufes und für die Überwachung der Pflichten des Rechtsanwaltes (RL-BA 1977), der eine Verpflichtung zur Identitätsfeststellung und zur Führung von Aufzeichnungen festlegt, weitgehend Missbräuchen vorbeugen oder diese zumindest eindämmen kann. Der lapidare Hinweis in den Materialien, dass «Missbrauchsfälle nicht bekannt geworden sind»,207 lässt offen, inwieweit bisher eine effiziente Kontrolle überhaupt stattfand. Entsprechende gesetzliche Datensicherungsmaßnahmen wären erforderlich. Insb. sollten Abfragen nur unter Eingabe genauer Angaben eines Exekutionstitels erfolgen, wobei – quasi als automationsunterstützte Plausibilitätskontrolle – auch eine Verknüpfung zur Verfahrensautomation Justiz angebracht wäre. Weiters sind auch stichprobenartige Kontrollen der lückenlos zu protokollierenden Zugriffe zu fordern.208 In diesem Zusammenhang ist daran zu erinnern,209 dass anlässlich der Einführung der Abgabeberechtigung für Rechtsanwälte nach § 6 Abs. 2 Z 1a GUG angekündigt wurde, dass eine entsprechende Regelung für die Überwachung der Pflichten der Rechtsanwälte (Verpflichtung des Rechtsanwalts zur Führung von Aufzeichnungen und Verpflichtung der Kammer zur regelmäßigen Überprüfung dieser Aufzeichnungen) erfolgen wird.210

8.

Schlussfolgerungen ^

[84]
Aus dem DSG ist eine Einschränkung der effektiven Rechtsverfolgung und Rechtsverteidigung der Parteien im Zivilprozess nicht abzuleiten. In der Regel übersteigt das berechtigte Interesse einer Partei auf Verwendung von für das Verfahren (etwa als Beweismittel) relevanten personenbezogenen Daten zur Durchsetzung eines Rechtsanspruchs bzw. zur Abwehr eines zu Unrecht erhobenen Anspruchs das Interesse des Betroffenen auf datenschutzrechtlichen Geheimnisschutz. Die Verfahrensgesetze bieten neben den Regeln des GOG die gesetzliche Grundlage für die im Gerichtsverfahren notwendige Verwendung von Daten, wobei diese Bestimmungen bereits häufig die Wertung vornehmen, ob ein «überwiegendes berechtigtes Interesse» an der Verwendung bestimmter Daten vorliegt, sodass eine weitere Interessensabwägung nicht mehr erforderlich ist.211 In anderen Fällen überlässt der Gesetzgeber dem Rechtsanwender die im DSG bzw. in Art. 8 EMRK vorgesehene Interessensabwägung (vgl. etwa § 219 ZPO). Der Gedanke der Bewahrung prozessualer Grundpositionen sollte als Leitmotiv die Problematik des Datenschutzes im Zivilprozess dominieren,212 wobei etwa beim Akteneinsichtsrecht Außenstehender datenschutzrechtliche Aspekte stärker zu beachten sind als z.B. im Beweisverfahren. In vielen Fällen scheitert eine Bedachtnahme auf den Datenschutz am Vorliegen eines schutzwürdigen Interesses des Betroffenen auf Geheimhaltung bzw. ermöglichen überwiegende Interessen der Parteien einen Eingriff in das Grundrecht auf Datenschutz. Hingegen greift der Datenschutz insb. bei Daten, die für das Verfahren nicht relevant sind oder wenn Dritte im Wege der Akteneinsicht, Aktenübermittlung, der Volksöffentlichkeit oder als Sachverständige Kenntnis von personenbezogenen Daten erlangen könnten.

 

Jürgen C. T. Rassi, Richter des Oberlandesgerichts Wien, Schmerlingplatz 11, 1011 Wien, sowie Universitätslektor an der Universität Wien, Institut für Zivilverfahrensrecht, Schenkenstraße 8–10, 1010 Wien, juergen.rassi@justiz.gv.at, juergen.rassi@univie.ac.at.

 

Als ehemaliger richterlicher Justizverwaltungsmitarbeiter des Präsidenten des Oberlandesgerichts Wien verbindet mich mit dem Jubilar eine mehrjährige fruchtbringende Zusammenarbeit im Bereich der IT. Die Kooperation mit dem Bundesministerium für Justiz war dabei insbesondere durch die Bemühungen geprägt, die Rechtsprechung durch die zahlreichen IT-Anwendungen bestmöglichst zu unterstützen. Die dienende Funktion der Justizverwaltung für die unabhängige Rechtsprechung stand dabei ebenso im Fokus wie die optimale Umsetzung der verfahrengesetzlichen Vorgaben.

 

Der gewidmete Beitrag dient dabei als Klammer für die bisherigen und künftigen Tätigkeiten von Dr. Martin Schneider. Mit einem Streifzug durch mannigfaltige Fragen des Zivilverfahrensrechts soll Bezug auf seine richterliche Vergangenheit und seine Zeit als Assistent am Institut für Zivilgerichtliches Verfahrensrecht bei Univ. Prof. Dr. Hans Fasching genommen werden. Mit Blick auf die langjährige Tätigkeit des Jubilars als führender Rechtsinformatiker im Bundesministerium für Justiz werden aber auch grundsätzliche datenschutzrechtliche Aspekte und damit im Zusammenhang stehende ausgewählte Fragen zu den IT-Anwendungen beleuchtet.

  1. 1 Vgl. Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012 BGBl I 2013/51 und DSG-Novelle 2014 BGBl I 2013/83.
  2. 2 I.d.F. Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012 BGBl I 2013/51.
  3. 3 ErläutRV 613 BlgNR 22. GP 18.
  4. 4 8 Ob 511/93; 4 Ob 125/97d; 7 Ob 48/03i; 8 Ob 71/03d; 7 Ob 69/04d (jeweils Akteneinsicht in einen SW-Akt durch Dritte); 8 Ob 4/03a (Akteneinsicht in einen Se-Akt durch Dritte); 1 Ob 109/02i (Beschränkung der Akteneinsicht für eine Partei im Außerstreitverfahren).
  5. 5 6 Ob 148/00h (datenschutzrechtliche Qualifikation eines gerichtlichen Sachverständigengutachtens bei einem angestrebten Beweismittelverbot).
  6. 6 Harbich, Akteneinsicht, Amtshilfe und Auskunftspflicht, AnwBl 1988, 3; Simotta, Einige Probleme des Datenschutzes im Zivilverfahrensrecht, ÖJZ 1993, 793 und 838; Röhsner, Aufkündigungsverfahren und Datenschutz, immolex 2000, 349.
  7. 7 Vgl. dazu Spenling, Datenschutzrechtliche Probleme im Gerichtsverfahren, Vortragsunterlage (2011) 17 ff.
  8. 8 Zu denken ist etwa an die Berichtigung der Parteienbezeichnung nach § 235 ZPO, die Vorschriften über die Urteils- und Beschlussberichtigung, grundbuchsrechtliche Sonderbestimmungen (§§ 104 des Grundbuchgesetzes [GBG], §§ 130 ff. GBG), Rechte zur Einsicht in Akten und Register (§ 219 ZPO, §§ 89i und 89 l GOG, § 5 f. des Grundbuchumstellungsgesetzes [GUG] etc.).
  9. 9 So gibt es noch keine inhaltliche Entscheidung des Obersten Gerichtshofs zu § 85 GOG. Zu 6 Ob 58/13t wurde die Entscheidung der Vorinstanz mangels eines für § 85 GOG notwendigen Antrags aufgehoben. Vor dem OLG Wien wurde erstmalig 2012 ein Antrag nach § 85 GOG eingebracht.
  10. 10 Dohr/Pollirer/Weiss/Knyrim, DSG2 § 1 Anm. 5.
  11. 11 Urteil des EGMR 30562/04 und 30566/04 vom 4. Dezember 2008 i.S. S. and Marper v. The United Kingdom.
  12. 12 Etwa BVerfGE 65,1; BVerfGE 103, 44; BVerfGE 100, 313.
  13. 13 BVerfGE 103, 21; BVerfGE 100, 313.
  14. 14 Ihr ging die Richtlinie 97/66/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Dezember 1997 über die Verarbeitung personenbezogener Daten und den Schutz der Privatsphäre im Bereich der Telekommunikation vor.
  15. 15 Dohr/Pollirer/Weiss, DSG² § 1 Anm. 5.
  16. 16 Vgl. den Bericht des Verfassungsausschusses zum DSG 1024 BlgNR 14. GP, 4; Dohr/Pollirer/Weiss/Knyrim, DSG2 § 4 Anm. 2.
  17. 17 Z.B. Verfahrensautomation Justiz (VJ); elektronischer Rechtsverkehr (ERV); elektronisch integrierte Assistenz für die Staatsanwaltschaft (ELIAS); Grundbuch; Firmenbuch; Sachverständigen-, Dolmetscher-, Mediatoren- und Insolvenzverwalterliste; Dokumenteneinbringungsservice (DES); Ediktsdatei; Elektronisches Urkundenarchiv; Verfahren Unterhaltsvorschüsse; Statistik/Datawarehouse; Elektronische Schreibgutverwaltung (ESGV).
  18. 18 Zudem stehen die Begleitgrundrechte (Auskunft, Richtigstellung und Löschung) bereits im DSG unter dem besonderen Gesetzesvorbehalt des § 1 Abs. 3 DSG 2010, wonach sie nur nach Maßgabe gesetzlicher Bestimmungen existieren. Vgl. Spenling, Datenschutzrechtliche Probleme, Fn. 5.
  19. 19 6 Ob 148/00h; 5 Ob 175/08h = immolex 2009/7 [Prader]; RIS-Justiz RS0113846; OLG Wien 3 R 31/09i = RIS-Justiz RW0000446.
  20. 20 Charakteristisch für eine Datei ist ihre eine äußere Ordnung, die die Auffindbarkeit gewährleistet (Dohr/Pollirer/Weiss/Knyrim, DSG2 § 4 Anm. 7).
  21. 21 Insoweit zustimmend Rosenmayr-Klemenz, Zum Schutz manuell verarbeiteter Daten durch das DSG 2000, ecolex 2001, 639.
  22. 22 Ähnlich argumentiert der Oberste Gerichtshof zu 5 Ob 175/08h, wonach einem Anspruch gegenüber einer Hausverwaltung auf Herausgabe von Adressen nicht die Bestimmungen des DSG entgegenstünden, «weil sich die geheim zu haltende inländische Zustellanschrift wohl kaum in einer Sammlung strukturierter Datensätze findet und daher von personenbezogenen Daten im Sinn des § 4 DSG keine Rede sein kann».
  23. 23 Dohr/Pollirer/Weiss/Knyrim, DSG2 § 1 Anm. 6;
  24. 24 Nach der zutreffenden Ansicht von Spenling (Datenschutzrechtliche Probleme 6) hat sich daran durch die DSG-Novelle 2010 nichts geändert.
  25. 25 Rosenmayr-Klemenz, ecolex 2001, 639.
  26. 26 Erwägungsgrund 10 der DS-RL. Vgl. auch Rosenmayr-Klemenz, ecolex 2001, 639 und DSK 120.532/22-DSK/00.
  27. 27 Vgl. aus der Begründung «Aus kompetenzrechtlichen Gründen erfasst das Datenschutzgesetz 2000, von dem in § 1 DSG 2000 normierten Grundrecht auf Datenschutz abgesehen, nur den automationsunterstützten Datenverkehr (§ 2 DSG 2000) sowie im Bereich der manuell verarbeiteten Daten jene Bereiche, die in die Gesetzgebungskompetenz des Bundes fallen.»
  28. 28 Zur elektronischen Einsicht in die zum Akt gehörigen Eintragungen in Registern und sonstigen Geschäftsbehelfen siehe § 89i GOG und Punkt 7.3.
  29. 29 ErläutRV 613 BlgNR 22. GP 19.
  30. 30 Vgl. Dohr/Pollirer/Weiss/Knyrim, DSG2 § 1 Anm. 7. Diese Autoren sprechen zutreffend von einer «normativ erzwungenen Interessenabwägung».
  31. 31 Bankgeheimnis, Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse oder berufsrechtliche Verschwiegenheitspflichten.
  32. 32 Das ergibt sich hier schon daraus, dass die Achtung des Privat- und Familienlebens in § 1 Abs. 1 DSG ausdrücklich genannt ist.
  33. 33 Ein praktischer Anwendungsbereich ist dafür freilich schwer denkbar, weil sich Geheimnisse wohl i.d.R. auf Informationen über (natürliche oder juristische) Personen beziehen.
  34. 34 Simotta, ÖJZ 1993, 793 Fn. 6.
  35. 35 6 Ob 64/11x; 6 Ob 63/11z.
  36. 36 Denkbar ist auch eine Bezugnahme auf das Eigentumsrecht.
  37. 37 Dieses Recht darf nach der Rsp. auch nicht mit einer Verantwortlichkeit nach § 1330 ABGB für die Rechtsverfolgung bzw. -verteidigung belastet werden, sodass in einem Verfahren auch herabsetzende Tatsachenbehauptungen aufgestellt oder objektiv unrichtige Aussagen getätigt werden können, sofern kein Rechtsmissbrauch in Form einer wissentlichen Behauptung falscher Tatsachen vorliegt (RIS-Justiz RS0022784, RS0105665, RS0114015; 6 Ob 40/09i; 4 Ob 46/09g u.v.a.).
  38. 38 6 Ob 2228/96g verweist hier auf die zum Spannungsfeld der Meinungs- (Art. 13 des Staatsgrundgesetzes 1867 [StGG 1867]; Art. 10 EMRK) bzw. Kunstfreiheit (Art. 17a des Staatsgrundgesetzes [StGG]) zum Recht auf Ehre im Bereich des § 1330 ABGB entwickelten Grundsätze.
  39. 39 Art. 52 Abs. 1 GRC.
  40. 40 VwGH 2008/17/0136.
  41. 41 DSK 120.555/18-DSK/97.
  42. 42 1 Ob 26/88; 1 Ob 36/89 m.w.N.
  43. 43 6 Ob 2228/96g.
  44. 44 9 ObA 50/03y.
  45. 45 Aus der Sicht des Datenschutzes bejaht sie den Ausschluss der Öffentlichkeit (auch) bei Gefährdung eines Geschäfts- und Betriebsgeheimnisses.
  46. 46 Simotta, ÖJZ 1993, 793 und 838.
  47. 47 Simotta, ÖJZ 1993, 800.
  48. 48 ErläutRV 613 BlgNR 22. GP 15.
  49. 49 Spenling, Datenschutzrechtliche Probleme 15.
  50. 50 Dazu Punkt 3.2.
  51. 51 Vgl. dazu Peer, Die Akteneinsicht, ÖJZ 2008/96; Ehrlich/Graf, Akteneinsicht nach der ZPO, Zak 2008, 327.
  52. 52 ErläutRV 613 BlgNR 22. GP 15; Gitschthaler in Rechberger³ § 219 ZPO Rz. 3.
  53. 53 Zu denken ist hier etwa an Unterlagen, die den außergerichtlichen Verdienst des Sachverständigen betreffen und dem Gericht im Zusammenhang mit § 34 des Gebührenanspruchsgesetzes (GebAG) vorgelegt wurden.
  54. 54 § 219 ZPO gilt auch im Außerstreitverfahren (§ 22 AußStrG; vgl. Spenling, Datenschutzrechtliche Probleme 16), sofern nicht Sonderregeln anzuwenden sind. Im Pflegschaftsverfahren ist etwa zudem § 141 AußStrG zu beachten. Im Kartellverfahren schränkt § 39 Abs. 2 KartellG das Akteneinsichtsrecht Dritter insoweit ein, als am Kartellverfahren nicht als Partei beteiligte Personen in die Akten des Kartellgerichts ausschließlich nur dann Einsicht nehmen können, wenn die Parteien zustimmen. Im Gegensatz zu § 219 Abs. 2 ZPO schließt § 39 Abs. 2 KartG für den Richter jede Möglichkeit aus, ohne Zustimmung der Parteien die Einsicht in die Akten kartellrechtlicher Verfahren zu gewähren, und zwar auch dann, wenn der Antragsteller ein rechtliches Interesse an der Einsichtnahme darlegen kann. Der EuGH hat jüngst dazu allerdings ausgesprochen, dass das Unionsrecht, insb. der Effektivitätsgrundsatz, dieser Bestimmung des nationalen Rechts entgegensteht, wonach die Akteneinsicht (auch in Dokumente, die im Rahmen eines Kronzeugenprogramms übermittelt wurden) nicht am Kartellverfahren beteiligter Dritte, die Schadensersatzklagen gegen Kartellteilnehmer erwägen, nicht allein von der Zustimmung aller Parteien dieses Verfahrens abhängen darf, ohne dass das Gericht die Möglichkeit hätte, die betroffenen Interessen gegeneinander abzuwägen (EuGH Rs C-536/11, Donauchemie).
  55. 55 1 Ob 208/12p.
  56. 56 Überwiegende öffentliche Interessen können sich hiebei aus der Notwendigkeit des Schutzes der verfassungsmäßigen Einrichtungen der Republik Österreich oder der Sicherung der Einsatzbereitschaft des Bundesheeres oder der Interessen der umfassenden Landesverteidigung, des Schutzes wichtiger außenpolitischer, wirtschaftlicher oder finanzieller Interessen der Republik Österreich oder der Europäischen Union oder der Vorbeugung, Verhinderung oder Verfolgung von Straftaten ergeben.
  57. 57 ErläutRV 613 BlgNR 22. GP 14 f. Es muss sich freilich nicht unbedingt um sogenannte sensible Daten i.S.d. § 4 Z 2 DSG handeln («besonders schutzwürdige Daten»), also um Daten natürlicher Personen über ihre rassische und ethnische Herkunft, politische Meinung, Gewerkschaftszugehörigkeit, religiöse oder philosophische Überzeugung, Gesundheit oder ihr Sexualleben.
  58. 58 ErläutRV 613 BlgNR 22. GP 15.
  59. 59 I.d.S. auch 9 Ob 87/08x.
  60. 60 Zu denken ist an das Beichtgeheimnis (§ 320 Z 2 ZPO), das Amtsgeheimnis (§ 320 Z 3 ZPO), Wahlgeheimnis (§ 321 Abs. 1 Z 6 ZPO), das Kunst- oder Geschäftsgeheimnis (§ 321 Abs. 1 Z 5 ZPO), staatlich anerkannte Verschwiegenheitspflichten (§ 305 Z 4, § 321 Abs. 1 Z 3 ZPO), die Verschwiegenheitspflicht der Mediatoren (§ 320 Z 4 ZPO), der Anwälte (§ 321 Abs. 1 Z 4 ZPO) oder (im Bereich des Arbeits- und Sozialrechts) der Vertreter gesetzlicher Interessensvertretungen bzw. Berufsvereinigungen (§ 321 Abs. 1 Z 4a ZPO).
  61. 61 Vgl. dazu Punkt 2.2.
  62. 62 ErläutRV 613 BlgNR 22. GP 15.
  63. 63 Die Interessen der vom DSG geschützten Person sind im Zusammenhang mit der Akteneinsicht somit zweimal zu prüfen. Zunächst muss das berechtigte Interesse nach § 1 Abs. 1 DSG geprüft werden. Wenn ein solches bejaht wird, ist eine in § 219 Abs. 2 Satz 1 ZPO angeordnete Interessensabwägung zu machen.
  64. 64 Das rechtliche Interesse ist dann zu bejahen, wenn sich die Kenntnis des Akteninhaltes auf die privat- oder öffentlichrechtlichen Verhältnisse des Einsichtnehmenden günstig auswirkt, sei es auch nur dadurch, dass sich eine Beweislage für ihn günstiger gestaltet.
  65. 65 9 Ob 87/08x.
  66. 66 Nach der Rsp. liegt eine solche Zustimmung auch dann vor, wenn sich die Parteien in einer Tagsatzung nicht gegen eine Akteneinsicht ausgesprochen haben (10 Ob 45/12h: «In der Tagsatzung vom 20. Februar 2012 sprach sich der Sachwalter nicht mehr gegen die Akteneinsicht des Einschreiters aus, weil von dessen Seite nunmehr Bemühungen feststellbar wären, Geld für die Lebenshaltungskosten der Betroffenen zu überweisen.»).
  67. 67 Simotta, ÖJZ 1993, 800.
  68. 68 Bereits i.d.S. bereits Simotta, ÖJZ 1993, 801 (unter Hinweis auf § 17 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes [AVG]).
  69. 69 Rassi, Das Dogma vom Verbot des Ausforschungsbeweises: Eine Analyse der österreichischen Rechtsprechung Simotta-FS (2012), 433.
  70. 70 Vgl. 8 Ob 4/03a; OLG Wien 3 R 31/09i.
  71. 71 6 Ob 551/90 (demnach bilden – bei einem Akt des Obersten Gerichtshofs – auch «die Ausfertigungen der vorinstanzlichen Entscheidungen, interne Noten und Anweisungen über die Aktenbehandlung innerhalb des Gerichtshofes, verwaltungsinterne Anweisungen an das Evidenzbüro und der Berichtsbogen mit dem zur Urschrift ausgestalteten Entscheidungsentwurf» den Akteninhalt); 7 Ob 235/01m.
  72. 72 Gemäß § 170 Abs. 3 Geo sind den Akten vor Gewährung der Einsicht Beratungsprotokolle und andere Schriftstücke zu entnehmen, die (u.a.) nach § 219 Abs. 1 ZPO von der Einsicht ausgeschlossen sind.
  73. 73 Damit korrespondiert auch der Umstand, dass eine elektronische Einsicht in den Rechtsmittelfall der Verfahrensautomation Justiz (VJ) nicht möglich ist.
  74. 74 Gitschthaler in Rechberger³ § 219 ZPO Rz. 5.
  75. 75 6 Ob 551/90 und 7 Ob 235/01m.
  76. 76 Vgl. auch 1 Ob 151/01i.
  77. 77 RIS-Justiz RS0046193.
  78. 78 16 Ok 3/10 = ÖBl-LS 2010/189 [Hoffer] = jusIT 2010/110 [Jahnel].
  79. 79 Im Zusammenhang mit einem Ersuchen um Aktenübersendung hob der Oberste Gerichtshof zu 16 Ok 3/10 hervor, dass Geschäftsgeheimnisse i.S.d. § 38 Abs. 2 KartG keine sensiblen (und damit besonders schutzwürdigen) Daten i.S.d. § 4 Z 2 DSG 2000 seien. Es gelte für sie daher die Bestimmung des § 8 Abs. 1 Z 4 DSG 2000, wonach schutzwürdige Geheimhaltungsinteressen bei Verwendung nicht-sensibler Daten dann nicht verletzt sind, wenn überwiegende berechtigte Interessen des Auftraggebers oder eines Dritten die Verwendung erfordern. Das sei gemäß § 3 Z 2 DSG 2000 dann der Fall, wenn die Verwendung der Daten durch Auftraggeber des öffentlichen Bereichs in Erfüllung der Verpflichtung zur Amtshilfe geschieht. Diese Bestimmung stellt auf die Amtshilfe i.S.d. Art. 22 B-VG ab. Daraus kann aber mit Blick auf § 9 Z 4 DSG 2000 nicht abgeleitet werden, dass sensible Daten im Wege der Amtshilfe nicht übermittelt werden dürfen.
  80. 80 Spenling, Datenschutzrechtliche Probleme 14.
  81. 81 Spenling, Datenschutzrechtliche Probleme 14.
  82. 82 Für Sachverständige sieht § 359 Abs. 1 ZPO vor, dass das Gericht ihnen (nur) die für die Gutachtenserstattung erforderlichen Teile zu übermitteln hat, worauf schon aus datenschutzrechtlichen Gründen zu achten ist. Vgl. Spenling, Datenschutzrechtliche Probleme 15.
  83. 83 Diese Bestimmung gilt mit Blick auf § 35 AußStrG auch für das Außerstreitverfahren.
  84. 84 I.d.S. auch DSK 120.555/18-DSK/97.
  85. 85 Ähnlich Rechberger in Fasching/Konecny² Vor § 266 Rz. 102
  86. 86 Fasching, Lehrbuch² Rz. 620 und 927.
  87. 87 Spenling, Datenschutzrechtliche Probleme 14.
  88. 88 ErläutRV 613 BlgNR 22. GP 15.
  89. 89 4 Ob 8/48; OLG Wien 13 R 196/00i und 13 R 32/02z.
  90. 90 RIS-Justiz RS0039953.
  91. 91 Vgl. auch z.B. BGHZ 126, 217. Demnach genügt ein Antrag auf Beiziehung von Akten nach § 432 dZPO nicht den gesetzlichen Erfordernissen, wenn die Partei nicht näher bezeichnet, welche Urkunden oder Aktenteile sie für erheblich hält. Gibt der Richter einem Antrag auf Beiziehung von Akten statt, obwohl dieser den genannten Anforderungen nicht genügt, werde damit nicht ohne weiteres der gesamte Akteninhalt zum Gegenstand des Rechtsstreits. Der Richter sei nicht verpflichtet, von sich aus die Akten daraufhin zu überprüfen, ob sie Tatsachen enthalten, die einer Partei günstig sind. Aktenteile, auf die sich keine Partei erkennbar beruft, gehörten folglich nicht zum Prozessstoff. I.d.S. auch Kodek in Fasching/Konecny2 § 301 ZPO Rz. 11.
  92. 92 Schragel in Fasching/Konecny² § 219 ZPO Rz. 4, wobei er unscharf darauf abzielt, dass Beiakten zu diesem Zweck verlesen werden. Richtigerweise müssen Urkunden und damit auch Akten im Zivilprozess nicht «verlesen» werden, um Teil des Verfahrens zu werden. Urkunden fließen vielmehr dadurch in das Verfahren ein, dass sie in der Verhandlung zur Einsicht von Gericht und Parteien vorgelegt werden (vgl. §§ 297, 298 ZPO).
  93. 93 Von der praktischen Handhabung her wäre es naheliegend, dem Hauptakt nur einen Kopienakt der relevanten Teile des Beiakts anzuschließen.
  94. 94 7 Ob 663/86.
  95. 95 RIS-Justiz RS0040593.
  96. 96 Im Gegensatz zu § 219 Abs. 2 ZPO schließt § 39 Abs. 2 KartG für den Richter jede Möglichkeit aus, ohne Zustimmung der Parteien die Einsicht in die Akten kartellrechtlicher Verfahren zu gewähren, und zwar auch dann, wenn der Antragsteller ein rechtliches Interesse an der Einsichtnahme darlegen kann. Der EuGH hat jüngst dazu allerdings ausgesprochen, dass das Unionsrecht, insb. der Effektivitätsgrundsatz, dieser Bestimmung des nationalen Rechts entgegensteht, wonach die Akteneinsicht (auch in Dokumente, die im Rahmen eines Kronzeugenprogramms übermittelt wurden) nicht am Kartellverfahren beteiligter Dritte, die Schadensersatzklagen gegen Kartellteilnehmer erwägen, nicht allein von der Zustimmung aller Parteien dieses Verfahrens abhängen darf, ohne dass das Gericht die Möglichkeit hätte, die betroffenen Interessen gegeneinander abzuwägen (EuGH Rs C-536/11, Donauchemie).
  97. 97 8 Ra 38/09f.
  98. 98 Polster/Zellhofer, Aktenzugang im Kartellverfahren im Spannungsfeld zwischen Geheimnisschutz und Private Enforcement, OZK 2008, 99 (100).
  99. 99 Bauer/Kitzberger, Die Verwertung von Kronzeugenanträgen in Schadenersatzprozessen ecolex 2008, 547.
  100. 100 Bauer/Kitzberger, ecolex 2008, 550.
  101. 101 Solé, Verfahren vor dem Kartellgericht Rz. 222; dies. in Petsche/Urlesberger/Vartian, KartG § 39 Rz. 13; Hoffer, KartG 277.
  102. 102 ÖBl-LS 2010/189 [zust Hoffer] = jusIT 2010/110 [zust Jahnel].
  103. 103 Ergänzend verwies der Oberste Gerichtshof auf § 54 StPO, wonach die im Zuge einer Akteneinsicht erlangten personenbezogene Daten nicht veröffentlicht werden dürften, wenn dadurch schutzwürdige Geheimhaltungsinteressen anderer Beteiligter des Verfahrens oder Dritter, die gegenüber dem öffentlichen Informationsinteresse überwiegen, verletzt würden. Die in einem Kartellakt enthaltenen Geschäftsgeheimnisse, die infolge Erfüllung eines Amtshilfeersuchens Bestandteil des staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahrens werden, würden jedenfalls unter den Schutzzweck des § 54 StPO fallen.
  104. 104 Demnach dürfen Ersuchen von kriminalpolizeilichen Behörden, Staatsanwaltschaften und Gerichten, die sich auf Straftaten einer bestimmten Person beziehen, mit dem Hinweis auf bestehende gesetzliche Verpflichtungen zur Verschwiegenheit oder darauf, dass es sich um automationsunterstützt verarbeitete personenbezogene Daten handelt, nur dann abgelehnt werden, wenn entweder diese Verpflichtungen ausdrücklich auch gegenüber Strafgerichten auferlegt sind oder wenn der Beantwortung überwiegende öffentliche Interessen entgegenstehen, die im Einzelnen anzuführen und zu begründen sind.
  105. 105 ErläutRV 926 BlgNR 22. GP 10; vgl. auch Solé, Das Verfahren vor dem Kartellgericht Rz. 222.
  106. 106 EuGH Rs. C-536/11, Donauchemie.
  107. 107 2 Ob 98/08p.
  108. 108 Rechberger/Simotta, Zivilprozessrecht8 Rz. 418.
  109. 109 RIS-Justiz RS0118102.
  110. 110 Urteilsentwürfe, Beschlussentwürfe, Protokolle über Beratungen und Abstimmungen sowie Schriftstücke, die Disziplinarverfügungen enthalten. Vgl. Punkt 3.4.3.
  111. 111 Simotta, ÖJZ 1993, 800 unter Hinweis auf die Materialien zu den neuen österreichischen Civilprozessgesetzen I (1897) 277.
  112. 112 ErläutRV 613 BlgNR 22. GP 15.
  113. 113 Diese Fälle betreffen die Verwendung von Daten zur Geltendmachung, Ausübung oder Verteidigung von Rechtsansprüchen des Auftraggebers vor einer Behörde und sind daher mit der hier zu prüfenden Konstellation nicht zu vergleichen. Die Regelung zeigt aber auf, dass Daten im Zusammenhang mit der Rechtsverteidigung und Rechtsverfolgung gegenüber einer Behörde verwendet werden können. Ein solcher Grund scheidet aber bei für ein Zivilverfahren unwesentlichen Umständen aus.
  114. 114 Diese Bestimmung gilt auch im Außerstreitverfahren (§ 10a AußStrG).
  115. 115 I.d.S. bereits 1 Ob 109/02i, wonach schon vor der Schaffung des § 75a ZPO die Möglichkeit anerkannt wurde, eine Prozesspartei von der Akteneinsicht hinsichtlich bestimmter für das Verfahren nicht relevanter Umstände (hier: Anschrift des Arbeitgebers) auszuschließen.
  116. 116 Der für ein Zivilverfahren ungewöhnlich anmutenden Möglichkeit, eine Hausdurchsuchung durchzuführen, liegt der Gedanke zugrunde, dass ohne eine solche Bestimmung eine effiziente Vollziehung des Kartellrechts oft nicht möglich ist (ErläutRV 1005 BlgNR 21. GP 24). Das Verfahren erinnert stark an die Bestimmungen der StPO und ist weitgehend dem Europäischen Recht, insb. Art. 20 der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 über die Nachprüfungsrechte der Europäischen Kommission, nachgebildet (16 Ok 7/11). Eine Hausdurchsuchung ist auch im Bereich des Patentrechts im Rahmen einer einstweiligen Verfügung zur Sicherung von Beweisen nach § 151b Abs. 1 des Patentgesetzes (PatentG) denkbar.
  117. 117 § 12 Abs. 5 WettbG bezieht sich nur auf den Fall, dass der Adressat der Hausdurchsuchung die Durchsuchung und Einsichtnahme von Unterlagen nicht gestattet. Hat die Bundeswettbewerbsbehörde hingegen einmal Einsicht in die Unterlagen genommen, Kopien angefertigt und dergleichen und damit die Hausdurchsuchung beendet, kommt eine Versiegelung nicht mehr in Betracht, und zwar unabhängig davon, ob tatsächlich faktisch jedes Dokument angesehen wurde (16 Ok 2/12). Ein Versiegelungsantrag kommt nämlich nur im Zuge der laufenden Hausdurchsuchung selbst, aber nicht nachträglich in Betracht (Xeniadis, Klarstellungen des KOG zur Versiegelung gemäß § 12 Abs. 5 WettbG, ÖZK 2012, 191 [196]).
  118. 118 Allerdings beschränkt sich die Tätigkeit des Gerichts nicht darauf, den relevanten (und offenzulegenden) vom irrelevanten (und geheim zu verbleibenden) Teil der Bücher zu sondieren. Vielmehr hat sich das Gericht (zunächst ohne Parteien) auch über den konkreten Beweiswert der Bücher Klarheit zu verschaffen. Im Anschluss muss es über die Notwendigkeit und Ausmaß der Offenlegung der verschlossenen Bücher nach pflichtgebundenen Ermessen entscheiden.
  119. 119 Mayr in Rechberger³ § 14 JN Rz. 6, wonach ein Fall des § 477 Abs. 1 Z 2 ZPO vorliegt.
  120. 120 Kodek in Fasching/Konecny² Art. 7 EuMahnVO Rz. 25.
  121. 121 Fasching, Die Ermittlung von Tatsachen durch den Sachverständigen im Zivilprozess, Matscher-FS (1993) 97 (106); Rechberger in Fasching/Konecny² § 359 ZPO Rz. 1; ders., Die Rechtsstellung der Beteiligten beim Sachverständigenbeweis, SV 2012 Sonderausgabe, 30.
  122. 122 Rechberger, SV 2012 Sonderausgabe, 30.
  123. 123 Vgl. auch RIS-Justiz RS0074920 und RS0005915.
  124. 124 Vgl. auch Simotta, ÖJZ 1993, 800.
  125. 125 Vgl. etwa 1 Ob 109/02i.
  126. 126 Vgl. 9 ObA 7/04aEs besteht keine gesetzliche Grundlage dafür, dass Beweisurkunden nur dem Sachverständigen zugänglich gemacht werden und sich dieser im Verfahren lediglich über die von ihm gezogenen Schlüsse äußert»). De lege lata scheidet somit ein sogenanntes «Geheimverfahren» oder «In-Camera-Verfahren» aus, bei dem Beweisergebnisse unter Ausschluss einer der Parteien im Verfahren ermittelt und in der Entscheidung verwertet werden. Vgl. zu diesem Problemkreis jüngst etwa B. Schneider, Rechtsdurchsetzung und Geheimnisschutz – ein Widerspruch? ÖJZ 2013/18; B. Schneider, Der Schutz von Unternehmensgeheimnissen im Zivilprozess, ecolex 2011, 96 und Garber, Der Schutz von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen im Zivilprozess – ein Überblick, ÖJZ 2012/70 jeweils m.w.N.
  127. 127 Röhsner, Aufkündigungsverfahren und Datenschutz, immolex 2000, 351.
  128. 128 Die von Röhsner (immolex 2000, 351, Fn. 8) zur Erfüllung der Beweislast des klagenden Vermieters angebotene Alternative der Überwachung durch einen Privatdetektiv widerspricht freilich diametral seinem sonst datenschutzfreundlichen Ansatz.
  129. 129 Spenling, Datenschutzrechtliche Probleme 13.
  130. 130 Vgl. LGZ Graz 3 R 130/96a = MietSlg 48.632 (Anfragen an eine Bank über die Gutbuchung einer Mietzinszahlung); OLG Linz 2 R 173/06h (Gehaltsauskunft); OLG Wien 12 R 116/12k (Anfrage an eine Bank über Konten, Überweisungen und Lebensversicherungen).
  131. 131 Die Auskunft der Behörde kann als Urkundenbeweis verwertet werden (Rechberger in Fasching/Konecny² Vor § 266 Rz. 102; Bittner in Fasching/Konecny2 § 292 ZPO Rz. 44; Kodek in Fasching/Konecny² § 301 Rz. 13; JBl 1947, 446; SZ 7/97).
  132. 132 LGZ Wien 41 R 591/99m = MietSlg 51.678; OLG Wien 12 R 21/05d.
  133. 133 Kodek in Fasching/Konecny² § 301 ZPO Rz. 15.
  134. 134 Mat. I 308.
  135. 135 OLG Wien 11 R 61/79 = EFSlg 34.757 (Gehaltsauskunft); OLG Wien 13 R 220/82 = EFSlg 42.030 (Anfrage an Gebietskrankenkasse über die Dauer und den Umfang des Krankengeldbezugs); OLG Wien 18 R 171/87 = EFSlg 55.307 (Gehaltsauskunft); LGZ Wien 42 R 557/05f = EFSlg 115.399 (Gehaltsauskunft).
  136. 136 OLG Wien 12 R 21/05d (Vergleichsschriften zur Überprüfung der Echtheit einer Unterschrift).
  137. 137 Mat. I 263.
  138. 138 Mat. I 264.
  139. 139 Schragel in Fasching/Konecny² § 183 ZPO Rz. 3.
  140. 140 ErläutRV 962 BlgNR 21. GP 26.
  141. 141 Diese Bestimmung betrifft den Urkunden- und Zeugenbeweis. Die Einholung von Auskünften über Daten bei einem Dritten lässt sich nicht in die klassischen fünf Beweismittel einordnen. In Betracht kommen aber am ehesten die Vorschriften für den Zeugen- oder den Urkundenbeweis, sodass eine Anwendung von § 183 Abs. 2 vertretbar erscheint.
  142. 142 OLG Wien 10 Ra 360/02p.
  143. 143 Dessen ungeachtet entsprechen Versorgungsunternehmungen (oder bei Lohnauskünften Arbeitgeber) in der Praxis schriftlichen Anfragen der Gerichte in den allermeisten Fällen, zumal die Empfänger einer derartigen Auskunft vermeiden wollen, als Zeuge geladen zu werden.
  144. 144 Demnach war die Übermittlung von Daten an Organe des Bundes, der Länder, der Gemeinden, einschließlich der Körperschaften des öffentlichen Rechts insoweit zulässig, als die Daten für den Empfänger zur Wahrnehmung der ihm gesetzlich übertragenen Aufgaben eine wesentliche Voraussetzung bilden.
  145. 145 VfGH G 147/06.
  146. 146 Diese Datenanwendung verletzt auch nicht schutzwürdige Geheimhaltungsinteressen der Betroffenen, sondern dient als Grundlage für die wechselseitigen Rechte und Pflichten aus dem Versorgungsvertrag.
  147. 147 Ähnlich argumentierte der Oberste Gerichtshof zu 9 Ob A50/03y = DRdA 2005,252 [Deixler-Hübner], wonach ein unterhaltspflichtiger Ehemann kein schutzwürdiges Interesse auf Geheimhaltung seines Einkommens gegenüber seiner Ehegattin habe, um sich seiner gesetzlichen Unterhaltspflicht zu entziehen. Dem lag zugrunde, dass das Gericht im Unterhaltsprozess beim ehemaligen Dienstgeber des beklagten Ehemanns eine Lohnauskunft einholte. Der in der Folge wegen einer geleisteten Abfertigung zur Unterhaltszahlung Verurteilte klagte seinen ehemaligen Dienstgeber anschließend erfolglos auf Schadenersatz. Der Oberste Gerichtshof verneinte im Schadenersatzprozess mangels schutzwürdigem Interesse einen aus dem DSG abzuleitenden den Geheimhaltungsanspruch. Daran knüpfte das Höchstgericht auch in einem außerstreitigen Unterhaltsverfahren zu 10 Ob 46/08z an und verneinte ein schutzwürdiges Interesse einer Privatstiftung auf Geheimhaltung ihres Vermögens oder Einkommens, das ihr der Unterhaltsschuldner zuwendete, gegenüber der Antragstellerin, um die Prüfung einer allfälligen Unterhaltserhöhung unmöglich zu machen.
  148. 148 6 Ob 148/00h.
  149. 149 Das dokumentiert auch die oben vertretene These, wonach sich eine gesetzliche Grundlage für die Übermittlung hinreicht, ohne dass es darauf ankommt, ob sich die Daten vom Gericht zu einem anderen als den ursprünglichen Zweck verwendet werden.
  150. 150 DSK K121.722/0008-DSK/2011.
  151. 151 DSK K121.109/0006-DSK/2006.
  152. 152 AA Röhnser, immolex 2000, 349 («bedroht eine dennoch vom Gericht eingeholte und verlesene Auskunft ... somit das Verfahren mit Nichtigkeit, zumindest aber stellt sie einen gravierenden Verfahrensmangel dar»).
  153. 153 Rechberger in Rechberger³ Vor § 266 ZPO Rz. 23.
  154. 154 Vgl. 2 Ob 272/97g; 6 Ob 252/08i; 10 ObS 319/01m; Rechberger in Fasching/Konecny² Vor § 266 ZPO Rz. 72.
  155. 155 Dohr/Pollirer/Weiss/Knyrim, DSG2 § 8 Anm. 16.
  156. 156 Singer in Wittmann, Datenschutzrecht im Unternehmen (1991) 4.
  157. 157 Schöberl/Graf, Beweisverwertungsverbote im Arbeitsrecht? ZAS 2004/30.
  158. 158 OLG Linz 11 Ra 37/05y; Schöberl/Graf, ZAS 2004/30.
  159. 159 4 Ob 50/04p = ecolex 2004,873 [krit Knyrim].
  160. 160 Vgl. Frauenberger in Fasching/Konecny § 321 ZPO Rz. 37; Rechberger in Rechberger³ § 321 ZPO Rz. 5.
  161. 161 Vgl. etwa die detaillierte Regelung des § 38 Abs. 2 des Bankwesengesetzes (BWG) über die einzelnen Ausnahmen zur Verpflichtung der Wahrung des Bankgeheimnisses.
  162. 162 Im Ergebnis richtig Dohr/Pollirer/Weiss/Knyrim, DSG2 § 15 Anm. 16; allerdings mit der unrichtigen Begründung, dass es sich nur um eine vertragliche Verschwiegenheitspflicht handeln soll.
  163. 163 Nach § 89n GOG ist die personenbezogene, automationsunterstützte Verarbeitung von Daten über die inhaltliche Ausübung des richterlichen Amtes außerhalb eines gerichtlichen Verfahrens nur in generalisierender Form zulässig. Bei isolierter Betrachtung des Wortlauts dieser Bestimmung wäre eine elektronisch unterstützte Judikaturdokumentation nicht möglich. Die Bestimmungen des OGHG sind hier gegenüber § 89n GOG allerdings spezieller, sodass §89n GOG nicht gegen die Zulässigkeit des RIS spricht. Die Regel des §89n GOG hat freilich auch nicht Entscheidungssammlungen im Auge, sondern soll diverse Statistiken über die richterliche Tätigkeit datenschutzrechtlich absichern (Prüflisten, Daten über den Anhängigkeitsstand, die Dauer der Verfahren, die Arbeitsbelastung etc.).
  164. 164 Nach der Stammfassung des § 15 OGHG waren nur Entscheidungen des Obersten Gerichtshofs von allgemeiner Bedeutung amtlich zu veröffentlichen. Den Professoren, die an inländischen Hochschulen Rechtsfächer lehren, war nach § 15 Abs. 2 OGHG auf ihr Verlangen zu wissenschaftlichen Zwecken Einsicht in die Entscheidungen des Obersten Gerichtshofs zu gewähren. Mit Erkenntnis zu G 315/89, G 67/90 hob der VfGH diese Bestimmung mit Hinweis auf das rechtsstaatliche Prinzip auf. Der Rsp. des Obersten Gerichtshofs komme demnach durch Art. 92 Abs. 1 B-VG im Interesse der Wahrung der Rechtseinheit und Rechtssicherheit begründeter Funktion als oberster Instanz in Zivil- und Strafrechtssachen für die Auslegung der Normen des Zivil- und des Strafrechts (einschließlich der betreffenden Verfahrensvorschriften) eine besondere Bedeutung zu. Die Judikatur des Obersten Gerichtshofs habe eine über den jeweiligen Einzelfall hinausreichende wesentliche Funktion für die Rechtskonkretisierung, die Sinnermittlung von Rechtsnormen und den Rechtsschutz. Es liege auf der Hand, dass für die Parteien eine verlässliche Beurteilung der Zulässigkeit des in Betracht kommenden Rechtsmittels an den Obersten Gerichtshof nur bei Möglichkeit der Kenntnisnahme aller Entscheidungen des Höchstgerichts bestehe. Die rechtliche Sicherung dieser Möglichkeit sei daher im Interesse der durch das Rechtsstaatsprinzip geforderten Effizienz des Rechtsschutzes verfassungsrechtlich geboten.
  165. 165 Rechtskräftige verfahrensbeendende Sachentscheidungen der Disziplinargerichte betreffend Richter und Staatsanwälte, die grundsätzlich ohne Durchführung einer nicht öffentlich Verhandlung zu führen sind, sind unverzüglich in anonymisierter Form (im Rechtsinformationssystem des Bundes – RIS) zu veröffentlichen (§ 133a des Richter- und Staatsanwaltschaftsdienstgesetzes [RStDG]). Die Bestimmung ist eine Spezialbestimmung zu § 15 Abs. 2 OGHG, weshalb Disziplinarerkenntnisse stets in Volltext zu veröffentlichen sind.
  166. 166 Thiele, jusIT 2012/32 [Entscheidungsanm.].
  167. 167 ErläutRV 525 BlgNR 21. GP 11.
  168. 168 Vgl. Zechner in Fasching/Konecny Vor §§ 502 ff ZPO Rz. 171: Die Nachvollziehbarkeit der Entscheidung darf nicht verloren gehen.
  169. 169 Thiele, jusIT 2012/32 [Entscheidungsanm.].
  170. 170 I.d.S. vgl. auch die Ausführungen in den Materialien zu § 15a aF OGHG (24 AB BlgNR 18. GP 3).
  171. 171 Z.B. zuletzt etwa 1 Ob 58/13f (Republik Österreich); 1 Ob 56/13m (Land Niederösterreich); 1 Ob 57/13h (Land Tirol); 1 Ob 129/12w (Stadt Wien).
  172. 172 Z.B. 10 ObS 51/13t (Allgemeine Unfallversicherungsanstalt); 10 ObS 47/13d (Pensionsversicherungsanstalt); 10 ObS 62/13k (Wiener Gebietskrankenkasse).
  173. 173 1 Ob 89/12p.
  174. 174 1 Ob 24/12d; 1 Ob 232/11s.
  175. 175 4 Ob 166/12h (damaliger Verkehrsminister Faymann); 6 Ob 237/02z und 4 Ob 79/01y (jeweils «Klestil»); 11 Os 53/01 (Bundespräsident Dr. Thomas Klestil); 10 ObS 281/98s (Vizekanzler Dr. Wolfgang Schüssel); 4 Ob 120/03f (Volksanwalt Mag. Stadler).
  176. 176 4 Ob 165/03y (Prinz Ernst August von Hannover in der Causa «Pinkelprinz»).
  177. 177 4 Ob 361/97k (Edith Klestil und Thomas Klestil jun).
  178. 178 VwGH 2009/13/0065.
  179. 179 6 Ob 237/02z.
  180. 180 4 Ob 83/11a (Strache); 4 Ob 176/08y (Kdolsky, Helmut Elsner, Volksanwältin Stoisits, Schwarzenberg, Wolfgang Schüssel, Michael Häupl, Erwin Pröll, Herr Steininger); 4 Ob 350/82 (Max Merkel, Karl Sekanina, Friedl Koncilia, Hans Krankl).
  181. 181 8 ObA 35/11x jusIT 2012/32 [Thiele].
  182. 182 Felzmann/Danzl/Hopf, OGH² § 15 OGHG Anm. 7.
  183. 183 Vgl. etwa 4 Ob 199/12mDer Senat nimmt im Zweifel an, dass die Beklagte dieses Vorbringen ernst meint.»). 3 Ob 125/05mDie irrige Auffassung, «Servitut» sei grammatikalisch sächlichen Geschlechts, kann wohl nur auf schwindende Lateinkenntnisse einerseits und die ... Unkenntnis der österreichischen Rechtssprache, andererseits zurückgeführt werden.»).
  184. 184 VfGH G248/91, V190/91; VfGH G 194/02, V 45/02.
  185. 185 VfGH G 194/02, V 45/02 (Namensverzeichnis des Exekutionsverfahrens).
  186. 186 3 Ob 31/07s und 3 Ob 37/07y.
  187. 187 Sailer, Gerichtlicher Datenschutz bei elektronischer Einsicht in Geschäftsbehelfe des Exekutionsverfahrens, Zak 2007/600.
  188. 188 ErläutRV 89 BlgNr 24. GP 27 f.
  189. 189 ErläutRV 613 BlgNR 22. GP 18; Kodek in Kodek, Grundbuchsrecht 1.01 Vor § 1 GBG Rz. 76.
  190. 190 Nach § 26 Abs. 1 DSG hat demnach ein Auftraggeber jeder Person oder Personengemeinschaft, die dies schriftlich verlangt und ihre Identität in geeigneter Form nachweist, Auskunft über die zu dieser Person oder Personengemeinschaft verarbeiteten Daten zu geben. Mit Zustimmung des Auftraggebers kann das Auskunftsbegehren auch mündlich gestellt werden. Die Auskunft hat die verarbeiteten Daten, die Informationen über ihre Herkunft, allfällige Empfänger oder Empfängerkreise von Übermittlungen, den Zweck der Datenverwendung sowie die Rechtsgrundlagen hiefür in allgemein verständlicher Form anzuführen. Auf Verlangen eines Betroffenen sind auch Namen und Adressen von Dienstleistern bekannt zu geben, falls sie mit der Verarbeitung seiner Daten beauftragt sind. Wenn zur Person des Auskunftswerbers keine Daten vorhanden sind, genügt die Bekanntgabe dieses Umstands (Negativauskunft). Mit Zustimmung des Auskunftswerbers kann anstelle der schriftlichen Auskunft auch eine mündliche Auskunft mit der Möglichkeit der Einsichtnahme und der Abschrift oder Ablichtung gegeben werden.
  191. 191 ErläutRV 472 BlgNR 24. GP 11.
  192. 192 ErläutRV 472 BlgNR 24. GP 11.
  193. 193 Vgl. die Ausführungen in den Materialien zur ZVN 2004: «Da Gerichtsakten (noch) nicht elektronisch geführt werden, bezieht sich diese Möglichkeit derzeit daher in erster Linie auf die zum Akt gehörigen Eintragungen in Registern und sonstigen Geschäftsbehelfen. … Die Bestimmung deckt aber auch mögliche weitere Entwicklungen ab, etwa den «elektronischen Gerichtsakt».
  194. 194 613 BlgNR 22. GP 20 f.
  195. 195 Vgl. Simotta, ÖJZ 1993, 803.
  196. 196 Rassi in Burgstaller/Deixler § 73a EO Rz. 3.
  197. 197 Rassi in Burgstaller/Deixler § 73a EO Rz. 3.
  198. 198 VfGH G 194/02, V 45/02; VfSlg 16774.
  199. 199 ErläutRV 89 BlgNr 24. GP 26.
  200. 200 ErläutRV 89 BlgNr 24. GP 27.
  201. 201 § 403 EO wurde offenbar irrtümlicherweise nicht aufgehoben.
  202. 202 LG Leoben 32 R 47/11y; RIS-Justiz RLE0000032.
  203. 203 ErläutRV 89 BlgNr 24. GP 27.
  204. 204 Kodek in Kodek 1.01 § 5 GUG Rz. 1; Rassi, Grundbuchrecht2 (2013) Rz. 48.
  205. 205 ErläutRV 542 BlgNR 23. GP 9.
  206. 206 Bei der Einsichtsregelung ist nicht nachvollziehbar, warum auch für Notare, die in der Realexekution als Parteienvertreter gar nicht auftreten, die Einsichtsrechte für Zwecke des Exekutionsverfahrens ausgeweitet wurden.
  207. 207 ErläutRV 542 BlgNR 23. GP 9.
  208. 208 Rassi, Die Grundbuchsnovelle 2008: Ein Überblick, NZ 2008/61 229.
  209. 209 Vgl. dazu Rassi in Kodek, Grundbuchsrecht-ErgBd (2009) § 6 GUG Rz. 2.
  210. 210 ErläutRV 962 BlgNR 21.GP 51.
  211. 211 Spenling, Datenschutzrechtliche Probleme, 13.
  212. 212 I.d.S. bereits zutreffend Prütting, Datenschutz und Zivilverfahren in Deutschland, ZZP 106 (1993) 468.